Miet­erhöhung Wann die Miete steigen darf, wann nicht

Datum:
  • Text: Christoph Herr­mann
  • Leitung Faktencheck: Dr. Claudia Behrens
Miet­erhöhung - Wann die Miete steigen darf, wann nicht

Miet­erhöhung. Vermieter dürfen regel­mäßig Miet­erhöhungen fordern. Zulässig ist das aber nur in gesetzlich geregelten Grenzen. © Getty Images / Science Photo Library / raditya

Bis zu 20 Prozent Miet­erhöhung inner­halb von drei Jahren sind zulässig. Ober­grenze ist die Vergleichs­miete. Häufig machen Vermieter Fehler und Mieter können sich wehren.

Für viele Miete­rinnen und Mieter ist es ein Schreck, wenn Vermieter eine Erhöhung ankündigen. Die erste Frage ist oft: Ist die Miet­erhöhung zulässig?

Die Miet­rechts­experten der Stiftung Warentest erklären, wie oft und mit welchen Einschränkungen Vermieter berechtigt sind, bei Miet­verträgen ohne besondere Vereinbarungen dazu die Miete zu erhöhen, warum es immer wieder Streit gibt – und wie Vermieter und Mieter ihre Rechte wahren. Einen schnellen Über­blick liefert unsere Tabelle Die Regeln für Mieterhöhungen.

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Besondere Regeln zur Miet­erhöhung

Zunächst vorab: In Staffel- und Indexmiet­verträgen gelten besondere Miet­erhöhungs­regeln.

Staffelmiete – Miete steigt in Staffeln

Sind im Miet­vertrag Steigerungen fest vereinbart, sind nach­trägliche Miet­erhöhungen darüber hinaus ausgeschlossen. Bei einem solchen Staffelmietvertrag sind von bestimmten Zeit­punkten an höhere Mieten zu zahlen. Staffelmiet­verträge sind zulässig, können aber gegen die Miet­preisbremse verstoßen. Weder die erste noch für später vorgesehene Mieten dürfen höher liegen als nach den gesetzlichen Regeln zulässig. Ausführ­liche Erläuterungen dazu finden Sie in unserem Special Mietpreisbremse: Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren.

Indexmiete – Miete gemäß Verbraucher­preis­index

Auch bei einem Indexmietvertrag gelten besondere Regeln. Hier steigt die Miete parallel zum Verbraucher­preis­index. Das Statistische Bundes­amt errechnet diesen aus den zu Lebens­haltungs­kosten gesammelten Daten und veröffent­licht ihn monatlich. Der Vermieter teilt dem Mieter mit, wie sich der Index verändert hat und wie sich daraus die neue Miete errechnet. Die neue Miete müssen Mieter dann ab dem über­nächsten auf die Mitteilung folgenden Monat zahlen. Miet­erhöhungen darüber hinaus sind ausgeschlossen. Einzige Ausnahme: Bei Investitionen, zu denen der Vermieter gesetzlich verpflichtet ist, darf er einen Teil der Kosten auf Mieter umlegen, siehe: Miet­erhöhung wegen Modernisierung Wann Mieter zahlen müssen

Recht auf Zustimmung der Mieter

Für alle anderen Miet­verträge ohne ausdrück­liche Vereinbarungen zu Miet­erhöhungen gilt: Der Vermieter kann die Miete nicht einfach allein erhöhen. Denn eine Erhöhung stellt eine Änderung des Miet­vertrags dar. Sie erfordert daher die Zustimmung des Mieters oder der Mieterin. Der Vermieter darf die Zustimmung zu einer Miet­erhöhung – nach Ablauf bestimmter Zeiten und unter Beachtung der Ober­grenzen – allerdings einfordern. Auf diese Zustimmung darf er auch vor Gericht klagen. Die erhöhte Miete ist zwar erst fällig, nachdem Mieter zuge­stimmt haben. Haben Mieter die Zustimmung aber nicht recht­zeitig erteilt, müssen sie dem Vermieter dadurch entgangene Zahlungen als Verzugs­schaden ersetzen.

