
Steuerprogression. Nicht jeder verdiente Euro wird gleich besteuert – das macht das Steuersystem kompliziert. © picture alliance / Westend61 / Erwin Wodicka
Spitzensteuersatz, Reichensteuer, Durchschnittssteuersatz, Steuerprogression – wer zahlt wie viel? Sie verstehen nur Bahnhof? Wir verschaffen Ihnen den Durchblick.
Das sollten Sie wissen
- Wer wenig verdient, zahlt niedrigere Steuern. Wer mehr verdient, zahlt mehr. Wer richtig viel verdient, zahlt einen noch höheren Anteil.
- Bis zum Grundfreibetrag – auch einkommensteuerliches Existenzminimum genannt – muss niemand Steuern zahlen. 2023 beträgt dieser Freibetrag 10 908 Euro für Ledige, 21 816 Euro für Verheiratete.
- Die Besteuerung verläuft schrittweise: Für verschiedene Teile Ihres Einkommens wird jeweils eine eigene Einkommensteuer berechnet.
- Insgesamt gibt es fünf Tarifzonen.
Tipp: Ihre persönliche Steuerlast können Sie mit unserem Gehaltsrechner berechnen. Wie Sie mit Ihrem Finanzamt abrechnen, steht in unseren Specials zur Steuererklärung 2020 und zur Steuererklärung 2021.
Wer mehr verdient, zahlt auch mehr

Der Grundgedanke ist einfach: Jeder soll zum Gemeinwesen so viel beitragen, wie er kann. Wer mehr verdient, muss deshalb mehr abgeben. Das Einkommen wird aber nicht als Ganzes versteuert. Stattdessen staffelt das Finanzamt das Einkommen. Für die verschiedenen Teile des Einkommens setzt es einen anderen Steuersatz an. Die so einzeln ermittelten Steuerbeträge ergeben summiert Ihre konkrete Steuerlast. Die Summe, die Sie zahlen müssen, wächst kontinuierlich (siehe Grafik).

© Stiftung Warentest
So rechnet das Finanzamt
Von Ihrem Jahresbrutto zieht das Amt etwa Freibeträge, Verluste und absetzbare Ausgaben ab. Übrig bleibt das zu versteuernde Einkommen. Davon sind 2023 die ersten 10 908 Euro steuerfrei (Tarifzone 1). Dieser Grundfreibetrag gilt für alle – auch für Millionäre. Er wird jährlich angepasst.
Über 10 908 Euro zahlen Sie in der darauffolgenden Tarifzone 2 bis 15 999 Euro den Einstiegssteuersatz. Er liegt zwischen 14 Prozent bis 24 Prozent und steigt mit dem Einkommen in kleinen Schritten an.
In der nächsten Tarifzone 3 bis 62 809 Euro wächst der Steuersatz von 24 auf bis zu 42 Prozent an. Er steigt aber nicht unendlich.
Ab 62 810 Euro zu versteuerndem Einkommen befinden Sie sich in Tarifzone 4. Hier gilt der Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Höher ist mit 45 Prozent ab 277 826 Euro nur noch die Reichensteuer.
Wichtige Begriffe
Durchschnittssteuersatz. Das ist Ihr persönlicher Steuersatz. Er zeigt an, wie viel Prozent Ihres Jahreseinkommens Sie ans Finanzamt abtreten müssen. Um ihn zu berechnen, nehmen Sie die von Ihnen gezahlte Einkommensteuer mal Hundert und teilen das Ergebnis durch Ihr zu versteuerndes Einkommen.
Spitzensteuersatz. Besserverdiener zahlen derzeit 42 Prozent für den Teil ihres Einkommens, der über 62 809 Euro liegt.
Grenzsteuersatz. Das ist Ihr individueller Spitzensteuersatz. Der Grenzsteuersatz gibt an, zu wie viel Prozent der letzte Euro Ihres zu versteuernden Einkommens belastet wird. Mit diesem Satz wird zum Beispiel eine Lohnerhöhung besteuert.
Spitzensteuersatz nicht für alles
Für die Tarifzone, in die Ihr Einkommen fällt, gibt es eine eigene Rechenformel, die den Anstieg des Steuersatzes berücksichtigt. Selbst wenn Ihr Einkommen zum Beispiel Tarifzone 3 überschreitet, zahlen Sie also nicht auf alles den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Liegt Ihr Einkommen etwa bei 70 000 Euro, beträgt Ihre durchschnittliche Belastung nur 28 Prozent. Das ist Ihr persönlicher Steuersatz oder auch Durchschnittssteuersatz (siehe Wichtige Begriffe oben).
Wo die Steuerprogression eine Rolle spielt
Die Steuerprogression kommt unter anderem auch bei der Berechnung von Elterngeld und Kurzarbeitergeld zum Tragen. Mehr dazu in unseren Specials Elterngeld: Anspruch, Dauer, Höhe, Berechnung und So berechnen Sie das Kurzarbeitergeld.
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Mit einem Diagramm Brutto-Netto würde auch auffallen, wie gering die Auswirkung eines linear verlaufenden Grenzsteuersatzes (in den Tarifzonen 2 und 3) gegenüber eines konstanten Grenzsteuersatzes (wie in den Tarifzonen 1, 4 und 5) auf den Brutto-Netto-Verlauf ist. Es macht den Verlauf ohne Rechtfertigung nur komplizierter und erschwert es, den eigenen Steuerbetrag nachzurechnen. Es ist damit nicht sehr bürgernah. Aus gutem Grund hat kaum ein anderes Land Tarifzonen mit einem linearen Grenzsteuersatzverlauf. Die Stiftung Warentest hätte hierzu - im Interesse der Verbraucher - gerne eine kritische Bemerkung schreiben können.
Doch nicht so einfach erklärt
Den Verlauf der Einkommenssteuer zu erklären anhand des Grenzsteuersatzes halte ich für wenig helfreich. So ist es kein wunder, dass etwas das im Grunde einfach ist, als kompliziert empfunden wird.
Besser wäre es gewesen, diesen Verlauf zunächst anhand eines simplen Diagramms von Bruttoeinkommen (horizontal) versus Nettoeinkommen (vertikal) zu erklären. Das gäbe ein viel besseres Bild des tatsächlichen Verlaufs der Einkommenssteuer. Eine Verwechslung von Durchschnittssteuersatz und Grenzsteuersatz würde gar nicht aufkommen. Im zweiten Schritt könnte man dan erklären, wie der Unterschied Brutto-Netto berechnet wird.
Gut an dem Artikel finde ich die Erklärung der Begriffe. Insgesamt wird der Artikel dem Titel "einfach erklärt" aber nicht gerecht.