Wirkungsweise
Erythropoietin ist ein blutbildender Wachstumsfaktor, der in den Nieren gebildet wird. Es regt die blutbildenden Zellen im Knochenmark dazu an, neue rote Blutkörperchen (Erythrozyten) zu bilden. Testergebnisse Medikamente mit Erythropoietin
Chronisch Nierenkranke, vor allem wenn sie auf die Blutwäsche (Dialyse) angewiesen sind, sind häufig blutarm, weil bei ihnen die Nieren kein Erythropoietin mehr bilden. Dann können die blutbildenden Zellen nicht genügend rote Blutkörperchen herstellen. Bei ihnen ist Erythropoietin geeignet, um die Blutarmut zu behandeln. Meist sind dann wesentlich weniger Bluttransfusionen erforderlich.
Die Gabe dieses Mittels verfolgt das Ziel, die Symptome einer Anämie und Bluttransfusionen zu vermeiden. Zu beachten ist jedoch, dass es nicht im Übermaß eingesetzt wird. Es sollte nur gegeben werden, wenn die Hämoglobinwerte unter 10 Gramm pro Deziliter (g/dl) liegen. Auch ist darauf zu achten, dass der Hämoglobinwert nicht zu stark angehoben wird. Eine Studie, die alle bisher veröffentlichten Publikationen zur Anwendung von Erythropoietin bei Nierenkranken berücksichtigt, gibt Hinweise darauf, dass eine Erhöhung der Hämoglobinkonzentration auf Werte über 12,2 g/dl die Sterberate eher erhöht. Auch kann dann der Blutdruck ansteigen und es besteht eine erhöhte Thrombose- und Schlaganfallgefahr. Aufgrund dieser Ergebnisse sollen blutbildende Wachstumshormone vor allem eingesetzt werden, wenn die Blutarmut mit ausgeprägter Müdigkeit und Schwäche einhergeht. Der Arzt sollte die Mittel so dosieren, dass eine Hämoglobinkonzentration zwischen 10 und 12 g/dl erreicht wird.
Erythropoietin wird mitunter auch empfohlen, wenn eine planbare große Operation (z. B. Hüftgelenkersatz) bevorsteht und Eigenblutspenden sinnvoll sind. Bis zur Operation ist dann der Verlust an roten Blutkörperchen wieder ausgeglichen. Allerdings kann auch hier das Risiko für tiefe Beinvenenthrombosen ansteigen. Der Arzt sollte während dieser Zeit deshalb sorgfältig den Hämoglobinwert im Blut kontrollieren.
Ob Erythropoietin auch bei schweren Krankheiten wie Krebs oder Rheuma nützlich ist, bleibt fraglich. Zwar verringert die Gabe von solchen blutbildenden Wachstumsfaktoren bei bestimmten Chemotherapien deren negative Auswirkungen auf das rote Blutbild, aber es ist unklar, ob das den Betroffenen tatsächlich etwas nützt. Einige Studien legen nämlich nahe, dass sich bei bestimmten Tumorarten der Krankheitszustand dann eher verschlechtert (z. B. bei fortgeschrittenen Kopf- und Halstumoren) oder sich sogar die Sterberate erhöht (z. B. bei metastasiertem Brustkrebs). Letztlich sind die Wirkungen der Mittel an Tumorzellen aber noch nicht hinreichend geklärt.
Die Europäische Zulassungsbehörde empfiehlt daher, bei einer durch Chemotherapie verursachten Blutarmut Bluttransfusionen zu bevorzugen. Sollten blutbildende Wachstumshormone wie Erythropoietin dennoch eingesetzt werden, sind diese nur angezeigt, wenn die Blutarmut mit ausgeprägter Müdigkeit und Schwäche einhergeht. Der Arzt sollte dann Nutzen und Risiken in jedem Einzelfall sorgfältig abwägen.
Eine Anwendung bei Krebserkrankungen außerhalb der Chemotherapie ist nicht sinnvoll, da sich gezeigt hat, dass sich dann die Sterberate erhöht und auch ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Embolien besteht.
Anwendung
Das Mittel wird vorwiegend unter die Haut oder in die Vene injiziert. Unter die Haut gespritzt wirkt es oft besser. Bei einer durch chronische Nierenerkrankungen bedingten Anämie muss Epoetin alfa jedoch immer in die Vene injiziert werden. Damit lässt sich wahrscheinlich vermeiden, dass sich Antikörper bilden, die das Medikament unwirksam machen können. Außerdem kann die Wirkung des Medikaments auf die Blutbildung besser gesteuert werden.
Die Dosierung erfolgt individuell und richtet sich nach den erreichten Hämoglobinwerten im Blut.
Die Dosis sollte nicht häufiger als einmal alle vier Wochen erhöht werden.
Weil der Körper sehr viele rote Blutkörperchen herstellt und dafür viel Eisen benötigt, kann es sinnvoll sein, gleichzeitig Eisenpräparate einzunehmen. Der Arzt sollte dafür den Ferritingehalt im Blut und den Eisengehalt des Ferritins bestimmen. Beide Werte zeigen an, ob die Eisenspeicher noch gefüllt sind.
Auch auf eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen Folsäure und Vitamin B12 ist zu achten. Welche Lebensmittel Sie gut mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgen, erfahren Sie auf den Seiten Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente.
Während der Anwendung sollte der Blutdruck überwacht werden. In den ersten acht Wochen der Behandlung sollte der Arzt auch das Blutbild und dabei insbesondere die Zahl der Blutplättchen beobachten, anschließend reichen Kontrollen in größeren Abständen aus.
Achtung
Während einer monatelangen Behandlung können sich Antikörper gegen blutbildende Wachstumsfaktoren entwickeln. Wenn sich die Blutarmut trotz der Behandlung verschlechtert, muss der Arzt mithilfe spezieller Untersuchungen klären, ob eine Antikörperbildung dafür verantwortlich ist.
Gegenanzeigen
Unter folgenden Bedingungen sollten Sie das Mittel nicht anwenden:
- Sie haben einen hohen Blutdruck, der nicht gut eingestellt ist (also deutlich über 140/90 mmHg liegt).
- Sie sind an Leukämie oder anderen Blutkrebsarten erkrankt. Dann können die Mittel möglicherweise das Wachstum der bösartigen Zellen anregen.
Wenn Sie an einer Epilepsie leiden oder Ihre Leberfunktion eingeschränkt ist, sollte der Arzt Nutzen und Risiken einer Behandlung mit blutbildenden Wachstumsfaktoren sorgfältig abwägen.
Nebenwirkungen
Welche unerwünschten Wirkungen auftreten, wie ausgeprägt und wie häufig sie sind, hängt von der Grunderkrankung ab. Insgesamt treten bei knapp jedem zehnten Behandelten unerwünschte Wirkungen auf.
Keine Maßnahmen erforderlich
Bei bis zu 10 von 100 Behandelten treten Kopfschmerzen auf, die in der Regel rasch wieder vergehen. Setzen die Kopfschmerzen jedoch sehr plötzlich ein und sind sie sehr stark, können sie ein Zeichen für eine Hochdruckkrise sein, die sofort ärztlicher Behandlung bedarf.
Wird das Mittel unter die Haut gespritzt, kann die Einstichstelle anschwellen und schmerzen, insbesondere bei der ersten Injektion (bei bis zu 10 von 100 Behandelten). Diese Beschwerden sind überwiegend leicht und verschwinden rasch wieder von alleine.
Muss beobachtet werden
Bei 1 bis 10 von 100 Behandelten mit einer Krebs- oder chronischen Nierenerkrankung steigt der Blutdruck an. Er sollte deshalb regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls medikamentös gesenkt werden.
Bei Dialysepatienten kommt es hin und wieder vor, dass der Shunt verstopft, insbesondere bei niedrigem Blutdruck, im Verlauf einer schweren Durchfallerkrankung oder wenn eine Neigung für Komplikationen mit dem Shunt besteht. Gegebenenfalls kann das Blut mit Acetylsalicylsäure "verdünnt" werden.
Bei chronischen Nierenerkrankungen können sich in Einzelfällen die Blutplättchen (Thrombozyten) stark vermehren und über den Normbereich ansteigen. Dies erkennt der Arzt, wenn er das Blutbild überwacht. Wenn die Thrombozytenzahl über dem Normbereich liegt oder stark ansteigt, sollten die Mittel abgesetzt werden.
Sofort zum Arzt
Bei bis zu 10 von 1 000 Behandelten mit chronischer Nierenerkrankung steigt der Blutdruck plötzlich extrem an (Hochdruckkrise). Anzeichen dafür sind plötzlich auftretende stechende Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel, Sprach- oder Gangstörungen, Krampfanfälle oder Atemnot. Wenn Sie solche Symptome bemerken, müssen Sie umgehend einen Arzt aufsuchen, damit der Blutdruck medikamentös gesenkt werden kann.
Bei bis zu 10 von 1 000 Tumorpatienten, die blutbildende Wachstumsfaktoren erhielten, wurden Thrombosen beobachtet. Wenn Sie zu dieser Personengruppe gehören und Schmerzen im Bein spüren oder wenn das Bein plötzlich anschwillt, sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen. Bei einer chronischen Nierenerkrankung kommen solche Thrombosen seltener vor.
Wenn sich schwere Hauterscheinungen mit Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten sehr rasch (meist innerhalb von Minuten) entwickeln und zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen oder Durchfälle und Erbrechen auftreten, kann es sich um eine lebensbedrohliche Allergie bzw. einen lebensbedrohlichen allergischen Schock (anaphylaktischer Schock) handeln. In diesem Fall müssen Sie die Behandlung mit dem Medikament sofort stoppen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen.
Die oben beschriebenen Hauterscheinungen können in sehr seltenen Fällen auch erste Anzeichen für andere sehr schwerwiegende Reaktionen auf das Arzneimittel sein. Meist entwickeln diese sich während der Anwendung des Mittels nach Tagen bis Wochen. Typischerweise dehnen sich die Hautrötungen aus und es bilden sich Blasen ("Syndrom der verbrühten Haut"). Auch die Schleimhäute des gesamten Körpers können betroffen und das Allgemeinbefinden wie bei einer fiebrigen Grippe beeinträchtigt sein. Bereits in diesem Stadium sollten Sie sich sofort an einen Arzt wenden, denn diese Hautreaktionen können sich rasch lebensbedrohlich verschlimmern.
Besondere Hinweise
Für Schwangerschaft und Stillzeit
Es gibt bisher nur wenige Daten über die Anwendung von blutbildenden Wachstumsfaktoren in Schwangerschaft und Stillzeit. Deshalb sollte das Mittel nur in dringenden Notfällen eingesetzt werden.
Das Mittel kann bereits bei Frühgeborenen eingesetzt werden.
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