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Antidepressivum: Mianserin

Wirkungsweise

Mianserin wirkt antidepressiv und zusätzlich ausgeprägt dämpfend. Es lässt sich bei einer Depression einsetzen, bei der Unruhe und Schlafstörungen im Vordergrund stehen.

Der Name der Wirkstoffgruppe, zu der Mianserin zählt, lautet tetrazyklische Antidepressiva und kennzeichnet den chemischen Aufbau. Das Molekül besteht aus vier (griechisch: tetra) Ringen (griechisch: zyklus). Mit dieser Bezeichnung wird die Substanz zugleich in Beziehung gesetzt zu den "klassischen", den trizyklischen Antidepressiva, deren Molekül aus drei Ringen besteht. Bei anderen auf die Psyche wirkenden Mitteln deutet der Gruppenname auf den Wirkmechanismus hin, beispielsweise bei den selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI). Würde man die Gruppe der tetrazyklischen Antidepressiva nach dem Wirkmechanismus benennen, würden sie "noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva" heißen (engl. noradrenergic and specific serotonergic antidepressants; NASSA). Die Vertreter dieser Wirkstoffgruppe sorgen für eine vermehrte Freisetzung von Noradrenalin und Serotonin aus den Nervenzellen.

Mianserin wird als "mit Einschränkung geeignet" bewertet, da es im Vergleich zu anderen Antidepressiva mit einem erhöhten Risiko für schwere Blutbildungsstörungen belastet ist.

Anwendung

Die Behandlung mit Antidepressiva beginnt mit einer niedrigen Dosis, die im Abstand von Tagen oder Wochen langsam gesteigert wird. Auf diese Weise gewöhnt sich der Körper an das Medikament und die anfangs oft störenden unerwünschten Wirkungen sind weniger belastend.

Wenn Sie Schlafstörungen haben, ist es sinnvoll, die gesamte Medikamentendosis des müdemachenden Mittels am Abend einzunehmen.

Bereits nach einer Woche können Aktivität und Antriebskraft wiederkehren und der Schlaf kann sich bessern. Die stimmungsaufhellende Wirkung wird nach ein bis drei Wochen spürbar. Nach vier bis sechs Wochen sollten die depressiven Symptome deutlich gemildert sein. Die Behandlung dauert in der Regel ein halbes Jahr. Um sie zu beenden, wird die Medikamentendosis langsam reduziert. Um wie viel und über welchen Zeitraum hinweg, richtet sich danach, ob der depressionsfreie Zustand stabil bleibt. Werden die Wirkstoffe entgegen dieser Empfehlung abrupt abgesetzt, können sich typische Entzugserscheinungen entwickeln: Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Nervosität, Kopfschmerzen, Erregtheit, Angst. Mehr dazu unter Was Sie beachten müssen, wenn Sie die Behandlung mit Antidepressiva beenden.

Ist die Tätigkeit Ihrer Nieren oder der Leber eingeschränkt, muss der Arzt die Dosierung des Antidepressivums entsprechend verringern. Zudem sollte der Arzt in diesem Fall bei länger dauernder Therapie die Leberfunktion kontrollieren – insbesondere bei älteren Menschen.

Bereits vor einer geplanten Behandlung sollte das Blutbild untersucht werden. Währenddessen sollte diese Kontrolle regelmäßig wiederholt werden. Sinken die weißen Blutkörperchen auf einen Wert unter 3 000/Mikroliter ab, muss das Mittel abgesetzt werden.

Außerdem sollte ein EKG gemacht werden, um den Zustand des Herzens zu dokumentieren und herauszufinden, ob sich eine Behandlung mit diesem Wirkstoff aufgrund seiner unerwünschten Wirkungen nicht gänzlich verbietet.

Achtung

Es gibt Hinweise, dass Depressionsmittel die Bereitschaft, sich Schaden zuzufügen oder sich das Leben zu nehmen, verstärken können. Näheres hierzu lesen Sie unter Antidepressiva und Selbsttötung.

Gegenanzeigen

Sie dürfen dieses Antidepressivum nicht anwenden, wenn Sie einen MAO-Hemmer (z. B. Tranylcypromin bei Depressionen) einnehmen oder das in den vergangenen 14 Tagen getan haben.

Bei schweren Lebererkrankungen dürfen Sie Mianserin nicht anwenden.

Unter folgenden Bedingungen muss der Arzt Nutzen und Risiken besonders sorgfältig abwägen:

  • Bei Ihnen kommen Krampfanfälle vor.
  • Sie haben eine Herzerkrankung, bei der die Steuerung des Herzschlags gestört ist.
  • Ihre Prostata ist vergrößert.
  • Sie haben ein Engwinkelglaukom (grüner Star).
  • Bei Ihnen liegt eine Manie vor.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn Sie noch andere Medikamente nehmen, ist zu beachten:

Bei der gemeinsamen Anwendung mit Carbamazepin, Phenobarbital oder Phenytoin (alle bei Epilepsien) können sich der Blutspiegel und die Ausscheidung von Mianserin erhöhen. Daher muss zu Beginn einer Epilepsiebehandlung mit einem dieser Wirkstoffe die Dosierung von Mianserin gegebenenfalls angepasst werden.

Unbedingt beachten

Bei gleichzeitiger Anwendung dieses Antidepressivum mit MAO-Hemmern (z. B. Tranylcypromin bei Depressionen) kann es zu dem potenziell lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom mit Erregungszuständen, Bewusstseinstrübung, Muskelzittern und -zucken sowie Blutdruckabfall kommen. Die Behandlung mit einem MAO-Hemmer muss vor mindestens 14 Tagen beendet worden sein, bevor Mianserin eingesetzt werden darf.

Wechselwirkungen mit Speisen und Getränken

Alkohol und dieses Antidepressivum verstärken gegenseitig ihre dämpfende Wirkung.

Nebenwirkungen

Das Mittel kann Ihre Leberwerte beeinflussen, was Zeichen einer beginnenden Leberschädigung sein kann. Sie selbst bemerken in der Regel davon nichts, sondern es fällt nur bei Laborkontrollen durch den Arzt auf. Ob und welche Konsequenzen dies für Ihre Therapie hat, hängt sehr vom individuellen Fall ab. Bei einem lebensnotwendigen Medikament ohne Alternative wird man es oft tolerieren und die Leberwerte häufiger kontrollieren, in den meisten anderen Fällen wird Ihr Arzt das Medikament absetzen oder wechseln.

Keine Maßnahmen erforderlich

Der Mund ist trocken. Sie fühlen sich müde und schläfrig. Während der Behandlung können zudem Schwindel und Erbrechen auftreten.

Bei etwa 1 von 100 Behandelten sinkt der Blutdruck ab. Wer dann zu schnell aufsteht, dem kann schwarz vor Augen werden.

Muss beobachtet werden

Der Blutdruck kann aber auch deutlich ansteigen statt abzusinken. Händezittern, Herzrasen und Schwitzen können infolge vorkommen. Von diesen Beschwerden sollten Sie dem Arzt beim nächsten Besuch berichten; eventuell macht er dann ein EKG.

Bei Rücken- und Muskelschmerzen und Gelenkbeschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch, wenn Sie unwillkürliche Muskelzuckungen und Muskelzittern feststellen.

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt, Sie das Mittel ersatzlos absetzen können oder ein Alternativmedikament benötigen.

Es können sich psychische Veränderungen einstellen. Sie äußern sich durch verstärkte innere Unruhe, Bewegungsdrang, sprunghafte Gedanken und erhöhte Risikobereitschaft. Wenn dies bedenkliche Formen annimmt, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Sofort zum Arzt

Das Mittel kann die Leber schwer schädigen. Typische Anzeichen dafür sind: eine dunkle Verfärbung des Urins, eine helle Verfärbung des Stuhlgangs oder es entwickelt sich eine Gelbsucht (erkennbar an einer gelb verfärbten Augenbindehaut), oft begleitet von starkem Juckreiz am ganzen Körper. Tritt eines dieser für einen Leberschaden charakteristischen Krankheitszeichen auf, müssen Sie sofort zum Arzt gehen.

Wenn Sie grippeartige Beschwerden haben, sich längere Zeit abgeschlagen und müde fühlen und Halsschmerzen und Fieber auftreten, kann es sich um eine Blutbildungsstörung handeln. Davon ist bei der Behandlung mit Mianserin etwa jeder 2 000. Behandelte betroffen. In aller Regel zeigt sich diese Störung in den ersten acht Behandlungswochen. Sie normalisiert sich wieder, wenn das Medikament abgesetzt wird. Da die Störung aber bedrohlich werden kann, müssen Sie bei den oben genannten Beschwerden umgehend einen Arzt aufsuchen und das Blutbild kontrollieren lassen.

Menschen, die zu Krampfanfällen neigen, können bei der Behandlung mit Mianserin einen epileptischen Anfall bekommen. Dann sollte sofort ein Arzt gerufen werden.

Besondere Hinweise

Für Schwangerschaft und Stillzeit

Mit Mianserin sollten Sie in Schwangerschaft und Stillzeit nur weiterbehandelt werden, wenn es unbedingt notwendig ist.

Wenn Sie schwanger sind und eine Depression medikamentös behandelt werden muss, sind unter den SSRI Citalopram, Paroxetin und Sertralin und unter den trizyklischen Antidepressiva Amitriptylin und Imipramin die Mittel der Wahl. Mit ihnen liegen die meisten Erfahrungen vor.

Für eine Depressionsbehandlung während der Stillzeit sind SSRIs (außer Fluoxetin) die Mittel der Wahl.

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Das Mittel soll bei Kindern und Jugendlichen nicht angewendet werden. Für sie gibt es keine ausreichenden Erfahrungen zur Wirksamkeit bei der Behandlung von Depressionen und auch nicht darüber, ob das Mittel bei einer längeren Anwendung bei ihnen verträglich ist.

Für ältere Menschen

Die unerwünschten Wirkungen vieler Antidepressiva belasten ältere Menschen häufiger und stärker als jüngere.

Die gefährlichen Blutbildungsstörungen durch Mianserin treffen Menschen über 65 Jahre besonders häufig. Auch Herzprobleme als unerwünschte Wirkung gibt es bei ihnen häufiger als bei jüngeren. Deshalb sollte in vierteljährlichen Abständen ein EKG gemacht werden.

Zur Verkehrstüchtigkeit

Aufgrund der beschriebenen unerwünschten Wirkungen kann die Reaktionsfähigkeit deutlich beeinträchtigt sein. Sie sollten deshalb nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten.

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs