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Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Fluvoxamin

Wirkungsweise

Fluvoxamin ist ein auf die Psyche wirkender Stoff, der verhindert, dass der an den Nervenenden freigesetzte Botenstoff Serotonin wieder in die Nervenzelle aufgenommen und dadurch unwirksam gemacht wird. So steht dem Gehirn mehr von diesem Botenstoff zur Signalübertragung zur Verfügung und das auch noch für längere Zeit. Das spielt insofern eine Rolle, als man davon ausgeht, dass sich die Verfügbarkeit der Botenstoffe im zentralen Nervensystem bei psychischen Störungen ändert.

Diesen Effekt hat eine ganze Gruppe von Wirkstoffen, die aufgrund ihres Wirkmechanismus SSRI (engl.: selective serotonin re-uptake inhibitor, deutsch: selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) genannt werden.

Angst- und Zwangsstörungen

Bei Zwangsstörungen ist die therapeutische Wirksamkeit für Fluvoxamin belegt. In Studien besserten sich die Beschwerden bei mehr als doppelt so vielen Menschen, die einen SSRI wie Fluvoxamin einnahmen, im Vergleich zu denjenigen, die ein Scheinmedikament erhielten. Damit gilt Fluvoxamin zur Behandlung von Zwangsstörungen als "geeignet". Ein Vorteil von Fluvoxamin ist, dass es, anders als manche Medikamente bei Zwangsstörungen, kaum dämpft und nicht müde macht.

Depressionen

Gegen Depressionen sind SSRI wie Fluvoxamin in etwa so wirksam wie trizyklische Antidepressiva. Anders als diese dämpfen SSRI allerdings kaum und machen nicht müde. Menschen, die besonders zu Beginn der Depressionsbehandlung eine Dämpfung benötigen, müssen unter Umständen vorübergehend zusätzlich ein Benzodiazepin einnehmen.

Die Einnahme von SSRI verbessert bei 40 bis 60 von 100 Behandelten die depressive Stimmung spürbar, wohingegen von den Personen, die ein Scheinmedikament erhielten, zwischen 20 und 30 von 100 eine merkliche Besserung vermeldeten. Eine therapeutische Wirksamkeit der Mittel war dabei allerdings nur bei stärker ausgeprägten Depressionen zu erkennen. Bei leichteren Störungen, wie sie oft vorkommen, waren Antidepressiva kaum besser als ein Scheinmedikament.

Vorteilhaft ist bei Fluvoxamin im Vergleich zu trizyklischen Antidepressiva, dass es auch bei Menschen mit grünem Star, vergrößerter Prostata und anderen Gesundheitsproblemen, die bei älteren Menschen oft auftreten, eingesetzt werden kann. SSRI wie Fluvoxamin verursachen auch seltener eine Gewichtszunahme. Nachteilig ist, dass der Wirkstoff eher Störungen im Magen-Darm-Trakt und Elektrolytstörungen im Blut, eine erhöhte Blutungsneigung sowie Unruhe und Sexualstörungen hervorruft als trizyklische Antidepressiva.

Fluvoxamin gilt bei mittelschweren bis sehr schweren Depressionen als "geeignet". Es ist vor allem dann empfehlenswert, wenn die Betroffenen mit den unerwünschten Wirkungen dieses Arzneimittels besser zurechtkommen als mit denen der trizyklischen Antidepressiva.

Anwendung

Bei einer schweren Leber- oder Nierenfunktionsstörung muss Fluvoxamin niedriger dosiert werden.

Da Fluvoxamin beruhigende Wirkeigenschaften besitzt, wird empfohlen das Mittel abends einzunehmen.

Die Dosierung von Fluvoxamin und die Dauer der Behandlung richten sich nach Art und Ausprägung der Störung und werden vom Arzt angegeben.

Die Behandlung mit Fluvoxamin beginnt mit einer niedrigen Dosis, die im Abstand von Tagen oder Wochen langsam gesteigert wird. Auf diese Weise gewöhnt sich der Körper an das Medikament und die anfangs oft störenden unerwünschten Wirkungen sind weniger belastend. Auch das Ende der Behandlung muss – insbesondere nach längerer Einnahmezeit – langsam eingeleitet werden. Um wie viel die Dosis vermindert wird und über welchen Zeitraum hinweg, richtet sich danach, ob der depressionsfreie Zustand stabil bleibt. Im Verlauf von Wochen bis Monaten muss die Medikamentendosis schrittweise verringert werden. Geschieht das nicht langsam genug, können Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Erregtheit, Angst und andere Symptome auftreten. Mehr dazu unter Was Sie beachten müssen, wenn Sie die Behandlung mit Antidepressiva beenden.

