Wirkungsweise
Digitaliswirkstoffe erhöhen die Konzentration von Calcium in der Herzmuskelzelle und verbessern so die Schlagkraft des Herzens. Das Herz vergrößert sich nicht mehr weiter, ist stärker belastbar und der Körper scheidet Flüssigkeit besser aus. Außerdem können Digitaliswirkstoffe einen zu schnellen Herzschlag regulieren. Sie stammen aus der Arzneipflanze Fingerhut. Mittel aus Fingerhut werden schon seit Jahrhunderten bei Herzschwäche eingesetzt. Testergebnisse Digitaliswirkstoffe
Wie nützlich Digitaliswirkstoffe bei der Behandlung einer Herzschwäche vor dem Hintergrund heutiger therapeutischer Möglichkeiten sind, ist unklar. Um diese Frage zu klären, wurde in Deutschland eine Studie mit moderner Methodik gestartet, deren Ergebnisse aber noch nicht vorliegen. Bisherige Studienergebnisse zeigen, dass Digitaliswirkstoffe die mit einem schwachen Herzen verbundenen Beschwerden lindern und das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt senken können, die Lebenserwartung aber nicht erhöhen. Sie sind zur Behandlung einer Herzschwäche deshalb mit Einschränkung geeignet und sollen nur bei schweren Krankheitsformen zusätzlich zu anderen Mitteln eingesetzt werden, wenn sich die Symptome trotz Standardtherapie mit einem ACE-Hemmer, Diuretikum, Betablocker und gegebenenfalls einem Aldosteron-Antagonisten nur unzureichend bessern lassen oder die Herzschwäche mit einem schnellen Herzschlag durch Vorhofflimmern verbunden ist.
Geeignet sind Digitaliswirkstoffe, wenn zusätzlich zur Herzschwäche eine bestimmte Form des Herzrasens (absolute Arrhythmie) auftritt.
Bei Frauen
Die nachträgliche Auswertung einer Studie zum Einsatz von Digitalis bei Frauen mit Herzschwäche hat den Hinweis ergeben, dass eventuell mehr Frauen sterben, wenn sie mit Digitalis behandelt werden. Das heißt allerdings nicht, dass Frauen keine Digitalispräparate mehr bekommen sollten – für eine solche weitgehende Aussage sind die Daten nicht tragfähig genug. Aber die Analyse kann als Hinweis darauf dienen, Digitalispräparate bei Frauen nur in gut begründeten Fällen in niedriger Dosierung einzusetzen und deren Anwendung dann sorgfältig zu überwachen.
Anwendung
Digitaliswirkstoffe entfalten ihre volle Wirkung erst, wenn eine bestimmte Konzentration im Blut erreicht ist. Wie schnell das geht, hängt von Ihrem Alter ab, den Begleiterkrankungen (bei einer Überfunktion der Schilddrüse z. B. brauchen Sie eine höhere Dosis, bei einer Unterfunktion eine geringere), außerdem von Ihrer Leber- und Nierenfunktion und Ihrem Körpergewicht. Normalerweise dauert es ein bis drei Wochen, bis die passende Dosis gefunden wurde.
Digitaliswirkstoffe sind grundsätzlich in niedriger Dosierung einzusetzen: beispielsweise für Digitoxin sind das zwischen 0,05 und 0,1 Milligramm pro Tag, für Digoxin zwischen 0,2 und 0,4 Milligramm pro Tag.
Bei allen Digitaliswirkstoffen ist die Grenze zwischen der therapeutisch notwendigen und der giftig wirkenden, weil zu hoch dosierten Menge sehr gering. Nehmen Sie nur geringfügig zu viel ein, treten verstärkt unerwünschte Wirkungen auf. Der Arzt muss deshalb die für Sie sinnvolle Dosis genau austarieren. Das geht am besten, indem er die herzstärkende Wirkung und den Herzrhythmus regelmäßig überprüft. Bei Verdacht auf Überdosierung muss er den Wirkspiegel im Blut bestimmen, um die Dosierung gegebenenfalls anzupassen.
Wenn Ihre Nieren nicht mehr richtig arbeiten, muss der Arzt die Dosis von Beta-Acetyldigoxin, Digoxin und Metildigoxin um ein Viertel bis die Hälfte verringern. Digitoxin wird weitgehend unabhängig von der Nierenfunktion verstoffwechselt. Es ist Mittel der Wahl bei drohender oder bereits bestehender Niereninsuffizienz. Liegt eine schwere Niereninsuffizienz vor, wird auch Digitoxin in verringerter Dosierung eingesetzt.
