Allgemeines
Infektionen mit Herpesviren betreffen meist die Lippen (Herpes labialis) oder den Genitalbereich (Herpes genitalis). Doch Herpes-Infektionen können auch überall anders auf Haut und Schleimhäuten und am Auge auftreten.
Sechs bis neun von zehn Menschen tragen Herpesviren in sich, doch nur bei höchstens der Hälfte (20–50%) treten hin und wieder Beschwerden auf.
Anzeichen und Beschwerden
Nach der Infektion oder wenn die Erkrankung zurückkehrt, beginnt es an der Lippe meist schon zu jucken und zu kribbeln, bevor sich an dieser Stelle Lippenbläschen zeigen. Diese kleinen Bläschen, die mit einer hellen, später auch eitrigen Flüssigkeit gefüllt sind, bilden sich häufig einige Stunden nach den ersten Anzeichen. Teilweise treten Sie auch erst nach ein bis zwei Tagen auf. Wenn sie aufplatzen, entstehen kleine schmerzhafte Wundflächen. Sie verkrusten und heilen in der Regel innerhalb von fünf bis zehn Tagen ab. Häufig schwellen die Lymphknoten am Hals etwas an.
Bei Kindern
In seltenen Fällen können bei Kindern unter sechs Jahren bei der ersten Herpesinfektion zahlreiche Bläschen in der gesamten Mundhöhle auftreten (Stomatitis aphthosa). Gibt es Anzeichen für einen solch schweren Verlauf, sollten Sie mit dem Kind frühzeitig zum Arzt gehen.
Ursachen
Lippenherpes wird in erster Linie von Herpes-simplex-Viren Typ I hervorgerufen. In seltenen Fällen können auch Herpes-simplex-Viren Typ II verantwortlich sein.
Die Herpesviren dringen über kleine Hautverletzungen oder die Schleimhaut in den Körper ein. Die Erstinfektion verläuft meist zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr. Danach wandern die Viren über Nervenbahnen zu nahegelegenen Nervenknoten. Dort ruhen sie – in Schach gehalten vom körpereigenen Immunsystem. Haben sie sich einmal eingenistet, bleiben sie dort ein Leben lang, sodass die Infektion jederzeit aufflammen kann. Bestimmte Anlässe wie starke seelische Anspannung, Sonnenlicht, Fieber, akute Erkältung, Menstruation oder eine durch Krankheit oder Medikamente (z. B. cortisonhaltige Mittel) geschwächte Immunabwehr können dafür sorgen, dass sich die Viren wieder vermehren. Als Folge zeigen sich die typischen Bläschen. Es handelt sich also nicht um eine erneute Infektion des Körpers mit Krankheitserregern, sondern vielmehr um eine Reaktivierung der bereits im Körper befindlichen Viren.
Herpesviren sind sehr ansteckend. Die Flüssigkeit in offenen Bläschen enthält zahllose Viren, die bei jedem Hautkontakt an dieser Stelle (z. B. beim Küssen) weitergegeben werden.
Vorbeugung
Wenn Sie wissen, dass Sonnenlicht bei Ihnen einen Herpesausbruch fördert, sollten Sie in der Mundregion und auf die Lippen Sonnencreme mit sehr hohem Schutzfaktor (über 50) auftragen.
Stärken Sie Ihr Immunsystem, indem Sie auf eine gesunde Lebensweise und ausreichend Schlaf achten. Wenn Stress bei Ihnen ein Auslöser für Herpesbläschen ist, können Ihnen eventuell Stressbewältigungsstrategien helfen. Diese können Sie in speziellen Kursen erlernen, die unter anderem von Krankenkassen angeboten werden.
Allgemeine Maßnahmen
Aufgeplatzte und noch nicht verkrustete Bläschen sollten Sie möglichst nicht berühren, weil sich die Stelle sonst leicht mit Bakterien infizieren und entzünden kann. Außerdem können Sie die Viren über die Hände auch an andere Stellen, etwa die Augen, verschleppen.
Sobald sich die Bläschen zeigen, sollten Sie es vermeiden, mit der betroffenen Hautstelle fremde oder eigene gesunde Haut zu berühren, damit Sie niemanden anstecken.
Wenn die Bläschen "aufblühen", sollten Sie darauf achten, dass Sie die Viren nicht über die Hände oder beim Waschen über Waschlappen oder Handtuch in die Augen verschleppen. Falls Sie üblicherweise Kontaktlinsen verwenden, sollten Sie sicherheitshalber wieder eine Brille tragen, bis die Bläschen verschwunden sind.
In dieser Zeit sollten Sie nur eigene Handtücher und Waschlappen verwenden. Auch Gläser und Besteck sollten Sie nicht mit anderen teilen.
Fett- und zinkhaltige Pasten an den Wundrändern tragen dazu bei, dass die Haut dort nicht so sehr spannt.
Sie können die Bläschen auch mit einem Hydrokolloidpflaster abdecken. Sie heilen damit zwar nicht merklich schneller ab, aber man sieht sie nicht so und sie schmerzen eventuell weniger.
Wann zum Arzt?
Wenn die Herpesinfektion zum ersten Mal auftritt, sehr ausgedehnt ist und sich nicht nur auf die Lippen beschränkt oder wenn sie länger als zehn Tage anhält, sollten Sie eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Möglicherweise sind dann Mittel zum Einnehmen, die die Virusvermehrung hemmen, sinnvoll.
Außerdem sollten Sie ärztliche Hilfe suchen, wenn die Infektion mit Fieber einhergeht.
Auch wenn Ihr Immunsystem – beispielsweise nach einer Organtransplantation oder bei Aids – stark geschwächt ist, sollten Sie Lippenherpes immer ärztlich behandeln lassen.
Bei Kindern
Erkrankt ein Kind in den ersten Lebensjahren an Herpes und will aufgrund der schmerzhaften Bläschen am Mund nicht mehr essen und trinken, sollte es dringend ärztlich behandelt werden.
Behandlung mit Medikamenten
Eine leichte Herpesinfektion im Mundbereich lässt sich ohne Medikamente überstehen. Nach fünf bis zehn Tagen ist die Haut in aller Regel wieder verheilt – mit oder ohne Arzneimittel.
Rezeptfreie Mittel
Für die Behandlung einer Herpesinfektion sind Cremes mit den virushemmenden Substanzen Aciclovir oder Penciclovir sowie äußerlich anzuwendende Zubereitungen mit den Einzelwirkstoff Zinksulfat zugelassen. Darüber hinaus werden bei Lippenherpes Kombinationen mit Zinksulfat + Heparin oder Aciclovir + Hydrocortison zum Auftragen auf die Haut angeboten. Mittel mit Aciclovir oder Penciclovir oder können den zeitlichen Verlauf der Erkrankung nur wenig beeinflussen – auch nicht, wenn die Cremes sehr früh aufgetragen werden. Die Heilungsdauer wird bestenfalls zwischen einem halben und einem Tag verkürzt. Für Zinksulfat und seine Kombination fehlen glaubwürdige Studien, die einen Nutzen zeigen, ganz. Die Viren lassen sich mit all diesen Mittel auch nicht aus ihren Nestern in den Nervenknoten vertreiben. Diese Mittel sind deshalb für die Behandlung von Lippenherpes wenig geeignet.
Wer diese äußerlichen Mittel dennoch ausprobieren möchte, sollte sie vorsorglich mit Hilfe eines Wattestäbchens auf die Lippen auftragen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Viren mit den Händen an andere Stellen im Gesicht oder in die Augen verschleppt werden.
Die Mittel müssen regelmäßig angewendet werden, um die beschriebenen geringen Effekte tatsächlich zu erreichen. Während Aciclovir-haltige Zubereitungen alle vier Stunden aufgetragen werden sollen, muss Penciclovir alle zwei Stunden angewendet werden.
Die virushemmenden Wirkstoffe sind in Packungsgrößen bis zwei Gramm einer fünfprozentigen (Aciclovir) oder einprozentigen (Penciclovir) Zubereitung für Lippenherpes rezeptfrei auf dem Markt.
Pflegemittel: Das früher hier beurteilte pflanzliche Mittel zum Auftragen (z. B. Lomaherpan) ist kein Arzneimittel mehr. Stattdessen wird es mittlerweile als Kosmetikum vertrieben und den Lippenpflegemitteln zugeordnet. Daher wird es hier nicht bewertet. Die therapeutische Wirksamkeit bei Lippenherpes war ohnehin nicht ausreichend belegt.
Rezeptpflichtige Mittel
Cremes mit Foscarnet sind wenig geeignet, weil sie meist weder die Bildung der Bläschen verhindern noch ihr Abheilen wesentlich beschleunigen können. Die Substanz kann die Viren aus dem Körper nicht entfernen.
Auch für die rezeptpflichtigen Mittel mit Aciclovir zum Auftragen gilt das Obengenannte. Sie sind "wenig geeignet" zur Behandlung eines Lippenherpes.
Bei sehr schweren oder häufig wiederkehrenden Herpesinfektionen oder bei geschwächtem Abwehrsystem (z. B. nach Organtransplantationen, bei HIV-Infektionen, während einer Chemotherapie) können Tabletten mit Aciclovir eingesetzt werden, um damit den Lippenbläschen vorzubeugen oder eine bereits vorhandene Herpesinfektion zu behandeln. Dies gilt auch, wenn bei Kleinkindern die Herpesbläschen in der gesamten Mundhöhle auftreten.