Wirkungsweise
Tolterodin verringert die Anspannung der Muskulatur der Harnblase und kann damit eine Inkontinenz lindern. Denn da sich eine entspanntere Harnblase stärker dehnen kann, wird das Gefühl, zur Toilette gehen zu müssen, weniger drängend. Außerdem spricht die Harnblase durch Tolterodin weniger auf die Nervenimpulse an, die sie auf Entleerung einstellen.
Tolterodin wird im Körper zu verschiedenen Substanzen umgebaut, von denen eine bei Dranginkontinenz besonders wirksam ist. Diese Substanz, auf der die Wirksamkeit bei Inkontinenz vornehmlich beruht, entsteht sowohl beim Abbau von Tolterodin also auch von Fesoterodin, einem verwandten Inkontinenzmittel. Mithin ist die eigentliche Wirksubstanz beider Medikamente die Gleiche.
Für Menschen mit einer Dranginkontinenz sind zwei Faktoren bei der Behandlung relevant – zum einen, wie oft sie zur Toilette müssen und zum anderen, wie oft unfreiwillig Urin abgeht. Durch die Behandlung mit Tolterodin sinkt die Zahl der Toilettengänge nur wenig, nämlich um fünf Mal pro Woche. Das hat der Vergleich mit einem Scheinmedikament ergeben. Die Betroffenen verloren auch seltener unfreiwillig Urin, aber auch hier sind die Auswirkungen nur geringfügig; pro Woche wurden ungefähr vier Inkontinenzvorfälle vermieden. Das sieht nicht jeder als bemerkenswerte Verbesserung an. Solange sich die Abstände zwischen den Ereignissen nicht so verlängern, dass sich der Betroffene traut, das Haus für weitere Wege zu verlassen, ist die in Studien messbare Verringerung der Symptome für ihn ohne nennenswerte Bedeutung.
Zudem ist nicht klar, ob das Erreichte bestehen bleibt, wenn Tolterodin nicht mehr eingenommen wird. Da zudem relativ häufig recht belastende unerwünschte Wirkungen auftreten, werden die Mittel als "mit Einschränkung geeignet" bewertet.
Anwendung
Zur Dauerbehandlung werden pro Tag bis zu vier Milligramm Tolterodin eingenommen. Menschen mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion benötigen eine geringere Dosis.
Bei einer Behandlung über längere Zeit sollten Sie die Tabletten von Zeit zu Zeit in Absprache mit dem Arzt absetzen, um zu prüfen, ob sich die Probleme gebessert haben.
Gegenanzeigen
Unter folgenden Bedingungen dürfen Sie Tolterodin nicht einnehmen:
- Obwohl die Blase gefüllt ist, können Sie kein Wasser lassen (Harnverhalt).
- Sie leiden an der entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa.
- Sie leiden an Myasthenia gravis, einer Nervenerkrankung, bei der die Nervenimpulse nicht richtig auf die Muskeln übertragen werden.
Unter folgenden Bedingungen muss der Arzt Nutzen und Risiken der Anwendung besonders sorgfältig abwägen:
- Sie können nur schlecht Wasser lassen. Bei Männern kann der Grund dafür eine vergrößerte Prostata sein.
- Die Funktionsfähigkeit der Leber oder der Nieren ist eingeschränkt.
- Sie neigen zu Darmträgheit
- Bei Ihnen kann sich der Speisebrei im Magen-Darm-Trakt nicht ungehindert fortbewegen, weil es anlagebedingte oder z. B. durch Narben entstandene Verengungen gibt oder sich die Muskulatur nicht ausreichend zusammenziehen kann. Dann kann es zu einem Verschluss von Magen oder Darm kommen.
- Sie haben einen langsamen Herzschlag, einen niedrigen Kaliumspiegel im Blut oder es liegt eine Herzerkrankung vor, wie Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen.
- Sie haben ein Engwinkelglaukom (grüner Star).
- Sie haben häufig Sodbrennen, weil sich Teile des Magens in die Brusthöhle verlagert haben (Hiatushernie).
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen mit Medikamenten
Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten, dass viele Arzneimittel in demselben Teil des Nervensystems wirken, den auch Tolterodin beeinflusst. Bei gleichzeitiger Anwendung muss mit verstärkten unerwünschten Wirkungen gerechnet werden. Zu diesen Arzneimitteln gehören trizyklische Antidepressiva (bei Depressionen), Neuroleptika (bei Schizophrenien und anderen Psychosen), Amantadin und jene Anticholinergika, die bei Parkinsonkrankheit angewendet werden.
Durch Ketoconazol und Itraconazol (innerlich bei Pilzinfektionen), Atazanavir, Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir, Saquinavir (alle bei HIV-Infektion), Clarithromycin und Telithromycin (bei bakteriellen Infektionen) wird Tolterodin vom Körper langsamer abgebaut. Dann kann das Mittel stärker wirken und es können vermehrt unerwünschte Wirkungen auftreten. Eine gemeinsame Anwendung sollte möglichst unterbleiben. Muss Tolterodin dennoch mit einem der anderen genannten Mittel zusammen eingenommen werden, muss der Arzt die Dosis von Tolterodin verringern und die Verträglichkeit am Herzen regelmäßig überprüfen.
Die Wirkungen von Tolterodin einerseits und Acetylcholinesterase-Hemmern (bei Demenzerkrankungen) andererseits beeinflussen einander. Bei gleichzeitiger Einnahme verringert sich die Wirkung des Demenzmedikaments. Dann kann sich die Hirnleistung verschlechtern. Zugleich kann sich der muskelentspannende Effekt von Tolterodin an der Blase verringern und dessen Wirkung auf die Inkontinenz somit schwächer ausfallen.
Nebenwirkungen
Tolterodin kann die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Das gilt vor allem, wenn es lange Zeit eingenommen wird. Wenn Sie langsamer reagieren als vor der Behandlung und sowohl Aufmerksamkeit als auch Gedächtnis nachlassen, sollten Sie mit dem Arzt sprechen. Wenn Sie das Mittel absetzen, verschwinden diese Störungen wieder.
Tolterodin scheint einer aktuellen Untersuchung zufolge ein geringeres Risiko für unerwünschte Wirkungen aufzuweisen als Oxybutynin. Es ist zudem möglich, dass bei den Retardtabletten, aus denen der Wirkstoff verzögert freigesetzt wird, weniger unerwünschte Wirkungen auftreten als bei unverzögert freisetzenden Zubereitungen.
Keine Maßnahmen erforderlich
Bei mehr als 10 von 100 Behandelten können sich Mund und Kehle trocken anfühlen, auch die Haut kann "austrocknen". Über trockene Augen klagen bis zu 10 von 100 Anwendern. Ebenso viele klagen über Bauchschmerzen, Durchfall oder Übelkeit.
Etwa 1 von 100 Behandelten berichtet von Schwindel oder Benommenheit.
Muss beobachtet werden
Einer Untersuchung zufolge kann sich eine Verstopfung entwickeln. 1 bis 10 von 100 Behandelten berichten davon. Wenn Sie Tolterodin einnehmen und länger als drei bis vier Tage keinen Stuhlgang haben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
1 von 100 Behandelten hat Schmerzen beim Wasserlassen oder der Harnfluss tritt verzögert ein. Manche haben das Gefühl, dass sie die Blase nicht vollständig leeren können. In der Folge kann es zu Harnwegsinfektionen kommen.
Bei etwa 1 von 100 kann das Herz ungewöhnlich schnell oder unrhythmisch schlagen.
Vor allem bei längerer Anwendung können sich Sehstörungen entwickeln. Wenn diese Beschwerden länger als zwei Tage anhalten, sollten Sie sich mit dem Arzt in Verbindung setzen.
Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.
Sofort zum Arzt
Wenn sich schwere Hauterscheinungen mit Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten sehr rasch (meist innerhalb von Minuten) entwickeln und zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen, oder Durchfälle und Erbrechen auftreten, kann es sich um eine lebensbedrohliche Allergie bzw. einen lebensbedrohlichen allergischen Schock (anaphylaktischer Schock) handeln. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen.
Herzrhythmusstörungen oder Herzrasen können Vorboten eines Herzinfarkts sein. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Patienten, die bereits an Rhythmusstörungen leiden und mit Medikamenten behandelt werden, die selbst Einfluss auf den Herzrhythmus nehmen wie Chinidin, Amiodaron oder Sotalol (bei Herzrhythmusstörungen). Wenn starke, länger als fünf Minuten anhaltende Schmerzen im Brustkorb auftreten, die auch in andere Körperregionen wie Arme und Bauch ausstrahlen können und häufig begleitet sind von einem Engegefühl in der Brust, Übelkeit und Angst, müssen Sie sofort den Notarzt rufen.
Besondere Hinweise
Für Schwangerschaft und Stillzeit
Tolterodin sollte aufgrund der Ergebnisse von Tierversuchen und wegen fehlender Erfahrungen beim Menschen in der Schwangerschaft nicht angewendet werden.
Wegen fehlender Erfahrungen sollte es auch in der Stillzeit nicht angewendet werden.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Dass Tolterodin bei Kindern wirkt, ist nicht nachgewiesen. Daher sollte es bei ihnen nicht angewendet werden.
Für ältere Menschen
Vor allem unerwünschte Wirkungen wie die Verschlechterung der geistigen Leistungsfähigkeit, Mundtrockenheit sowie Verstopfung betreffen besonders ältere Menschen. Näheres hierzu lesen Sie in der Einleitung unter Hinweise für ältere Menschen.
Beim Tragen von Kontaktlinsen
Wenn das Mittel zu trockenen Augen führt, werden Kontaktlinsen schlechter vertragen.
Zur Verkehrstüchtigkeit
Es kann sein, dass Tolterodin zu verschwommenem Sehen, Schwindel und Benommenheit, verbunden mit Schläfrigkeit, führt. Das kann die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. Dann sollten Sie nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten.
Sie sehen nun nur noch Informationen zu: ${filtereditemslist}.