So haben wir nachhaltige Fonds und ETF getestet
Im Test
Wir haben 1 075 Fonds aus den Gruppen Aktien Welt, Aktien Europa, Aktien Deutschland und Aktien Schwellenländer sowie 133 Rentenfonds aus den Gruppen Staatsanleihen Euro und Staats- und Unternehmensanleihen Euro als potenziell nachhaltig identifiziert. Entweder die Anbieter haben den Fonds selbst als nachhaltig beschrieben oder sie haben den Fonds nach Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung eingestuft. Hinzu kommen vier Fonds aus der Gruppe Staatsanleihen Deutschland.
Die Fonds haben wir einem Vorab-Screening unterzogen. Den Anbietern der Fonds, die es bestanden haben, haben wir einen Fragebogen geschickt. Für 134 Fonds konnten wir eine vollständige Nachhaltigkeitsbewertung erstellen.
Bildet ein Fonds einen Index ab, so kam er für den Test nur infrage, wenn er im Index enthaltene Aktien kauft, also physisch repliziert. Ausgeschlossen von der Prüfung der Nachhaltigkeit haben wir Fonds, die einen Index synthetisch replizieren. Hierbei werden andere Aktien als die im Index enthaltenen gekauft und die Wertentwicklung des Index mittels eines Swaps, also eines Tauschgeschäfts, sichergestellt.
Das Vorab-Screening
Zunächst werfen wir mithilfe des Prüfinstituts The Value Group und der Daten des Indexanbieters MSCI einen Blick in die Fonds. Wir schauen in einem zweistufigen Verfahren, ob sie gegen essenzielle Nachhaltigkeitskriterien verstoßen. In der ersten Stufe identifizieren wir sehr schwere Verstöße, in der zweiten Stufe schwere Verstöße gegen unsere Ausschlusskriterien. Fonds, die im Vorab-Screening scheitern, bekommen nur einen Nachhaltigkeitspunkt und scheiden aus dem weiteren Testverfahren aus.
Stufe 1 des Vorab-Screenings
Wir prüfen die Fondsportfolios auf sehr schwere Verstöße gegen unsere Nachhaltigkeitskriterien. Wir schauen ob die Fonds in Unternehmen investieren...
- ...mit hochwirksamen fossilen Brennstoffreserven (Kohle, Ölsand, Schieferöl und Schiefergas). Als sehr schweren Verstoß werten wir es, wenn der Anteil solcher Unternehmen am Portfolio größer ist als 5 Prozent.
- ...aus der thermischen Kohleindustrie. Als sehr schweren Verstoß werten wir es, wenn das Portfolio Unternehmen enthält, die 10 Prozent oder mehr ihres Umsatzes mit Kohleförderung und -verkauf erzielen.
- ...aus dem Kernenergie-Sektor. Als sehr schweren Verstoß werten wir es, wenn der Anteil solcher Unternehmen am Portfolio größer ist als 10 Prozent.
- ...aus der Tabakbranche. Als sehr schweren Verstoß werten wir es, wenn das Portfolio Unternehmen enthält, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Tabak beziehungsweise mehr als 15 Prozent ihres Umsatzes mit dem Handel von Tabakprodukten erzielen.
- ...aus der Rüstungsbranche. Als sehr schweren Verstoß werten wir es, wenn das Portfolio Hersteller geächteter Waffen oder Hersteller von Nuklearwaffen enthält.
- ...die gegen die OECD-Leitsätze oder den UN Global Compact verstoßen. Sie scheitern ebenfalls bereits in Stufe 1 unseres Vorab-Screenings. Die Vereinten Nationen (UN) formulieren zehn Grundsätze für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Unter anderem sollen die unterzeichnenden Unternehmen sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen und sich für die Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit sowie gegen Korruption einsetzen.
Fonds, die die Stufe 1 nicht bestehen, screenen wir aber noch in Stufe 2, um sie auf sämtliche uns wichtigen Ausschlusskriterien abzuklopfen. Sie können aber nicht mehr als einen von fünf möglichen Punkten erhalten.
Stufe 2 des Vorab-Screenings
Wir prüfen die Fondsportfolios auf schwere Verstöße gegen unsere Nachhaltigkeitskriterien. Wir schauen ob die Fonds in Unternehmen investieren...
... mit allen Arten von fossilen Brennstoffreserven. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn der Anteil solcher Unternehmen am Portfolio mehr als 5 Prozent beträgt.
... mit Umsätzen aus fossilen Brennstoffen. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn der gewichtete Durchschnitt der Einnahmen aller Emittenten aus fossilen Brennstoffen mehr als 5 Prozent beträgt (einschließlich Gewinnung, Raffination und Stromerzeugung).
... mit Umsätzen aus Kohlegeschäften. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn der Fonds in Unternehmen investiert ist, die mehr als 5 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Abbau von thermischer Kohle, dem Verkauf an externe Parteien oder der Stromerzeugung erzielen.
... aus der Kernenergiebranche. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn Unternehmen im Portfolio sind, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Kernkraftwerken erzielen oder – bei Lieferanten – die mehr als 15 Prozent ihres Umsatzes mit der Belieferung von Kernkraftwerken erzielen.
... die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion grüner Gentechnik erzielen. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn solche Unternehmen im Portfolio enthalten sind.
... die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Pornografie erzielen oder die mehr als 15 Prozent mit dem Handel oder dem Vertrieb von Pornografie erzielen. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn solche Unternehmen im Portfolio enthalten sind.
... die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit Glücksspiel erzielen oder – bei deren Dienstleistern – die mehr als 15 Prozent ihres Umsatzes mit Dienstleistungen für Glücksspiel erzielen. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn solche Unternehmen im Portfolio enthalten sind.
... aus dem Waffensektor. Wir werten es als schweren Verstoß, wenn Unternehmen im Portfolio sind, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion ziviler Schusswaffen und konventionellen Waffen erzielen. Außerdem gilt es als schwerer Verstoß, wenn die Fonds in Unternehmen investieren, die mehr als 15 Prozent ihres Umsatzes mit dem Handel ziviler Schusswaffen erzielen. Die Umsatzgrenze von 15 Prozent gilt ebenfalls für Lieferanten und Dienstleister im Bereich der konventionellen Waffen.
Fonds, die unser Vorab-Screening nicht bestanden haben, bewerten wir mit einem Punkt. Sie scheiden aus dem weiteren Testverfahren aus.
Branchenfonds im Vorab-Screening
Ebenfalls dem Vorab-Screening unterzogen haben wir Fonds aus den Gruppen Aktien Umwelt&Klima (Welt), Aktien Neue Energien (Welt) und Aktien Wasser (Welt). Die Ergebnisse finden Sie in unserer Fondsdatenbank. Wir haben die Fonds nicht bewertet, es jedoch mit einer Fußnote gekennzeichnet, wenn ein Fonds das Vorab-Screening bestanden/nicht bestanden hat.
Unser Vorab-Screening für Staatsanleihen
Ebenfalls durch das Vorabscreening fielen Fonds, die Anleihen von Staaten besitzen,
- ...die dem Pariser Klimaabkommen und der Biodiversitätskonvention nicht beigetreten sind,
- ...die ein Militärbudget von mehr als 4 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) aufweisen,
- ...bei denen die Todesstrafe legal ist,
- ...die EU- oder UNO-Sanktionen unterliegen,
- ...die von der Nichtregierungsorganisation Freedom House als „nicht frei“ eingestuft sind und
- ...bei denen hohe Korruption herrscht (Corruption Perception Index CPI < 30).
Wir werten diese als sehr schwere Verstöße.
So bewerten wir den Anlageerfolg
Wir messen den Anlageerfolg der Fonds anhand des Chance-Risiko-Verhältnisses. Die monatlich aktualisierten Ergebnisse veröffentlichen wir in unserer großen Fondsdatenbank. Wir erläutern dort zudem Details zum Fondsrating.
