Soziale Pflege­versicherung Pflege – die staatlichen Leistungen im Über­blick

Soziale Pflege­versicherung - Pflege – die staatlichen Leistungen im Über­blick

Gesetzliche Pflege­versicherung. Ihre Leistungen sind für Pflegebedürftige sehr wichtig, auch wenn sie meistens nicht ausreichen. © Getty Images / Hinterhaus Productions

Werden Menschen pflegebedürftig, brauchen sie Hilfe – von Familien­mitgliedern oder Pflegefach­kräften. Finanzielle Unterstüt­zung bietet die gesetzliche Pflege­versicherung.

Aktuell gibt es etwa 5,2 Millionen Pflegebedürftige in Deutsch­land. Die meisten von ihnen sind älter als 60 Jahre. Bei den über 75-Jährigen liegt der Anteil der Pflegebedürftigen bei knapp 17 Prozent, in der Alters­gruppe der über 90-Jährigen sind es mehr als 81 Prozent. Die Zahlen zeigen eindeutig: Mit zunehmendem Lebens­alter steigt das Risiko, auf Hilfe und Unterstüt­zung angewiesen zu sein.

Vieles neu ab 2025

Zum 1. Januar 2025 gab es etliche Neuerungen in der Pflege­versicherung. Informationen dazu haben wir kompakt im Special Pflegereform 2025 zusammen­gestellt.

Eine Pflegebedürftig­keit kann sich lang­sam einschleichen oder plötzlich auftreten – zum Beispiel nach einem Unfall oder infolge eines Sturzes, Herz­infarkts oder Schlag­anfalls. Das Leben der Betroffenen ändert sich durch eine Pflegebedürftig­keit enorm. Aber auch Angehörige müssen oft ihren Alltag neu organisieren, insbesondere wenn sie selbst die Pflege über­nehmen. Haus­notruf, Pfle­gegrad, ambulanter Dienst – plötzlich tauchen jede Menge neuer Begriffe auf. Informiert zu sein, ist entscheidend.
Wer nicht weiß, was ihm oder ihr zusteht, bekommt wichtige Leistungen nicht. Deshalb erklären wir hier:

  • wie Familien die Pflege eines Mitglieds sicher­stellen können,
  • welche Leistungen Pflegebedürftigen und Angehörigen zustehen,
  • wie sie diese abrufen können und
  • wer sie dabei unterstützt.

Das Wichtigste in Kürze

Pflege­leistungen für alle Bedürftigen

Versicherungs­pflicht. Jeder, der gesetzlich oder privat kranken­versichert ist, ist auto­matisch in der gesetzlichen Pflege­versicherung versichert. Einen Anspruch auf Pflege­leistungen haben Versicherte, die in den letzten zehn Jahren vor der Antrag­stellung zwei Jahre als Mitglied in die Pflegekasse einge­zahlt haben oder familien­versichert waren.

Leistung auf Antrag. Um Leistungen zu erhalten, müssen gesetzlich Versicherte Pflege­leistungen bei der Krankenkasse beantragen, privat Versicherte wenden sich an ihren Kranken­versicherer. Voraus­setzung ist stets, dass jemand länger als sechs Monate auf Unterstüt­zung im Alltag angewiesen ist.

Begut­achtung. Ehe die Pflege­versicherung greift, müssen Gutachte­rinnen oder Gutachter eine Pflegebedürftig­keit fest­stellen. Bei gesetzlich Versicherten über­nimmt der Medizi­nische Dienst der Kranken­versicherung (MD) die Begut­achtung, bei privat Versicherten die Firma Medicproof.

Pfle­gegrad. Das Pflege­gut­achten legt fest, ob und wie viel Hilfebedarf ein Mensch hat und in welchen Pfle­gegrad von 1 bis 5 jemand deshalb einge­stuft wird. Je höher der Pfle­gegrad, früher Pfle­gestufe genannt, desto höher fallen die bewil­ligten Leistungen aus.

Tipp: In unserem Pflege-Set erklären die Gesund­heits­expertinnen und -experten der Stiftung Warentest, wie Sie Pflege organisieren können. Die Sonderpublikation bietet Hilfe­stel­lungen zur Bewältigung von Formalitäten, mit den enthaltenen Check­listen und Formularen sichern Sie sich wichtige staatliche Hilfe­leistungen.

Beitrags­satz. Der Beitrag zur Pflege­versicherung liegt für Kinder­lose seit 1. Januar 2025 bei derzeit 4,2 Prozent ihres Brutto­einkommens, Versicherte mit Kind zahlen 3,6 Prozent. Haben Sie mehrere Kinder unter 25 Jahren, sinkt Ihr Beitrag aktuell auf bis zu 2,6 Prozent (siehe unten Beitrags­satz­tabelle). Privat Versicherte zahlen einen individuell ermittelten Beitrag, der durch eine gesetzliche Ober­grenze gedeckelt ist.

Die Beitrags­sätze für die gesetzliche Pflege­versicherung variieren nach Kinder­zahl. Nur der Kinder­abschlag für das erste Kind gilt lebens­lang, für weitere Kinder nur bis das Kind das 25. Lebens­jahr voll­endet hat.

Versicherte ohne Kinder 

= 4,20% (Arbeitnehmer-Anteil: 2,4%)

Versicherte mit 1 Kind

= 3,60% (lebens­lang) (Arbeitnehmer-Anteil: 1,8%)

Versicherte mit 2 Kindern

= 3,35% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,55%)

Versicherte mit 3 Kindern

= 3,10% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,3%)

Versicherte mit 4 Kindern

= 2,85% (Arbeitnehmer-Anteil 1,05%)

Versicherte mit 5 und mehr Kindern

= 2,6% (Arbeitnehmer-Anteil 0,8%)

Legende

Quelle: Bundes­gesund­heits­ministerium. Stand: 2025

Der Arbeit­geber­anteil, der bei angestellten Versicherten über­nommen wird, beläuft sich bei allen Beitrags­sätzen konstant auf 1,8 Prozent.

Gesetzliche Pflege­versicherung seit 1995

Jeder Mensch, der in Deutsch­land gesetzlich oder privat kranken­versichert ist, ist auto­matisch auch pflege­versichert. Die gesetzliche Pflege­versicherung ist eine Pflicht­versicherung, die seit 1995 existiert. Neben der gesetzlichen Unfall-, Kranken-, Arbeits­losen- und Renten­versicherung ist die Pflege­versicherung der jüngste Zweig der Sozial­versicherung. Die Vorschriften dazu stehen im Elften Sozialgesetz­buch, SGB XI. Um Pflege­leistungen bean­spruchen zu können, müssen Versicherte in den letzten zehn Jahren vor ihrem Antrag zwei Jahre als Mitglied in die Pflegekasse einge­zahlt haben oder familien­versichert gewesen sein.

Pflegesach­leistungen und Pflegegeld

Menschen, welche die Pflege­versicherung in Anspruch nehmen, können selbst entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden. Bei den Leistungen wird unterschieden zwischen:

  • Geld für die Unterbringung im Pfle­geheim
  • Pflegesach­leistungen für die Hilfe durch professionelle Fach­kräfte
  • Pflegegeld, das zum Beispiel an pflegende Angehörige weiterge­geben werden kann.

Pflegebedürftige können auch eine Kombination aus Pflegesach­leistungen und Pflegegeld beziehen. In diesem Fall spricht man von Kombileistungen. Zudem stehen ihnen unter anderem auch Zuschüsse für Hilfs­mittel zu.

Pflegereform: Änderungen 2024 und 2025

Zum 1. Januar 2024 waren die Leistungen der Pflege­versicherung gestiegen. Die Zuwendungen für Pflegegeld und Pflegesachleistungen wurden um rund 5 Prozent erhöht. Eine weitere Erhöhung der Pflege­leistungen gab es zum 1. Januar 2025. Die Leistungen stiegen um weitere 4,5 Prozent. Auch der Anteil, den Bewohne­rinnen und Bewohner von Pfle­geheimen für die Pflege­kosten erhalten, wurde erneut ange­hoben. Weitere Verbesserungen 2025: Unter anderem wurden der Entlastungs­betrag, die Zuschüsse zur Wohn­raum­anpassung und das Geld für die Tages- und Nacht­pflege erhöht. Ab Juli 2025 kommen die Leistungen für Kurz­zeit­pflege- und Verhinderungs­pflege in einen gemein­samen Topf. Für pflegende Angehörige bedeutet das, dass sie einen Betrag von 3 539 Euro flexibel für Kurz­zeit­pflege und Verhinderungs­pflege nutzen können.

