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Antihistaminikum: Dimenhydrinat

Wirkungsweise

Dimenhydrinat ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Antihistaminika, der bei Übelkeit, Reisekrankheit und Schwindel zum Einsatz kommt. Vertreter dieser Gruppe wurden ursprünglich zur Behandlung von Allergiesymptomen eingesetzt. Dimenhydrinat setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin. Im Körper wird der Wirkstoff sofort in seine beiden Bestandteile gespalten. Diphenhydramin behindert Nervenschaltungen, die Impulse – unter anderem vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr – zum Brechzentrum weiterleiten. Außerdem besitzt Diphenhydramin eine müdemachende Wirkung. 8-Chlortheophyllin, mit dem das Salz gebildet wird, war wohl ursprünglich in der Vorstellung ausgewählt worden, den müdemachenden Effekt von Diphenhydramin auszugleichen. In der Praxis bringt der Zusatz von 8-Chlortheophyllin jedoch keinen zusätzlichen Vorteil im Vergleich zu einer alleinigen Anwendung von Diphenhydramin.

Dimenhydrinat kann Erbrechen lindern. Bei Kindern ist abzuwägen, ob eine medikamentöse Behandlung sinnvoll ist. Erläuterungen hierzu unter Für Kinder und Jugendliche.

Bei Frauen mit Schwangerschaftserbrechen konnten die Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen gelindert werden. Dass Dimenhydrinat Übelkeit und Erbrechen besser lindern kann als sein Bestandteil Diphenhydramin allein, ist nicht ausreichend nachgewiesen.

Präparate mit Dimenhydrinat sind deshalb zur Vorbeugung oder Behandlung von Reisekrankheit sowie bei Übelkeit und Erbrechen mit Einschränkung geeignet. Um Übelkeit und Erbrechen zu bekämpfen, genügt Diphenhydramin.

Anwendung

Den Wirkstoff gibt es in verschiedenen Zubereitungen: Kapseln, Kaugummis, Dragees, Sirup, Tabletten, Zäpfchen. Bei akutem Erbrechen sind Zäpfchen den anderen Zubereitungen vorzuziehen. Um Reisekrankheit vorzubeugen, genügt eine Dosis von 50 Milligramm, die Sie 30 Minuten vor Reiseantritt einnehmen. Dauert die Reise länger als acht Stunden, können Sie die Einnahme nach vier bis sechs Stunden wiederholen.

Von Dimenhydrinat sollten Sie nicht mehr als 400 Milligramm pro Tag anwenden.

Wenn Sie morgendliches Erbrechen in der Frühschwangerschaft unterdrücken wollen, nehmen Sie das Mittel abends vor dem Schlafengehen ein.

Achtung

Wenn Sie einen Allergietest machen lassen wollen, kann die Einnahme der Mittel die Ergebnisse verfälschen.

Gegenanzeigen

Unter folgenden Bedingungen dürfen Sie das Mittel nicht anwenden:

  • Sie haben grünen Star (Engwinkelglaukom).
  • Sie leiden an Epilepsie.
  • Sie können Ihre Blase nicht mehr vollständig entleeren. Bei Männern mit vergrößerter Prostata kommt das häufig vor.
  • Sie haben einen Tumor an den Nebennieren (Phäochromozytom).
  • Sie leiden an einer speziellen Störung der Blutbildung (Porphyrie).
  • Sie haben Depressionen oder Parkinsonkrankheit und nehmen dagegen Medikamente aus der Gruppe der MAO-Hemmer mit Wirkstoffen wie Moclobemid, Selegilin oder Tranylcypromin ein.

Unter folgenden Bedingungen sollten Sie das Mittel nur nach Rücksprache mit einem Arzt einsetzen und nachdem dieser Nutzen und Risiken der Anwendung besonders sorgfältig abgewogen hat:

  • Die Leberfunktion ist eingeschränkt.
  • Es besteht eine koronare Herzkrankheit.
  • Ihr Blut enthält zu wenig Kalium oder Magnesium.
  • Sie haben Herzrhythmusstörungen, insbesondere ein angeborenes QT-Syndrom (Anzeichen: anfallsweises Herzrasen).
  • Sie haben Asthma bronchiale oder andere chronische Atembeschwerden.
  • Es besteht eine Verengung im Magen-Darm-Bereich.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente anwenden, ist zu beachten:

  • Medikamente, die auf das zentrale Nervensystem wirken, verstärken die dämpfende Wirkung der Antihistaminika. Zu diesen Mitteln gehören beispielsweise Schlafmittel, starke Schmerzmittel und Medikamente gegen Epilepsien, Angststörungen, Depressionen, Schizophrenien und andere Psychosen.
  • Trizyklische Antidepressiva mit Wirkstoffen wie Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Imipramin, Trimipramin (alle bei Depressionen) können ähnliche unerwünschte Wirkungen wie Dimenhydrinat (z. B. Mundtrockenheit, Herzrhythmusstörungen, Darmträgheit, Schwierigkeiten bei der Blasenentleerung) verursachen. Diese Mittel sollten Sie deshalb nicht gleichzeitig einnehmen.

Unbedingt beachten

Sie sollten die Mittel nicht gleichzeitig mit Medikamenten anwenden, die sich auf den Herzrhythmus auswirken können. Dazu gehören folgende Wirkstoffe:

  • Flecainid und Amiodaron (bei Herzrhythmusstörungen)
  • Chinin und Chloroquin (zur Malaria-Prophylaxe und -Behandlung)
  • Pimozid, Haloperidol, Clozapin oder Amisulprid (bei Schizophrenien und anderen Psychosen)
  • Lithium (bei Depressionen)
  • Cotrimoxazol, Erythromycin und Moxifloxacin (bei bakteriellen Infektionen).

Wenn Sie diese Mittel gleichzeitig anwenden, können unter Umständen lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Näheres hierzu siehe Mittel bei Herzrhythmusstörungen: verstärkte Wirkung.

Medikamente aus der Gruppe der MAO-Hemmer (Wirkstoffe z. B. Moclobemid und Tranylcypromin, bei Depressionen, Selegelin bei Parkinsonkrankheit) dürfen Sie nicht gleichzeitig einnehmen, weil sich dann eine bedrohliche Darmlähmung oder ein Harnverhalt entwickeln kann. Auch der Augeninnendruck kann stark ansteigen.

Wechselwirkungen mit Speisen und Getränken

Alkohol verstärkt die erwünschten und unerwünschten Wirkungen der Antihistaminika. Während der Einnahme sollten Sie deshalb keinen Alkohol trinken.

Nebenwirkungen

Dimenhydrinat kann, insbesondere bei Daueranwendung, die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn Sie langsamer reagieren als vorher und Ihre Aufmerksamkeit sowie Ihr Gedächtnis nachlassen, sollten Sie mit dem Arzt sprechen. Wenn Sie das Mittel absetzen, verschwinden diese Störungen wieder.

Das Mittel kann die Haut empfindlicher für Sonneneinstrahlung machen. Achten Sie deshalb im Freien immer auf einen ausreichenden Sonnenschutz und verzichten Sie während der Anwendungszeit auf den Besuch von Solarien.

Keine Maßnahmen erforderlich

Mehr als 1 von 100 Personen, die Dimenhydrinat einnehmen, fühlt sich müde und in der Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Manche bekommen durch das Mittel eine Verstopfung. Bei anderen fühlt sich der Mund trocken an.

Muss beobachtet werden

Gelegentlich kommt es zu Sehstörungen. Wenn Sie nur noch verschwommen sehen, Gegenstände nicht mehr fixieren können oder wenn Doppelbilder auftreten, sollten Sie das Mittel nicht weiter einnehmen. Halten die Beschwerden an, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Es können Schwierigkeiten beim Wasserlassen auftreten oder die Blase lässt sich nicht vollständig entleeren. Das betrifft vor allem Männer mit vergrößerter Prostata. Wenn Sie solche Beschwerden bemerken und als störend empfinden, sollten Sie das weitere Vorgehen mit einem Arzt besprechen.

Wenn Sie sich längere Zeit müde und schlapp fühlen und häufig Infektionen oder Fieber haben, sollte der Arzt Ihr Blut untersuchen. Es kann eine Blutbildungsstörung vorliegen.

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Haben Sie sich das Mittel zur Eigenbehandlung ohne Rezept besorgt, sollten Sie es absetzen. Sind die Hauterscheinungen auch einige Tage nach dem Absetzen nicht deutlich abgeklungen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Hat dagegen ein Arzt Ihnen das Mittel verordnet, sollten Sie ihn aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.

Sofort zum Arzt

Vor allem bei Männern mit vergrößerter Prostata kann der Harndrang sehr schmerzhaft werden, ohne dass sie Wasser lassen können (Harnverhalt). Wenn derartige Beschwerden auftreten, sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen.

In Einzelfällen kann sich der Augeninnendruck so erhöhen, dass es zu einem Glaukomanfall kommt. Symptome dafür sind gerötete, schmerzende Augen, geweitete Pupillen, die sich bei Lichteinfall nicht mehr verengen sowie sich hart anfühlende Augäpfel. Dann müssen Sie unverzüglich einen Augenarzt oder die nächste Notfallambulanz aufsuchen. Wird ein solcher akuter Glaukomanfall nicht sofort behandelt, können Sie erblinden.

Bei Erregung, Unruhe, Verwirrtheit (örtliche und zeitliche Desorientierung) sowie bei Stimmungsveränderungen (Euphorie oder Depression), Bewegungsstörungen und Krampfanfällen sollten Sie sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Vor allem bei Kleinkindern und insbesondere bei Überdosierung kann es zu solchen Erregungszuständen kommen.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Im letzten Schwangerschaftsdrittel dürfen Sie das Mittel nicht anwenden, weil es vorzeitige Wehen auslösen kann.

In den ersten sechs Monaten einer Schwangerschaft sollten Sie das Mittel nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt einnehmen.

In der Stillzeit können Sie die Mittel anwenden, wenn Sie sie nur aus einem bestimmten Anlass brauchen, z. B. um eine Schiffspassage zu überstehen. Bei längerer Anwendung können sie sich störend auf die Körperfunktionen des Säuglings auswirken, weil Dimenhydrinat in die Muttermilch übertritt.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Dimenhydrinat wird schon lange auch bei Kindern eingesetzt. Bei Kindern sollte es aber nur dann zum Einsatz kommen, wenn andauernd erbrochen wird und ein gefährlicher Flüssigkeitsmangel droht. Wegen der möglichen unerwünschten Wirkungen sollte das Mittel bei Kindern ansonsten zurückhaltend eingesetzt werden: Studien zur Wirksamkeit von brechreizstillenden Mitteln bei Kindern mit einer einfachen akuten Magen-Darm-Infektion kommen ohnehin zu dem Ergebnis, dass die Arzneimittel nicht besser wirken als eine vermehrte Gabe von Wasser und Mineralsalzen (Elektrolytmischungen). Bei Kindern führt bereits die übliche Dosierung von Dimenhydrinat dazu, dass die Konzentrationsfähigkeit nachlässt und sie leicht schläfrig werden.

Säuglinge und Kleinkinder unter drei Jahren reagieren noch empfindlicher. Es besteht ein erhöhtes Risiko für unregelmäßiges Atmen, Atemstillstand und paradoxe Reaktionen wie Unruhe, Erregung, Schlaflosigkeit und Angstzustände. Im ersten Lebensjahr ist das Risiko für Atemstörungen bis hin zum Atemstillstand besonders erhöht. Im Fall einer Überdosierung kann es zu Bewusstseinstrübungen und Krampfanfällen kommen. Kindern unter drei Jahren sollten Sie das Mittel deshalb nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt geben.

Wenn ein Kind unter drei Jahren Fieber hat, kann das Mittel zudem einen Fieberkrampf auslösen. Bei Kindern unter drei Jahren sollten Sie auf die Anwendung verzichten. In jedem Fall ist die Rücksprache mit einem Arzt notwendig.

Das Mittel muss streng nach dem Körpergewicht der Kinder dosiert werden (maximal 5mg/kg Körpergewicht pro Tag). Besonders genau gelingt dies mit Sirup, der mehrmals täglich gegeben wird. Beim Sirup muss das Kind ein Mindestgewicht von sechs Kilogramm auf die Waage bringen. Wenn Kinder erbrechen müssen, sind jedoch Zäpfchen besser geeignet. Um die Zäpfchen bei Kindern anwenden zu können, muss das Kind mindestens 8 (bei 40 mg-Suppositorien) oder 14 (bei 70-mg-Suppositorien) Kilogramm wiegen. Ein Kleinkind von 10 Kilogramm erhält pro Tag maximal 50 mg Dimenhydrinat. Um die Maximaldosis nicht zu überschreiten, darf es daher nur ein Zäpfchen pro Tag (40 Milligramm Dimenhydrinat) bekommen. Halten Sie sich bei Dosis und Häufigkeit der Anwendung genau an die Empfehlungen der Hersteller, um Überdosierungen zu vermeiden.

Tabletten oder Dragees zum Einnehmen, die 50 Milligramm Dimenhydrinat enthalten, dürfen erst ab einem Alter von 6 Jahren und einem Körpergewicht von 30 Kilogramm an Kinder verabreicht werden. Die höher dosierten Retardkapseln mit 150 Milligramm Dimenhydrinat sind für Jugendliche erst ab 14 Jahren und einem Körpergewicht von 56 Kilogramm gedacht. Sublingualtabletten, die unter der Zunge und ohne Wasser angewendet werden können, dürfen aber erst ab einem Alter von 12 Jahren von Kindern und Jugendlichen genommen werden.*

Für ältere Menschen

Bei älteren Menschen können häufiger unerwünschte Wirkungen auftreten, auch wirken die Mittel oft stärker. Außerdem kann sich eine bereits vorhandene eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit durch die Anwendung der Antihistaminika noch verschlechtern. Näheres hierzu lesen Sie unter Hinweise für ältere Menschen.

Ältere Menschen sollten daher bei Übelkeit und Erbrechen besser mit anderen – gegebenenfalls verschreibungspflichtigen – geeigneten Mitteln behandelt werden. Falls der Einsatz der Antihistaminika nicht vermieden werden kann, sind die Mittel so niedrig wie möglich zu dosieren.

Beim Tragen von Kontaktlinsen

Dimenhydrinat kann dazu beitragen, dass weniger Tränenflüssigkeit produziert wird. Dann werden Kontaktlinsen nicht mehr so gut vertragen.

Zur Verkehrstüchtigkeit

Dimenhydrinat macht müde und schränkt die Reaktionsfähigkeit ein. Nach der Einnahme sollten Sie deshalb 8 bis 24 Stunden lang nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne festen Halt verrichten.

* Textergänzung 25.04.2022

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs