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Gerinnungshemmer: Heparin-Natrium (hochmolekulares)

Wirkungsweise

Heparin hemmt, in die Vene oder unter die Haut gespritzt, die Blutgerinnung. Es gibt zwei Sorten von Heparinen: das auch im menschlichen Körper gebildete natürliche "hochmolekulare" oder unfraktionierte Standardheparin, das hier besprochen werden soll, sowie die synthetischen, "niedermolekularen" oder fraktionierten Heparine. Testergebnis hochmolekulares Heparin

Hochmolekulares Heparin greift in den Ablauf der Blutgerinnung ein und hemmt verschiedene Gerinnungsfaktoren gleichzeitig (unter anderem Faktor IIa, Faktor IXa und Faktor Xa). Es wirkt schneller als niedermolekulare Heparine, zieht aber auch eher schwerwiegende unerwünschte Wirkungen nach sich. So besteht ein zehnfach höheres Risiko für eine Verringerung der Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) und die nachfolgende Gegenreaktion des Organismus, eine gegebenenfalls lebensgefährliche Gerinnungsstörung (Thrombozytopenie Typ II).

Weil es durch körpereigene Eiweißstoffe rasch inaktiviert wird, muss hochmolekulares Heparin häufiger gespritzt werden, und es sind verstärkt Kontrolluntersuchungen nötig. Aus diesen Gründen ist es wenig geeignet, um Thrombosen vorzubeugen oder zu behandeln. Heute besteht kaum noch eine Notwendigkeit für den Einsatz dieses Heparins. Es kann wegen seines raschen Wirkeintritts allenfalls noch in der Akutbehandlung eines Herzinfarkts oder einer tiefen Beinvenenthrombose sowie im Rahmen einer Blutwäsche (Hämodialyse) bei Nierenversagen eingesetzt werden. Aber auch in solchen Notfällen werden mehr und mehr die niedermolekularen Heparine verwendet.

Anwendung

Hochmolekulare Heparine werden im akuten Notfall direkt in die Vene gespritzt und anschließend – bei einem Herzinfarkt zwei Tage lang, bei einer Venenthrombose mindestens vier Tage lang – im Abstand von acht bis zwölf Stunden unter die Haut.

Achtung

Der Arzt sollte vor Beginn der Behandlung, am ersten Tag und nachfolgend in den ersten drei Wochen einmal wöchentlich die Thrombozytenwerte im Blut kontrollieren, weil die Thrombozytenzahl aufgrund einer Immunreaktion des Körpers gegen Heparin stark abnehmen kann, auch können die Blutplättchen dann leicht miteinander verklumpen. Sinkt die Anzahl der Thrombozyten stark ab, dürfen Sie nicht weiter Heparin spritzen und die Blutgerinnung muss mit anderen Mitteln gehemmt werden (z. B. mit Danaparoid, Fondaparinux oder DOAK). Wenn eine solche durch Heparin-Antikörper verursachte Gerinnungsstörung (Thrombozytopenie Typ II) einmal aufgetreten ist, darf nie wieder Heparin oder ein heparinhaltiges Arzneimittel gespritzt werden.

Wenn Sie sich einen Zahn ziehen lassen müssen oder eine Operation bevorsteht, darf die Blutgerinnung nicht mehr so stark gehemmt werden. Dann setzen Sie in Absprache mit dem Arzt die Heparinspritzen ab. Während der Behandlung sollten Sie ständig einen Ausweis bei sich tragen, aus dem hervorgeht, dass Sie mit gerinnungshemmenden Mitteln behandelt werden.

Gegenanzeigen

Unter folgenden Bedingungen dürfen Sie kein Heparin spritzen oder gespritzt bekommen:

  • Sie haben ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür.
  • Ihr Blutdruck ist sehr hoch.
  • Ihr Blut enthält Antikörper gegen Heparin.
  • Es besteht ein Verdacht auf Blutungen im Auge.
  • Sie haben eine Lebererkrankung oder eine sonstige Erkrankung (z. B. der Bauchspeicheldrüse oder der Nieren), die eine erhöhte Blutungsneigung nach sich ziehen kann.
  • Sie hatten in den letzten sechs Monaten eine Hirnblutung, oder es besteht aktuell der Verdacht darauf.
  • Sie neigen anlagebedingt zu Blutungen.
  • Es sollen Gewebe- oder Flüssigkeitsproben (z. B. Liquor = Rückenmarkswasser) entnommen werden oder es ist eine rückenmarksnahe Betäubung erforderlich.

Unter folgenden Bedingungen sollte der Arzt Nutzen und Risiken der Anwendung von Heparinen sorgfältig abwägen:

  • Sie haben Nieren- und/oder Harnleitersteine.
  • Es besteht der Verdacht auf einen blutenden bösartigen Tumor.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten:

Plättchenhemmer wie Acetylsalicylsäure und Clopidogrel (bei arteriellen Durchblutungsstörungen, koronarer Herzkrankheit), die gerinnungshemmenden Mittel Phenprocoumon und Warfarin (bei erhöhter Thrombosegefahr), sowie nichtsteroidale Antirheumatika (bei Schmerzen, Rheuma) verstärken die Wirkung der hochmolekularen Heparine, sodass das Risiko für Blutungen ansteigt.

Nebenwirkungen

Die erwünschte Wirkung der Mittel – das Hemmen der Blutgerinnung – ist auch die Ursache für unerwünschte Wirkungen in Form von Blutungen (bei über 1 von 100 Behandelten). Diese treten besonders häufig auf an Haut und Schleimhäuten, Wunden sowie im Magen-Darm-Trakt oder in den Harnwegen.

Sollten Sie sich unerklärlicherweise besonders matt oder müde fühlen oder ihr Blutdruck stark absinken, kann das ein Hinweis auf eine unbemerkte Blutung und einen dadurch bedingten Blutverlust sein. Achten Sie deshalb besonders auf diese Anzeichen. Das Absinken des Blutdrucks macht sich mit Schwindel, Schweißausbrüchen, Kältegefühl oder Herzrasen bemerkbar; auch kann Ihnen kurz schwarz vor den Augen werden, wenn Sie aus dem Sitzen oder Liegen aufstehen.

Keine Maßnahmen erforderlich

Häufig (bei 1 bis 10 von 100 Behandelten) treten Blutergüsse an der Einstichstelle auf oder auch kleinere Blutungen, die nach kurzer Zeit zum Stillstand kommen.

Bei 1 bis 10 von 1 000 Behandelten kommt es zu Haarausfall. Wenn Sie die Mittel absetzen, wachsen die Haare wieder normal.

Muss beobachtet werden

Bei Frauen kann Heparin die Menstruationsblutung verstärken und verlängern. Bei ungewöhnlich starken Blutungen sollten Sie den Frauenarzt aufsuchen.

Etwa 1 bis 10 von 1 000 Behandelten reagieren allergisch auf die Mittel. Es können Symptome auftreten wie Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen, Temperaturanstieg, Gliederschmerzen, Hautausschlag und Juckreiz. Wenn Sie solche Beschwerden bemerken, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Sofort zum Arzt

Bei etwa 1 bis 10 von 1 000 Behandelten nimmt 6 bis 14 Tage nach Behandlungsbeginn die Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) stark ab, weil der Körper infolge der Heparingabe Antikörper bildet (heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II). Dies führt auch dazu, dass vermehrt thrombosefördernde Eiweißstoffe freigesetzt werden. Als Folge treten häufig schwere Gefäßverschlüsse auf, selten auch Blutungen. Frühwarnzeichen dafür sind Hautschäden an der Einstichstelle: die Stelle rötet sich, verhärtet und schmerzt, oder es bildet sich dort ein offenes Geschwür. Auch kann sich eine Thrombose (Anschwellen eines Beines) oder gar eine Lungenembolie ausbilden (plötzliche akute Atemnot, oftmals begleitet von Brustschmerzen). Wenn Sie solche Symptome bemerken, müssen Sie sofort den Notarzt (Telefon 112) rufen.

Wenn Sie früher schon einmal Heparin erhalten haben, kann diese schwere Gerinnungsstörung schon innerhalb weniger Stunden einsetzen, auch wenn es bei der ersten Behandlung keine Probleme gegeben hat.

Wenn sich schwere Hauterscheinungen mit Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten sehr rasch (meist innerhalb von Minuten) entwickeln und zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen oder Durchfälle und Erbrechen auftreten, kann es sich um eine lebensbedrohliche Allergie bzw. einen lebensbedrohlichen allergischen Schock (anaphylaktischer Schock) handeln. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Heparin gelangt weder durch den Mutterkuchen zum Kind noch in die Muttermilch. Sie können es also in Schwangerschaft und Stillzeit anwenden.

Wenn Sie bis zum Ende der Schwangerschaft Heparin spritzen müssen, dürfen Sie bei der Entbindung keine "Rückenmarksspritze" (Periduralanästhesie, PDA) bekommen.

Wenn Sie während der gesamten Schwangerschaft und Stillzeit Heparin spritzen müssen, ist das Osteoporose-Risiko erhöht. Sie sollten dann verstärkt auf eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D (FAQ Vitamin D) achten.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Zur Vorbeugung und Behandlung von Thrombosen mit Heparinen bei Kindern liegen vergleichsweise wenig dokumentierte Erfahrungen vor. Wenn Heparine bei Kindern eingesetzt werden sollen, sind die Gerinnungswerte deshalb besonders sorgfältig zu überwachen.

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs