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Anticholinergikum: Aclidinium, Glycopyrronium, Tiotropium und Umeclidinium (langwirkend/zum Inhalieren)

Wirkungsweise

Aclidinium, Glycopyrronium, Tiotropium und Umeclidinium werden bei COPD eingesetzt. Die Wirkstoffe gehören zur Gruppe der Anticholinergika. Die Wirkstoffe setzen den Spannungszustand (Tonus) der Bronchialmuskulatur herab, der bei chronisch obstruktiver Bronchitis meist anhaltend erhöht ist. Auf diese Weise nimmt der Widerstand in den Atemwegen ab, die verkrampfte Muskulatur löst sich, der Durchmesser der Bronchien wird größer und die Atmung erleichtert.

Die Substanzen wirken fast ausschließlich lokal und werden kaum ins Blut aufgenommen.

Tiotropiumbromid ist erst nach fünf bis sechs Tagen zur Hälfte abgebaut und hat damit eine sehr lang anhaltende Wirkung. Es reicht aus, es einmal täglich anzuwenden. Die Wirkung setzt etwa eine halbe Stunde nach dem Inhalieren ein. Das Wirkungsmaximum ist etwa am dritten Tag erreicht und hält dann für die Zeit der weiteren Anwendung an. Tiotropiumbromid ist der erste Vertreter der langwirkenden Anticholinergika und gilt derzeit als das Standardmittel dieser Wirkstoffgruppe.

Auch die drei Nachfolgesubstanzen Aclidiniumbromid, Glycopyrroniumbromid und Umeclidiniumbromid gelten als langwirkend. Die Wirkung setzt etwas langsamer als beim kurzwirkenden Anticholinergikum Ipratropium ein und hält dann länger an. Bei Glycopyrroniumbromid und Umeclidiniumbromid ist das so lange der Fall, dass eine tägliche Inhalation ausreicht. Aclidiniumchlorid muss zweimal täglich angewendet werden.

Bei mittelschwerer und schwerer COPD sind diese Wirkstoff zur Dauerbehandlung sinnvoll, weil sie seltener angewendet werden müssen als ein kurzwirkendes Mittel.

Im Vergleich zur Therapie mit einem Scheinmedikament verschlimmern sich die Beschwerden bei der Behandlung mit Tiotropiumbromid nicht so oft akut. Dadurch lassen sich Krankenhausaufenthalte vermeiden und auch die Lebensqualität steigt. Im Vergleich zu Ipratropiumbromid wirkt Tiotropiumbromid etwas stärker und effektiver. Es ist geeignet zur Dauerbehandlung bei mittelschwerer, schwerer und sehr schwerer COPD.

Aclidiniumbromid, Glycopyrroniumbromid und Umeclidiniumbromid wirken nach den bisherigen Untersuchungsdaten ähnlich wie Tiotropiumbromid, sind aber – vor allem für eine Dauerbehandlung – noch nicht so gut untersucht. Alle drei Mittel gelten deshalb als "auch geeignet".

Die Mittel können zur Dauerbehandlung der COPD mit langwirkenden Beta-2-Sympathomimetika zum Inhalieren kombiniert werden.

Anwendung

Aclidiniumbromid: Dieses Mittel inhalieren Sie zweimal täglich und zwar morgens und abends.

Glycopyrroniumbromid: Dieses Mittel inhalieren Sie nur einmal täglich, am besten immer zur gleichen Tageszeit. Mehr als eine Kapsel dürfen Sie nicht verwenden. Keinesfalls dürfen Sie die Kapseln einnehmen und schlucken.

Tiotropiumbromid: Dieses Mittel inhalieren Sie nur einmal täglich (nicht häufiger). Keinesfalls dürfen Sie die Kapseln einnehmen und schlucken.

Umeclidiniumbromid: Dieses Mittel inhalieren Sie nur einmal täglich (nicht häufiger), am besten immer zur gleichen Tageszeit.

Lesen Sie hierzu Dosieraerosole richtig anwenden.

Achtung

Langwirkende Anticholinergika dürfen Sie nicht öfter als empfohlen inhalieren, sonst steigt das Risiko für unerwünschte Wirkungen.