Angst- und Zwangsstörungen

Ob die Therapie ausreichend wirkt, lässt sich erst nach etwa ein bis drei Wochen beurteilen.

Depressionen

Bereits nach einer Woche können Aktivität und Antriebskraft wiederkehren und der Schlaf kann sich bessern. Die stimmungsaufhellende Wirkung wird nach ein bis drei Wochen spürbar. Nach vier bis sechs Wochen sollten die depressiven Symptome deutlich gemildert sein. Die Behandlung dauert in der Regel ein halbes Jahr.

Achtung

Es gibt Hinweise, dass Depressionsmittel, zu denen auch der SSRI Fluvoxamin gehört, die Bereitschaft, sich Schaden zuzufügen oder das Leben zu nehmen, verstärken können. Näheres hierzu lesen Sie unter Antidepressiva und Selbsttötung.

Gegenanzeigen

Sie dürfen Fluvoxamin nicht anwenden, wenn Sie mit einem MAO-Hemmer (Moclobemid oder Tranylcypromin bei Depressionen, Selegilin bei Parkinsonkrankheit) behandelt werden. Auch die gemeinsame Anwendung mit Pimozid (bei Schizophrenien und anderen Psychosen) oder Linezolid (bei Lungenentzündung) muss ausgeschlossen werden.

Fluvoxamin darf darüber hinaus nicht mit Tizanidin (bei Muskelverspannungen) kombiniert eingenommen werden, da es dessen Abbau hemmt.

Unter folgenden Bedingungen sollte der Arzt Nutzen und Risiken der Behandlung mit Fluvoxamin besonders sorgfältig abwägen:

  • Sie leiden an Epilepsie oder haben Krampfanfälle gehabt. Dann ist die Behandlung nur vertretbar, wenn die Krankheit gut unter Kontrolle ist.
  • Sie leiden an einer manisch-depressiven Erkrankung.
  • Sie haben Diabetes.
  • Sie haben schon einmal Blutgerinnungsstörungen gehabt oder wenden derzeit Mittel an, die die Blutgerinnung hemmen.
  • Ihr Augeninnendruck ist erhöht oder Sie haben zwischen Regenbogenhaut und Hornhaut eine Engstelle, die den Abfluss des Kammerwassers behindert.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten, dass manche Arzneimittel durch Fluvoxamin langsamer abgebaut werden. Sie wirken dann länger und ihre Wirkung und die Nebenwirkungen können sich verstärken. Zu diesen Medikamenten gehören z. B. trizyklische Antidepressiva (bei Depressionen), Benzodiazepine (bei Schlaf- und Angststörungen), Neuroleptika (bei Schizophrenien und anderen Psychosen) sowie Carbamazepin und Phenytoin (bei Epilepsien).

Wenn mit einer Fluvoxamin-Therapie begonnen wird, muss der Plasmaspiegel der genannten Mittel kontrolliert werden und gegebenenfalls deren Dosis reduziert.

Eine Kontrolle des Plasmaspiegels und eventuell eine Anpassung der Dosis ist auch für die gleichzeitige Anwendung mit Theophyllin (bei Asthma, COPD) notwendig. Wenn die gemeinsame Verabreichung nicht vermieden werden kann, muss die Theophyllindosis vom Arzt reduziert werden.

Unbedingt beachten

Nach einer Behandlung mit MAO-Hemmern wie Tranylcypromin (bei Depressionen) müssen mindestens zwei Wochen verstreichen, bevor Sie Fluvoxamin einnehmen dürfen. Umgekehrt müssen nach der Einnahme von Fluvoxamin mindestens eine Woche vergehen, bevor MAO-Hemmer angewendet werden dürfen. Wird dieser Zeitabstand nicht eingehalten, kann sich ein Serotonin-Syndrom mit Erregungszuständen, Bewusstseinstrübung, Muskelzittern und -zucken sowie Blutdruckabfall entwickeln. Dieses ist lebensbedrohlich, wenn die Atemmuskulatur verkrampft.

Ein solches Serotonin-Syndrom kann auch durch Arzneimittel ausgelöst werden, die den Botenstoff Serotonin auf die gleiche Weise beeinflussen wie SSRI. Dazu zählen Tryptophan (bei Schlafstörungen), Triptane (bei Migräne), Tramadol und Fentanyl (bei Schmerzen) sowie Präparate mit hoch dosiertem Johanniskrautextrakt (bei Depressionen). Die gleichzeitige Anwendung dieser Mittel sollten Sie vermeiden.

Fluvoxamin kann die Wirkung der gerinnungshemmenden Mittel Phenprocoumon und Warfarin erhöhen, die bei erhöhter Thrombosegefahr als Tabletten eingenommen werden. Näheres hierzu finden Sie unter Mittel zur Blutverdünnung: verstärkte Wirkung.

Werden zusätzlich zu Fluvoxamin nichtsteroidale Antirheumatika, z. B. Diclofenac, Ibuprofen (bei Arthrose, Schmerzen) eingenommen, kann das Risiko für Magenblutungen steigen. Einer aktuellen Untersuchung zufolge steigt dadurch auch das Risiko für eine Gehirnblutung.

Fluvoxamin sollen Sie nicht gleichzeitig mit Thioridazin (bei Schizophrenien und anderen Psychosen) oder Antihistaminika wie Mizolastin (bei Allergien) anwenden. Es kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen, den Torsade de pointes. Näheres hierzu finden Sie unter Mittel bei Herzrhythmusstörungen: verstärkte Wirkung.

Fluvoxamin darf nicht zusammen mit Tizanidin (bei Muskelverspannungen) angewendet werden, weil die Wirkung und die Nebenwirkungen von Tizanidin verstärkt werden. Neben starker Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit und Übelkeit kann der Blutdruck sehr stark abfallen.

Wechselwirkungen mit Speisen und Getränken

Alkohol und Fluvoxamin könnten sich gegenseitig in ihrer Wirkung auf das Zentralnervensystem verstärken. Eine gemeinsame Anwendung sollte unterbleiben.

Fluvoxamin steigert die Wirkung von Coffein. Wenn Sie Kaffee oder coffeinhaltige Getränke in größerer Menge trinken und verstärkt Ruhelosigkeit oder Schlaflosigkeit feststellen sowie Übelkeit oder Herzklopfen auftreten, sollten Sie den Coffeinkonsum einschränken.

Nebenwirkungen

Fluvoxamin kann Haarausfall auslösen. Dieser lässt meist wieder nach, sobald das Mittel abgesetzt wird.

Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass SSRI wie Fluvoxamin bei Menschen, die älter sind als 50 Jahre, das Risiko für Knochenbrüche erhöhen können.

Keine Maßnahmen erforderlich

Bis zu 10 von 100 Personen berichten über starkes Schwitzen und Schwindel. Juckreiz tritt vor allem zu Beginn der Therapie auf und verschwindet nach einiger Zeit wieder.

Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Kopfschmerzen und Schwindel kommen insbesondere zu Beginn der Behandlung bei 1 bis 10 von 100 Behandelten vor und können sehr unangenehm sein. Ebenso häufig treten Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen auf.

Muss beobachtet werden

Fluvoxamin kann die bei depressiven Menschen oft beeinträchtigte Sexualität noch stärker stören. Die Erregbarkeit lässt nach, Dauer und Intensität des Orgasmus verringern sich. Im Genitalbereich kann ein Taubheitsgefühl auftreten. Wenn diese Störungen Sie stark belasten, sollten Sie mit einem Arzt darüber sprechen und beratschlagen, ob es für Sie eine geeignete Behandlungsalternative gibt. In Einzelfällen bleiben die Beschwerden auch nach dem Absetzen des Mittels bestehen.

Wenn sich Ihr Verhalten ändert und Sie zunehmend ängstlich oder aggressiv und erregt wirken, sollten Sie ärztliche Hilfe suchen. Aus diesen Verhaltensänderungen kann sich ein erhöhtes Risiko ergeben, sich etwas anzutun.

Nach Markteinführung wurden Einzelfälle bekannt, bei denen sich unter Behandlung mit einem SSRI eine Spiel- oder Kaufsucht entwickelte. Die Veränderung ihres Verhaltens nehmen die Betroffenen selbst oftmals nicht wahr. Dann müssen Familienangehörige oder andere nahestehende Personen den Arzt auf die Verhaltensänderungen aufmerksam machen.

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.

Bei etwa 1 von 100 Personen kommen zu den Reaktionen an der Haut Gelenkbeschwerden und eventuell Fieber hinzu.

Es können sich auf dem ganzen Körper punktartige Hautblutungen zeigen. Dieses trifft insbesondere ältere Menschen und Menschen, die Arzneimittel einnehmen, die die Blutgerinnung hemmen (z. B. ASS, Dipyridamol, NSAR). Bemerken Sie kleine rote Flecken in der Haut, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Das Mittel kann die Natriumspiegel im Blut stark absenken. Das macht sich durch Kopfschmerzen, verschlechtertes Gedächtnis- und Konzentrationsvermögen und Verwirrtheit bemerkbar. In schweren Fällen treten auch Halluzinationen auf. Besonders gefährdet hierfür sind Personen, die zusätzlich Mittel einnehmen, die ebenfalls den Natriumspiegel im Blut senken, z. B. Thiaziddiuretika wie Hydrochlorothiazid. Wenn Sie derartige Beschwerden feststellen, sollte Ihr Arzt den Natriumgehalt im Blut bestimmen. *

Sofort zum Arzt

Fluvoxamin kann bei etwa 1 von 1 000 Behandelten einen Krampfanfall verursachen. In einem solchen Fall sollten Sie das Arzneimittel absetzen und sofort einen Arzt rufen.

Fieber, Desorientiertheit, Erregungszustände sowie steife, zuckende und verkrampfte Muskeln können Anzeichen für das vereinzelt auftretende Serotonin-Syndrom sein. Es kann sich bis zur Bewusstseinstrübung und zum Blutdruckabfall steigern und ist lebensbedrohlich, wenn die Atemmuskulatur verkrampft. Bei diesen Beschwerden sollten Sie sofort den Arzt oder die Notaufnahme aufsuchen.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Die Einnahme von SSRI wie Fluvoxamin scheint die Spermienqualität zu beeinträchtigen. Nach dem Absetzen des Medikaments vergeht dieser unerwünschte Effekt jedoch wieder.

Wenn Sie schwanger sind und eine Depression medikamentös mit einem SSRI behandelt werden muss, sind Citalopram und Sertralin die Mittel der ersten Wahl. Mit ihnen liegen die meisten Erfahrungen vor. Soll während der Schwangerschaft eine antidepressive Behandlung begonnen werden, sind Citalopram und Sertralin bevorzugt einzusetzen. Neben diesen ist aber auch Fluvoxamin akzeptabel, wenn Sie zum Zeitpunkt der Schwangerschaft bereits gut auf dieses Mittel eingestellt waren. Dann können Sie auch mit ihm die antidepressive Behandlung fortsetzen.

Haben Sie bis zur Geburt einen SSRI eingenommen, sollten Sie in einer Klinik entbinden, in der man auf eine eventuelle verstärkte Blutungsneigung und andere Störungen beim Säugling reagieren kann.

Neugeborene von Frauen, die während der Schwangerschaft einen SSRI eingenommen haben, können in den ersten Lebenstagen übererregbar und schreckhaft sein und vermehrt zittern. Ihre Muskulatur kann angespannt sein. Diese Symptome, Trinkstörungen sowie anderes auffälliges Verhalten verschwinden in der Regel nach ein bis zwei, spätestens nach vier Wochen wieder.

Fluvoxamin gehört als SSRI in der Stillzeit zu den Mitteln der Wahl.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Angst- und Zwangsstörungen

Fluvoxamin kann bei Kindern mit Zwangsstörungen ab acht Jahren eingesetzt werden.

Depressionen

Fluvoxamin besitzt keine Zulassung für die Behandlung von depressiven Zuständen bei Kindern und Jugendlichen.

Für ältere Menschen

Die Behandlung mit Fluvoxamin muss mit einer relativ geringen Dosis beginnen und die Dosissteigerung sollte langsam erfolgen.

Zur Verkehrstüchtigkeit

Im Allgemeinen beeinflusst das Mittel die Fahrtauglichkeit nicht negativ. Wenn dies doch der Fall sein sollte, sollten Sie nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten.

* aktualisiert am 17.06.2021

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