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Acetylcholinesterasehemmer: Galantamin

Wirkungsweise

Mit Galantamin, einem Acetylcholinesterasehemmer, soll bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz Einfluss auf die Hirnleistung genommen werden. Testergebnis Galantamin

Bei Alzheimer-Demenz nehmen vor allem solche Nervenzellen Schaden, deren Reizübertragung durch den Botenstoff Acetylcholin vermittelt wird. Das bestimmt die nachlassende Gehirnleistung maßgeblich mit. Dieses Wissen hat zu der Idee geführt, Acetylcholinesterasehemmer zur Behandlung der Erkrankung einzusetzen. Wirkstoffe wie Galantamin hemmen das Enzym, das Acetylcholin abbaut, und sorgen so dafür, dass dem Gehirn mehr von diesem Botenstoff zur Verfügung steht.

Das Mittel kann den Untergang von Nervenzellen im Gehirn nicht stoppen, allenfalls verzögern. Bisher ließ sich nur nachweisen, dass die Denk- und Merkfähigkeit etwas langsamer schwindet als bei den Kranken, die nicht behandelt wurden.

Galantamin ist ähnlich wirksam wie die anderen Vertreter dieser Gruppe: Donepezil und Rivastigmin. Das gilt für Personen, bei denen eine Alzheimer Demenz festgestellt wurde. Bei Menschen, deren Gedächtnisleistung nur leicht eingeschränkt ist, sollte die Substanz aber nicht angewendet werden. Offenbar ist bei ihnen die Sterblichkeitsrate durch Galantamin erhöht.

Bei Menschen mit deutlicheren Einschränkungen der Gedächtnisleistung finden sich für Galantamin zwar Hinweise auf eine hilfreiche Wirkung, doch die gemessenen Effekte sind sehr gering. Es ist zweifelhaft, ob die Kranken selbst oder ihre Angehörigen sie überhaupt als Verbesserung wahrnehmen können.

Weiterhin ist offen, ob die Anwendung von Galantamin tatsächlich dazu führt, dass die Betroffenen später in eine Pflegeeinrichtung überwechseln müssen als dies ohne Medikamente der Fall wäre – für Betroffene und Angehörige ein wichtiges Kriterium.

Da aber angesichts der sonst unaufhaltsam fortschreitenden Verschlechterung und der zunehmenden Hilfsbedürftigkeit der Betroffenen selbst ein bescheidener Nutzen bereits als Vorteil gilt, wird Galantamin als "mit Einschränkung geeignet" beurteilt.

Anwendung

Die Behandlung sollte nur erfolgen, wenn eine Bezugsperson des Kranken die regelmäßige Anwendung sicherstellt.

Das Mittel wird einmal täglich eingenommen. Während der ersten vier Behandlungswochen sollten täglich 8 Milligramm Galantamin zum Essen eingenommen werden, in den nächsten vier Wochen täglich 16 Milligramm. Zeigen sich positive Effekte auf die Hirnfunktion und wird diese Menge gut vertragen, kann die Dosis auf 24 Milligramm pro Tag erhöht werden. Führt diese Dosiserhöhung nicht zu einer weiteren Verbesserung, sollte wieder auf 16 Milligramm Galantamin pro Tag umgestellt werden.

Bei Menschen mit einer mittelgradigen Leberschädigung sollte die Behandlung eine Woche lang mit 8 Milligramm Retardkapsel (verzögerte Freisetzung) jeden zweiten Tag morgens beginnen; danach kann die Dosis schrittweise auf höchstens 16 Milligramm pro Tag erhöht werden.

Bei folgenden Bedingungen sollte die Behandlung beendet werden:

  • Die unerwünschten Wirkungen sind sehr belastend.
  • Nach drei bis sechs Monaten Behandlung nimmt die geistige Leistungsfähigkeit ebenso schnell oder sogar noch schneller ab als vor der Behandlung oder das Befinden des Kranken verschlechtert sich deutlich.
  • In einer medikamentenfreien Zeit nehmen die Beschwerden nicht erkennbar zu.
  • Der Betroffene wird bettlägerig und ist zu einem Gespräch nicht mehr in der Lage.
  • Er erreicht das Stadium einer schweren Demenz.

Gegenanzeigen

Galantamin darf nicht bei schwerer Leberfunktionsstörung angewendet werden.

Unter folgenden Bedingungen muss der Arzt Nutzen und Risiken besonders sorgfältig abwägen:

  • Die Reizleitung des Herzens ist gestört (Sick-Sinus-Syndrom). Dann kann sich der Herzschlag gefährlich verlangsamen (Bradykardie).
  • Bei Ihnen ist der Herzschlag verändert (Verlängerung des QT-Intervalls) oder es liegen schwerwiegende Elektrolytstörungen vor (Magnesium, Kalium). Dann ist das Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen erhöht (Torsade des pointes).
  • Der Kranke hat oder hatte ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür, eine Verengung im Magen-Darm-Trakt oder eine Operation in diesem Bereich.
  • Es liegt Asthma oder eine andere Erkrankung vor, bei der die Atemwege chronisch verengt sind.
  • Die ableitenden Harnwege (Nierenbecken, Harnblase und Harnröhre) sind verengt oder der Betroffene hat sich einer Blasenoperation unterzogen.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wenn noch andere Medikamente angewendet werden, ist zu beachten:

  • In Kombination mit Betablockern können Herzrhythmusstörungen auftreten und der Herzschlag kann sich verlangsamen.
  • Durch das Mittel können Scopolamin (bei Reisekrankheit), Fesoterodin, Oxybutynin und Tolterodin (bei Inkontinenz) sowie Biperiden und Bornaprin (bei Parkinsonkrankheit) schwächer wirken.
  • Galantamin kann durch Itraconazol und Ketoconazol (innerlich bei Pilzinfektionen), Erythromycin (bei bakteriellen Infektionen), Fluoxetin und Paroxetin (bei Depressionen) sowie Chinidin (bei Herzrhythmusstörungen) stärker wirken.
  • Bei gleichzeitiger Anwendung von Wirkstoffen, die schwere Herzrhythmusstörungen vom Typ Torsade des points auslösen können, wie Citalopram (bei Depressionen und Angst), erhöht sich das Risiko für solche Ereignisse. Wenn eine solche Kombination nicht vermieden werden kann, sollte die gleichzeitige Anwendung nur unter regelmäßige EKG-Kontrolle erfolgen.

Nebenwirkungen

Bei diesem Wirkstoff fällt es nicht leicht zu beurteilen, was eine unerwünschte Wirkung und was Symptom der Erkrankung ist, da sich beide sehr ähneln können.

Keine Maßnahmen erforderlich

Galantamin kann bei 1 bis 10 von 100 Behandelten Appetitlosigkeit, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schmerzen hervorrufen. Magen-Darm-Beschwerden kommen bei Frauen häufiger vor als bei Männern, bessern sich aber häufig im Laufe der Behandlung. Wenn Durchfall und Erbrechen auftreten, muss auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Salzzufuhr geachtet werden. Sind die Beschwerden sehr belastend und anhaltend, muss die Dosis reduziert oder das Medikament abgesetzt werden.

Muss beobachtet werden

Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, reagieren Sie möglicherweise allergisch auf das Mittel. Bei solchen Hauterscheinungen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine allergische Hautreaktion handelt und Sie ein Alternativmedikament benötigen.

Schwindel kann einsetzen, bei dem das unangenehme Gefühl besteht, dass sich alles dreht, schwankt oder kippt; dieses kann mit Übelkeit verbunden sein. Das trifft auf 1 bis 10 von 100 Behandelten zu. Wiederholen sich die Beschwerden, nehmen sie zu oder halten sie an, sollte das innerhalb von ein bis drei Tagen ein Arzt kontrollieren.

Es können psychische Störungen auftreten, bei denen 1 bis 10 von 1 000 der Behandelten zeitlich und örtlich desorientiert sind. Die Person hört oder sieht befremdliche Dinge, die andere Menschen nicht bemerken (Halluzinationen). Berichtet der Kranke Derartiges, sollte die Betreuungsperson im Laufe des nächsten Tages mit dem Arzt Kontakt aufnehmen. Allerdings ist es sehr schwierig herauszufinden, ob diese Symptome auf der Demenzerkrankung beruhen oder eine unerwünschte Arzneiwirkung sind.

Bei 1 bis 10 von 100 Behandelten kann sich der Herzschlag sehr verlangsamen; auch die Erregungsleitung im Herzen kann gestört sein. Hinweise dafür sind Müdigkeit, Schwindel- und Schwächegefühl sowie verminderte Leistungsfähigkeit. Beim Verdacht auf Herzprobleme beim Kranken sollte rasch ein Arzt gerufen werden.

Bis zu 10 von 100 Kranken verlieren an Gewicht. Wenn das zum Problem wird, sollte der Arzt zurate gezogen werden. Mit der gleichen Häufigkeit tritt Zittern auf.

Bei jedem 10 000. Behandelten verschlechtert sich eine eventuell bestehende Parkinsonkrankheit.

Sofort zum Arzt

1 bis 10 von 100 Behandelten können kurzzeitig bewusstlos werden und umfallen, weil sie Herzrhythmusstörungen bekommen. Dann sollte umgehend der Arzt benachrichtigt werden.

Neu auftretende oder verstärkte Magenbeschwerden oder eine Schwarzfärbung des Stuhls deuten auf Blutungen und Geschwüre im Magen-Darm-Trakt hin. Das kommt bei 1 von 10 000 derer vor, die Galantamin einnehmen. Je nachdem, wie stark die Symptome sind, sollte der Arzt darüber umgehend bis innerhalb von 24 Stunden informiert werden.

Die oben beschriebenen Hauterscheinungen können in sehr seltenen Fällen auch erste Anzeichen für andere sehr schwerwiegende Reaktionen auf das Arzneimittel sein. Meist entwickeln diese sich während der Anwendung des Mittels nach Tagen bis Wochen. Typischerweise dehnen sich die Hautrötungen aus und es bilden sich Blasen ("Syndrom der verbrühten Haut"). Auch die Schleimhäute des gesamten Körpers können betroffen und das Allgemeinbefinden wie bei einer fiebrigen Grippe beeinträchtigt sein. Bereits in diesem Stadium sollten Sie sich sofort an einen Arzt wenden, denn diese Hautreaktionen können sich rasch lebensbedrohlich verschlimmern.

Bei diesem Wirkstoff können seltene, aber möglicherweise lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, die Torsade de pointes auftreten, die unbehandelt zum plötzlichen Herztod führen können. Besonders gefährdet für diese Rhythmusstörung sind Patienten, die bereits Arzneimittel einnehmen müssen, die typische Auswirkungen auf die Reizleitung am Herzen haben. *

Besondere Hinweise

Zur Verkehrstüchtigkeit

Aufgrund der unerwünschten Wirkungen sollten Sie nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten, wenn Sie Galantamin einnehmen.

* aktualisiert am 20.07.2021

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Anwendungsgebiete dieses Wirkstoffs