
Es ist ein ungewöhnlicher Fall: Bei einer groß angelegten Razzia haben 400 Beamte die Räume der Infinus Gruppe und ihrer Tochterunternehmen in Dresden und in anderen Städten wegen Betrugsverdachts durchsucht. Rund 25 000 Anleger haben etwa 400 Millionen Euro bei Infinus angelegt. Das Unternehmen teilt mit, es stehe den Vorwürfen mehr als ratlos gegenüber. test.de sagt, was bislang bekannt ist.
Sechs Beschuldigte festgenommen
„Völlig überrascht“ von der Razzia seien die Mitarbeiter gewesen, teilt die Infinus Gruppe mit Sitz in Dresden in einer Stellungnahme auf ihrer Website mit. Nicht nur am Hauptsitz, sondern auch an allen anderen Standorten durchsuchten Kriminalbeamte am Dienstag, 5. November 2013, die Geschäftsräume. Wegen Betrugsverdachts zu Lasten der Anleger waren 400 Beamte in Dresden, Stuttgart, Frankfurt, Traunstein, in der Nähe von Köln und in Salzburg bei rund 30 Firmen im Einsatz. Sie durchkämmten außerdem die Privaträume von acht Beschuldigten, darunter zwei Österreicher. Sechs Deutsche wurden festgenommen. Sie sollen in Verkaufsprospekten für Schuldverschreibungen falsche Angaben zur Vermögens- und Ertragslage gemacht haben, teilte das Landeskriminalamt Sachsen mit. Rund 25 000 Anleger mit 400 Millionen Euro Anlagesumme sollen betroffen sein.
Breit gefächerte Geldanlagemöglichkeiten

Werbebroschüren von Infinus und terra premium

Die Infinus Gruppe wurde 2002 gegründet. An der Spitze des Konzerns steht die Future Business KGaA. Die Gruppe wuchs schnell. Sie hat mehrere Standbeine. Dazu zählen unter anderem ein Finanzdienstleistungsinstitut, eine Vertriebsgesellschaft, eine Hausverwaltung, ein Versicherungsmakler sowie ein Anbieter von Rohstoffen. Unternehmen aus der Gruppe wie Future Business, Prosavus und EcoConsort boten verschiedene Geldanlagen an. Dazu zählen Orderschuldverschreibungen, also festverzinsliche Anleihen, Genussrechte, aber auch Ratensparpläne und Einmalanlagen für Rohstoffe und Edelmetalle.
Alle Zahlungen pünktlich geleistet
„Wir stehen diesen angeblichen Vorwürfen mehr als ratlos gegenüber“, teilte Kewan Kadkhodai, Vorstandsmitglied der Infinus Gruppe mit. Sie seien „haltlos und durch nichts zu begründen“. Er kündigte umfassende Kooperation mit den zuständigen Stellen an, „damit wir sobald wie möglich wieder unsere normale Geschäftstätigkeit aufnehmen können.“ Nach allem, was bislang bekannt ist, haben Anleger alle Zahlungen pünktlich und in voller Höhe erhalten.
Auslöser der Razzia sind wohl ungewöhnliche Sparplangeschäfte
Allerdings hatte die Zeitschrift Fonds Professionell Ende September kritisch berichtet. Sie beschrieb unter anderem ein ungewöhnliches Geschäft aus den Jahren 2011 und 2012 mit Sparplänen: Es lasse „Zweifel daran aufkommen, ob der Konzern tatsächlich so prosperiert, wie es ein schneller Blick auf die Geschäftszahlen und die Erfolgsmeldungen der konzerneigenen PR-Gesellschaft vermuten lässt“. Die Konzerngesellschaft Future Business habe Goldsparpläne eines österreichischen Unternehmens abgeschlossen. Knapp zwölf Prozent der vereinbarten Sparplansumme seien als Kosten an die Österreicher zu zahlen gewesen, berichtet das Magazin. Die Tochter Infinus habe dafür aber eine Provision des Sparplan-Anbieters in fast gleicher Höhe erhalten. Die Mittelzuflüsse und -abflüsse seien per Saldo also fast gleich hoch gewesen. Das Geschäft kostete die Infinus-Gruppe also insgesamt wenig.
Provisionen als Umsatz verbucht
Die Geschäfte hatten aber Auswirkungen auf die Geschäftszahlen. Denn Provisionen verbucht Infinus als Umsatz. Durch die Provisionen für die Sparpläne der Mutter Future Business fiel er also höher aus, als es ohne dieses Geschäft der Fall gewesen wäre. Damit haben diese Geschäfte auch auf den Gewinn von Infinus und der Muttergesellschaft Future Business Einfluss, weil vertraglich geregelt ist, dass Infinus Gewinne abführt. Das ist noch nicht alles. Bei einem Anbieter verzinslicher Anlagen wie der Infinus-Gruppe achten erfahrene Anleger nicht nur auf Bilanzen, Umsätze und Gewinne, sondern auch auf die Geldzuflüsse und -abflüsse. Dabei interessiert sie vor allem, wie viel Geld das laufende Geschäft in die Kassen des Unternehmens gespült hat. Ist das mehr als die Zinsen, die der Schuldner ihnen und anderen Kreditgebern zahlen muss, haben sie ein beruhigendes Indiz dafür, dass ihr Schuldner wohl auch weiterhin seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Die Zuflüsse von Provisionen zählen bei Infinus zum laufenden Geschäft. Durch das Sparplangeschäft von Future Business stieg also diese für die Gläubiger interessante Kennzahl.
