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Opioid: Tapentadol

Wirkungsweise

Tapendadol ist ein relativ neuer Schmerzwirkstoff aus der Gruppe der Opioide.

Sein Wirkmechanismus ähnelt dem von Tramadol, das nicht nur über die Opioidrezeptoren wirkt, sondern auch auf anderem Weg die Schmerzwahrnehmung beeinflusst. Damit unterscheidet es sich etwas von Morphin und anderen Opioiden. Hiervon erhoffte man sich, dass Tapentadol bei chronischen Schmerzen im Vergleich zu anderen Opioiden einen Vorteil haben könnte. Das ließ sich jedoch nicht beweisen. Bei starken Schmerzen durch Kniegelenkarthrose und anhaltenden Schmerzen im unteren Rücken ist es ähnlich gut wirksam wie Oxycodon. Im Vergleich zu diesem scheinen bei einer Behandlung mit Tapentadol Magen-Darm-Beschwerden zwar etwas seltener aufzutreten, doch auch das ist nicht sicher bewiesen.

Wie wirksam Tapentadol im Vergleich zu Tramadol oder dem Standardmittel Morphin ist, ist nicht untersucht. Auch sein Nutzen bei anderen chronischen Schmerzen als den genannten, insbesondere bei Tumorschmerzen, ist unklar. Tapentadol wird als "auch geeignet" bei chronischen Schmerzen angesehen, wenn diese mit einem Opioid behandelt werden müssen. Es ist noch wenig erprobt.

Weiteres zur Gruppe der Opioide und zu den zwei Wirkstoffen im Vergleich lesen Sie unter Oxycodon, Tramadol und Opioide allgemein: Was ist das Besondere an diesen Wirkstoffen?

Weiteres zu den Behandlungsmöglichkeiten unter Schmerztherapie: Wann der Einsatz von Opioiden sinnvoll ist.

Anwendung

Tapentadol wird alle zwölf Stunden eingenommen. Die Anfangsdosis liegt bei 50 Milligramm. Sie kann alle drei Tage um 50 Milligramm zweimal täglich gesteigert werden. Die Höchstdosis sind zweimal täglich 250 Milligramm Tapentadol.

Bei einer Behandlung von Patienten mit einer schweren Störung der Leber- oder Nierenfunktion gibt es für Tapentadol derzeit keine Erfahrungen. Sie sollten damit daher nicht behandelt werden.

Retardtabletten, aus denen der Wirkstoff nach und nach freigesetzt wird, müssen immer als Ganzes geschluckt werden. Sie dürfen keinesfalls zerteilt, zerschnitten oder zerkaut werden, denn dann könnte zu viel Wirkstoff auf einmal freigesetzt werden. Das kann zu einer Überdosierung führen mit der Gefahr, dass die Atmung beeinträchtigt wird.

Gegenanzeigen

Tapentadol sollten Sie nicht anwenden, wenn Sie in den vergangenen zwei Wochen MAO-Hemmer eingenommen haben, z. B. Tranylcypromin oder Moclobemid (bei Depressionen) und Selegilin (bei Parkinsonkrankheit).

Unter folgenden Bedingungen muss der Arzt Nutzen und Risiken einer Anwendung von Tapentadol besonders sorgfältig abwägen:

  • Es liegt ein Hirntumor vor oder es besteht ein erhöhter Hirndruck.
  • Der Kranke leidet an Epilepsie, hatte bereits einmal einen Krampfanfall oder nimmt Medikamente ein, die eine Krampfbereitschaft fördern.
  • Die Atemfunktion ist beeinträchtigt (z. B. bei Asthma, Lungenemphysem, Lungenhochdruck). Dann kann es – sogar schon bei der empfohlenen Dosierung – zu einer gefährlichen Unterversorgung mit Sauerstoff kommen.
  • Das Bewusstsein des Betroffenen ist beeinträchtigt.
  • Es liegt eine Gallenwegerkrankung vor.
  • Die Bauchspeicheldrüse ist entzündet.
  • Im Darm gibt es Verengungen oder sogar einen Verschluss. Auch entzündliche Darmerkrankungen können zu solchen Einengungen führen. Bei schwerwiegender Verstopfung ist der Darm ebenfalls nicht mehr durchgängig.
  • Die Nieren- und Leberfunktion ist stark eingeschränkt.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten, dass alle Mittel, die die Gehirnfunktion dämpfen, wie Benzodiazepine (bei Angststörungen und Muskelkrämpfen), Schlafmittel, Mittel bei Depressionen, Schizophrenien und anderen Psychosen sowie bei Allergien, die atemlähmende und allgemein müdemachende Wirkung von Tapentadol verstärken können.

Bei gleichzeitiger Anwendung dieses Opioids mit einem Benzodiazepin verdoppelt sich das Risiko, dass unerwünschte Wirkungen wie Schwindel, Benommenheit und Atemprobleme auftreten, die eine Krankenhauseinweisung erforderlich machen.

Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin (bei Depressionen), Dimetinden (bei Allergien) und Anticholinergika wie Biperiden (bei Parkinsonkrankheit) können einige unerwünschte Wirkungen der Opioide verstärken. Hierzu gehören Verstopfung, Mundtrockenheit und Störungen beim Wasserlassen.

Die gleichzeitige Anwendung von Tramadol und Medikamenten bei psychischen Störungen wie SSRI, SNRI, trizyklische Antidepressiva, Bupropion und Mirtazapin (alle bei Depressionen), Neuroleptika (bei Schizophrenien und anderen Psychosen) und Tetrahydrocannabinol (bei Schmerzen) erhöht die Gefahr für Krampfanfälle. Derartiges ist auch bei Tapentadol nicht auszuschließen, wenngleich es weniger wahrscheinlich ist als bei Tramadol.

Unbedingt beachten

Die zeitgleiche Einnahme von Tapentadol mit MAO-Hemmern wie Tranylcypromin (bei Depressionen) kann das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom mit Erregungszuständen, Bewusstseinstrübung, Muskelzittern und -zucken sowie Blutdruckabfall auslösen. Nach einer Behandlung mit MAO-Hemmern sollten sicherheitshalber mindestens zwei Wochen verstreichen, bevor Sie Tapentadol anwenden. Ein Serotonin-Syndrom kann sich möglicherweise auch bei der gleichzeitigen Anwendung von Tapentadol und SSRI wie Citalopram und Fluoxetin, Duloxetin oder Venlafaxin (alle bei Depressionen) einstellen. Im Vergleich mit anderen Opioiden ist dies bei Tapentadol besonders zu berücksichtigen. In jedem Fall sind Nutzen und Risiken der gemeinsamen Anwendung sorgfältig abzuwägen.*

Wechselwirkungen mit Speisen und Getränken

Tapentadol dürfen Sie nicht mit Alkohol anwenden, da Alkohol die atemlähmende Wirkung von Opioiden verstärken kann.

Nebenwirkungen

Keine Maßnahmen erforderlich

Bei Tapentadol berichten bis zu 10 von 100 Anwendern von übermäßigem Schwitzen.

Vor allem zu Beginn der Behandlung tritt Juckreiz auf (bei 1 bis 10 von 100 Behandelten). In aller Regel klingt das bald wieder ab.

Bei bis zu 10 von 100 Behandelten können sich der Mund und andere Schleimhäute trocken anfühlen.

Muss beobachtet werden

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.

Benommenheit und Schläfrigkeit gibt es bei bis zu 10 von 100 Personen, auch Angstzustände und Halluzinationen können auftreten. Über diese Symptome sollten Sie den Arzt informieren.

Benommenheit, Müdigkeit und Verwirrtheit verstärken sich bei höherer Dosierung.

Wenn Ihnen schwindlig ist und schwarz vor den Augen wird, sollte der Arzt die Dosierung verringern.

Übelkeit und Erbrechen treten meistens zu Beginn der Behandlung auf, besonders bei bettlägerigen Personen nach der ersten Gabe. Wenn Sie sich innerhalb der ersten Stunde übergeben, spucken Sie das eingenommene Medikament meist mit aus und es wirkt nicht. Sprechen Sie dann den Arzt auf ein Medikament gegen Übelkeit an.

Verstopfung ist eine ganz häufige und insbesondere bei längerer Anwendung sehr problematische unerwünschte Wirkung. Mit ballaststoffreicher Kost ist dem kaum entgegenzuwirken, sie muss vielmehr gezielt mit Abführmitteln behandelt werden. Gelingt damit keine Besserung, muss die Behandlung abgebrochen werden.

Möglicherweise sehen Sie verschwommen, doppelt und die Augen zittern. Hält dieses länger als drei Tage an, wenden Sie sich an den Arzt.

Es können Kopfschmerzen auftreten.

Der Blutdruck kann abfallen, Schwindel und Herzklopfen können auftreten. Besprechen Sie dieses mit dem Arzt.

Die Bronchialmuskulatur kann sich verkrampfen, sodass es zu einem asthmaähnlichen Anfall kommt. Besonders betroffen sind Menschen mit einer Lungenerkrankung.

Vor allem Männer mit vergrößerter Prostata können Probleme bekommen, die Blase zu entleeren.

Oberbauchschmerzen können auf einer Gallenkolik beruhen.

Bei einer ausgeprägten Veränderung der Persönlichkeit mit Traurigkeit und depressiver Stimmung wenden Sie sich an den Arzt. Diese Aufforderung richtet sich auch an die Angehörigen, die solche Gemütsverstimmungen beim Patienten bemerken.

Sofort zum Arzt

Wenn sich schwere Hauterscheinungen mit Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten sehr rasch (meist innerhalb von Minuten) entwickeln und zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen, oder Durchfälle und Erbrechen auftreten, kann es sich um eine lebensbedrohliche Allergie bzw. einen lebensbedrohlichen allergischen Schock (anaphylaktischer Schock) handeln. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen.

Tapentadol kann die Zahl der Atemzüge und die Atemtiefe (Atemdepression) verringern. Wer einen Schwerkranken betreut, sollte auf dessen Atmung achten. Sind nur noch vier bis sechs statt der üblichen zwölf Atemzüge pro Minute feststellbar, müssen Sie sofort den Arzt rufen.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Wenn es unbedingt erforderlich ist, können Opioide wie Tapentadol in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Dauerte die Behandlung weniger als 30 Tage, ist das Risiko, dass das Neugeborene Entzugssymptome aufweist, sehr gering. In der Studie, die dies untersuchte, haben die meisten Frauen die Mittel allerdings weniger als acht Tage eingenommen. Bei längerer Behandlung und zusätzlichen Risikofaktoren steigt das Risiko von Entzugserscheinungen für das Kind deutlich an. Ein erhöhtes Risiko für das Ungeborenen ist auch gegeben, wenn die Mittel erst in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft verabreicht werden. Bei einer Opioid-Gabe in der Spätschwangerschaft oder während der Geburt muss beim Neugeborenen mit Atemproblemen gerechnet werden. Wenn ein Opioid während der Schwangerschaft eingesetzt werden soll, sind Tramadol oder Morphin zu bevorzugen.*

In der Stillzeit können Opioide für kurze Zeit angewendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Der bevorzugte Wirkstoff ist in dieser Zeit Morphin. Bei wiederholter Anwendung können beim Kind Atemprobleme auftreten. Wenn das Mittel häufiger angewendet wird, sollte abgestillt werden.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Verzögert freigesetztes Tapentadol darf bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht eingesetzt werden. Es gibt keine Erkenntnisse zur Sicherheit und Wirksamkeit in dieser Altersgruppe.

Für ältere Menschen

Im Alter braucht der Körper nicht generell länger, um Tapentadol abzubauen. Ist die Leberfunktion allerdings mäßig eingeschränkt, sollte eine schwächere Dosis gewählt und der Abstand zwischen den einzelnen Gaben vergrößert werden.

Es gibt Hinweise, dass die Anwendung von Tapentadol im Vergleich zu NSAR das Risiko für Stürze und nachfolgende Knochenbrüche erhöht. Diese Gefahr besteht besonders, wenn Sie nachts aufstehen.

Zur Verkehrstüchtigkeit

Benommenheit, Müdigkeit, Schwindel sowie Sehstörungen können die Fähigkeit, aktiv am Verkehr teilzunehmen, Maschinen zu bedienen und Arbeiten ohne sicheren Halt zu verrichten, beeinträchtigen oder ganz unmöglich machen. Das ist insbesondere zu Beginn der Behandlung, bei einer Dosiserhöhung und nach einem Präparatewechsel zu erwarten. Menschen mit einer stabilen Behandlung können hingegen durchaus verkehrstüchtig sein. Bitten Sie daher den Arzt darum, Ihre Verkehrstüchtigkeit einzuschätzen.

* aktualisiert am 10.05.2022

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs