Neuroleptika sind Medikamente, die unter anderem bei Psychosen wirksam sind. Wichtig ist es, die passende Dosis zu finden, um damit die Nebenwirkungen gering zu halten.
Dosierungen für Haloperidol, Clozapin & Co überprüfen
Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass die bisherigen Dosierungsangaben sowohl für klassische als auch für atypische Neuroleptika überprüft werden sollten. Zu den klassischen Neuroleptika zählen etwa Haloperidol, Flupentixol, Pipamperon oder Melperon, atypische Neuroleptika sind zum Beispiel Clozapin, Quetiapin, Amisulprid und Risperidon. Um die Symptome einer akuten Psychose so gut wie möglich zu stoppen, werden für Haloperidol beispielsweise fünf bis zehn Milligramm angegeben. Bei vielen Patienten genügen jedoch schon zwei bis vier Milligramm zu Beginn einer Behandlung und eventuell sogar auch für deren Fortführung. Eine höhere Dosierung bringt den Patienten keineswegs immer einen Vorteil, erhöht aber mit Sicherheit das Risiko für Nebenwirkungen.
Das ist bei der Einnahme von Neuroleptika zu beachten
Mit geringstmöglicher Dosis starten. Eine Neuroleptika-Therapie sollte mit der geringstmöglichen Dosis beginnen, insbesondere wenn die Psychose zum ersten Mal aufgetreten ist. So lassen sich typische Nebenwirkungen wie Zittern, Sitz- und Beinunruhe, oder unwillkürliche und steife Bewegungen vermeiden. Bis sich die psychotischen Beschwerden bessern, vergehen einige Tage. Erst dann sollte die Medikation langsam in Richtung der individuell erforderlichen Dosis angepasst werden. Es braucht also Zeit und Geduld, bis die richtige Dosierung gefunden ist. Bessert sich der Zustand des Patienten nicht, darf die Dosis weiter bis maximal zur Höchstdosis vorsichtig erhöht werden, es sei denn es treten intolerable Nebenwirkungen auf.
Langsam erhöhen. Wird die Medikamentendosis zu schnell gesteigert, besteht die Gefahr, dass der Kranke letztlich mehr einnimmt als notwendig und damit mehr und stärkere Nebenwirkungen erleidet. Das wiederum führt häufig dazu, dass er die Behandlung abbricht – was bei richtiger Medikamentendosierung möglicherweise vermeidbar gewesen wäre. Die Neuroleptika-Behandlung mit einer hohen Dosis zu beginnen, ist nur dann vertretbar, wenn die Psychose bereits wiederholt aufgetreten ist, ein besonders ausgeprägtes Beschwerdebild vorliegt und der Patient stationär behandelt wird.
Für und Wider einer Dauerbehandlung mit Neuroleptika
Auch die Langzeitbehandlung mit Neuroleptika wird aufgrund neuer Erkenntnisse diskutiert. Unstrittig ist, dass sie das Risiko erneuter psychotischer Phasen vermindern kann. Wird die Behandlung beendet, erleiden sieben von zehn Patienten, die unter einer Langzeitbehandlung weitgehend beschwerdefrei waren, im darauffolgenden Jahr einen Rückfall. Von denen, die die Medikamente weiter einnehmen, sind es zwei bis drei von zehn. Trotzdem wird empfohlen, eine Dauerbehandlung erst nach einer individuellen Abwägung der Vorteile und Risiken einer solchen Behandlung und nach intensiver Beratung zwischen Arzt, Patient und Angehörigen einzuleiten.
Positive Effekte der Medikamenteneinnahme nehmen ab. Auf lange Sicht ist es nämlich für viele Kranke vorteilhafter, die Medikamente früh zu reduzieren beziehungsweise ganz abzusetzen. Das Beschwerdebild der Psychose scheint sich zu verschlechtern, je länger die medikamentöse Behandlung dauert. Die anfängliche Besserung durch die Neuroleptika hat nach einem halben Behandlungsjahr nur noch bei jedem vierten Patienten Bestand. Diesen Wirkverlust, der sich beispielsweise in kürzeren Abständen zwischen Rückfällen oder auch in einer zunehmenden Wahnsymptomatik äußert, erklären sich Fachleute damit, dass sich die Bindestellen im Gehirn verändern. Die Folgen können unangemessene Dosissteigerungen sein. Es kann auch, falls die Neuroleptika wegen des Wirkverlustes abgesetzt werden, vermehrt zu Rückfällen kommen, insbesondere nach plötzlichem Absetzen der Medikamente. Die Veränderungen auf der Ebene der Bindestellen können sich im Verlauf von Wochen und Monaten zurückbilden, wenn die Medikamente unter ärztlicher Überwachung individuell angepasst reduziert oder abgesetzt werden.
Negative Veränderungen der Hirnsubstanz unter Langzeiteinnahme? Noch eine Langzeitfolge der Einnahme von Neuroleptika wird zurzeit kontrovers diskutiert: Durch Veränderungen der Gehirnsubstanz sollen sich bei den Kranken die geistigen Fähigkeiten, die soziale Anpassungsfähigkeit und die psychotische Symptomatik verschlechtern. Je höher Neuroleptika dosiert werden, desto eher scheinen solche Veränderungen der Hirnstruktur und -funktion aufzutreten. Ob dieser Zusammenhang tatsächlich existiert, wird derzeit genauer untersucht.
Rückfälle und Gefährdung abwägen
Eine Behandlung mit Neuroleptika über längere Zeit ist vertretbar und oft auch erforderlich, wenn es bereits mehrere Rückfälle gab, die mit Fremd- und Eigengefährdung einhergingen und wenn sich die Beschwerden durch den ärztlich begleiteten Versuch, das Medikament abzusetzen, erheblich verschlimmert haben. Doch selbst bei einer notwendigen Langzeitbehandlung – etwa wenn einer oder mehrere kontrollierte Absetzversuche fehlschlugen - sollte der Arzt in regelmäßigen Abständen Dosierung und Verträglichkeit der Neuroleptika überprüfen und den individuellen Gegebenheiten anpassen.
Nur ein Neuroleptikum einnehmen
Von der gleichzeitigen Anwendung verschiedener Neuroleptika, wie sie in Kliniken oft stattfindet, raten die Autoren aktueller Leitlinien ab. Es gibt keine ausreichenden Belege für eine bessere Wirksamkeit gegenüber der Behandlung mit einem einzelnen Neuroleptikum in angemessener Dosierung, allein die Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen zwischen den Arzneimitteln nehmen deutlich zu.
Nicht ohne ärztliche Rücksprache. Bei Fragen zur Dosierung Ihrer Medikation oder der eines Angehörigen wenden Sie sich unbedingt an den behandelnden Arzt oder einen sozialpsychiatrischen Dienst. Sie dürfen die Mittel keinesfalls ohne Rücksprache absetzen, weil das Sie selbst oder den Patienten gefährden kann.