Beim Inhalieren des Mittels können in Einzelfällen krampfartige Verengungen in den Bronchien (Bronchospasmen) auftreten. Um eine akute Atemnot zu lindern, müssen Sie ein anderes Mittel mit einem kurzwirkenden Wirkstoff verwenden (etwa Ipratropium oder ein kurzwirkendes Beta-2-Sympathomimetikum) oder beide Wirkstoffe als Kombination).

Nach Ansicht von Suchtexperten kann der als Hilfsstoff in einigen Inhalaten und Dosieraerosolen verwendete Alkohol bei Menschen mit Alkoholproblemen eine einmal erreichte Entwöhnung wieder gefährden. Diese Personen sollten daher auf die Anwendung dieser Mittel verzichten. Ob das von Ihnen verwendete Mittel Alkohol enthält, steht in der Packungsbeilage.

Achten Sie unbedingt darauf, dass die Wirkstoffe bei der Anwendung nicht mit dem Auge in Berührung kommen, weil sonst unerwünschte Wirkungen auftreten können.

Wenn Sie ein Glaukom (grüner Star) haben und die Mittel inhalieren müssen, sollten Sie dies nicht mit einer Gesichtsmaske, sondern mit einem Mundstück tun. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass versehentlich etwas Wirkstoff ans Auge gelangt.

Spiriva: Wenn Sie dieses Mittel mit der Inhalierhilfe (Respimat) inhalieren, wird mehr Wirkstoff in der Lunge deponiert. Bisher ist unklar, ob das vorteilhaft ist oder nicht. Wenn Sie bereits deutliche Probleme mit dem Herzen haben, könnte es sein, dass das Risiko für durch Spiriva bedingte Herzrhythmusstörungen eher ansteigt. Mittlerweile liegen Untersuchungen vor, die diese Gefahr nicht bestätigen, allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass diese entlastenden Untersuchungsergebnisse nicht auf alle Patienten übertragen werden können, die Tiotropiumbromid anwenden. Wenn bereits schwere Herzerkrankungen vorliegen, sollte deshalb besser auf die Anwendung des Mittels verzichtet werden.

Gegenanzeigen

Unter folgenden Bedingungen sollte der Arzt Nutzen und Risiken der Anwendung sorgfältig abwägen:

  • Die Herzfunktion ist stark beeinträchtigt, z. B. aufgrund eines erst wenige Monate vergangenen Herzinfarktes, einer instabilen Angina Pectoris oder einer schweren Herzinsuffizienz, die im Krankenhaus behandelt werden musste. Zum Einsatz der Mittel in diesen Situationen liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.
  • Sie leiden an Herzrhythmusstörungen.
  • Der Augeninnendruck ist erhöht (Engwinkelglaukom).
  • Ihre Prostata ist vergrößert und Sie haben Schwierigkeiten beim Wasserlassen.
  • Wenn Ihre Nierenfunktion gestört ist und Sie mit Glycopyrroniumbromid oder Tiotropiumbromid inhalieren sollen, können sich die Wirkstoffe im Blut anreichern, sodass ein höheres Risiko für unerwünschte Wirkungen besteht.

Umeclidiniumbromid soll zusätzlich nicht von Patienten mit einer schweren Störung der Leberfunktion angewendet werden. Es liegen keine Erfahrungen bei diesen Patienten vor.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente anwenden, ist zu beachten, dass Anticholinergika zum Einnehmen wie die Wirkstoffe Pirenzepin (bei Magenschleimhautentzündung), Biperiden (bei Parkinsonkrankheit) oder Dimenhydrinat (bei Übelkeit und Erbrechen sowie bei Reisekrankheit) sowohl die Wirkung als auch die unerwünschten Wirkungen der Mittel zum Inhalieren verstärken können. Sie sollten beide Mittel nicht gleichzeitig anwenden. Dies ist vor allem in höherem Lebensalter zu beachten, weil ältere Menschen besonders empfindlich auf die Nebenwirkungen dieser Mittel reagieren können.

Nebenwirkungen

Keine Maßnahmen erforderlich

Selten können die Wirkstoffe die Atemwege reizen und Husten auslösen. Bei 1 bis 10 von 1 000 Behandelten (für Aclidiniumbromid und Umeclidiniumbromid) sowie bei 10 bis 100 von 1 000 Behandelten (Glycopyrroniumbromid) beziehungsweise mehr als 100 von 1 000 Behandelten (Tiotropiumbromid) tritt Mundtrockenheit auf, und zwar vorwiegend nach den ersten Behandlungswochen. Bei einer Dauerbehandlung legt sich das meist wieder.

Bei 1 bis 10 von 1 000 Behandelten können Kopfschmerzen und Verdauungsstörungen aufgrund verlangsamter Magen- und Darmtätigkeit auftreten. Bei ebenso vielen kann sich die Stimme vorübergehend rau oder belegt anhören. Diese Beschwerden treten insbesondere in der ersten Zeit einer Behandlung auf.

Muss beobachtet werden

Es kommt vor, dass sich die Atemfunktion unter der Therapie weiter verschlechtert und vermehrt Atemnot auftritt. Dies kann, muss aber nicht, am Medikament liegen. Unabhängig von der vermuteten Ursache sollten Sie möglichst rasch einen Arzt aufsuchen und mit ihm besprechen, ob ein anderes Medikament sinnvoller ist.*

Besteht eine Mundtrockenheit auch bei Daueranwendung weiter, kann dies das Risiko von Zahnkaries erhöhen. Dann ist eine regelmäßige Mundhygiene besonders wichtig. Wenn aufgrund von Mundtrockenheit vermehrt Entzündungen der Mundschleimhaut auftreten, sollten Sie dies mit einem Arzt besprechen.

Bei etwa 1 von 1 000 Behandelten kann es vorkommen, dass der Herzschlag unregelmäßig wird oder das Herz grundlos plötzlich sehr schnell schlägt (mehr als 100 Schlägen pro Minute). Halten diese Beschwerden mehrere Minuten oder gar Stunden an, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

In den ersten Wochen der Behandlung können Beschwerden, die das Herz betreffen (Engegefühl in der Brust) vermehrt auftreten, insbesondere wenn Sie bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie einer koronaren Herzkrankheit leiden. Wenden Sie sich dann unverzüglich an einen Arzt.

Wenn Ihre Prostata vergrößert ist, kann es zu Schwierigkeiten beim Wasserlassen kommen. Haben Sie Schmerzen im Unterbauch, verändert sich der Harnfluss oder lässt sich die Blase nicht mehr vollständig entleeren, sollten Sie möglichst bald einen Arzt aufsuchen. Dann besteht der Verdacht auf einen akuten Harnverhalt. Das Risiko dafür ist im ersten Therapiemonat am größten.

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.

Sofort zum Arzt

In sehr seltenen Einzelfällen kann eine lebensbedrohliche paradoxe Verschlechterung der Atemfunktion (paradoxer Bronchospasmus) oder eine schwere allergische Reaktion auftreten. Die Unverträglichkeitsreaktion äußert sich in einem starken, rasch auftretendem Hautausschlag, Juckreiz, Herzrasen, Atemnot, Schwäche und Schwindel. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen, da dies rasch lebensbedrohlich werden kann.*

Eine allergische Reaktion kann sich auch durch Schwellungen im Gesicht bemerkbar machen (Angioödem). Wenn Zunge, Rachen- und Kehlkopfbereich anschwellen und Atemnot droht, müssen Sie die Anwendung abbrechen und einen Notarzt rufen (Telefon 112).

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Alle vier Wirkstoffe sollten Sie in Schwangerschaft und Stillzeit möglichst nicht anwenden, weil dafür keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen. Ist in der Schwangerschaft und Stillzeit die Behandlung mit einem Anticholinergikum erforderlich, sollte das besser erprobte Ipratropium bevorzugt werden.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Die Wirkstoffe sind nicht für die Anwendung bei Kindern vorgesehen.

* aktualisiert am 10.6.2021

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs