
Expertin für Hochschulrecht. Die promovierte Anwältin Katharina Sponholz rät abgelehnten Studienbewerbern, schnell zu handeln. © Pablo Castagnola
Der Ansturm auf Unis ist groß. Wer leer ausgeht, muss warten – oder klagen. Rechtsanwältin Katharina Sponholz erklärt im Interview, wie eine Studienplatzklage abläuft.
Zu viele Bewerber auf zu wenig Plätze? Bei beliebten Studiengängen kommt das häufig vor, etwa bei Medizin, Psychologie und Pharmazie. Wer damit rechnet, den Wunschstudienplatz nicht zu bekommen oder eine Ablehnung in den Händen hält, muss den Kopf nicht in den Sand stecken. Mit einer Studienplatzklage lässt sich vielleicht noch etwas deichseln. Je früher Bewerber handeln, desto besser.
Die promovierte Rechtsanwältin Katharina Sponholz, Expertin für Hochschulrecht in Berlin, erklärt im Gespräch mit der Stiftung Warentest, welche Regeln für Studienplatzklagen gelten, welche Kosten damit verbunden sind und wann es sinnvoll ist, schon vor der Bewerbung eine Kanzlei zu kontaktieren.
Mit der Studienplatzklage zum Wunschstudium
Ich habe meinen Wunschstudienplatz nicht bekommen. Kann ich jetzt noch irgendetwas tun?
Ein Ablehnungsbescheid ist sicherlich erst einmal frustrierend. Er muss aber nicht das Ende vom Lied sein. Über die sogenannte Studienplatzklage besteht doch noch die Möglichkeit, den gewünschten Studienplatz zu bekommen. Das gilt aber nur für staatliche Universitäten und Hochschulen. Bei privaten oder kirchlichen Hochschulen können sich Bewerberinnen und Bewerber nicht einklagen.
Wieso kommt es überhaupt zu Ablehnungen? Gibt es nicht genug Studienplätze?
Nein, die gibt es in den besonders beliebten Fächern nicht. Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen kommen zunehmend mehr Bewerber und Bewerberinnen auf einen einzelnen Studienplatz. Das hat auch mit den Abiturnoten zu tun. Es wirkt fast so, also ob sehr gute Abiturnoten heutzutage inflationär vergeben werden. Eine sehr gute Abiturnote ist keine Seltenheit mehr. Mit einem Durchschnitt von 1,3 oder 1,4 kann es dann schon schwierig werden, den gewünschten Platz zu bekommen. Auch wenn jemand die Voraussetzung für die Zulassung zum Studiengang erfüllt, könnte sie oder er abgelehnt werden, weil es vermeintlich keine freien mehr Plätze gibt.
Außerdem steigt die Zahl der Abiturienten und Abiturientinnen stetig und die Universitäten und Hochschulen passen sich dem neuen Bedarf nur langsam an. Ein weiterer Faktor ist sicherlich auch die schwierige Haushaltslage und die damit einhergehende Mittelkürzung für den Hochschulsektor.
Was ist eine Studienplatzklage?
Bei der sogenannten Studienplatzklage handelt es sich nicht wirklich um eine Klage. Es geht oft erst einmal darum, einen Antrag auf außerkapazitäre Zulassung bei der Hochschule zu stellen und diesen mit einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht zu kombinieren. Eine Klage wird erst notwendig, wenn der Antrag auf außerkapazitäre Zulassung abgelehnt wird.
Der Uni eine Fehlberechnung nachweisen
Was bedeutet das: außerkapazitäre Zulassung?
Es gibt zwei Verfahren, um an einen Studienplatz zu kommen. Die von der jeweiligen Universität oder Hochschule ermittelten „innerkapazitären“ Studienplätze werden im regulären Bewerbungsverfahren vergeben. Dabei spielen eigene Maßgaben der Unis einer Rolle wie zum Beispiel die Abiturnote oder eine besondere Eignung.
Beim Antrag auf außerkapazitäre Zulassung soll der Hochschule nachgewiesen werden, dass sie die zur Verfügung stehenden Studienplätze nicht richtig berechnet hat. Finden sich dann noch weitere „außerkapazitäre“ Plätze, werden diese unter den Antragstellern verteilt. Gibt es mehr Antragsteller als Studienplätze, entscheidet häufig das Los. Letztlich hängt es also auch vom Glück ab, ob es mit dem Wunschstudium etwas wird. Fest steht: Wer keinen Antrag auf außerkapazitäre Zulassung stellt, vergibt diese Chance.
Gibt es Fristen? Wie schnell muss ich handeln?
Es gibt diverse wichtige Fristen, um den gewünschten Studienplatz zu bekommen.
Zum einen gibt es Fristen im Rahmen der Bewerbung auf innerkapazitäre Zulassung bei den Universitäten, Hochschulen und bei „Hochschulstart“. Wichtig zu wissen: An manchen Universitäten können Studienbewerberinnen und -bewerber nur dann einen Antrag auf einen außerkapazitären Studienplatz stellen, wenn sie sich vorher regulär beworben haben.
Zum anderen gibt es Fristen im Rahmen der außerkapazitären Zulassung. Besonders wichtig sind hier die in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich geregelten Fristen für den Antrag auf außerkapazitäre Zulassung bei Hochschulen und Universitäten. Teilweise laufen diese schon am 15. Januar für Anträge für das folgende Sommersemester ab und am 15. Juli für Anträge für das folgende Wintersemester. In einigen Bundesländern gilt für diese Anträge eine spätere Frist. Teilweise haben Bundesländer von einer Frist sogar ganz abgesehen.
Darüber hinaus gibt es noch verschiedene Verfahrensfristen, die man im Blick behalten muss. Diese hängen von der gewählten Strategie und dem Verfahrensstand ab: Widerspruchs-, Beschwerde- und gegebenenfalls Klagefrist sowie die rechtzeitige Beantragung des Einstweiligen Rechtsschutzes.
Wie sind die Erfolgsaussichten?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Erst einmal variieren die Erfolgsaussichten oft von Semester zu Semester. Sie hängen von den hochkomplexen Kapazitätsberechnungen und den sich daraus ergebenen Studienplätzen ab und davon, ob diese Berechnungen fehlerhaft waren. Dann spielt natürlich die Anzahl derjenigen eine Rolle, die sich ebenfalls über diesen Weg einen Studienplatz sichern wollen. Je mehr Bewerber im Nachhinein im Lostopf landen, umso geringer werden die Chancen auf den Platz.
Eine sogenannte Studienplatzklage lohnt sich eigentlich immer dann, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, am Ende des normalen Bewerbungsverfahrens nicht den Wunschstudienplatz zu bekommen – unabhängig vom gewählten Studiengang. Um die Erfolgschancen zu erhöhen, kann die Studienplatzklage auch gegen mehrere Universitäten beziehungsweise Hochschulen eingelegt werden.
Bei Einigung sofort mit dem Studium beginnen
Wie lange dauert ein Verfahren? Wann kann ich im besten Fall mit dem Studium beginnen?
Wie lange ein Verfahren dauert, kann nicht genau vorausgesagt werden. Im besten Fall einigt sich die Bewerberin oder der Bewerber mit der Universität oder Hochschule bereits außergerichtlich. Dann kann sie oder er das Studium regulär beginnen. Kommt es nicht zur außergerichtlichen Einigung, hängt die Verfahrensdauer von den Gerichten ab.
Auch wenn Bewerber im Wege des Eilrechtsschutzes versuchen, eine Zulassung zum Studium zu bekommen, kann sich das Verfahren bis zu einer gerichtlichen Entscheidung ziehen. Teilweise ist dann ein Einstieg erst im laufenden Semester möglich, manchmal sogar erst zum nächsten. Vielen Studieninteressierten geht es aber in der Regel darum, überhaupt in das Wunschstudium aufgenommen zu werden. Deshalb spielt es für sie oft eine nachrangige Rolle, wenn das Verfahren eine Weile dauert.
Wie hoch sind die Kosten?
Die Höhe der zu erwartenden Kosten hängt von verschiedenen Faktoren und insbesondere vom Verfahrensgang ab. Es sind insgesamt drei Bereiche zu berücksichtigen: Wer eine Kanzlei beauftragt, muss die eigenen Anwaltskosten einplanen. Häufig arbeiten hier Anwaltskanzleien mit Pauschalen im niedrigen vierstelligen Bereich. Die Gerichtskosten fallen immer dann an, wenn das Verfahren eine gerichtliche Entscheidung erforderlich macht. Hier können Gebühren im unteren dreistelligen Bereich erwartet werden. Viele Hochschulen lassen sich zudem anwaltlich vertreten. In diesem Fall müssen die Kosten der Gegenanwälte ebenfalls berücksichtigt werden. Je nach Verfahrensgestaltung liegen diese dann ebenfalls maximal im niedrigen vierstelligen Bereich.
Wer die Kosten am Ende zu tragen hat, hängt vom jeweiligen Verfahrensausgang ab. Häufig endet das Verfahren in einem Vergleich. Teilweise werden dann die Kosten gegeneinander aufgehoben, das heißt jeder trägt seine Kosten selbst und die Gerichtskosten werden geteilt. Oder aber im Vergleich wird geregelt, wer die Kosten zu tragen hat. In der Regel ist das dann der Bewerber beziehungsweise die Bewerberin.
Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich mit ihr in Verbindung setzen und klären, ob sie die Kosten übernimmt.
Besonders hilfreich: Einige Kanzleien bieten eine kostenlose Studienplatzberatung an.
Gibt es irgendwelche Tricks, wie ich am besten an meinen Traumstudienplatz komme?
Grundsätzlich ist es ratsam, sich durch eine auf Hochschulrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei professionell beraten zu lassen und eine individuelle Strategie für die sogenannte Studienplatzklage zu entwerfen. Informationen aus dem Internet sind oftmals falsch oder veraltet. Häufigste Fehlerquellen sind dabei die zwingend einzuhaltenden Fristen, die sich zu jeder neuen Bewerbungskampagne ändern können.
Wer sich für einen Studienplatz interessiert, kann sich auch schon vor dem Bewerbungsverfahren an eine Kanzlei wenden, um die eigenen Chancen vorab einschätzen zu lassen und den Bewerbungsprozess bestmöglich zu gestalten.
Schon vor der Bewerbung Anwaltsrat einholen
Gibt es je nach Studienfach Besonderheiten?
Wer sich für die Studiengänge Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin, Psychologie und Pharmazie, aber auch für Lehramt und Rechtswissenschaften interessiert, sollte darüber nachdenken, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der hohen Bewerberzahlen sind die Chancen in diesen Bereichen geringer, weshalb ich insbesondere hier frühzeitiges Handeln empfehle. Also schon vor dem Bewerbungsverfahren.
Ergeben sich Nachteile an der Universität, wenn man sich eingeklagt hat?
Diese Frage wird mir tatsächlich sehr häufig gestellt, ist aber in jeder Hinsicht zu verneinen. Jeder kennt die Not der Studieninteressierten, ihren Wunschstudienplatz zu bekommen. Wer sich „eingeklagt“ hat, wird ebenso wie alle anderen Studierenden behandelt. Der eingeklagte Platz ist kein Studienplatz zweiter Wahl. Darüber hinaus dürften die Professoren und Lehrenden gar nicht wissen, wer sich in das Studium eingeklagt hat, da sie grundsätzlich nicht in den Auswahl- und Aufnahmeprozess involviert sind.
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Kommentarliste
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Wir haben über die o.g. Kanzlei seit 2 Jahren versucht einen Platz zu bekommen.
Leider erlolglos. Uns war klar, daß ein Platz nicht garantiert werden kann, aber die
Art und Weise wie mit den Mandanten umgegangen wird ist nicht akzeptabel.
Daher können wir nur abraten.
Lieber wie im Artikel "Unser Rat" beschrieben auf eigene Faust versuchen.