Unternehmen kündigte deutlichere Informationen an
Dabei ging es nach Angaben des Magazins keineswegs um geringe Summen: Auf Anfrage von Fonds Professionell seien die Nebenkosten für die Edelmetallsparpläne allein 2012 konzernweit auf 81,7 Millionen Euro beziffert worden. Zum Vergleich: Als konzernweiten Umsatz führt das Magazin 196 Millionen Euro und für die Provisionseinnahmen insgesamt 192,9 Millionen Euro auf. In einem Prospektnachtrag hatte Future Business zwar darauf hingewiesen, dass die Firma seit 2011 auch direkt in Gold investiere, die Folgen für ihre Geschäftszahlen durch die Provisionen für Infinus aber nicht dargestellt. Gegenüber Fonds Professionell hatte das Unternehmen angekündigt, das im kommenden Emissionsprospekt ausführlich zu erklären.
Banges Warten für die Anleger
Für die ungewöhnlichen Sparplangeschäfte interessieren sich nun offenbar auch die Ermittler. Der Sparplan-Partner in Österreich, die terra premium GmbH, hat ihren Sitz in Salzburg. Eine Anfrage von test.de bei terra premium blieb unbeantwortet. Für die Infinus Gruppe ist die Razzia extrem misslich. Denn sie bot unter anderem Anlageofferten mit kurzen Laufzeiten an. Daher muss sie jedes Jahr neues Kapital einwerben oder Vermögenswerte verkaufen, um die Anleger auszahlen zu können. Das Einwerben neuer Mittel dürfte derzeit angesichts der Ermittlungen eine formidable Herausforderung darstellen. Für die Anleger wiederum, die bereits investiert haben, beginnt eine Phase bangen Wartens, bis geklärt ist, ob an den Vorwürfen etwas dran ist oder nicht. Das kann dauern. Das Landeskriminalamt bittet potenziell geschädigte Anleger, von telefonischen Anfragen abzusehen und sich gegebenenfalls schriftlich an die Staatsanwaltschaft Dresden zu wenden.
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Das sagt doch fast alles:
http://www.fondsprofessionell.de/news/vertrieb-praxis/nid/bei-welchen-versicherern-infinus-millionen-investierte/gid/1013118/ref/4/
Wie zuletzt in verschiedenen Quellen zu lesen war, spielen die zwei Beschuldigten Österreicher wohl eine zentrale Rolle im System der Infinus.
Ohne diese Personen hätte das mutmaßliche System nicht funktioniert. Johann M. soll sogar 16% Anteil an der FUBUS / Porsavus halten.
Außerdem verdienten die auf beiden Seiten, also auch als Anbieter der Produkte. Dabei sind die Goldsparpläne, die über Terra Premium bzw. protected noble metals vertrieben werden wohl nur ein Teil des Systems.
Über die protected Group / Financial Services GmbH sind wahrscheinlich in den letzten Jahren enorme Policenvolumen abgewickelt worden, die nur dem Zweck der Gewinndarstellung bei FUBUS gedient haben dürften, und Mittls protected hat davon immer mit kassiert. Dabei müsste es sich Provisionen in Höhe von mehreren Mio. im zweistelligen Bereich handeln.
@alle:
Neuigkeiten zur Infinus-Gruppe finden Sie auf
https://www.test.de/Infinus-Gruppe-Future-Business-und-Prosavus-insolvent-4634329-0/
(TK)
Siehe da, einiges entdeckt. Sehr illustre Figur, der Herr. Geschäfte mit ihm würde ich wohl genauso wenig machen wollen wie mit denen, denen er hier an den Karren gepisst hat. Glaubwürdigkeitsrating unter Null.. Aber eben für beide Seiten! Es spricht doch schon für sich, dass die Infinus-Leute genau den ins Boot geholt haben, um ihre Vertriebsgeschäfte aufzumöbeln!
Und auch, wenn der Mann unglaubwürdig ist, die Aussagen passen ins Bild. Es scheint wohl so, dass hier ganz entgegen dem Sprichwort eine Krähe dann doch mal der anderen ein Auge ausgehackt hat..
Die Staatsanwaltschaft freut sich und räumt den Laden auf...
Das Franz Brem kein unbeschriebenes Blatt in der Branche ist,
hatte ich weiter unten bereits berichtet.
Er hat, bis heute, auch schon so manchen Weg gefunden mit wenig Arbeit an das Geld gutgläubiger Menschen heranzukommen.
Beiliegender Artikel zum Kennlernen:
http://www.gomopa.net/Pressemitteilungen.html?id=1102