So bewerten wir die Nachhaltigkeit
Den Anbietern der Fonds, die das Vorab-Screening bestanden haben, haben wir einen Fragebogen geschickt. Für 134 Fonds und ETF haben wir eine vollständige Nachhaltigkeitsbewertung erstellt. Nachhaltigkeitspunkte haben wir an insgesamt 1 457 Fonds vergeben und unsere große Fondsdatenbank entsprechend aktualisiert. Die Nachhaltigkeitsbewertung der Stiftung Warentest bezieht sich auf den gesamten Auswahlprozess der Fonds. Schwerpunkt der Gesamtnote sind die Ausschlusskriterien.
Die Bewertung für die Nachhaltigkeit lautet wie folgt:
fünf Punkte – Sehr hoch
vier Punkte – Hoch
drei Punkte – Mittel
zwei Punkte – Niedrig
ein Punkt– Sehr niedrig
Die Bewertung von Aktienfonds
Die Nachhaltigkeitsbewertung setzt sich zusammen aus der Bewertung der Ausschlusskriterien und der weiteren Auswahlkriterien, etwa welche Auswahlstrategien der Fondsanbieter verfolgt, wie streng er bei der Auswahl der Aktien vorgeht oder ob er einen unabhängigen Nachhaltigkeitsbeirat einsetzt (siehe unten). Die Bewertung der Ausschlusskriterien macht 50 Prozent an der Gesamtnote aus.
Die Bewertung von Rentenfonds
Die Nachhaltigkeitsbewertung setzt sich zusammen aus den Bewertungen für Staatsanleihen und – sofern im Portfolio – für Unternehmensanleihen. Die Note wird anteilig berechnet. Die Bewertung der Staatsanleihen ergibt sich hauptsächlich aus dem ESG-Länderrating und der Bewertung der Ausschlusskriterien für Staaten (siehe unten). Das Länderrating umfasst die Scores für Umweltbelange, Soziales und Staatsführung. Die Bewertung der Unternehmensanleihen ergibt sich aus der Bewertung der Ausschlusskriterien, den Auswahlstrategien sowie der Strenge der Auswahl (siehe unten).
Ausschlusskriterien für Unternehmen im Detail
In unsere Bewertung fließen 29 Ausschlusskriterien ein:
- Kohleförderung zur Verwertung in thermischen Kraftwerken
- Konventionelle Erdgasförderung
- Konventionelle Ölförderung
- Förderung von Ölsand, Schieferöl und Schiefergas
- Betrieb von Kohlekraftwerken
- Betrieb von Erdgaskraftwerken
- Betrieb von Ölkraftwerken
- Kernkomponenten für Atomkraftwerke
- Betrieb von Atomkraftwerken
- Abbau von Uran
- Genetisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft
- Massentierhaltung
- Tierversuche für Kosmetik
- Produktion von Palmöl
- Produktion von langlebigen organischen Schadstoffen
- Ernste oder wiederholte Umweltschäden
- Korruption, Steuervermeidung, Geldwäsche
- Arbeitsrechtsverletzungen gemäß Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
- Menschenrechtsverletzungen gemäß der Vereinten Nationen (Uno)
- Glücksspiel
- Pornografie
- Alkohol
- Tabak
- Kriegswaffen und Militärgüter
- Handfeuerwaffen
- Abgereicherte Uranmunition
- Massenvernichtungswaffen
- Anti-Personen-Minen
- Streumunition
Um die volle Punktzahl zu erreichen, durfte ein Fonds nur in Unternehmen investieren, die höchstens 5 Prozent ihres Umsatzes mit Geschäften machen, die gegen die Ausschlusskriterien des Fonds verstoßen, bis zur Grenze von 10 Prozent gab es die halbe Punktzahl. Ausnahmen sind geächtete Waffen, Ölsande und Fracking sowie Tabak und Pornografie. Hier lagen unsere Grenzen bei 0 für volle und bei 5 Prozent für halbe Punktzahl. Bei Umweltzerstörung, Korruption, Arbeits- und Menschenrechten kam es auf ernste und wiederholte Verstöße an.
Wir unterscheiden die Ausschlusskriterien in voll erfüllt, eingeschränkt und nicht erfüllt.
Beispiele „Fossile Energien“
Im Ausschlusskriterium „Fossile Energien“ zum Beispiel fassen wir die Punkte 1 bis 7 zusammen. Für jedes Einzelkriterium vergeben wir bei Umsätzen bis 5 Prozent die volle, bei Umsätzen bis 10 Prozent nur noch die halbe Punktzahl. Eine Ausnahme gilt für Punkt 4 „Ölsand, Schieferöl und Schiefergas“, hier gibt es einen vollen Punkt nur, wenn kein Umsatz in diesem Bereich gemacht wird, und einen halben Punkt bei Umsätzen bis 5 Prozent. Weil wir Kohleförderung und -verstromung stärker gewichten, beträgt die maximale Punktzahl 7 Punkte. Das Ausschlusskriterium „Fossile Energien“ gilt als voll erfüllt, wenn mehr als 5 Punkte erreicht sind. Bei mehr als 3,5 Punkten ist es eingeschränkt, darunter nicht erfüllt.
Beispiel „Atomkraft“
Bei „Atomkraft“ fassen wir die Punkte 8, 9 und 10 zusammen. Für jedes Einzelkriterium vergeben wir bei Umsätzen bis 5 Prozent einen Punkt, bei Umsätzen bis 10 Prozent einen halben Punkt. Das Ausschlusskriterium „Atomkraft“ gilt bei drei Punkten als voll erfüllt, ab einem Punkt als eingeschränkt und darunter als nicht erfüllt.
Ausschlusskriterien für Staaten im Detail
- Klima- und Umweltzerstörung: Ausgeschlossen sein sollen Staaten, die das Pariser Klimaabkommen und die UN-Biodiversitätskonvention nicht ratifiziert haben, sowie Staaten, die im aktuellen Climate Change Performance Index mit dem Rating „sehr niedrig“ bewertet werden (unter 40 Punkten). Das Kriterium ist voll erfüllt, wenn beide Punkte erfüllt sind, und eingeschränkt, wenn nur ein Punkt erfüllt ist.
- Atomkraft: Hier geht es um den Betrieb sowie den Neubau von Kernkraftwerken. Das Kriterium ist voll erfüllt für Staaten ohne Kernkraftwerke sowie für Staaten, in denen der Anteil der Kernenergie an der Gesamtstromerzeugung im Durchschnitt der letzten drei Jahre nicht mehr als 10 Prozent beträgt. Das Kriterium ist eingeschränkt erfüllt, wenn der Anteil der Kernenergie an der Gesamtstromerzeugung nicht mehr als 40 Prozent beträgt oder für Staaten, in denen keine neuen Kraftwerke gebaut oder geplant werden.
- Verstöße gegen Demokratie und Menschenrechte: Staaten, die von Freedom House Index als „nicht frei“ (teilweise erfüllt) oder „teilweise frei“ (voll erfüllt) bewertet werden.
- Korruption: Ausgeschlossen sein sollen Staaten mit hoher Korruption. Das Kriterium ist voll erfüllt, wenn der Ausschluss schon für Staaten mit einem aktuellem Corruption Perceptions Index von 50 gilt, und eingeschränkt erfüllt bei einem CPI von mindestens 30 Punkten.
- Hohes Militärbudget: Staaten, die im Durchschnitt der letzten drei Jahre mehr als 4 Prozent (teilweise erfüllt) oder 3 Prozent ihres BIP (voll erfüllt) in Militärausgaben investieren.
- Kontroverse Waffen: Ausgeschlossen sein sollen Staaten, die Atomwaffen besitzen, die den Atomwaffensperrvertrag nicht ratifiziert haben und die folgende Konventionen über kontroverse Waffen nicht ratifiziert haben: Übereinkommen über Streumunition, Ottawa Konvention über Antipersonenminen. Das Kriterium ist voll erfüllt, wenn Atomwaffen ausgeschlossen sind und eingeschränkt erfüllt, wenn nur Konventionen gegen kontroverse Waffen ratifiziert oder wenn nur Staaten ohne Atomwaffensperrvertrag ausgeschlossen wurden.
- Todesstrafe: Ausgeschlossen sein sollen Staaten, in denen die Todesstrafe innerhalb der letzten zehn Jahre angewendet wurde.
Wir berücksichtigen auch implizite Ausschlüsse. Bei Fonds, die nur in Staatsanleihen aus der Eurozone oder Deutschland investieren, nehmen wir an, dass die Ausschlusskriterien erfüllt sind, wenn die untersuchten Praktiken in diesen Ländern nicht vorkommen, auch wenn sie vom Anbieter im ESG-Ansatz nicht definiert werden.
Weitere Auswahlkriterien
Hierzu gehören die Punkte
- Strenge der Auswahl
- Auswahlstrategien
- Nachhaltigkeitsbeirat
Wir bewerten die Strenge der Auswahl. Je mehr Aktien im Auswahlprozess aussortiert werden, desto besser. Ein Ausschlussgrad von mehr als 75 Prozent ist hoch, von mehr als 50 Prozent mittel, darunter gering.
Wir bewerten es positiv, wenn der Anbieter für seinen Fonds einen Mindestanteil von 5 Prozent an Taxonomie-konformen Anlagen ausweist. Dieser Anteil darf nicht aus der Energieerzeugung mit Erdgas und Nuklearenergie stammen. Die EU-Taxonomie ist ein Regelwerk, in der umweltfreundliche Wirtschaftsaktivitäten definiert werden.
Ebenfalls positiv ist es, wenn ein ETF oder Indexfonds einen Index abbildet, der sich an den Beschlüssen des Pariser Klimaabkommens orientiert (Paris-aligned Benchmark). Solche Indizes müssen eine Treibhausgas-Intensität von weniger als 50 Prozent des klassischen Mutterindex aufweisen, dazu sehen sie eine jährliche Dekarbonisierungsrate von 7 Prozent vor. Sie schließen geächtete Waffen, Tabak, teilweise die Forderung von fossilen Brennstoffen, sowie Verstöße gegen die OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen und gegen UN Global Compact-Grundsätze aus.
Desweiteren bewerten wir die Auswahlstrategien. Hierzu gehören Best-in-Class (Auswahl der Besten einer Branche), Best-of-all-Classes (Auswahl der branchenunabhängig Besten), die absolute Auswahl (Auswahl von Titeln, die ein bestimmtes Rating erreichen) und die Themenauswahl.
Die Auswahlstrategien im Detail:
- Beim Best-in-Class-Ansatz wählen Fondsgesellschaften aus jeder Branche die Besten aus – die Unternehmen also, die jeweils am nachhaltigsten sind. Vorteil: Das Portfolio ist breit gestreut. Nachteil: So landen etwa auch Ölkonzerne im Portfolio, was vielen grünen Anlegern nicht gefällt. Oft wird der Best-in-Class-Ansatz allerdings mit Ausschlusskriterien verknüpft.
- Bei der Best-of-all-Classes-Strategie wählen die Anbieter die nachhaltigsten Unternehmen über alle Branchen hinweg aus. Legen sie die Messlatte hoch genug, haben Unternehmen aus schmutzigen Branchen keine Chance. Explizite Ausschlusskriterien kann es trotzdem geben. Die Vorgehensweise ist strenger als der Best-in-Class-Ansatz, das Portfolio ist weniger breit gestreut, weil auch ohne Ausschlusskriterien weniger Branchen im Portfolio vertreten sind.
- Während beim Best-in-Class- und Best-of-all-Classes-Ansatz die Unternehmen jeweils relativ zueinander bewertet werden, bekommen bei der absoluten Auswahl – sprich: der Auswahl der messbar besten Unternehmen – nur die Unternehmen eine Chance, die bestimmte nachhaltige Mindeststandards erfüllen. Gemessen wird der Mindeststandard zum Beispiel anhand von Ratings oder Scores. Wie nachhaltig der Fonds ist, hängt von der Strenge der Kriterien ab. Diese Auswahlmethode wird oft mit Best-in-Class kombiniert.
- Bei der Themenauswahl definieren die Fonds Themen, zum Beispiel „globale Herausforderungen“, „Transformationsthemen“ oder Branchen wie „Erneuerbare Energien“ oder „Energieeffizienz“ und wählen die passenden Unternehmen aus. In der Praxis wird der Themenansatz oft mit einer der anderen Strategien kombiniert. Auch Ausschlusskriterien kommen zum Einsatz.
Zudem bewerten wir, ob es einen Nachhaltigkeitsbeirat mit unabhängigen Experten gibt.
Nein‑X heißt, es gibt keinen solchen Beirat,
Ja‑Häkchenheißt, es gibt einen Beirat und dieser hat ein Mitspracherecht bei Festlegung der Nachhaltigkeitskriterien und Titelauswahl,
eingeschränkt heißt, dass der Beirat keine oder wenig Mitspracherechte hat.
Transparenz
Hier bewerteten wir, wie oft der Anbieter das Portfolio im Internet veröffentlicht, ob er offenlegt, welche Aktien oder Anleihen er aus Nachhaltigkeitsgründen verkauft hat, ob er seinen Nachhaltigkeitsansatz erläutert und regelmäßig darüber berichtet. Die Transparenz bewerten wir separat, sie fließt nicht in die Nachhaltigkeitsnote ein.
Bei Aktienfonds: Engagement
Auch das Engagement in Sachen Nachhaltigkeit haben wir bewertet. Damit ist gemeint, ob der Fondsanbieter auf den Hauptversammlungen der Unternehmen, an denen er beteiligt ist, seine Stimmrechte ausübt und ob er direkt mit den Unternehmen kommuniziert.
Unsere Bewertung fiel umso besser aus, je mehr die Fondsanbieter die Firmen bei ihrem Engagement begleiten. Wir erwarteten von den Fondsanbietern, dass sie Konsequenzen ziehen und ihre Aktien verkaufen, wenn der Engagement-Prozess scheitert und ein Unternehmen bestimmte Missstände nicht abstellt. Außerdem bewerteten wir, wie gut die Anbieter über ihre Engagement-Strategie informieren. Beim Prüfpunkt „Umfang des Engagements“ greifen wir auf die Selbsteinschätzung der Anbieter zurück.
Den Punkt „Engagement“ bewerten wir separat, er fließt nicht in die Nachhaltigkeitsnote ein.
Bei Rentenfonds: Das Länderrating der Stiftung Warentest
Unsere Nachhaltigkeitsbewertung der Staaten haben wir mithilfe der Researchagentur The Value Group vorgenommen. Wir unterteilen die Bewertung für das ESG-Länderrating in drei Kategorien nach dem Kürzel ESG. Die Buchstaben stehen für Environmental, Social und Governance – was bezogen auf Länder mit Umwelt, Soziales und Staatsführung übersetzt werden kann. Die Bewertung stützt sich auf insgesamt elf Kriterien.
E-Score für Umweltbelange:
- Klima (ein K.-o.-Kriterium ist es, wenn das Pariser Klimaabkommen nicht ratifiziert ist)
- Umwelt (ein K.-o.-Kriterium ist es, wenn die UNO-Biodiversitätskonvention nicht ratifiziert ist)
S-Score für Soziales:
- Bildung
- Geschlechtergleichheit
- Gesundheit und Ernährung
- Menschen- und Arbeitsrechte (ein K.-o.-Kriterium ist es, wenn das Land gegen die Menschenrechte verstößt (schwere Verstöße) oder wenn sich das Land nicht zur internationalen Menschenrechtskonvention der UNO bekennt; als weitere K.o.-Kriterien gelten die Anwendung der Todesstrafe, schwerwiegende Verstöße gegen Arbeitsrechte sowie ausbeuterische Kinderarbeit)
- Sozialer Wohlstand
G-Score für Staatsführung:
- Demokratie (als K.-o.-Kriterien werten wir, wenn ein Land laut Freedom House Rating als „nicht frei“ gilt oder wenn es nur eine ungenügende Pressefreiheit gibt (entweder Indexwert > 35 gemäß dem Freedom of the Press Index von „Reporter ohne Grenzen“ beziehungsweise eine Bewertung unter 2 (Bestnote 4) in der Freedom House Kategorie „Freie und unabhängige Medien“))
- Entwicklung
- Korruption und Geldwäsche
- Waffen und Konflikte (als K.-o.-Kriterien werten wir, wenn sich ein Land im Krieg befindet, den Atomwaffensperrvertrag nicht einhält, das Oslo-Abkommen zur Streumunition nicht ratifiziert hat oder Streumunition bevorratet, das Ottawa-Abkommen über Anti-Personen-Minen nicht ratifiziert hat oder Anti-Personen-Minen bevorratet oder wenn sich seine Militärausgaben auf mehr als 4 Prozent des BIP belaufen)
K.-o.-Kriterien führen zu einer Bewertung von 0 in dem entsprechenden Bereich.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Max.Headroom: Lobbying und ähnliche Aktivitäten gegen Klimamaßnahmen oder andere Nachhaltigkeitsthemen gehört unter kontroverse Unternehmenspraktiken und spielt bei einigen aus Nachhaltigkeitssicht strengen Fondsgesellschaften bei der Anlageentscheidung durchaus eine Rolle. Es wird meistens jedoch nicht explizit in der Fondsdokumentation genannt, daher lohnt es sich bei der Fondsgesellschaft direkt nachzufragen und um konkrete Beispiele bitten. Es gibt auch internationale Datenbanken, die kontroverse Aktivitäten von Unternehmen, Lobbyverbänden und Finanzindustrie dieser Art systematisch bewerten, z.B. die Influencemap.org oder Shareaction.org. In diesem Bereich ist aktuell sehr viel Bewegung durch die politischen Entwicklungen in den USA. Dem Thema werden wir uns auch in unseren künftigen Veröffentlichungen zu nachhaltigen Fonds widmen.
Gibt es denn auf Fonds, deren Herausgeber sich wirklich Gedanken machen, in was sie da investieren? Also nicht nur offensichtliche Ausschlusskriterien definieren, wie etwa fossile Brennstoffe, sondern auch Firmen ausschließen, bei denen jemand mitverdient, der z.B. den Klimawandel leugnet und sein verdientes Geld doch wieder in fossile Geldanlagen steckt. (Wie die amerikanischen Tech-Giganten, die sich gerade in die Politik einmischen...)
@stbar: 1.-Wahl-ETF sind innerhalb ihrer Fondsgruppe möglichst breit gestreut und bilden einen Index ab, der ein ähnliches Konzept verfolgt wie der Referenzindex der Fondsgruppe. Die Kombination aus breiter Streuung und geringen Kosten sorgt dafür, dass 1.-Wahl-ETF in ihrer jeweiligen Fondsgruppe langfristig zu den besten Fonds gehören.
Unter dem folgenden Link finden Sie unsere Beschreibung dazu, wie wir Fonds und ETF bewerten:
www.test.de/fonds/methodik
Liebes Finanztest-Team, vielen Dank für die tolle Übersicht. Ich hätte eine Frage zur Bewertung des Anlageerfolgs. Der ETF Invesco IE00BJQRDN15 ist mit 4 Punkten bewertet. Der ETF iShares IE00BYX2JD69 ist 1. Wahl. Der Invesco hat Renditen von 14,1% (5 Jahre) bzw 27,2% (1 Jahr) und der iShares 12,7% (1 J.) bzw. 14.4% (5 J.). Dabei hat der Invesco 4 Punkte (81 %) bei Nachhaltigkeit und der iShares "nur" 3 Punkte (60 %). Wie kommt die Bewertung des Anlageerfolgs im konkreten Fall zustande, wenn der Invesco im Betrachtungszeitraum eine höhere Rendite erzielt und dabei auch noch etwas nachhaltiger bewertet ist? Vielen Dank im Voraus.
@Andrea-XXX: Wir konnten den Axxion Umwelt-Bank Ucits ETF Global SDG Focus (LU2679277744) noch nicht testen, weil das Fondsportfolio noch nicht für ein Vorabscreening nach kontroversen Titeln zur Verfügung stand.
Laut Angabe auf der Anbieterwebseite enthält der Fondsindex noch nicht die angestrebte breite Streuung von 1.000 investierten Unternehmen, sondern erst 150. Das Portfolio soll schrittweise mit dem Anwachsen des Fondsvolumens aufgebaut werden.
Der ETF erfüllt nicht unsere Anforderungen an einen marktbreiten Index. Daher ist er aus unserer Sicht nicht als Basis im Depot geeignet.