Allgemeines
Würmer (Helminthen) sind Schmarotzer, die einen Wirt oder Zwischenwirt brauchen, um zu leben und sich zu vermehren. Infektionen durch Rund- und Bandwürmer sind in Europa die häufigsten Wurmerkrankungen. In Deutschland sind solche Erkrankungen insgesamt selten, lediglich Infektionen mit den zu den Rundwürmern zählenden Madenwürmern kommen noch häufiger vor – insbesondere im Kindesalter. Andere Wurmarten sind eher ein "Souvenir" aus Urlaubsländern, sie dürfen nicht selbst behandelt werden.
Maden- und Spulwürmer
Maden- und Spulwürmer gehören zu den Rundwürmern (Nematoden). Sie sind vor allem bei Kindern weit verbreitet. Beide Wurmarten besiedeln den Darm.
Trichinen gehören ebenfalls zu den Rundwürmern und werden durch Verzehr von infiziertem rohem Rind- oder Schweinefleisch übertragen (Trichinose). Da in Deutschland das Fleisch aber regelmäßig auf Trichinenbefall kontrolliert wird, kommt eine derartige Infektion hierzulande nur sehr selten vor.
Bandwürmer
Ein Bandwurm besteht aus vielen einzelnen Gliedern, die jeweils einen halben bis einen Zentimeter lang sind (beim Zwergbandwurm nur zirka einen Millimeter). Ein ausgewachsener Bandwurm kann bis zu zehn Meter lang werden (Zwergbandwurm: ein bis vier Zentimeter).
Es gibt Rinder-, Schweine-, Hunde-, Fuchs-, Zwerg- und Fischbandwürmer (Echinokokken).
Die Eier von Hunde- und Fuchsbandwurm haften an niedrig wachsenden Pflanzen und Büschen im Wald und auch an deren Früchten (z. B. Heidelbeeren, Himbeeren, Walderdbeeren) sowie an Pilzen. Über die Früchte oder Pilze nehmen Waldtiere (z. B. Füchse) und Menschen die Würmer auf.
Hunde- und Fuchsbandwurm setzen sich in der Leber, seltener in der Lunge oder im zentralen Nervensystem fest. Um die überlebenden Larven herum bilden sich flüssigkeitsgefüllte Blasen (Zysten), die sich abkapseln und neben den Larven auch Wurmköpfe enthalten. Im Frühstadium machen solche Zysten keine Beschwerden. Ein Befall mit Hunde- oder Fuchsbandwurm wird meist zufällig entdeckt, wenn die Organe aus anderen Gründen geröntgt oder mit Ultraschall untersucht werden. Komplikationen treten auf, wenn das befallene Organ – z. B. die Leber – ganz zerstört wird oder eine Zyste mit den darin befindlichen Echinokokken platzt (Superinfektion). Fuchsbandwürmer können auch von Hunden und Katzen übertragen werden.
Rinder-, Schweine- und Fischbandwurm werden als Larven (Finnen) mit dem befallenen Fleisch oder Fisch aufgenommen.
Die Larven von Rinder-, Zwerg- und Fischbandwurm besiedeln den menschlichen Darm.
Gelangen Eier des Schweinebandwurms in den menschlichen Körper, entwickeln sich die Larven außerhalb des Magen-Darm-Traktes und können Muskulatur, zentrales Nervensystem und Augen befallen.
Bandwurminfektionen sind relativ selten geworden, seitdem rohes Fleisch und Fisch streng kontrolliert werden.
Anzeichen und Beschwerden
Madenwürmer
Typisch für einen Wurmbefall ist ein starker Juckreiz am After, vor allem abends und nachts, wenn die Weibchen den Darm verlassen, um in den Falten rund um den After ihre Eier abzulegen. Die Würmer sind als feine weiße Fäden zu erkennen, die etwa einen halben bis einen Zentimeter lang sind und sich bewegen. Auch im Stuhl sind sie sichtbar.
Bei Mädchen und Frauen können sich Schamlippen und Vagina entzünden.
Wenn eine Infektion mit Madenwürmern über längere Zeit unerkannt bleibt, kann es zu Appetit- oder Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, Bettnässen sowie Reizbarkeit kommen.
Spulwürmer
Die Infektion verläuft häufig symptomlos oder es treten nur leichte Magen-Darm-Beschwerden auf. Im Stuhl sind 15 bis 20 Zentimeter lange helle Würmer zu sehen. Sind die Larven in die Lunge vorgedrungen, entstehen meist Atembeschwerden. Darüber hinaus können auch Entzündungen der Bauchspeicheldrüse oder der Gallenwege sowie Abszesse auftreten.
Bandwürmer
Starker Gewichtsverlust unerklärlicher Ursache sowie Bauchschmerzen, -grummeln oder ein Blähbauch können Hinweise auf eine Bandwurminfektion sein. Beim Zwergbandwurm können auch Durchfall und Kopfschmerzen auftreten. Es kann aber auch sein, dass gar keine Beschwerden vorkommen.
Mit dem Stuhl gehen Teile des Wurmes ab, die wie breite Nudeln auf dem Stuhl aufliegen.
Ursachen
Maden- und Spulwürmer
Aus wurmeierhaltigem Staub, Erde, über Händeschütteln oder durch Kontakt mit Tierkot gelangen die Wurmeier in den Mund und von dort in den Darm. Wurmeier haften oft auch an mit Fäkalien gedüngten Lebensmitteln (z. B. Salat), die nicht ausreichend gewaschen oder abgekocht wurden. Kratzen sich die infizierten Kinder am meist heftig juckenden After, nehmen sie erneut Wurmeier auf, die vor allem unter den Nägeln hängen bleiben und von dort wiederum in den Mund gelangen oder auf Spielzeug, Kuscheltiere oder Türklinken übertragen werden. Von dort können sie wiederum auch auf Andere übertragen werden.
Wenn bei Spulwürmern die Larve schlüpft, dringt sie durch die Wand des Dünndarms ins Lymph- und Blutgefäßsystem ein und wandert bis in die Lunge. Dort wird sie in die Lungenbläschen aufgenommen, gelangt in die Atemwege und wird wieder verschluckt. Im Dünndarm reift die Larve dann zum ausgewachsenen Wurm heran und verbleibt dort.
Bandwürmer
Sind Rind-, Schweinefleisch oder Fisch mit Bandwurmfinnen infiziert und werden diese Lebensmittel roh in Form von Mett, Tartar, Carpaccio, Sushi oder nicht durchgebratenem Steak verzehrt, gelangen die Finnen in den Darm und entwickeln sich dort zum ausgewachsenen Wurm. Der Bandwurm gibt fortwährend einzelne Glieder ab, die Eier enthalten. Solange der Bandwurmkopf im Darm bleibt, bildet er ständig neue Körperglieder.
Mit dem Stuhl gelangen die Eier wieder in die Umwelt und werden von Tieren aufgenommen. Rinder, Schweine oder Fische dienen dabei als Zwischenwirt (beim Schweinebandwurm kann auch der Mensch als Zwischenwirt fungieren). In ihnen entwickeln sich aus den Eiern Bandwurmlarven (Finnen), die ins Fleisch wandern. Erst im Menschen wächst dann aus den Finnen der Bandwurm heran, und so schließt sich der Kreislauf.
Zwergbandwürmer werden über nicht sorgfältig genug gereinigte Nahrungsmittel aufgenommen und besiedeln den Dünndarm. Die Eier der Finnen entwickeln sich in den Dünndarmzotten und werden mit dem Stuhl ausgeschieden.
Vorbeugung
Maden- und Spulwürmer
Kinder sollten sich nach dem Spielen immer sorgfältig die Hände waschen. Unter kurzgeschnittenen Fingernägeln können Wurmeier schlechter haften.
Bandwürmer
Wilde Waldfrüchte und Erdbeeren vom freien Feld sollten Sie nur gekocht (Marmelade, Kompott) beziehungsweise gebraten oder gedünstet (Pilze) zu sich nehmen.
Allgemeine Maßnahmen
Um einen Wurmbefall zu behandeln und einem erneuten Befall vorzubeugen, sollten sie zusätzlich zur Einnahme eines geeigneten Mittels folgende Maßnahmen zwei Wochen lang einhalten:
- Tragen Sie nachts enganliegende Unterhosen.
- Wechseln Sie Unter- und Nachtwäsche täglich und waschen Sie mit der höchstmöglichen Temperatur (mindestens 60 °C, am besten 95 °C), bis die Würmer komplett verschwunden sind. Das gilt auch für Kuscheltiere, Handtücher und Waschlappen.
- Wechseln Sie auch die Bettwäsche möglichst häufig und waschen Sie sie ebenfalls als Kochwäsche.
- Ziehen Sie Baumwollhandschuhe an. Damit können Sie dazu beitragen, dass Wurmeier, die durch Kratzen am After im Schlaf an die Finger geraten sind, nicht über den Mund wieder aufgenommen werden. Wechseln Sie die Handschuhe täglich.
- Duschen Sie jeden Morgen den After, um dort eventuell vorhandene Wurmeier zu entfernen.
- Waschen Sie sich nach jedem Stuhlgang und vor dem Essen die Hände sorgfältig mit Wasser und Seife. Benutzen Sie dafür nicht dasselbe Handtuch wie andere Familienmitglieder. Ohnehin sollte in der Zeit der Behandlung jedes Familienmitglied ein eigenes Handtuch haben, das täglich gewechselt wird.
- Schneiden Sie die Fingernägel sehr kurz und bürsten Sie sie bei jedem Händewaschen gründlich ab.
- Wischen Sie regelmäßig und sorgfältig Staub. Reinigen Sie regelmäßig Waschbecken, Toilette plus Spültaste und Türklinken gründlich.
Wenn der Arzt beim Ultraschall oder nach einer Röntgenaufnahme zufällig abgekapselte Zysten von Fuchs- oder Hundebandwürmern entdeckt, sollten diese möglichst operativ entfernt werden.
Wann zum Arzt?
Suchen Sie einen Arzt auf, wenn Ihnen im Stuhl Wurmglieder, sich noch bewegende Wurmbestandteile oder Würmer auffallen.
Wurmerkrankungen sollten Sie grundsätzlich nicht selbst behandeln, da die zuverlässig wirkenden Medikamente ausnahmslos verschreibungspflichtig sind. Um einen Pingpong-Effekt zu vermeiden, muss häufig die ganze Familie oder andere Mitbewohner behandelt werden, nicht nur die von Würmern befallene Person.
Der Wirkstoff Niclosamid darf zur Behandlung eines Bandwurmbefalls zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden, obwohl das Mittel nicht rezeptpflichtig ist. Näheres hierzu finden Sie in der Ausnahmeliste.
Behandlung mit Medikamenten
Wenn Sie den Wurmbefall feststellen und es Ihnen nicht möglich ist, innerhalb kurzer Zeit einen Arzt aufzusuchen, um die Würmer diagnostizieren und das passende Medikament verordnen zu lassen, können Sie notfalls die Behandlung mit freiverkäuflichen Mitteln beginnen. Allerdings sollten Sie sich dennoch nach der Einnahme so schnell wie möglich in ärztliche Behandlung begeben, damit die Würmer effektiv bekämpft werden können.
Rezeptfreie Mittel
Mit Pyrvinium lassen sich Madenwürmer bekämpfen. Allerdings wirkt dieses Medikament, verglichen mit den rezeptpflichtigen Mitteln, nicht immer zuverlässig. Bei Madenwurmbefall ist es daher nur mit Einschränkung geeignet.
Niclosamid ist zur Behandlung von Rinder- Zwerg- und Fischbandwurmbefall geeignet. Gegen Schweinebandwurm ist es nur mit Einschränkung geeignet, da es die Larven dieses Bandwurms nicht abtötet. Diese können eine Zystizerkose verursachen, bei der die Larven das Gewebe infizieren. Auch deshalb sind bei einem Befall mit Schweinebandwurm die therapeutisch wirksameren rezeptpflichtigen Mittel vorzuziehen.
Infektionen mit Spulwürmern lassen sich mit rezeptfreien Medikamenten nicht behandeln.
Rezeptpflichtige Mittel
Bei Befall mit Rundwürmern wie Trichinen, Spul-, Maden-, Haken- und Peitschenwürmern sowie bei Bandwürmern ist das rezeptpflichtige Mebendazol aus der Gruppe der Benzimidazole geeignet. Es kann sinnvoll sein, die ganze Familie zu behandeln, weil die Wurmeier häufig über die Hände übertragen werden.
Bei einer Infektion mit Hunde- oder Fuchsbandwurm gilt dieser Wirkstoff als "auch geeignet". Er wird etwas schlechter als das ebenfalls zu dieser Gruppe gehörige Albendazol aus dem Verdauungstrakt in den Blutkreislauf aufgenommen. Es ist jedoch wichtig, dass der Wirkstoff möglichst vollständig ins Blut gelangt. Bei Albendazol ist dies gewährleistet, der Wirkstoff ist daher zur Behandlung von Fuchs- und Hundebandwurmbefall ebenso geeignet wie bei Trichinenbefall. Wenn die Würmer sich in Organen wie der Leber abgekapselt haben und operativ nicht entfernt werden können, ist Albendazol die einzige noch verbleibende Therapieoption.
Der Wirkstoff Pyrantel eignet sich als Alternative zu Benzimidazolen ebenfalls zur Behandlung von Maden-, Haken- und Spulwürmern. Peitschen- und Bandwürmer lassen sich damit jedoch nicht entfernen.