Wer Schädlinge im Garten mit der chemischen Keule erledigt, trifft auch nützliche Insekten – und gefährdet die eigene Gesundheit. Besser ist es, sich mit Nützlingen zu verbünden.
Margeriten, Geranien und Fuchsien – Susanne P. freute sich über die Blumenpracht auf ihrem Balkon. Bis ihr dann im letzten Sommer viele kleine Übeltäter diese Freude trübten: Blattläuse saugten massenhaft an den Pflanzen und ließen sie blass und welk erscheinen. Und damit nicht genug: Die Blattläuse hatten lästige Begleiter gefunden. Ameisen bevölkerten das Grün und drangen sogar bis in die Wohnung vor, denn sie melken Blattläuse. Da hatte Susanne P. genug und erkundigte sich nach Strategien zur Bekämpfung.
Zu ihrem Erstaunen erfuhr sie, dass eine kleine Larve mit den Blattläusen fertig werden kann: Die Florfliegenlarve – ein Exemplar ist in starker Vergrößerung auf dem Bild zu sehen – kann in ihrem Leben bis zu 500 Blattläuse vertilgen. Mittlerweile gibt es kommerzielle Versender von solchen Nützlingen. Die nur wenige Millimeter kleinen Larven werden in Pappkarten geliefert. Susanne P. bestellte eine Karte und verteilte die Larven auf den Blumen. Und tatsächlich: Nach wenigen Tagen verschwand die Massenplage der Blattläuse, und damit war Susanne P. auch die Ameisen los.
Nützlinge im Vormarsch
„Der Pflanzenschutz setzt immer stärker auf die Biologie“, sagt Dr. Barbara Jäckel vom Berliner Pflanzenschutzamt. Die Diplomingenieurin für Gartenbau und ihre Kollegen erhalten immer wieder Anfragen von Berlinern, die Schädlinge im Garten haben. Sie empfehlen dann oft Nützlinge. Mit Erfolg. „Mittlerweile gibt es viele Erfahrungsberichte, die zeigen, dass Nützlinge gegen Schädlinge wirken“, sagt Dr. Jäckel, „und auch die Tests in unseren Labors belegen dies.“
Die kleinen Biojäger haben gegenüber den chemischen Pflanzenschutzmitteln den Vorteil, dass sich Boden und Pflanzen nicht mit giftigen Stoffen anreichern. Auch trifft die chemische Keule nicht nur die Schädlinge, sondern auch andere Insekten – etwa von Natur aus ansässige Nützlinge wie Marienkäfer, die, genau wie Florfliegenlarven, Blattläuse fressen.
Chemische Pflanzenschutzmittel führen zudem immer wieder zu Vergiftungen beim Menschen. Einige der Wirkstoffe können, verschluckt oder eingeatmet, zum Beispiel Übelkeit und Erbrechen hervorrufen. Manchmal geraten Mittel – entgegen ihrer Bestimmung – in Kinderhände, und die Kinder trinken dann davon. Auch Erwachsene gehen mit den Chemikalien nur allzu oft sorglos um, etwa ohne Handschuhe. Das Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin registrierte von 1990 bis 2000 rund 1 600 Vergiftungen durch Pestizide, viele zum Pflanzenschutz eingesetzt. Und dazu kommen viele Fälle, die gar nicht zentral erfasst werden.
Wann sich die Biokiller lohnen
Dass Nützlinge eine echte Alternative sind, haben vor allem die Betreiber von Gewächshäusern und überdachten Gärten erkannt. Denn hier lohnen sich die Biokiller meist auch finanziell. Dort stört das Spritzen nämlich die Betriebsabläufe: So müssen Klimaanlagen ausgeschaltet und der Arbeitsschutz verstärkt werden. Der Botanische Garten in Berlin war sogar in der Lage, seine Öffnungszeiten zu verlängern, als er sich vor neun Jahren auf den biologischen Pflanzenschutz umstellte. Denn während der Spritzzeiten durfte sich kein Besucher im Garten aufhalten. Jetzt können Gäste bis spät abends dort spazieren, wo sich Nützlinge wie Schlupfwespen oder Florfliegen dauerhaft angesiedelt haben.
Hobbygärtnern gelingt es dagegen mit der einmaligen Bestellung von Nützlingen oft nicht, sie dauerhaft anzusiedeln. So sind die Florfliegen, die Susanne P. gegen ihre Blattläuse ins Feld geschickt hatte, nicht auf ihrem Balkon heimisch geworden – es gab ja keine Blattläuse mehr, von denen sie leben konnten. Die etwa zehn Euro für die Larvenkarte haben sich für Susanne P. trotzdem gelohnt, denn den Sommer hat sie auf ihrem Balkon genossen. Zehn Euro sind übrigens der ungefähre Preis für den Einsatz von gängigen Nützlingen auf einer Pflanzenfläche von zehn Quadratmetern. Wer nur eine mit Blattläusen befallene einfache Zimmerpflanze hat, der wird sie wohl lieber austauschen, statt die Larven zu kaufen. Einem Gartenbesitzer, dessen Rhododendron von Dickmaulrüsslern zerfressen wird, geht es da sicher anders.
Gesamtkonzept Garten
Bei allem Respekt vor den kleinen Killern: Sie werden nicht mit jedem fertig. Pilzkrankheiten wie Birnengitterrost oder Mehltau lassen sich nicht mit Nützlingen bekämpfen. Hier muss oft die Säge ran und befallene Teile herausschneiden. Stärkungsmittel aus Pflanzenextrakten können die Heilungskräfte der Pflanzen verbessern. Allerdings können auch sie (genau wie Pflanzenschutzmittel auf Basis von Naturstoffen) in hohen Konzentrationen Nützlinge schädigen und bei unsachgemäßem Umgang zum Beispiel Hautreizungen hervorrufen. Auch wenn vorher Gift verspritzt wurde, können Nützlinge nicht wirken.
Sinnvoll ist es, wenn ein Gartenbesitzer dafür sorgt, dass sich tierische Helfer von selbst ansiedeln: Indem er Nistplätze für Vögel, Rückzugplätze für Insektenfresser wie Spitzmäuse oder Kröten schafft. Außerdem sollten Hobbygärtner darauf achten, möglichst heimische und keine völlig exotischen Nützlinge einzusetzen, die sich hier womöglich sprunghaft vermehren. test bietet eine Analyse zur Bestimmung von Pflanzenschädlingen an, mit Tipps zur Bekämpfung, den passenden Nützlingen und Bestelladressen – damit auch Sie die richtige Strategie entwickeln können. Hinweis: Dieser Service wurde eingestellt.
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