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Polymer aus Krebstierpanzer: Chitosan

Wirkungsweise

Chitosan besteht aus unverdaulichen Faserstoffen und soll die Fettaufnahme verringern. Chitosan (Polyglucosamin, L112) wird aus den Panzern von Krebstieren wie Garnelen, Krabben, Krebsen und Hummern gewonnen. Testergebnis Chitosan

Erhöhte Blutfette

Dieses Präparat soll helfen, die Blutfettwerte zu senken, indem es im Verdauungstrakt das Fett aus der Nahrung bindet und so die Fettaufnahme im Darm verringert. Gleichzeitig quillt L 112 im Magen auf und wirkt dadurch leicht sättigend. Der Faserstoff selbst ist unverdaulich und wird mit dem Stuhl wieder ausgeschieden.

In den bisher vorliegenden Studien ließ sich allerdings nicht nachweisen, dass Polyglucosamin nennenswerte Mengen Fett binden kann. Zudem fehlen Studien, die untersuchen, ob die geringfügige Senkung der Blutfette durch den Faserstoff tatsächlich relevante Auswirkungen hat – etwa einen Herzinfarkt oder Schlaganfall vermeiden oder die Überlebenschancen erhöhen kann. Das Mittel ist deshalb zur Senkung erhöhter Blutfette wenig geeignet. Andere sinnvolle Maßnahmen wie eine Ernährungsumstellung und der Einsatz wirksamer Medikamente ( z. B. Statine bei erhöhtem Cholesterin), sollten keinesfalls versäumt werden.

Übergewicht

Diese Faserstoffe nehmen – ähnlich wie Ballaststoffe aus pflanzlichen Nahrungsmitteln – auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt Wasser auf. Das lässt sie aufquellen und so leicht sättigend wirken. Die Oberfläche der Faserstoffe kann Fett binden, das gemeinsam mit ihnen über den Stuhl ausgeschieden wird.

Dieses Mittel zur Gewichtsabnahme einzusetzen, beruht vor allem auf dem Gedanken, dass es sich positiv auswirken müsste, wenn nicht das gesamte Fett, das mit der Nahrung in den Körper gelangt, ins Blut übertritt. Dann kann es auch nicht in Depots abgelagert werden.

Die Studien, in denen dieser Effekt untersucht wurde, bestätigten die Annahme jedoch nicht. Bei Männern wurde nur so wenig Fett ungenutzt ausgeschieden, dass es sieben Monate dauern würde, um ein halbes Kilo Körpergewicht zu verlieren. Bei Frauen steigerten die Mittel die Fettausscheidung mit dem Stuhl überhaupt nicht. Dementsprechend fielen auch die Untersuchungen aus, in denen die Teilnehmer auf einen Gewichtsverlust hin kontrolliert wurden: Dieser war allenfalls gering. Wenn Menschen mit Übergewicht zusätzlich zu einer Ernährungsumstellung und einem Bewegungsprogramm anstelle einer Scheinbehandlung sechs Monate lang Chitosan einnehmen, können sie bestenfalls mit einer um zwei Kilogramm höheren Gewichtsabnahme rechnen.

In einer Untersuchung haben fettleibige Menschen in Italien (BMI über 30, durchschnittliches Ausgangsgewicht 95 kg bei einer Körpergröße von unter 1,70 m) täglich zwei Chitosan-Tabletten vor den Hauptmahlzeiten eingenommen. Innerhalb eines Jahres nahmen sie rund vier Kilogramm mehr ab als diejenigen, die eine Scheinbehandlung erhielten (12,1 kg statt 8 kg). Auch wenn der Hersteller diese Studie als „bahnbrechend“ bezeichnet, müssen die Ergebnisse aufgrund von methodischen Schwächen deutlich kritisiert werden. Zum einen handelt es sich bei den Studienteilnehmern und -teilnehmerinnen um eine kleine Gruppe zwar fettleibiger, aber motivierter Abnehmwilliger. Beispielsweise mussten sie bereit sein, ihre Ernährungsgewohnheiten exakt aufzuschreiben. Bemerkenswert auch, dass die Teilnehmenden während der Studien nicht zu viele Kalorien einsparen durften. Und obwohl sich die Studienteilnehmer zu wenig bewegten, wurde ihnen kein spezielles Bewegungsprogramm abverlangt, wie es sonst bei Abnehmprogrammen inzwischen die Norm ist.

Ob die verlorenen Kilogramm im Anschluss an die Chitosan-Einnahme auch gehalten werden können, wurde in Studien nicht untersucht. Es ist somit nicht nachgewiesen, dass mit dem Mittel wirklich eine bedeutsame und dauerhafte Gewichtsabnahme zu erreichen ist. Ebenso wenig gibt es Belege, dass infolge der geringfügigen Gewichtsabnahme ein gesundheitlicher Vorteil entsteht oder weniger Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben. Daher wird das Polymer aus Schalentierpanzer als "wenig geeignet" beurteilt. Es kann allenfalls bei Menschen mit einem BMI über 25 als Motivationshilfe eingesetzt werden, um eine Ernährungsumstellung kurzfristig zu unterstützen. Ernährungssünden lassen sich damit keinesfalls abfangen. Von der fast zynischen Empfehlung des Herstellers, das Mittel „als clevere Beilage zu Currywurst, Pommes und Co.“ anzuwenden, muss dringend abgeraten werden.

Dieses Mittel ist als Medizinprodukt im Handel, nicht als zugelassenes Arzneimittel.

Anwendung

Die Tabletten sollen zweimal am Tag vor einer Hauptmahlzeit eingenommen und dazu mindestens 300 Milliliter Wasser (großes Wasserglas) getrunken werden.

Bei der Einnahme dieser Mittel ist es wichtig, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Sie sollten täglich zwei bis drei Liter kalorienfreie oder -arme Flüssigkeit trinken. Für Menschen mit einer Herzschwäche und solche mit deutlich eingeschränkter Nierenfunktion kann eine solche Trinkmenge allerdings gefährlich werden.

Achtung

Sicherheitshalber sollten zwischen der Einnahme dieses Mittels und anderen Medikamenten vier Stunden Abstand liegen. Vor allem fettlösliche Arzneistoffe, zu denen beispielsweise Hormonpräparate wie die Pille zur Empfängnisverhütung, das Antiepileptikum Valproinsäure (bei Epilepsie) sowie die Vitamine A, D, E und K zählen, werden sonst nicht verlässlich aufgenommen. Die Pille ist dann kein sicheres Verhütungsmittel mehr. Valproinsäure kann epileptische Anfälle nicht mehr verhindern. Eine verminderte Aufnahme von Vitamin K beeinflusst die Wirksamkeit der Gerinnungshemmer Phenprocoumon und Warfarin (zur Vorbeugung von Thrombosen, bei Vorhofflimmern zur Vorbeugung von Schlaganfällen).

Gegenanzeigen

Wenn Sie auf Schalentiere (z. B. Muscheln) allergisch reagieren, dürfen Sie das Mittel nicht anwenden.

Unter folgenden Bedingungen sollten Sie das Mittel nur nach Rücksprache mit einem Arzt einsetzen, wenn dieser Nutzen und Risiken der Anwendung sorgfältig abgewogen hat:

  • Sie haben gerade eine Darmoperation hinter sich.
  • Sie leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder an einer anderen schweren Erkrankung im Magen-Darm-Bereich.
  • Sie haben ernsthafte Verdauungsbeschwerden, beispielsweise eine chronische Verstopfung.
  • Sie nehmen Medikamente über längere Zeit ein, die die Darmtätigkeit verlangsamen (z. B. Loperamid bei Durchfall).

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Es ist nicht auszuschließen, dass Arzneimittel bei gleichzeitiger Anwendung dieses Mittels nur unzureichend in den Körper aufgenommen werden. Wenn Sie Arzneimittel einnehmen, die sehr genau dosiert werden müssen, beispielsweise Hormonpräparate wie die Pille zur Empfängnisverhütung, Valproinsäure (bei Epilepsie) sowie Vitamin K, sollten Sie einen Arzt zurate ziehen.

Nebenwirkungen

Keine Maßnahmen erforderlich

In Einzelfällen kann es sein, dass mit dem Stuhl vermehrt Fett ausgeschieden wird. Der Stuhl ist dann lehmartig, hell und glänzend.

Muss beobachtet werden

Wenn eine Verstopfung auftritt, haben Sie das Mittel vermutlich zu hoch dosiert oder zu wenig Flüssigkeit zu sich genommen. Verringern Sie dann die Dosis und achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge oder setzen Sie das Mittel ab.

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Haben Sie sich das Mittel zur Eigenbehandlung ohne Rezept besorgt, sollten Sie es absetzen. Sind die Hauterscheinungen auch einige Tage nach dem Absetzen nicht deutlich abgeklungen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Erhöhte Blutfette

Da das Mittel fettlösliche Vitamine bindet, die in Schwangerschaft und Stillzeit besonders wichtig sind, sollten Sie das Mittel in dieser Zeit nicht einnehmen.

Übergewicht

Sie sollten dieses Mittel nicht einnehmen. Eine Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist ein natürlicher Vorgang. Selbst wenn es mehr sein sollte, als der Arzt für vertretbar hält, sind Medikamente nicht der richtige Weg, um eine weitere Zunahme zu begrenzen. Auch während der Stillzeit sind medikamentöse Maßnahmen zur Gewichtsabnahme abzulehnen.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Eine Behandlung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen in der Wachstumsphase sollte grundsätzlich ärztlich begleitet werden. Eine medikamentöse Hilfe beim Abnehmen ist bei ihnen normalerweise nicht angebracht. Auch für die Senkung erhöhter Blutfettwerte sollte dieses Mittel bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden.

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs