Wirkungsweise
Interferone sind körpereigene Eiweißstoffe, die die Tätigkeit des Immunsystems regulieren. Sie beeinflussen Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose, aber auch beispielsweise Immunreaktionen nach Virusinfektionen. Interferon beta dämpft die Abwehrvorgänge. Wie es in das Geschehen bei der multiplen Sklerose konkret eingreift, ist noch nicht geklärt. Testergebnis Interferone
Beta-Interferone können bereits sehr früh im Krankheitsgeschehen, nach dem ersten Krankheitsschub, eingesetzt werden, auch wenn eine abschließende Diagnose der multiplen Sklerose noch aussteht. Allerdings lassen die bislang vorliegenden Untersuchungsdaten noch zahlreiche Fragen offen. Insbesondere ist bisher unklar, welche Patienten von einer so frühen Behandlung tatsächlich profitieren.
Im Magnetresonanztomogramm (MRT) ist zu sehen, dass Interferon beta die Krankheitsaktivität deutlich abschwächt. Untersuchungen lassen vermuten, dass sich die Krankheitsschübe stärker beeinflussen lassen, wenn Interferon beta möglichst frühzeitig nach gesicherter MS-Diagnose eingesetzt wird beziehungsweise öfter angewendet oder höher dosiert wird.
Auch in Studien wurde bestätigt, dass sich durch den Einsatz von Interferon beta die Zahl der Krankheitsschübe verringert und diese weniger schwer verlaufen. Nachgewiesenermaßen lässt sich durch die Behandlung zwei Jahre lang das Auftreten von Behinderungen verzögern. Ob das darüber hinaus möglich ist, ist nicht ausreichend nachgewiesen.
Interferon beta-1a und beta-1b werden bei schubförmig-remittierend verlaufender multipler Sklerose als "geeignet" bewertet. Interferon beta-1b kann auch bei einem sekundär progredienten Verlauf der Krankheit eingesetzt werden. Bei dieser Form der Erkrankung kann während der akuten Phase, wenn es also zu Schüben kommt, durch die Behandlung die Schubrate abnehmen. Es ist allerdings nicht belegt, dass dadurch das Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten wird. Bei Patienten mit sekundär progredient verlaufender multiplen Sklerose ohne Schubaktivität konnte keine therapeutische Wirksamkeit der Beta-Interferone nachgewiesen werden.
Anwendung
Avonex wird einmal wöchentlich in den Muskel gespritzt.
Betaferon und Rebif werden jeden zweiten bzw. dritten Tag unter die Haut injiziert (subkutan). Ist die Behandlung erfolgreich, kann sie länger fortgesetzt werden.
Vor der Behandlung muss die Funktion der Schilddrüse überprüft werden. Liegt der Wert im Normalbereich, sind weitere Kontrollen erst bei Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion erforderlich. Weicht der Wert vor Behandlungsbeginn ab, sollte die Untersuchung in jährlichen Abständen wiederholt werden, um auf eine Verschlechterung der Schilddrüsentätigkeit reagieren zu können.
Während der Behandlung muss regelmäßig das Blut untersucht werden, um rechtzeitig auf Blutbildungs- und Leberstörungen aufmerksam zu werden.
Achtung
Bei etwa einem Viertel der Behandelten bilden sich Antikörper, die die Wirkung des Interferons abschwächen können. Wenn das Mittel nur schwach wirkt und im Blut neutralisierende Antikörper nachgewiesen werden, sollte der Arzt die Therapie überdenken.
Gegenanzeigen
Sie dürfen nicht mit Interferonen behandelt werden, wenn Sie akut an einer schweren Depression leiden und Selbsttötungsgedanken haben.
Unter folgenden Bedingungen muss der Arzt Nutzen und Risiken besonders sorgfältig abwägen:
- Sie haben einen schweren Leber- oder Nierenschaden.
- Sie haben eine Herzerkrankung.
- Bei Ihnen bestand einmal eine Epilepsie oder Sie sind jetzt daran erkrankt und die Krampfanfälle lassen sich mit Medikamenten nicht vollständig verhindern.
Nebenwirkungen
Das Mittel kann Ihre Leberwerte beeinflussen, was Zeichen einer beginnenden Leberschädigung sein kann. Sie selbst bemerken in der Regel davon nichts, sondern es fällt nur bei Laborkontrollen durch den Arzt auf. Ob und welche Konsequenzen dies für Ihre Therapie hat, hängt sehr vom individuellen Fall ab. Bei einem lebensnotwendigen Medikament ohne Alternative wird man es oft tolerieren und die Leberwerte häufiger kontrollieren, in den meisten anderen Fällen wird Ihr Arzt das Medikament absetzen oder wechseln.
Keine Maßnahmen erforderlich
Häufig treten zu Beginn der Interferonbehandlung grippeähnliche Symptome wie Muskel-, Kopf- und Gelenkschmerzen auf. In der Regel sind diese Beschwerden leicht und nehmen ab, wenn die Behandlung fortgesetzt wird.
Muss beobachtet werden
Bei bis zu 80 von 100 Behandelten rötet sich die Einstichstelle, schmerzt, schwillt an und entzündet sich. Dem lässt sich vorbeugen, indem beim Spritzen sehr sorgfältig vorgegangen und keimfreie Bedingungen eingehalten werden. Ferner sollte die Injektionsstelle regelmäßig gewechselt werden.
Bei bis zu 5 von 100 Personen entwickelt sich die Hautreaktion an der Einstichstelle zu einem Geschwür. Dann muss ein Arzt aufgesucht werden.
Grippeartige Beschwerden, die längere Zeit anhalten, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Fieber können auf einer Blutbildungsstörung beruhen. Diese kann auch bedrohlich werden. Bei solchen Symptomen muss ein Arzt daher das Blutbild kontrollieren.
Bei bis zu 20 von 100 Behandelten kann ein Hautausschlag auftreten, der nicht auf einer Allergie beruht. Je nachdem, wie heftig diese Hauterscheinung ist, sollten Sie sich umgehend oder innerhalb des folgenden Tages an einen Arzt wenden.
Mindestens jede zehnte Frau bekommt Menstruationsstörungen oder eine verlängerte und verstärkte Regelblutung. Das sollte sie mit einem Arzt besprechen.
Noch Jahre nach Beginn der Behandlung können Interferone in seltenen Fällen Krankheitsbilder an den kleinen Blutgefäßen und den Nieren auslösen. Symptome dafür sind das erstmalige Auftreten von Bluthochdruck, Fieber und Verwirrtheit sowie Missempfindungen in den Gliedmaßen. Die nachlassende Nierenfunktion zeigt sich durch geschwollene Fußknöchel (Ödem). Bei derartigen Symptomen muss ein Arzt zu Rate gezogen werden. Bei einer Blutuntersuchung fällt ein verändertes Blutbild auf.
In Einzelfällen kann ein Raynaud-Syndrom entstehen, eine Durchblutungsstörung insbesondere in den Fingern und den Zehen. Erkennbar ist sie daran, dass die Haut von Fingern und Zehen nahezu weiß ist. Dann sollten die Betroffenen zum Arzt gehen.
Sofort zum Arzt
Das Mittel kann die Leber schwer schädigen. Typische Anzeichen dafür sind: eine dunkle Verfärbung des Urins, eine helle Verfärbung des Stuhlgangs oder es entwickelt sich eine Gelbsucht (erkennbar an einer gelb verfärbten Augenbindehaut), oft begleitet von starkem Juckreiz am ganzen Körper. Tritt eines dieser für einen Leberschaden charakteristischen Krankheitszeichen auf, müssen Sie sofort zum Arzt gehen.
Schlafstörungen, grundlose Lustlosigkeit, Antriebsmangel, das Empfinden einer inneren Leere, Interesselosigkeit, Schuldgefühle und Selbsttötungsgedanken sind typische Symptome einer Depression. Darüber klagen bis zu 44 von 100 Behandelten. Halten diese Symptome länger als zwei Tage an, sollten Sie darüber mit dem Arzt sprechen. Erkennen betreuende Personen die Gefahr einer Selbsttötung, muss sofort ärztliche Hilfe gesucht werden.
Wenn sich schwere Hauterscheinungen mit Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten sehr rasch (meist innerhalb von Minuten) entwickeln und zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen oder Durchfälle und Erbrechen auftreten, kann es sich um eine lebensbedrohliche Allergie bzw. einen lebensbedrohlichen allergischen Schock (anaphylaktischer Schock) handeln. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen. Eine solche Reaktion tritt bei 1 bis 10 von 10 000 Behandelten auf.
Besondere Hinweise
Für Schwangerschaft und Stillzeit
Beta-Interferone können während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Lange Zeit durften die Mittel nicht bei Schwangeren eingesetzt werden. Mittlerweile liegen zahlreiche Daten zur Sicherheit vor. Danach geht die Behandlung nicht mit einem erhöhten Risiko für Fehlbildungen einher. Bei der Therapieentscheidung sollte aber bedacht werden, dass im Laufe einer Schwangerschaft – insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel – die Schubrate auch ohne derartige Behandlung abnimmt. Vermutlich sind hierfür die hormonellen Änderungen während der Schwangerschaft verantwortlich. Nicht selten kann daher in Absprache mit dem behandelnden Arzt eine Interferonbehandlung während der Schwangerschaft abgesetzt werden.
Bei einer Behandlung mit Interferon können Sie Ihr Kind uneingeschränkt stillen.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind Wirksamkeit und Verträglichkeit der verschiedenen Interferone nicht in klinischen Studien nachgewiesen. Die bisherigen Erkenntnisse legen nahe, dass Beta-Interferon 1a bei Kindern über zwei Jahre und Jugendlichen ähnlich verträglich ist wie bei Erwachsenen. Bei Beta-Interferon 1b gilt dies für Kinder über 12 Jahre. Jüngere Kindern sollten daher sicherheitshalber nicht mit dem jeweiligen Mittel behandelt werden.
Zur Verkehrstüchtigkeit
Wenn Sie sich durch die Behandlung müde und abgeschlagen fühlen, sollten Sie nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten.
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