Kinder mit neurologischen Erkrankungen leiden häufig unter Schlafstörungen. Abhilfe sollen vor allem nicht-medikamentöse Maßnahmen schaffen, etwa das Erlernen einer Schlafroutine. Führt dies nicht zum Erfolg, kann der Arzt Melatonin verordnen.
Circadin eigentlich nur für Erwachsene gedacht
Als Arzneimittel war Melatonin auf dem deutschen Markt bisher nur als Circadin verfügbar – ein Medikament zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen ab 55 Jahren. Dennoch, so ergaben Recherchen von Stiftung Warentest, gehörte das Mittel 2017 zu den am häufigsten für Kinder verordneten Mitteln. Das bedeutet, es wurde von Ärztinnen und Ärzten außerhalb der Zulassung für Kinder verschrieben, fachsprachlich als „Off-Label-Use“ bezeichnet.
Wie Melatonin wirkt
Melatonin ist ein Hormon, das der Körper in der Zirbeldrüse selbst herstellt, wenn es dunkel wird. Es wird angenommen, dass es an der Regulierung des komplexen Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers beteiligt ist.
Diese Funktion steht hinter dem Gedanken, das Hormon auch als Schlafmittel einzusetzen. Die Untersuchungen bei Erwachsenen zeigten bisher nur geringe Effekte. Der Wirkstoff kann daher als Schlafmittel nicht generell empfohlen werden und wird als „wenig geeignet“ bewertet.
Slenyto hilft erkrankten Kindern geringfügig
Bei Entwicklungsstörungen. Seit 2019 gibt es mit Slenyto ein melatoninhaltiges Mittel für Kinder über zwei Jahre. Allerdings darf es nur eingesetzt werden, wenn diese an speziellen, schweren Entwicklungsstörungen leiden. Kinder, die beispielsweise an Autismus leiden, haben sehr häufig Schlafstörungen. Im ersten Schritt werden Schlafhygienemaßnahmen wie Schlafrituale und eine passende Umgebung empfohlen, um dem Kind zu helfen. Reicht dies nicht aus, kann Melatonin helfen.
Weitere Studien nötig. Untersuchungen konnten zeigen, dass das Mittel bei diesen Kindern die Schlafdauer verlängert, im Schnitt etwa um eine halbe Stunde. Allerdings wurde die Anwendung von Melatonin nur an einer kleinen Anzahl von Kindern überprüft und die Studie dauerte nur wenige Wochen. Die Ergebnisse sind daher unsicher und sollten noch durch weitere Untersuchungen bestätigt werden. Auch zur Frage, wie sicher und gut verträglich eine Dauerbehandlung mit Melatonin für die Kinder ist, gibt es noch keine verlässlichen Daten.
Gesunde Kinder sollten lieber kein Melatonin nehmen
Diese Ergebnisse lassen sich aber nicht einfach auf gesunde Kinder mit Einschlafstörungen übertragen. Da es dazu keine Untersuchungen gibt, wird ihnen die Einnahme von Melatonin auch nicht empfohlen.