Mehr als sechs Monate Hilfebedarf

Gesetzlich und privat Versicherte können auf Antrag Leistungen aus der Pflege­versicherung erhalten, wenn sie mehr als sechs Monate auf Unterstüt­zung und Pflege einer anderen Person angewiesen sind. Der Hilfebedarf wird durch den Medizi­nischen Dienst der Krankenkassen (MD) oder die Firma Medicproof (privat Versicherte) fest­gestellt. Antrag­steller auf Pflege­leistungen werden begut­achtet und bei Pflegebedürftig­keit in einen von fünf Pfle­gegraden einge­stuft. Je höher der Pfle­gegrad, desto höher fallen die Leistungen aus.

Keine Leistung bei vorüber­gehendem Bedarf

Ist jemand nach einem Unfall oder einer Krankheit lediglich für einige Wochen oder Monate auf Unterstüt­zung angewiesen, hat er oder sie keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. In diesem Fall sind die Krankenkasse, der private Kranken­versicherer oder die Unfall­kasse für eventuelle Leistungen zuständig.

Versicherungs­pflicht für Kranken­versicherte

Zu jeder gesetzlichen Krankenkasse gehört eine Pflegekasse, bei der ihre Mitglieder auto­matisch mitversichert sind, soziale Pflege­versicherung genannt. Privat Kranken­versicherte sind in der privaten Pflege­versicherung versichert, die auch Pfle­gepflicht­versicherung heißt. Die Leistungen der Pfle­gepflicht­versicherung entsprechen denen der sozialen Pflege­versicherung. Privat Kranken­versicherte sind in der Regel über ihren Kranken­versicherer pflege­versichert. Sie haben aber auch die Möglich­keit, bis zu sechs Monate nach Abschluss eines privaten Kranken­versicherungs­vertrags ihre Pfle­gepflicht­versicherung bei einem anderen Anbieter abschließen.

Beitrag für gesetzlich Versicherte

Der Beitrags­satz zur sozialen Pflege­versicherung liegt aktuell bei 3,4 Prozent des Brutto­einkommens für gesetzlich Versicherte mit einem Kind und sinkt bei mehr Kindern. Kinder­lose zahlen 4 Prozent. Zum 1. Januar 2025 stiegen die Abgaben um weitere 0,2 Prozent: Versicherte mit Kind zahlen dann 3,6 Prozent ihres Brutto­einkommens, Kinder­lose 4,2 Prozent. Der Beitrag geht am Ende des Monats vom Brutto­lohn ab. Bei Angestellten beteiligt sich der Arbeit­geber am Beitrag, jedoch nicht am Kinder­losen-Zuschlag.

Beitrag für Privatversicherte

Der Beitrag für privat Versicherte zur Pfle­gepflicht­versicherung errechnet sich unabhängig von ihrem Einkommen, er hängt von ihrem Alter und Gesund­heits­zustand bei Vertrags­schluss ab. Ein Teil des Beitrags wird für die so genannte Alterungs­rück­stellung verwendet, diese soll starke Beitrags­steigerungen im Alter abfedern. Bei den Beiträgen zur Pflege­versicherung sieht das Gesetz hier eine Ober­grenze vor: Ein privat Pflege­versicherter zahlt 2024 ohne Beihilfe­anspruch maximal 175,96 (2024), mit Beihilfe höchs­tens 70,38 Euro. In der Praxis zahlen privat Versicherte allerdings deutlich weniger, Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer erhalten in der Regel einen Zuschuss zur Pflege­versicherung.

Kosten­erstattungs­prinzip für privat Versicherte

Wie bei der privaten Krankenversicherung gilt für die Pfle­gepflicht­versicherung das Kosten­erstattungs­prinzip: Sach­leistungen wie etwa die Pflege durch den Pflege­dienst müssen privat Versicherte aus eigener Tasche vorstre­cken, bevor sie sich ihre Ausgaben vom Privatversicherer zurück­holen.

Leistung mit Lücken

Eine gute Pflege durch Pfle­gekräfte zu Hause oder im Heim ist teuer. Vor allem, wenn es keine Unterstüt­zung durch die Familie gibt. Die Pflege­versicherung deckt nur in seltenen Fällen das volle finanzielle Risiko ab, meist über­nimmt sie nur einen Teil der Pflege­kosten für die häusliche und stationäre Pflege. Den Rest, den Eigen­anteil, zahlen Versicherte aus eigener Tasche.

Eigene Kosten für Pflege kaum abschätz­bar

Niemand kann im Voraus wissen, ob bei ihm oder ihr eine Pflegebedürftig­keit eintritt und wie lange sie andauert. Nach dem Pflegereport der Barmer GEK mussten Frauen vom Beginn ihrer Pflegebedürftig­keit bis zu ihrem Tod im Durch­schnitt etwa 45 000 Euro aus eigener Tasche für ihre Pflege zuzahlen. Im Einzel­fall können Pflege­kosten aber auch mehrere Hundert­tausend Euro betragen. Auch wenn die gesetzliche Pflege­versicherung einen Teil über­nimmt, bleibt die finanzielle Belastung für Betroffene und deren Angehörige oft enorm.

Das Sozial­amt springt ein

Reichen Rente und Erspartes nicht für den Eigen­anteil, leistet das Sozial­amt „Hilfe zur Pflege“. Die Behörde prüft dann, ob unter­halts­pflichtige Kinder einen Teil der Kosten über­nehmen können. Seit dem 1. Januar 2020 gilt eine Einkommens­grenze von 100 000 Euro, die nur für das erwachsene Kind, nicht aber für dessen Ehepart­nerin oder Ehepartner gilt. Mehr dazu erfahren Sie in unserem FAQ Elternunterhalt.

Private Pflege­zusatz­versicherung

Wer voraus­sicht­lich bis ins Renten­alter ausreichend hohe und sichere Einkünfte hat, kann in jüngeren Jahren über den Abschluss einer privaten Pflege­zusatz­versicherung nach­denken. Sie kann die Lücke zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflege­versicherung und den tatsäch­lichen Pflege­kosten schließen. Je nach Pfle­gegrad zahlt der Versicherer einen vertraglich vereinbarten Betrag aus. Finanztest hat 70 Pflegetagegeldtarife untersucht. Bei dieser Versicherungs­variante handelt es sich um die am weitesten verbreitete private Pflege­zusatz­versicherung.

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Praktische Unterstüt­zung und wichtige Informationen, um Pflege gut zu organisieren, bietet das Pflege-Set der Stiftung Warentest. Die enthaltenen Check­listen und Formulare helfen Ihnen, sich wichtige staatliche Hilfe­leistungen zu sichern.

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Kommentarliste

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  • Profilbild Stiftung_Warentest am 27.01.2025 um 14:56 Uhr
    Wechsel der gesetzlichen Krankenversicherung

    @alle: Wechseln Sie die gesetzliche Krankenversicherung, heißt das nicht automatisch, dass Sie die privaten Pflegezusatzversicherung wechseln sollten. Denn beim Wechsel des Anbieters der privaten Pflegezusatzversicherung erfolgt eine neue Gesundheitsprüfung, soweit es sich um keinen Pflege-Bahr-Tarif handelt.

  • clausem2707 am 05.01.2025 um 05:19 Uhr
    Gesund­heits­prüfung? auch über GKV Angebote?

    Hallo Stiftung Warentest!
    Bitte berichten, ob bei Vermittlung einer PV-Zusatzversicherung durch eine GKV, an die jeweiligen Partner, auch eine Gesundheitsprüfung erfolgt.
    Ich habe ca. 2004, gesetzlich versichert bei der DAK, eine Pflegezusatzversicherung bei der Hanse-Merkur (Versicherungspartner der DAK, Angebot exklusiv für DAK Versicherte) abgeschlossen. Es wurden keine Gesundheitsfragen erhoben.
    Aktuell bin ich bei der TK gesetzlich versichert. Diese GKV arbeitet z.B. mit der Envivas Versicherung zusammen.
    Mein Wechsel von der DAK zur TK führte nicht zu einer Veränderung meiner zuvor abgeschlossenen PV-Zusatzversicherung bei Hanse-Merkur.

  • Innoc11 am 02.07.2024 um 02:04 Uhr
    Zinsloses Darlehhen

    Wie hoch darf der zinlose Kredit sein ?

  • Testjunkie am 24.11.2023 um 22:43 Uhr
    Hanse Merkur private Pflegeversicherung

    2014 eingestiegen 79€ monatliche Beiträge
    Ab 2024 178€ monatliche Beiträge
    Die Beiträge stiegen kontinuierlich JEDES Jahr ❗️❗️❗️

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 13.02.2023 um 10:56 Uhr
    Pflegezusatzversicherung

    @moby_HH: Wir empfehlen den Abschluss eine Pflegeversicherung nur in ganz bestimmten Fällen. Da diese Art der Versicherung aber durch unsere Leser nachgefragt ist, haben wir einen Vergleich vorgenommen. Bitte lesen Sie dazu auch: www.test.de/Private-Pflegeversicherung-im-Test-So-fuellen-Sie-die-Pflegeluecke-4837475-5717054/