Wenn Sie eine Tablette vergessen haben, nehmen Sie die nächste wie vorgesehen ein. Keinesfalls dürfen Sie die doppelte Menge schlucken.
Gegenanzeigen
Unter folgenden Bedingungen dürfen Sie keine Digitaliswirkstoffe einnehmen:
- Sie haben schwere Herzrhythmusstörungen.
- Ihr Herzmuskel ist anderweitig geschädigt, sodass das Herz keine volle Leistung erbringen kann (obstruktive hypertrophe Kardiomyopathie).
- Das Blut weist zu niedrige Konzentrationen an Kalium und Magnesium, aber zu viel an Calcium auf.
Unter folgenden Bedingungen sollte der Arzt Nutzen und Risiken der Anwendung von Digitaliswirkstoffen sorgfältig abwägen:
- Der Kaliumspiegel im Blut ist zu hoch.
- Sie haben eine Erkrankung der Schilddrüse.
- Sie haben eine schwere Atemwegserkrankung mit Atemnot.
- Die Funktion Ihrer Nieren ist gestört.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen mit Medikamenten
Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten, dass zahlreiche Arzneistoffe die Wirkung von Digitaliswirkstoffen beeinflussen, viele davon in erheblichem Maße und mit riskanten Folgen. Sie sollten dem Arzt deshalb alle Medikamente nennen, die Sie zusätzlich einnehmen, auch die rezeptfrei gekauften, damit die Dosis der Digitaliswirkstoffe darauf abgestimmt oder riskante Substanzen abgesetzt werden können.
Unbedingt beachten
Folgende Wirkstoffe schwächen die Wirkung von Digitaliswirkstoffen, sodass der Arzt die Dosis anpassen sollte:
- Metoclopramid (bei Übelkeit)
- Johanniskraut (bei Depressionen)
- Colestyramin (bei erhöhten Blutfetten)
- Rifampicin (bei Tuberkulose).
Näheres hierzu lesen Sie unter Mittel bei Herzschwäche: verringerte Wirkung.
Folgende Wirkstoffe verstärken die Wirkung von Digitaliswirkstoffen, sodass der Arzt die Dosis eher verringern und die Blutspiegel häufig kontrollieren sollte:
- Calcium verstärkt die erwünschten und unerwünschten Wirkungen von Digitaliswirkstoffen. Auf keinen Fall darf Calcium in die Vene gespritzt werden, solange Sie mit Digitaliswirkstoffen behandelt werden.
- Auch Mittel, die den Kaliumgehalt des Blutes senken, können Digitaliswirkstoffe giftiger wirken lassen, sodass verstärkt unerwünschte Wirkungen auftreten. Zu diesen Mitteln gehören Diuretika (bei hohem Blutdruck oder zum Ausschwemmen von Flüssigkeit) und Abführmittel (bei Verstopfung), wenn diese in hoher Dosierung und über längere Zeit eingenommen werden.
- Wenn Sie gleichzeitig über längere Zeit Tabletten mit Glucocorticoiden wie Hydrocortison, Prednison und Prednisolon (bei Entzündungen, Immunreaktionen) einnehmen, können sie ebenfalls die Wirkung der Digitaliswirkstoffe verstärken. Der Arzt sollte deshalb Glucocorticoide wie Betamethason, Triamcinolon und Dexamethason vorziehen. Bei diesen Wirkstoffen ist dieser Effekt weniger ausgeprägt. Cortisonpräparate zum Inhalieren oder zum Einsprühen in die Nase beeinflussen die Wirkung von Digitaliswirkstoffen in deutlich geringerem Maß.
- Die Wirkstoffe Verapamil und Diltiazem aus der Gruppe der Calciumantagonisten sowie einige Antiarrhythmika (insbesondere Amiodaron, Chinidin, Propafenon) erhöhen die Konzentration von Digitaliswirkstoffen im Blut. Wenn Sie diese Mittel gleichzeitig mit Digitaliswirkstoffen einnehmen müssen, sollte der Arzt unbedingt die Dosis der Digitaliswirkstoffe anpassen, damit keine unerwünschten Wirkungen auftreten. Außerdem können diese Calciumantagonisten sowie Amiodaron den Herzschlag verlangsamen und den Effekt von Digitaliswirkstoffen auf das Herz verstärken. Das gilt auch für Betablocker wie Bisoprolol und Metoprolol.
- Makrolid-Antibiotika wie Erythromycin (bei bakteriellen Infektionen) sowie Antipilzmittel zum Einnehmen wie Amphotericin B oder Itraconazol (beide bei schweren Pilzinfektionen) erhöhen ebenfalls die Konzentration der Digitalismittel im Blut, sodass sich deren Wirkung verstärken kann. Der Arzt sollte bei gleichzeitiger Anwendung die Dosierung der Digitalispräparate anpassen.
- In Kombination mit den Wirkstoffen Amitryptilin, Doxepin und Trimipramin aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva (bei Depressionen) können Herzrhythmusstörungen mit Extraschlägen (Extrasystolen) auftreten. Insbesondere in der Anfangszeit sollte der Arzt dann die Blutspiegel der Digitaliswirkstoffe überprüfen.
Näheres hierzu lesen Sie unter Mittel bei Herzschwäche: verstärkte Wirkung.
Nebenwirkungen
Wie oft und wie ausgeprägt eine unerwünschte Wirkung vorkommt, hängt mit davon ab, welche Krankheiten Sie sonst noch haben und welche anderen Medikamente Sie zusätzlich einnehmen. Auch die Konzentration von Kalium, Calcium und Magnesium im Blut ist mit ausschlaggebend. Da der Spielraum zwischen erwünschter therapeutischer Wirkung und unerwünschter giftiger Wirkung von Digitalis sehr klein ist, müssen Sie grundsätzlich bei jeder Befindlichkeitsstörung in Betracht ziehen, dass es sich um eine unerwünschte Wirkung des Digitaliswirkstoffs handeln könnte. Dann müssen Sie immer den Arzt aufsuchen, damit die Dosis von Digitalis korrigiert werden kann.
Die Mittel können, insbesondere bei Daueranwendung, die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn Sie langsamer reagieren als früher und Ihre Aufmerksamkeit sowie Ihr Gedächtnis nachlassen, sollten Sie mit dem Arzt sprechen. Wenn Sie das Mittel absetzen, verschwinden diese Störungen wieder.
Keine Maßnahmen erforderlich
Häufig (bei über 1 von 100 Behandelten) kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen. Auch Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schlafstörungen können auftreten.
Sofort zum Arzt
Depressionen, Unruhe, Ängstlichkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen und Sehstörungen wie Doppelbilder, Farbensehen (z. B. eine Gelbtönung aller optischen Eindrücke) sowie Übelkeit und Erbrechen können Anzeichen einer Überdosierung sein. Wenn Sie diese Symptome bemerken, sollten Sie sofort vom Arzt die Dosierung von Digitalis kontrollieren lassen.
Digitalisglycoside können alle Arten von Herzrhythmusstörungen verursachen, die meistens nur mithilfe eines EKGs genau diagnostiziert werden können. Symptome, die Sie selbst bemerken können, sind: zu langsamer Herzschlag (deutlich unter 60 Schläge pro Minute), zu schneller Herzschlag (mehr als 100 pro Minute), Herzstolpern. Die Herzrhythmusstörungen können auch Schwindel, kurze Ohnmachts- oder Krampfanfälle auslösen. Bei diesen Beschwerden sollten Sie möglichst rasch einen Arzt aufsuchen.
Besondere Hinweise
Für Schwangerschaft und Stillzeit
Digitaliswirkstoffe können Sie in Schwangerschaft und Stillzeit anwenden, am besten einen Wirkstoff aus der Gruppe der Digoxine (z. B. Metildigoxin oder Beta-Acetyldigoxin), weil sich diese am wenigsten auf das Ungeborene auswirken und kaum in die Muttermilch übertreten. Negative Auswirkungen auf das Ungeborene sind im therapeutischen Dosisbereich nicht zu erwarten.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Hat ein Kind einen angeborenen Herzfehler, kann es mit Digitaliswirkstoffen behandelt werden. Die Dosis muss dann altersentsprechend angepasst werden.
Für ältere Menschen
Mit dem Alter steigt das Risiko für unerwünschte Wirkungen von Digitaliswirkstoffen. Um Vergiftungen zu vermeiden, sollten die Mittel so niedrig wie möglich dosiert werden. Da die Nierenleistung meist altersbedingt abnimmt, werden bei älteren Menschen Mittel mit Digitoxin bevorzugt. Näheres hierzu lesen Sie unter Hinweise für ältere Menschen.
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