Geforderte Miete zu zahlen, reicht nicht. Miete­rinnen und Mieter haben bis zu zwölf Wochen Zeit, die Zustimmung zu einer Miet­erhöhung zu geben. Sie muss dem Vermieter spätestens am Ende des zweiten Monats nach Zugang des Miet­erhöhungs­verlangens vorliegen. Die neue Miete selbst ist erst mindestens drei und oft noch mehr Monate später zu zahlen. Achtung: Es reicht nicht aus, einfach nur still­schweigend den Dauer­auftrag anzu­passen. Die Zustimmung zur Miet­erhöhung muss gegeben werden. Mieter laufen sonst Gefahr, dass der Vermieter sie verklagt, weil er von ihrer Zustimmung nicht recht­zeitig erfährt. Die Kosten dafür haben dann Mieterin oder Mieter zu tragen.

Was Erhöhungen begrenzt

Höchs­tens ein Mal im Jahr

Nach der Miet­erhöhung ist vor der Miet­erhöhung. Doch frühestens ein Jahr nach der letzten Miet­erhöhung darf der Vermieter erneut eine Miet­erhöhung fordern, die dann frühestens nach drei weiteren Monaten in Kraft tritt. Oft kommt also alle 15 Monate wieder Post vom Vermieter: Andere Wohnungen seien noch teurer, steht da meist sinn­gemäß. Jetzt sei auch für diese Bleibe eine höhere Miete fällig. Als Begründung für eine Forderung auf Zustimmung einer Miet­erhöhung reicht das im Grunde aus. Der Vermieter muss aber erläutern, wie er darauf kommt, das andere Mieter für vergleich­bare Wohnungen mehr bezahlen. Er darf sich dabei auf Mietspiegel, die Auskunft aus einer Miet­daten­bank, Gutachten vereidigter Sach­verständiger und Mieten von mindestens drei Vergleichs­wohnungen beziehen. Er muss aber nicht genau erklären, wie er die für vergleich­bare Wohnungen gezahlte Miete genau ermittelt hat und welche wohn­werterhöhende oder -vermindernde Merkmale vorliegen.

Höchs­tens 15 oder 20 Prozent in drei Jahren

Um mehr als 20 Prozent inner­halb von drei Jahren dürfen Mieten in Deutsch­land nirgends steigen. Etwas zusätzliche Erleichterung bringen Mietern in Ballungs­gebieten sogenannte Kappungs­grenzen­ver­ordnungen. Die Landes­regierungen dürfen darin Gebiete fest­setzen, in denen „die Versorgung (...) mit Miet­wohnungen (...) zu angemessenen Bedingungen (...) besonders gefährdet ist“, heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch. In solchen Gebieten dürfen Vermieter die Miete nur um höchs­tens 15 Prozent inner­halb von drei Jahren erhöhen. Für so ziemlich alle Groß­städte und die umliegenden Kommunen gibt es solche Verordnungen.

Höchs­tens „orts­übliche Vergleichs­miete“

Eigentümer von frei finanzierten Wohnungen oder Häusern dürfen die Miete stets nur bis zur sogenannten „orts­üblichen Vergleichs­miete“ erhöhen. Das heißt: Mieter müssen es sich nicht gefallen lassen, wenn der Vermieter für ihre Wohnung auf einmal mehr will, als andere Mieter im gleichen Ort für eine solche Wohnung durch­schnitt­lich zahlen.

Mietspiegel hilft bei Orientierung

Wie viel das ist, ergibt sich vor allem in Groß­städten aus dem Mietspiegel. Am leichtesten haben es Vermieter und Mieter in Städten, für die es einen Online-Mietspie­gelrechner gibt. Sie geben die Daten ihrer Wohnung ein und der Rechner zeigt an, wie viel die Wohnung laut Mietspiegel durch­schnitt­lich kostet. Gibt es den Mietspiegel nur als Text, ist es schwieriger, die orts­übliche Vergleichs­miete heraus­zufinden.

Manchmal muss ein Gericht entscheiden

So oder so gilt: Potenzial für Streit bieten wohn­werterhöhende und wohn­wert­vermindernde Merkmale wie „Moderne Entlüftung“, „Wohn­räume über­wiegend schlecht belichtet“ oder „Aufwendig gestaltetes Wohn­umfeld“. Da können die Meinungen auseinander­gehen. Wenn Vermieter und Mieter sich nicht einigen können, hat das zuständige Gericht das letzte Wort.

Vergleichs­wohnungen und Gutachten

Vermieter dürfen sich zur Begründung von Miet­erhöhungs­forderungen auch auf Miet­daten­banken, Sach­verständigen­gut­achten und Vergleichs­wohnungen beziehen. Was in solchen Fällen geht und nicht geht, ist kompliziert. Sowohl Vermieter als auch Mieter sollten sich einge­hend beraten lassen.

