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Niedriger Blutdruck

Allgemeines

Eine allgemein akzeptierte Definition für niedrigen Blutdruck (Hypotonie) gibt es nicht. Bei den oberen, systolischen Blutdruckwerten zwischen 90 und 110 mmHg, treten bei sonst Gesunden aber gehäuft Beschwerden auf. Sie verschwinden meist, wenn der Blutdruck wieder steigt.

Solange niedriger Blutdruck keine deutlichen Beschwerden macht, ist er nicht behandlungsbedürftig. Anders als beim hohen Blutdruck ist bei niedrigem Blutdruck nicht mit Gefäßschäden zu rechnen, gegenüber hohem Blutdruck hat niedriger Blutdruck bei Gesunden günstige Auswirkungen auf das Sterberisiko und das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Anders zu bewerten und zu behandeln sind niedrige Blutdruckwerte, wenn Sie an einer chronischen Erkrankung (z. B. Herzschwäche) oder akuten Infektion leiden. Hier kann ein niedriger Blutdruck sogar Zeichen einer akut lebensbedrohlichen Situation sein.

Bei Menschen mit vorgeschädigten Blutgefäßen, vor allem wenn Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen bestehen (z. B. koronare Herzkrankheit), können sehr niedrige Blutdruckwerte das Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen und die Nierenfunktion oder die Hirndurchblutung beeinträchtigen.

Bei älteren Menschen kann ein zu niedriger Blutdruck die Gefahr von Stürzen mit Verletzungen als Unfallfolgen erhöhen.

Bei Kindern

Bei Kindern liegt der Blutdruck ohnehin niedriger als bei Erwachsenen. Bei ihnen sind systolische Blutdruckwerte zwischen 90 und 110 mmHg in den ersten Lebensjahren normal.

Anzeichen und Beschwerden

Meist spüren Sie von niedrigem Blutdruck nichts und werden allenfalls darauf aufmerksam, wenn der Arzt bei einer Messung feststellt, dass die Werte unter 110 mmHg liegen.

Der Blutdruck kann im Sitzen oder Liegen normal sein, nach dem Aufstehen aber zu stark absinken (orthostatische Hypotonie). Dann können Schwindel, Schweißausbrüche, Kältegefühl und Herzrasen oder -klopfen auftreten. Typisch für solche Blutdruck-Regulierungsstörungen ist auch, dass Ihnen für Sekundenbruchteile schwarz vor Augen wird, vor allem bei raschem Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen, oder dass sogar eine Ohnmacht eintritt. Dann sollte der Arzt den Blutdruck auch im Stehen messen. Eine 24-Stunden-Messung kann sinnvoll sein, um Phasen und Situationen besonders niedriger Werte zu erkennen. Das kann beispielsweise nach einer Mahlzeit der Fall sein.

Niedriger Blutdruck kann auch Schlafstörungen, Antriebsschwäche und Konzentrationsstörungen verursachen.

Ursachen

Ein immer wieder auftretender niedriger Blutdruck ist häufig angeboren (konstitutionelle Hypotonie).

Beim Aufstehen nach langer Bettlägerigkeit ist es normal, dass der Blutdruck stark absinkt. Diese Störung reguliert sich fast immer von selbst, sobald Sie wieder zunehmend körperlich aktiv werden und muss nicht mit Medikamenten behandelt werden.

In der Schwangerschaft sinkt der Blutdruck oft recht deutlich ab. Das hängt damit zusammen, dass sich die Venen in dieser Zeit stark weiten. Behandlungsbedürftig ist das nur, wenn sich damit heftige Beschwerden verbinden. Das ist aber selten der Fall.

Akut auftretende niedrige Blutdruckwerte können auch Folge von starkem Gewichts- oder Flüssigkeitsverlust sein, z. B. durch schwere körperliche Belastung, starkes Schwitzen, hohe Außentemperaturen, hohes Fieber, Durchfall oder Erbrechen.

Niedriger Blutdruck kann auch Folge anderer Krankheiten sein, z. B. von Herzschwäche, Herzklappenfehlern, Herzrhythmusstörungen, Parkinsonkrankheit, Neuropathie, Demenz oder Erkrankungen des sympathischen Nervensystems.

Wenn der Körper zu viel Wasser verliert, sinkt der Blutdruck ab. Ein Wasserverlust kann verschiedene Gründe haben, beispielsweise anhaltender Durchfall, schweres Erbrechen oder ein krankhaft erhöhter Blutzucker. Auch Medikamente wie wasserausschwemmende Mittel (Diuretika, bei hohem Blutdruck, Herzschwäche) oder Abführmittel führen zu einem Wasserverlust.

Nicht selten ist ein zu niedriger Blutdruck eine Nebenwirkung von anderen Medikamenten. Wenn Sie einen hohen Blutdruck haben und blutdrucksenkende Mittel einnehmen, kann der Blutdruck vor allem bei Lagewechsel oder nach den Mahlzeiten zu stark absinken. Auch Herzmedikamente wie Nitrate (bei koronarer Herzkrankheit), Antidepressiva, Beruhigungsmittel, Opiate gegen starke Schmerzen, Neuroleptika (bei Schizophrenien und anderen Psychosen) lassen den Blutdruck sinken.

Wenn die Nebennieren nicht richtig arbeiten, ist der Blutdruck ebenfalls niedriger als sonst.

Bei älteren Menschen kann der Blutdruck ein bis zwei Stunden nach den Mahlzeiten unangenehm absinken (postprandiale Hypotonie), selbst dann, wenn er sonst in Ruhe eher erhöht ist und mit blutdrucksenkenden Mitteln behandelt wird. Das lässt sich bessern oder ganz vermeiden, wenn Sie die blutdrucksenkenden Mittel nicht zusammen mit dem Essen oder am Abend vor dem Schlafengehen einnehmen.

Manche Menschen reagieren auf bestimmte Witterung (insbesondere Föhn, Wärme mit hoher Luftfeuchtigkeit, Tiefdruckwetterlagen) mit einer Kreislaufschwäche (Wetterfühligkeit).

Bei Kindern

Bei Kindern kann der Wachstumsschub in der Pubertät vorübergehend zu einem niedrigen Blutdruck führen.

Vorbeugung

Kreislaufstabilisierende Maßnahmen tragen dazu bei, dass der Körper mit belastenden Situationen – gleich welcher Art – besser fertig wird. Solche Maßnahmen sind:

  • Regelmäßiges körperliches Training in Form von Sport, Spazierengehen oder anderer Bewegung. Wichtig ist, dass Sie sich kontinuierlich, am besten täglich, bewegen.
  • Heißkalte Wechselduschen (warm beginnen, kalt aufhören) und Trockenbürstenmassagen bringen den Kreislauf in Schwung, vor allem am Morgen.
  • Wenn Sie sich mehrfach täglich immer wieder auf die Zehenspitzen stellen, kräftigen Sie die Unterschenkelmuskulatur und fördern damit auch den Rückfluss des Blutes zum Herzen, wodurch sich der Kreislauf stabilisiert.
  • Ähnliches bewirkt ein Hochlegen der Beine, das Tragen von Kompressionsstrümpfen oder das Tragen einer elastischen Bauchbinde.
  • Trinken Sie ausreichend (etwa zwei Liter täglich, sofern keine schwere Herz- oder Nierenschwäche besteht), vor allem in der warmen Jahreszeit.
  • Vermeiden Sie üppige Mahlzeiten und große Mengen Alkohol.
  • Der Kochsalzgehalt einer Fleisch- oder Gemüsebrühe lässt einen niedrigen Blutdruck kurzfristig ansteigen.

Allgemeine Maßnahmen

Die unter "Vorbeugung" genannten Maßnahmen sind grundsätzlich auch bei bereits bestehendem niedrigen Blutdruck sinnvoll, beispielsweise um gefährliche Ohnmachten zu verhindern. Wenn Sie aber schon einen Herzinfarkt oder eine andere Herzkrankheit hatten, sollten Sie vorher mit einem Arzt sprechen.

Stehen Sie morgens oder nach einem Nickerchen nicht ruckartig auf. Setzen Sie sich zunächst auf, warten ein paar Augenblicke, schwingen Sie dann die Beine auf den Boden und warten wieder ein paar Augenblicke, bis Sie aufstehen. Sicherheitshalber sollte etwas zum Festhalten in unmittelbarer Nähe sein. Dies gilt vor allem für ältere, durch Stürze besonders gefährdete Menschen.

Wann zum Arzt?

Wenn Kreislaufbeschwerden, zum Beispiel wenn Sie aus dem Liegen oder Sitzen schnell aufstehen, trotz der oben genannten Maßnahmen länger als zwei Wochen anhalten, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Wenn die Beschwerden unter körperlicher Belastung zunehmen, wenn beim Aufstehen aus dem Liegen oder Sitzen wiederholt Ohnmachtsanfälle auftreten oder wenn sich Schwindelanfälle häufen, sollten Sie bereits früher einen Arzt zu Rate ziehen.

Bei Kindern

Wenn bei Kindern und Jugendlichen wiederholt eine Ohnmacht auftritt, ist eine ärztliche Untersuchung notwendig.

Behandlung mit Medikamenten

Ein niedriger Blutdruck muss – selbst wenn er unter Werten von 100/60 mmHg liegt – nicht zwangsläufig medikamentös behandelt werden. Sind die Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit) geschädigt und werden deshalb Medikamente eingenommen, kann es ausreichen, die Dosis der blutdrucksenkenden Herzmedikamente zu verringern. Testergebnisse Medikamente bei niedrigem Blutdruck

Bei Gesunden lässt sich der Kreislauf meist mit allgemeinen Maßnahmen besser und dauerhafter stabilisieren. Nur wenn dies nicht ausreicht oder wenn bei zusätzlichen Belastungen der Blutdruck kurzzeitig angehoben werden soll, können auch Medikamente sinnvoll sein .

Rezeptfreie Mittel

Ein kreislaufanregendes Mittel mit dem Wirkstoff Etilefrin erhöht den Blutdruck nur für kurze Zeit und ist mit Einschränkung geeignet. Es sollte nur angewendet werden, wenn allgemeine Maßnahmen nicht ausreichend wirken und der Blutdruck kurzzeitig angehoben werden soll. Für eine dauerhafte Behandlung ist dieses Mittel nicht sinnvoll.

Die Kombination aus Weißdorn und Kampfer ist nicht sinnvoll zusammengesetzt. Zur Behandlung des niedrigen Blutdrucks ist das Mittel wenig geeignet.

Rezeptpflichtige Mittel

Das Alpha-Sympathomimetikum Midodrin ist mit Einschränkung geeignet, um den Blutdruck kurzzeitig anzuheben. Für eine dauerhafte Behandlung ist dieses Mittel jedoch wenig geeignet, weil dafür die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist.

Fludrocortison ist zur Behandlung von niedrigem Blutdruck wenig geeignet, weil es zu sehr in den Mineralstoffhaushalt eingreift und schwere unerwünschte Wirkungen nach sich ziehen kann. Es ist aber bei einer Funktionsstörung der Nebennierenrinde und dadurch bedingtem niedrigem Blutdruck (z. B. bei Morbus Addison) sinnvoll oder bei sehr ausgeprägtem niedrigem Blutdruck im Zusammenhang mit einer Erkrankung des sympathischen Nervensystems, das für die Regulierung des Blutdrucks maßgeblich verantwortlich ist.