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Morbus Crohn

Allgemeines

Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die den gesamten Verdauungstrakt von der Mundhöhle bis zum Darmausgang befallen kann. Die Entzündung bleibt aber häufig auf den letzten Dünndarmabschnitt (terminales Ileum) oder den obersten Bereich des Dickdarms (Colon ascendens) beschränkt und erfasst meist die ganze Darmwand.

Bei Morbus Crohn führt eine Fehlsteuerung des Immunsystems oder speziell eine fehlende Regulation der Entzündungsvorgänge im Körper zu einer dauerhaften Entzündung. Im weitesten Sinn lassen sich die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn deshalb zu den Autoimmunerkrankungen zählen, weil das Immunsystem hierbei körpereigenes Gewebe – in diesem Fall das gesamte Darmwandgewebe – angreift.

Manchmal bilden sich Verbindungsgänge (Fisteln) zwischen dem Darm, anderen Organen (Blase, Scheide, andere Darmabschnitte) und Geweben (Bauchhaut), die dann meist operativ entfernt werden müssen.

Bei Kindern

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können bereits bei Kindern auftreten. Zirka jeder vierte Patient mit Morbus Crohn ist jünger als 18 Jahre.

Anzeichen und Beschwerden

Die Erkrankung verläuft oft schubweise: Im Vordergrund stehen immer wiederkehrende krampfartige Bauchschmerzen – vorwiegend im rechten Unterbauch. Hinzu kommen Fieber, Gewichtsverlust, extreme Müdigkeit und schleimig-blutige Durchfälle, die nicht selten bis zu 20-mal täglich auftreten.

Die Beschwerden treten ohne Vorankündigung von einem Tag auf den anderen auf, halten Tage oder Wochen an und klingen ebenso plötzlich wieder ab. Wie viel Zeit zwischen zwei Krankheitsschüben verstreicht, ist nicht vorhersehbar.

Zusätzlich können Entzündungen an Gelenken, Augen, Leber und Haut auftreten.

Ursachen

Die Ursachen sind nicht völlig geklärt. Sicher ist, dass bei Betroffenen häufiger bestimmte genetische Auffälligkeiten vorkommen, die auch vererbt werden können. Unklar ist jedoch, inwieweit diese den Krankheitsverlauf beeinflussen. Als möglicher Auslöser wird in diesem Zusammenhang eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (Barrierestörung) diskutiert.

Der Ausbruch der Krankheit und ihr Verlauf hängen jedoch von zusätzlichen Faktoren ab, die nicht erblich sind. Dazu gehören z. B. der allgemeine Lebensstil, Stress und Rauchen, aber auch die Beschaffenheit und Zusammensetzung der eigenen Darmflora, die in Abhängigkeit von der Ernährung sehr unterschiedlich sein kann.

Allgemeine Maßnahmen

Geben Sie gegebenenfalls das Rauchen auf. Dadurch kann die Schubrate halbiert werden.

Eine Psychotherapie kann dazu beitragen, die Symptome zu lindern und die chronische Erkrankung besser zu bewältigen. An der Grunderkrankung selbst ändert sich meist nichts.

Wenn die Entzündung mit Medikamenten nicht einzudämmen ist, kann es notwendig sein, Teile des Darms operativ zu entfernen, allerdings können weiterhin Rückfälle auftreten.

Manchmal wirkt sich eine spezielle Kost (z. B. kohlenhydratfreie Ernährung oder eine "Elementardiät" mit reinen Aminosäuregemischen) oder eine Veränderung der Ernährungsweise (z. B. sechs kleine Mahlzeiten statt drei große) positiv aus. Einheitliche Empfehlungen zur Ernährung und zum Lebensstil gibt es jedoch nicht.

Um den Flüssigkeits- und Salzverlust bei Durchfall auszugleichen, müssen die Betroffenen viel trinken.

Wenn ein Arzt bei Ihnen einen Mangel an bestimmten Nährstoffen beispielsweise Proteinen, Vitaminen oder Mineralstoffen feststellt, sollten Sie dagegen gezielt Präparate einnehmen.

Bei Kindern

Für Kinder gibt es mittlerweile positive Ergebnisse mit einer Ernährungstherapie. Sie besteht darin, den Kindern mehrere Wochen lang über eine Sonde hoch kalorische Flüssignahrung zu verabreichen (mit normalem Trinken wäre eine so hohe Nährstoffaufnahme nicht zu erzielen). Dadurch geht die Entzündung im Darm zurück. Häufig lässt sich dann die Gabe von cortisonhaltigen Medikamenten vermeiden, die Kinder nehmen an Gewicht zu und können Wachstumsrückstände aufholen.

Wann zum Arzt?

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn müssen vom Arzt behandelt werden. Wegen der Vielfalt der Krankheitsverläufe, die bei Morbus Crohn auftreten können, und angesichts der vielen möglichen Begleiterkrankungen ist es sinnvoll, sich für die Betreuung und Behandlung Ärzte zu suchen, die mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen spezielle Erfahrung haben (Gastroenterologen).

Flohsamen und Flohsamenschalen können als Quellmittel zur unterstützenden Behandlung bei Durchfall im Zusammenhang mit Morbus Crohn zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung vom Arzt verordnet werden. Näheres hierzu finden Sie in der Ausnahmeliste.

Behandlung mit Medikamenten

Morbus Crohn kann noch nicht ursachenbezogen behandelt werden, die Medikamente bekämpfen vorwiegend die Entzündungsreaktion in der Darmschleimhaut und somit die Symptome der Krankheit. Ziel der Behandlung ist daher, die aktiven Krankheitssymptome zurückzudrängen, also eine Remission zu erreichen, und diesen Zustand mit den am besten verträglichen Mitteln aufrechtzuerhalten.

Rezeptpflichtige Mittel

Cortisonhaltige Mittel wirken den entzündlichen Vorgängen im Darm entgegen. Speziell für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist das Glucocorticoid Budesonid vorgesehen. Das Mittel zum Einnehmen ist vor allem geeignet, um leichte bis mittelschwere akute Schübe von Morbus Crohn zu behandeln, wenn die Krankheit im letzten Abschnitt des Dünndarms (terminales Ileum) und im ersten Abschnitt des Dickdarms (Colon aszendens) angesiedelt ist.*

Mittelschwere bis schwere Schübe von Morbus Crohn sollten mit anderen Glucocorticoiden zum Einnehmen behandelt werden und zwar mit den stärker antientzündlich wirkenden Wirkstoffen Prednison, Prednisolon oder Methylprednisolon. Nach der Behandlung des aktuellen Schubs sollte das jeweilige Mittel innerhalb von sechs bis zwölf Wochen stufenweise abgesetzt werden. Treten die Krankheitssymptome dann erneut auf, können die cortisonhaltigen Mittel zur Vorbeugung gegen erneute Schübe in möglichst niedriger Dosierung weiter gegeben werden, jedoch nicht länger als sechs Monate.

Wirken Glucocorticoide nicht ausreichend oder können sie nicht angewendet werden, ist eine Behandlung mit einem anderen Wirkstoff, der die Immunantwort dämpft, ratsam. Das ist auch gegeben, wenn jährlich mehr als zwei Morbus-Crohn-Schübe auftreten. Häufig wird dieser Wirkstoff gleichzeitig mit Glucocorticoiden zum Einnehmen angewendet, weil sich damit deren Dosis oft herabsetzen lässt. Dafür kommen der Immunmodulator Azathioprin, die TNF-alpha-Hemmstoffe Infliximab und Adalimumab, der Interleukin-Hemmstoff Ustekinumab und der Integrin-Hemmstoff Vedolizumab infrage.

Azathioprin kann vier bis fünf Jahre lang angewendet werden, um die Beschwerdefreiheit aufrechtzuerhalten. Hierfür gilt Azathioprin als geeignet.

Wegen der möglichen, zum Teil auch schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen kommen Infliximab und Adalimumab nur infrage, wenn eine ausgedehnte chronisch-aktive Entzündung der Darmschleimhaut vorliegt, etwa wenn der Gesundheitszustand allgemein stark beeinträchtigt ist, die Beschwerden sehr stark sind oder bereits Fisteln vorliegen. Infliximab kann unter diesen Voraussetzungen auch bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren eingesetzt werden. Sie sollten das Mittel aber nur dann weiterhin anwenden, wenn sich die Krankheit innerhalb von zehn Wochen deutlich bessert.

Der therapeutische Stellenwert der neuen Wirkprinzipien von Ustekinumab und Vedolizumab kann derzeit noch nicht ausreichend eingeschätzt werden. Zudem ist erst unzureichend erforscht, welche unerwünschten Wirkungen diese Mittel bei Anwendung über längere Zeit haben. Diese Immunsuppresiva werden daher als "mit Einschränkung geeignet" bewertet".

Die Wirkstoffe Mesalazin oder Sulfasalazin wirken schwächer als Glucocorticoide. Mesalazin ist bei leichten bis mittelschweren akuten Schüben von Morbus Crohn mit Einschränkung geeignet, wenn die cortisonhaltigen Mittel nicht angewendet werden können oder dürfen. Dass es besser als ein Scheinmedikament wirkt, ist nur für hohe Dosen nachgewiesen.

Sulfasalazin wird erst im Dickdarm in seine wirksame Form überführt und ist deshalb nur sinnvoll, wenn die Krankheit vorwiegend in diesem Darmabschnitt angesiedelt ist. Der Sulfonamid-Anteil in diesem Mittel ist darüber hinaus verantwortlich für die im Vergleich zu Mesalazin höhere Rate an unerwünschten Wirkungen. Außerdem ist die Wirksamkeit von Sulfasalazin im Vergleich zu einem Scheinmedikament nicht ausreichend nachgewiesen. Sulfasalzin ist daher bei akuten Schüben von Morbus Crohn wenig geeignet.