Tabelle mit Regeln für Miet­erhöhungen

Ausgangs­lage

Wann

Wie

Wie viel

Ab wann

Bei allen Miet­verträgen (außer für Sozial­wohnungen)

Wenn sich Vermieter und Mieter einig sind, ist eine Erhöhung jeder­zeit möglich; es können auch Klauseln vereinbart werden, die zukünftige Miet­erhöhungen ausschließen oder begrenzen.

Miet­vertrag ohne vorab vereinbarte Miet­erhöhungen (außer für Sozial­wohnungen)

Forderung frühestens 12 Monate und Inkraft­treten frühestens 15 Monate nach der letzten Miet­erhöhung.

Verlangen auf Zustimmung in Text­form (auch E-Mail) mit nach­voll­zieh­barer Begründung.

Bis zur orts­üblichen Vergleichs­miete, maximal 15 Prozent inner­halb von drei Jahren bei Kappungsgrenzenverordung für den Wohnort, sonst maximal 20 Prozent inner­halb von drei Jahren.

Frühestens ab Anfang des dritten Monats nach Erhöhungs­verlangen

Miet­vertrag mit Staffelmiete

Wie im Vertrag vorgesehen. Einzel­heiten: Staffelmiete: Wenn die Miete automatisch steigt

Miet­vertrag mit Indexklausel

Inkraft­treten frühestens 12 Monate nach der letzten Miet­erhöhung

Schreiben, wonach die Miete wie Index steigt

Wird berechnet. Ausgangs­miete / Index damals * Index heute (--> test.de/indexmiete mit Rechner)

Frühestens ab Anfang des über­nächsten Monats nach Miet­erhöhungs­schreiben

Wohnung (außer Sozial­wohnung) soll modernisiert werden, der Vertrag enthält keine Staffel- oder Indexmiete

Nach Modernisierung zur Verbesserung der Energieeffizienz oder des Wohn­werts.

Erklärung in Text­form mit nach­voll­zieh­barer Berechnung der auf die Wohnung entfallenden Kosten.

Pro Jahr 8 Prozent der auf die Wohnung entfallenden Modernisierungs­kosten (ohne Zuschüsse und bei Förderkrediten abzüglich des Zins­vorteils) nach Abzug auf Reparaturbedarf entfallender Kosten.

Höchs­tens allerdings:
2 Euro/Quadrat­meter/Monat bei bisher weniger als 7 Euro je Quadrat­meter und sonst 3 Euro/Quadrat­meter

Beginn des dritten Monats ab Zugang des Erhöhungs­verlangens. Sechs Monate später, wenn die Miet­erhöhung nicht vor der Modernisierung angekündigt war oder die Miete 10 Prozent oder mehr steigt als angekündigt. Einzel­heiten siehe Modernisierung: Wenn der Vermieter investiert

Sozial­wohnung

Wenn die Kosten für die Wohnung höher sind als die Miete.

Schriftliche Erklärung des Vermieters mit Berechnung und Erläuterung.

Bis zur Höhe der sich aus den Kosten ergebenden Miete.

Auf die Anforderung folgender Monat.

Häufige Fehler bei der Miet­erhöhung

Trotz der eigentlich klaren Rege­lungen zu Miet­erhöhungen im Bürgerlichen Gesetz­buch gibt es oft Streit zwischen Mietern und Vermietern.

Jede vierte Miet­erhöhungs­forderung ist unwirk­sam

Laut Mieter­ver­einen verlangen Vermieter in etwa einem Viertel der Fälle mehr als Ihnen zusteht. Die Vermieter wenden zuweilen den Mietspiegel falsch an oder berufen sich auf ein ungültiges Zahlen­werk. Von vorn­herein unwirk­sam ist ein Miet­erhöhungs­verlangen beispiels­weise, wenn der Vermieter sie nicht von allen verlangt, die als Mieter im Vertrag stehen.

Mieter sollten recht­lichen Rat einholen

Im Detail ist die Rechts­lage vertrackt und für Laien undurch­schaubar. Wer eine Erhöhung nicht akzeptieren will, sollte sich unbe­dingt von einem Mietrechtsspezialisten beraten lassen. Falsch zu reagieren, kann teuer werden. Stimmt der Mieter zu, gilt eine Mieter­erhöhung auch dann, wenn der Vermieter sie gar nicht verlangen durfte. Verweigert er dagegen die Zustimmung, obwohl die Miet­erhöhung korrekt ist, kann der Vermieter klagen und der Mieter muss dann auch noch Gerichts­kosten und Rechts­anwalts­honorare tragen.

Tipp: Mieter­ver­eine und Rechtsschutzversicherungen über­nehmen bei mietrecht­lichen Streitig­keiten Anwalts- und Gerichts­kosten.

Tipps für Mieter

Forderung zurück­weisen. Weisen Sie die Forderung auf Zustimmung zu einer Miet­erhöhung sofort zurück, wenn Sie nicht von der im Miet­vertrag als Vermieter oder Vermieterin genannten Person oder Personen kommen und Sie Zweifel daran haben, ob der Absender berechtigt ist, den oder die Vermieter, Vermieterin oder Vermiete­rinnen Ihnen gegen­über zu vertreten und keine im Original unter­schriebene Voll­macht beiliegt. Sie müssen aber unver­züglich reagieren. Die Gerichte akzeptieren die Zurück­weisung nur, wenn sie inner­halb einer Woche beim Absender des Miet­erhöhungs­verlangens ankommt. Schreiben Sie so oder sinn­gemaß: „Ich weise Ihre Forderung auf Zustimmung zur Miet­erhöhung zurück. Ich kenne Sie nicht und weiß nicht, ob Sie berechtigt sind, den Vermieter/die Vermieter/die Vermieterin/die Vermiete­rinnen zu vertreten. Legen Sie mir eine Voll­machts­urkunde im Sinne von § 174 Satz 1 BGB vor.“ Sie gewinnen so zumindest Zeit. Oft werden Sie die neue erhöhte Miete erst einen oder zwei Monate später zahlen müssen. Klar: Hat der Vermieter oder die Vermieterin Ihnen zuvor mitgeteilt, wer ihn oder sie künftig vertritt, dann dürfen Sie dessen im Namen des Vermieters erhobene Forderungen nicht zurück­weisen.

Rechts­rat einholen. Lassen Sie sich ansonsten unbe­dingt vom Mieter­ver­ein oder von einem auf die Vertretung von Mietern spezialisierten Anwalt beraten, bevor Sie auf das Schreiben des Vermieters reagieren. Ob ein Miet­erhöhungs­verlangen formal wirk­sam ist, können Laien nicht zuver­lässig beur­teilen. Und wenn der Vermieter Ihnen ein unwirk­sames Miet­erhöhungs­verlangen geschickt hat, ist es meist richtig, gar nicht zu antworten. Solange der Vermieter den Fehler nicht bemerkt, kann er ihn nämlich auch nicht korrigieren, und die Miete bleibt erst mal noch unver­ändert. Sie haben ab Ende des Monats, in dem die Forderung auf Zustimmung zur Miet­erhöhung bei Ihnen ankommt, zwei Monate Zeit. Machen Sie sich trotzdem sofort daran, die Miet­erhöhung zu prüfen. Mieter­ver­eine und Mieter­anwälte haben oft lange Wartelisten.

Belege einfordern. Als Mieter einer Sozial­wohnung können Sie vom Vermieter Auskunft über die Ermitt­lung und Zusammenset­zung der Kostenmiete verlangen und sich die Genehmigung zeigen lassen. Erkundigen Sie sich bei der zuständigen Stelle, wenn der Vermieter nicht oder unzu­reichend antwortet. Je nach Bundes­land sind Gemeinden, Städte oder Kreise zuständig. Hat der Vermieter mehr als zulässig kassiert, muss er das über­zahlte Geld mit Zinsen erstatten.

Tipps für Vermieter

Form wahren. Bereiten Sie Miet­erhöhungen gut vor. Lassen Sie im Zweifel die Forderungs­schreiben von den Juristen eines Vermieter- oder Haus­besitzer-Verbands oder einem erfahrenen Vermieter­anwalt prüfen. Besonders ärgerlich sind formale Fehler, die zur Unwirk­samkeit Ihres Forderungs­schreibens führen.

Grenzen einhalten. Ober­grenze für Miet­erhöhungen ist jeweils die orts­übliche Vergleichs­miete oder die Kappungs­grenze von 15 oder 20 Prozent inner­halb von drei Jahren, je nachdem, welcher Betrag nied­riger ist. Sie haben außerdem die Mietpreisbremse zu beachten. Ihre Mieter und Miete­rinnen können sonst klagen oder ein Verbraucherinkassounternehmen wie Conny (Schnelltest) oder Allright (Schnelltest) einschalten. Die Behörden über­wachen die Einhaltung der Miet­preisbremse aber nicht. Nur bei extrem über­zogenen Forderungen drohen Sanktionen wegen Miet­wuchers.

Behörde einschalten. Wenden Sie sich an die zuständige Behörde, wenn Sie im sozialen Wohnungs­bau errichtete Wohnungen haben und mit der Miete nicht auskommen, um die Kosten zu bestreiten. Je nach Bundes­land sind Gemeinden, Städte oder Kreise zuständig.

Urteile und Einzel­heiten

Miet­erhöhung auch für Stell­platz. Vermieter dürfen auch die Zustimmung zur Erhöhung einer für einen Auto-Stell­platz gezahlten Miete verlangen. Nach welchem Maßstab sich richtet, was der Vermieter an Miet­erhöhung für den Stell­platz verlangen darf, ließ der Bundes­gerichts­hof offen. Der Vermieter hatte nach 14 Jahren ein maßvolle Erhöhung gefordert, die auf jeden Fall unter­halb jeder denk­baren Ober­grenze blieb. Unklar ist auch, wie zu rechnen ist, wenn für Wohnung und Stell­platz keine separate Miete angegeben ist.
Bundes­gerichts­hof, Beschluss vom 22.10.2024
Aktenzeichen: VIII ZR 249/23

Vermieter kann Erhöhungs­verlangen nicht nach­holen. Der Vermieter hat die Beweislast dafür, dass der oder die Mieter das Miet­erhöhungs­verlangen erhalten haben. Gelingt das nicht, muss er erneut die Zustimmung zur Miet­erhöhung fordern und erneut Klage erheben, meinen sowohl das Amts­gericht Reinbek als auch das Land­gericht Lübeck. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig. Haben Vermieter ein fehler­haftes Erhöhungs­verlangen geschickt, können Sie die Fehler allerdings nach Klageerhebung noch korrigieren. Stimmen die Mieter dem nach Klageerhebung korrigierten Miet­erhöhungs­verlangen zu, muss der Vermieter die Gerichts­kosten und alle Anwalts­honorare zahlen.
Amts­gericht Reinbek, Urteil vom 10.11.2022
Aktenzeichen: 11 C 170/22
Land­gericht Lübeck, Urteil vom 19.04.2024
Aktenzeichen: 14 S 110/22

Miet­erhöhung bis zur Kappungs­grenze. Auch vor Ablauf von drei Jahren dürfen Vermieter die Miete bis zur so genannten Kappungs­grenze erhöhen. Die Miete steige auch dann um nicht mehr als die Kappungs­grenze inner­halb von drei Jahren, wenn der Miet­vertrag erst vor weniger als drei Jahren abge­schlossen wurde, begründeten die Richter in Lübeck ihr Urteil.
Land­gericht Lübeck, Urteil vom 29.06.2023
Aktenzeichen: 14 S 95/22

Mietspiegel muss nicht vorliegen. Vermieter müssen den Mietspiegel, auf den sie sich beziehen, wenn sie eine höhere Miete verlangen, nicht unbe­dingt vorlegen. Es reicht aus, wenn dieser allgemein zugäng­lich ist. Es ist auch nicht nötig, dass sie Mieter auf Spielräume hinweisen. So hat es der Bundes­gerichts­hof für einen Fall aus Nürn­berg entschieden. Der Mietspiegel dort nennt einen Basis­preis, der nur von der Größe der Wohnung abhängt. Ausstattung, Lage, Baujahr und weitere Faktoren führen zu Zu- oder Abschlägen. Die Vergleichs­miete liegt dann laut Nürn­berger Mietspiegel bei dem sich aus Basismiete mit Zu- und Abschlägen ergebenen Betrag plus/minus 20 Prozent. Der Vermieter hatte keinen Mietspiegel beigefügt und den sich für die Wohnung ergebenden Mittel­wert gefordert, ohne die Spanne zu erwähnen, die laut Mietspiegel außerdem noch bleibt. Das Amts- und das Land­gericht hatten seine Klage auf Zustimmung zur Miet­erhöhung abge­wiesen, weil er es nicht ausreichend begründet habe. Das hat der Bundes­gerichts­hof als falsch beur­teilt. Das Land­gericht in Nürn­berg muss den Fall jetzt neu aufrollen und genau prüfen, ob der Mieter verpflichtet war, der Miet­erhöhung voll­ständig zuzu­stimmen oder ob sich der Vermieter inner­halb des Mietspiegel-Spielraums doch noch einen Abschlag gefallen lassen muss.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 07.07.2021
Aktenzeichen: VIII ZR 167/20

Mietspiegel muss nicht kostenlos sein. Ein Mietspiegel ist auch dann allgemein zugäng­lich, wenn Mieter eine geringe Schutz­gebühr zahlen müssen, um ihn zu bekommen. So urteilte der Bundes­gerichts­hof im Fall des Vermieters einer Wohnung in Krefeld. Der Mietspiegel dort kostete damals 4 Euro. Amts- und Land­gericht hatten geur­teilt: Der Vermieter hat die Miet­erhöhung nicht wirk­sam begründet. Er hätte den Mietspiegel beifügen müssen. Doch der Bundes­gerichts­hof urteilte vermieterfreundlich: Es ist Mietern zumut­bar, 4 Euro für den Mietspiegel auszugeben. Der Bundes­gerichts­hof hob die Abweisung der Klage dieses Vermieters auf Zustimmung zu der Miet­erhöhung auf.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 30.09.2009
Aktenzeichen: VIII ZR 276/08

Nach­trägliche Verringerung der Forderung zulässig. Vermieter dürfen die geforderte Miet­erhöhung nach­träglich verringern. Sie müssen kein ganz neues Miet­erhöhungs­verlangen schi­cken.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 06.04.2022
Aktenzeichen: VIII ZR 219/20

Erhöhungs­verlangen auch ohne Details wirk­sam. Ein Miet­erhöhungs­verlangen ist auch dann wirk­sam, wenn der Vermieter nicht detailliert erklärt, von welchen wohn­werterhöhenden Merkmalen er bei der Ermitt­lung der Vergleichs­miete ausgeht. Es reicht aus, wenn sich auf den Mietspiegel bezieht und sagt, auf welchen Typ Wohnung er sich bezieht.
Bundes­gerichts­hof, Beschluss vom 14.06.2022
Aktenzeichen: VIII ZR 361/20

Sach­verständigen­gut­achten trotz Mietspiegel. Gerichte dürfen zur Ermitt­lung der Vergleichs­miete auch dann ein Sach­verständigen­gut­achten einholen, wenn es wie in Berlin einen detaillierten Mietspiegel gibt. Folge für die Mieter einer Vier-Zimmer-Wohnung in Berlin-Charlottenburg: Sie mussten einer Miete zustimmen, die 9,7 Prozent höher lag als die von ihnen per Mietspiegel ermittelte Vergleichs­miete.
Bundes­gerichts­hof, Beschluss vom 03.08.2021
Aktenzeichen: VIII ZR 88/20

Kein selbst­ständiges Beweis­verfahren. Vermieter haben allerdings kein Recht auf ein selbst­ständiges gericht­liches Beweis­verfahren, um die Höhe der Vergleichs­miete vorab per Sach­verständigen­gut­achten zu klären. Es ist Sache des Vermieters, die Vergleichs­miete zu ermitteln, entschied das Amts­gericht Hamburg. Hintergrund: Je nach Ausgang des Beweis­verfahrens müssten Mieter das nicht selten 5 000 Euro teure gericht­liche Sach­verständigen­gut­achten bezahlen. Vermieter könnten mit einem Antrag darauf drohen, um eine Zustimmung zur Miet­erhöhung zu erreichen, die Mieter eigentlich nicht für berechtigt halten.
Amts­gericht Hamburg, Beschluss vom 16.01.2024
Aktenzeichen: 49 H 3/23

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28 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 06.11.2024 um 09:39 Uhr
    Kappungsgrenze für Mieterhöhungen

    @Inis2105: Die so genannte Kappungsgrenze für Mieterhöhungen liegt bei 20 Prozent innerhalb von 3 Jahren und nur ausnahmsweise bei Gefahr für die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen bei 15 Prozent.
    Bei einer ersten Erhöhung einer Miete von 3 Euro/m² um 20 Prozent zum 1.1.2025 dauert es bis 1.1.2040 bis eine Vermieterin auf eine Miete von fast 9 Euro/m² (genau 8,96 Euro/m²) kommt.

    Ändern lässt sich das nur über eine so genannte Verwertungskündigung des Mietvertrags, die nur unter sehr besonderen Umständen zulässig ist, siehe unter "Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen" hier:
    www.test.de/Eigenbedarf

  • Inis2105 am 22.10.2024 um 11:30 Uhr
    Zu günstige Wohnung

    Eine Wohnung in einer Kleinstadt ist seit Jahrzehnten für ca. 3€/m² vermietet. Heute nennt der Mietspiegel 9-10€/m². Mit Erhöhungen von 15% in 3 Jahren ist diese Lücke kaum zu schließen. Welche Möglichkeiten hätte der Vermieter denn, die Miete auf einen marktüblichen Preis anzuheben? Faktisch ist so eine Wohnung schlecht zu verkaufen, denn Verkauf bricht den Mietvertrag nicht (außer an Eigennutzer).

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.05.2022 um 12:18 Uhr
    Frist für Mieterhöhung

    @Caroline1: Mietnebenkosten sind bei den üblichen Mietverträgen mit Vereinbarung einer Nettokaltmiete keine Miete. Rechtsgrundlage für Erhöhungen ist in diesem Fall § 560 des Bürgerlichen Gesetzbuches (https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__560.html ) Die Höhe der Betriebskosten bestimmt nicht der Vermieter, sondern je nach Vereinbarung und Sorte der Nebenkosten der Energieversorger, das Wasserunternehmen, die Kommune und weitere. Den monatliche zu zahlenden Abschlag auf die Nebenkosten darf der Vermieter nach Abs. 4 der genannten gesetzlichen Regelung nur erhöhen, nachdem die Abrechnung fürs vergangene Jahr ergeben hat, dass die Vorauszahlung nicht ausreicht, um die Kosten zu decken. Die neue Vorauszahlung ist die Summe der vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten geteilt durch die Zahl der Monate, auf die die Abrechnung sich bezieht (in der Regel: zwölf). Schwieriger wird es, wenn Mieter mit ihrem Vermieter eine Betriebskostenpauschale vereinbart haben. Lesen Sie dazu Absätze eins bis drei der gesetzlichen Vorschrift. Ist eine Warmmiete vereinbart, darf Vermieter die Miete nur so erhöhen, wie es hier im Artikel beschrieben ist. Lesen Sie zu Mietnebenkosten auch: https://www.test.de/Nebenkostenabrechnung-So-pruefen-Mieter-die-Betriebskostenabrechnung-4234442-0/

  • jmt1957 am 22.05.2022 um 22:14 Uhr
    Frist für Mieterhöhung

    Hallo,
    mein Vermieter hat mir am heutigen Tag (22.Mai 2022) eine Mieterhöhung wg. gestiegener Nebenkosten angekündigt. Die Erhöhung der Miete soll ab 01.Juni 2022 gültig sein und an den Vermieter gezahlt werden. Stiftung Warentest schreibt in der Rubrik "Regeln für Mieterhöhung": "Frühestens ab Beginn des dritten Monats nach Zugang des Erhöhungs­verlangens." Ich bitte um Ihre dringende Mitteilung, aufgrund des vom Vermieters gesetzten Termins für die Mieterhöhung welche rechtliche Grundlage für die Frist der Mieterhöhung gilt. Vielen Dank im voraus !

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 25.04.2022 um 09:54 Uhr
    Mieterhöhung

    @hubada: Bitte um Verständnis: So können und dürfen wir das nicht beantworten. Das wäre Rechtsberatung im Einzelfall, wie sie von Gesetzes wegen Rechtsanwälten und Mietervereinen vorbehalten ist. Die Stiftung Warentest informiert über die Rechtslage allgemein. Danach gilt: Vermieter sind im laufenden Mietverhältnis berechtigt, die Miete zu erhöhen, wenn seit der letzten Mieterhöhung zwölf Monate vergangen sind und wenn die neue Miete nicht höher liegt als die ortsübliche Vergleichsmiete. Maßstab können der örtliche Mietspiegel oder Vergleichsmieten sein. Ob die Forderung auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung formal und inhaltlich berechtigt ist oder nicht, lässt sich von Laien nicht zuverlässig beurteilen. Wir empfehlen, sich beim Mieterverein oder einem Fachanwalt für Mietrecht beraten zu lassen.