Allgemeines
An einem Magen- (Ulcus ventriculi) oder Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) erkrankt etwa jeder Zehnte mindestens einmal im Leben. Die Häufigkeit steigt mit dem Lebensalter an, es können aber auch Schulkinder davon betroffen sein. Vorstufe des Geschwürs ist meist eine chronische Magenschleimhautentzündung (Gastritis). Beide Geschwürformen werden unter dem Begriff "peptisches Ulkus" zusammengefasst.
Anzeichen und Beschwerden
Ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür kann lange Zeit ohne Beschwerden bestehen, besonders bei älteren Menschen oder wenn es durch Schmerz- oder Rheumamittel verursacht worden ist.
Scharfe, stechende, schneidende oder bohrende Schmerzen im mittleren Oberbauch sind typische Anzeichen für ein peptisches Ulkus. Manchmal strahlen sie bis in den Rücken aus. Oft sind sie begleitet von einem unangenehmen Völlegefühl oder lästigen Druck im Magen, ebenso von saurem Aufstoßen, Sodbrennen und/oder Brechreiz. Häufig tritt auch nur ein Völlegefühl nach dem Essen auf, verbunden mit Übelkeit und Appetitlosigkeit sowie darauf beruhendem Gewichtsverlust.
Wenn das Geschwür ein Blutgefäß verletzt, blutet dieses in den Magen hinein. Dann färbt sich der Stuhl schwarz, manchmal wird auch Blut erbrochen. Solche Blutungen sind akut lebensbedrohlich und müssen unverzüglich im Krankenhaus behandelt werden (Notarzt Telefon 112). Außerdem besteht die Gefahr, dass das Geschwür die Magen- oder Darmwand durchbricht, was ebenfalls tödlich enden kann.
Ursachen
Die Mehrzahl dieser Erkrankungen wird durch eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori ausgelöst oder durch die Einnahme von Schmerzmitteln aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika, z. B. Ibuprofen oder Diclofenac. Allerdings entwickelt nur jeder zehnte mit Helicobacter Infizierte ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür.
Nichtsteroidale Antirheumatika oder Mittel mit Acetylsalicylsäure schädigen die Magenschleimhaut und lassen Geschwüre entstehen. Die Gefahr vergrößert sich noch, wenn Sie gleichzeitig Glucocorticoide einnehmen (bei Entzündungen, Immunreaktionen), selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (bei Depressionen) oder Thrombozytenfunktionshemmer (bei arteriellen Durchblutungsstörungen, nach Herzinfarkt oder Schlaganfall) einnehmen oder wenn Sie älter als 65 Jahre sind.
Anhaltender Stress, übermäßiger Alkoholkonsum und starkes Rauchen können Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre fördern, wenn die Schleimhaut durch andere Ursachen (z. B. Helicobacter) vorgeschädigt ist.
Schwere Unfälle oder langwierige Operationen erzeugen großen Stress. Dadurch kann sich innerhalb weniger Stunden eine Ulkusblutung (Stressulkus) entwickeln.
Vorbeugung
Bei bestimmten Erkrankungen, z. B. Gelenkerkrankungen, müssen nichtsteroidale Antirheumatika längere Zeit eingesetzt werden. Besteht gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für ein Magengeschwür, ist es sinnvoll, vorbeugend ein säureblockierendes Mittel aus der Gruppe der Protonenpumpenhemmer einzunehmen. Mitunter kann es auch sinnvoll sein, den Magen vorbeugend auf eine Infektion mit Helicobacter pylori zu untersuchen. Wird der Keim nachgewiesen, kann eine entsprechende Therapie das Risiko für Geschwüre senken.
Allgemeine Maßnahmen
Sie sollten nicht rauchen, weil das Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre fördern kann. Bestimmte Nahrungs- und Genussmittel (z. B. Alkohol, Geräuchertes, scharf Gebratenes, Fett, Süßigkeiten, Coffein, einige Gewürze) können die Beschwerden verstärken. Manchen Betroffenen hilft es, auf bestimmte Lebensmittel verzichten.
Entspannungsübungen (autogenes Training, Yoga) können helfen, Stress abzubauen.
Eine Operation ist meist nötig, wenn das Geschwür die Magen- oder Darmwand durchbrochen hat oder die Blutung im Rahmen einer Magenspiegelung nicht gestoppt werden kann.
Wenn Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika Magengeschwüre auslösen, sollte versucht werden, diese Mittel zu meiden oder zumindest die Dosis zu verringern. Ist die Einnahme dieser Schmerzmittel unbedingt erforderlich, muss der Magen mit einem säureblockierenden Mittel geschützt werden.
Wann zum Arzt?
Ein Geschwür im Magen oder Zwölffingerdarm muss immer vom Arzt behandelt werden. Treten die oben genannten Symptome auf, sollten Sie ärztlichen Rat suchen. Bei akuten Blutungen mit hohem Blutverlust ist eine Krankenhausbehandlung dringend erforderlich.
Behandlung mit Medikamenten
Seitdem erkannt worden ist, dass Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre häufig von Helicobacter-Bakterien verursacht werden, hat sich die Behandlung grundlegend gewandelt.
Rezeptpflichtige Mittel
Eine symptomlose Helicobacter-Infektion braucht nicht zwingend medikamentös behandelt zu werden. Liegen jedoch Beschwerden vor oder ist bereits ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür aufgetreten, tötet eine ein- bis zweiwöchige Behandlung mit einer Kombination aus zwei oder mehr Antibiotika und einem säureblockierenden Mittel die Bakterien rasch, zuverlässig und dauerhaft ab. Dadurch wird das Wiederauftreten von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren weitgehend verhindert. Eine solche nachhaltige Entfernung dieses Bakteriums wird auch als Eradikationstherapie bezeichnet.
Eine solche Behandlung ist auch zu empfehlen, wenn eine Helicobacter-Infektion vorliegt und eine Dauertherapie mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (bei arteriellen Durchblutungsstörungen, nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall) begonnen werden muss.
Eine Infektion mit Helicobacter pylori verdoppelt Studien zufolge das Risiko, an Magenkrebs zu erkranken. Möglicherweise tritt Magenkrebs seltener auf, wenn die Infektion rasch behandelt und die Bakterien abgetötet werden. Wenn ein erhöhtes Risiko für Magenkrebs besteht (z. B. durch familiäre Vorbelastung), ist eine Eradikationstherapie deshalb auf jeden Fall sinnvoll.
Die Wahl der Antibiotika hängt davon ab, wie die Resistenzsituation gegenüber dem Makrolid-Antibiotikum Clarithromycin eingeschätzt wird. Sie nehmen abhängig vom Behandlungsregime 7 bis 14 Tage zusätzlich zu einem säureblockierenden Mittel mindestens zwei Antibiotika ein, z. B. 1 000 Milligramm Amoxicillin und 500 Milligramm Clarithromycin, jeweils morgens und abends vor dem Essen.Wird vermutet, dass das Helicobacter-Bakterium gegen Clarithromycin resistent sein könnte (z. B. wenn schon einmal mit Clarithromycin vorbehandelt wurde oder es sich um Personen aus Ländern handelt, in denen eine Resistenz recht verbreitet ist), wird neuerdings zusätzlich zu den genannten Wirkstoffen noch Metronidazol oder eine Vierfachtherapie bestehend aus dem säureblockierenden Mittel Omeprazol und den drei Wirkstoffen Bismut + Metronidazol + Tetracyclin empfohlen.
Wenn mit Clarithromycin behandelt werden soll, gibt es ein spezielles Präparat mit einem säureblockierenden Mittel + Antibiotika. Darin sind die Wirkstoffe bereits in den entsprechenden Dosierungen für die Behandlung einer Helicobacter-Infektion zusammengestellt und die tägliche Ration der drei Medikamente in einem Streifen (Blister) abgepackt. Das kann die Einnahme erleichtern und die Zuverlässigkeit der Anwendung erhöhen.
Wenn eine Vierfachtherapie durchgeführt werden soll, gibt es ein Präparat, das in einer Kapsel die drei Antibiotika Bismut + Metronidazol + Tetracyclin enthält. Damit die Vierfachtherapie komplett ist, muss zusätzlich noch das säureblockierende Mittel Omeprazol eingenommen werden.
Ausführliche Informationen über die genannten Antibiotika finden Sie unter Metronidazol sowie für Amoxicillin in einem gemeinsamen Text zu Penicillinen, für Clarithromycin bei den Makrolid-Antibiotika und für Tetracyclin unter den Tetracyclinen. Bismut wird nur in Kombination mit Metronidazol und Tetracyclin zur Eradikation von Helicobacter pylori eingesetzt.
Nach Abschluss der Eradikationstherapie wird bei einem Magengeschwür eine mehrwöchige Nachbehandlung mit einem Protonenpumpenhemmer empfohlen. Beim Zwölffingerdarmgeschwür ist das in aller Regel nicht erforderlich. Eine Dauerbehandlung mit säureblockierenden Mitteln ist nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken in Betracht zu ziehen.
Säureblockierende Mittel können auch Magengeschwüren vorbeugen, die sich aufgrund einer langfristigen Einnahme von Schmerzmitteln bilden (nichtsteroidale Antirheumatika, z. B. bei Arthrose).
Das säurehemmende Mitte Famotidin ist zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren nur mit Einschränkung geeignet, es wirkt schwächer als säureblockierende Mittel.
Die Zulassung für das bisher ebenfalls eingesetzte säurehemmende Mittel Ranitidin ruht auf Anweisung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorerst bis Januar 2023. Ranitidin darf nicht mehr vertrieben werden. *
Sucralfat ist wenig geeignet, weil die therapeutische Wirksamkeit für die Behandlung eines Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürs deutlich geringer ausgeprägt ist als bei säureblockierenden Mitteln. Auch bei der intensivmedizinischen Behandlung eines Stressulkus – ein Krankheitsbild, für das Sucralfat eingesetzt wird – haben sich säureblockierende Mittel als wirksamer erwiesen. Bei beatmeten Patienten scheinen säureblockierende Mittel allerdings das Risiko für eine Lungenentzündung zu erhöhen.
Die therapeutische Wirksamkeit von Pirenzepin ist insgesamt deutlich schlechter als die der säureblockierenden Mittel. Pirenzepin gilt deshalb als überholt und ist wenig geeignet.
Bei Kindern
Auch bei Kindern kann eine Helicobacter-Infektion mit der Dreierkombination aus Protonenpumpenhemmer und zwei Antibiotika behandelt werden, allerdings ändert sich bei Kindern unter zwölf Jahren die Dosierung. Üblich sind dann zweimal täglich eine halbe Tablette des säureblockierenden Mittels sowie Amoxicillin in einer Dosis von 50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Clarithromycin in einer Dosis von 20 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich.
Da Helicobacter-Bakterien gerade bei Kindern häufig gegen Clarithromycin bereits resistent sind, sollte vor der Therapie geprüft werden, ob die Keime auf die ausgewählten Antibiotika auch tatsächlich empfindlich reagieren. Erweisen sich die Erreger gegenüber Clarithromycin als unempfindlich, kann Metronidazol in einer Dosis von 20 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht eingesetzt werden.
Tetracyclin darf bei Kindern unter zwölf Jahren nicht eingesetzt werden.