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Infektions­krankheit Tuberkulose: Dreifach­therapie mit Rifampicin

Geschätzt ein Viertel der Welt­bevölkerung ist mit Tuberkulosebakterien infiziert. Durch die steigende Mobilität besteht auch hier­zulande ein Infektions­risiko.

Corona-Pandemie führt zu mehr Tuberkulose-Toten

Nach Angaben der Welt­gesund­heits­organisation WHO starben an Tuberkulose im Jahr 2020 etwa 1,5 Millionen Menschen. Im Jahr zuvor waren es noch 1,4 Millionen. Unter anderem durch Lock­downs und das über­lastete Gesund­heits­wesen habe die Corona-Pandemie den Kampf gegen Tuberkulose (TB oder auch Tbc) weit zurück­geworfen. Sie war 2020 die tödlichste Infektions­krankheit nach Covid-19. Besonders häufig kommt TB, auch als Schwindsucht bekannt, in ärmeren Ländern vor.

Anste­ckung durch Husten

Der Erreger der Tuberkulose ist ein Mykobakterium. Am häufigsten verursacht Mycobacterium tuberculosis die Infektion. Die Über­tragung erfolgt meist durch Tröpf­chen­infektion beim Husten oder Niesen. Je mehr Menschen auf engem Raum zusammenleben, umso größer ist die Gefahr einer Anste­ckung.

Doch nicht alle Träger des Bakteriums haben auch Symptome und nicht alle Erkrankten sind anste­ckend. Nur 5 bis 15 von 100 Infizierten erkranken aktiv an Tuberkulose. Eine intakte körper­eigene Abwehr kann die Erreger unschädlich machen, oft schlummern die Bakterien aber über Jahre im Körper.

Gefahr bei geschwächter Immun­abwehr. Die Krankheit bricht besonders bei Menschen mit geschwächten Abwehr­kräften aus, z. B. bei chro­nisch Kranken, Menschen mit schlechtem Ernährungs­zustand, HIV-Positiven oder Menschen, die immun­suppressive Medikamente einnehmen müssen. Am häufigsten befallen die Bakterien die Lunge (Lungentuberkulose), aber auch im Gehirn oder in Knochen und Gelenken können sich Entzündungs­herde bilden.

Anzeichen einer Infektion. Die Symptome sind wenig charakteristisch und umfassen zu Beginn der Erkrankung unter anderem leichtes Fieber, Husten, nächt­liches Schwitzen, ungewollte Gewichts­abnahme und allgemeine Schwäche. Erst wenn sich die Entzündungs­herde in der Lunge ausbreiten und Lungengewebe zerstören, hustet der Betroffene Schleim ab, der blutig sein kann (offene Lungentuberkulose). Diese Form der Tuberkulose ist hoch­anste­ckend. Durch eine Röntgen­aufnahme des Brust­korbes lassen sich mögliche Entzündungs­herde in der Lunge aufdecken.

In Deutsch­land ist die Tuberkulose eher selten

Insbesondere in bestimmten Regionen Afrikas, im west­pazifischen Raum sowie in Südost­asien ist die Infektions­erkrankung verbreitet. In Osteuropa hat besonders die multiresistente Tuberkulose in den letzten Jahren zugenommen. In Deutsch­land kommt die Krankheit selten vor. Im Jahr 2020 wurden laut Robert-Koch-Institut pro 100 000 Einwohner knapp 5 Neuerkrankungen registriert. Nach einer Zunahme der Tuberkulose­erkrankungen 2015 aufgrund der erhöhten Zuwan­derung sind die Zahlen in Deutsch­land seit 2019 wieder rück­läufig.

Resistente Bakterien – schwierige Therapie

Mykobakterien teilen sich lang­sam und haben dadurch genügend Zeit, Mecha­nismen zu entwickeln, die sie unempfindlich gegen Antibiotika machen. So bilden die Bakterien beispiels­weise Eiweiß­stoffe, die die einge­setzten Antibiotika aus der Bakterienzelle hinaus­schleusen oder unwirk­sam machen.

Deshalb ist die Behand­lung der Tuberkulose – selbst bei eigentlich unkompliziertem Verlauf – sehr aufwändig. Es müssen nämlich über längere Zeit mehrere Antibiotika einge­setzt werden, die speziell gegen Mykobakterien wirk­sam sind (sogenannte Antituberkulotika).

Stan­dard­therapie mit vier verschiedenen Wirk­stoffen

Erst vier, dann zwei. Nach den derzeitigen Empfehlungen der WHO dauert die Stan­dard­therapie einer unkomplizierten Lungentuberkulose ein halbes Jahr. Zu Beginn müssen zwei Monate lang die vier Antibiotika Rifampicin (Eremfat), Isoniazid (Isozid), Ethambutol (EMB-Fatol), Pyrazinamid (Pyrazinamid 500 mg JENAPHARM) einge­nommen werden. In den folgenden vier Monaten kommen nur noch die beiden Wirk­stoffe Rifampicin und Isoniazid zum Einsatz.

Resistenzen vermeiden. Es ist wichtig, diese Therapie­vorgaben genau einzuhalten, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Bakterien unempfindlich (resistent) werden. Die vier Mittel unterscheiden sich in ihren Wirk­mecha­nismen und Wirk­orten. Das ist wichtig, um alle Erreger zu erreichen, auch solche, die gegen einen der Wirk­stoffe bereits resistent sind.

Wie wirkt Rifampicin?

Rifampicin tötet Mykobakterien ab, allerdings ist darauf zu achten, dass keine Resistenzen bestehen. Die antibakterielle Wirk­samkeit von Rifampicin ist von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg der Tuberkulosebe­hand­lung. Bei einer Resistenz gegen­über Rifampicin wird die Behand­lung komplizierter und lang­wieriger. Auch die Aussicht auf Heilung ist dann wesentlich schlechter.

Dosis ausrechnen. Die Dosierung von Rifampicin richtet sich nach dem Körpergewicht. Es werden für Kinder unter 12 Jahren zwischen 10 und 20 Milligramm Rifampicin pro Kilogramm Körpergewicht, für Kinder und Jugend­liche über 12 Jahren, sowie Erwachsene zwischen 8 und 12 Milligramm Rifampicin pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Für Kinder unter 6 Jahren steht ein Sirup als kindgerechte Zubereitungs­form zur Verfügung. Ein Kind mit einem Körpergewicht von 5 bis 10 Kilogramm benötigt pro Tag damit 100 Milligramm Rifampicin, das entspricht einem Mess­löffel des Sirups. Erwachsene erhalten ab einem Körpergewicht von 50 Kilogramm pro Tag 600 Milligramm Rifampicin. Das Antibiotikum kann auch bei Schwangeren einge­setzt werden. Rifampicin sollte gleich­zeitig mit den anderen Mitteln der Kombinations­therapie auf leeren Magen (eine halbe Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen) einge­nommen werden.

Unerwünschte Effekte von Rifampicin

Rifampicin – insbesondere in Kombination mit den anderen Wirk­stoffen – kann die Leber schädigen. Dies ist vor allem bei Patienten mit vorgeschädigter Leber zu beachten. Während der Behand­lung sollten Sie möglichst keine weiteren Mittel einnehmen, die Leberschäden verursachen können. Dazu zählen sowohl Mittel aus der Selbst­medikation, wie Paracetamol (bei Schmerzen und Fieber), aber auch solche, die der Arzt verordnet, etwa Methotrexat (bei Schuppenflechte oder rheumatoider Arthritis).

Um die Leber nicht zusätzlich zu belasten, sollten Sie während der Behand­lung außerdem auf Alkohol verzichten. Typische Anzeichen einer schweren Leberschädigung sind eine dunkle Verfärbung des Urins, eine helle Verfärbung des Stuhlgangs oder eine sich entwickelnde Gelbsucht (erkenn­bar an einer Gelbfärbung der Augen) – oft begleitet von starkem Juck­reiz am ganzen Körper. Tritt eines dieser für einen Leberschaden charakteristischen Krank­heits­zeichen auf, müssen Sie sofort zum Arzt gehen.

Das Mittel kann auch die Niere schädigen. Bei vermehrter oder verminderter Harn­ausscheidung, wenn die Haut nach Urin riecht, bei neu auftretenden oder sich verschlimmernden Wasser­ansamm­lungen in den Beinen (Ödeme) oder Schmerzen in der Nieren­gegend sollten Sie binnen weniger Tagen einen Arzt aufsuchen und Ihre Nieren unter­suchen lassen.

Rifampicin kann bei etwa 1 von 1000 Behandelten Auswirkungen auf die Blut­bildung haben. Dies kann sich beispiels­weise aufgrund einer zu geringen Anzahl von Blutplätt­chen in Form von Nasen­bluten äußern. Dann sollte der Arzt Ihr Blut­bild unter­suchen.

Beachten Sie folgende Hinweise

Um eine Schädigung der Leber, Niere oder der Blut­bildung recht­zeitig zu entdecken, ist es notwendig, dass der Arzt während der Therapie regel­mäßig die Blut-, Leber- und Nieren­werte über­prüft.

Wenn sich Körperflüssig­keiten wie Tränenflüssig­keit, Speichel und Urin oran­gebraun verfärben, ist das eine harmlose Neben­wirkung von Rifampicin. Sie vergeht nach Behand­lungs­ende wieder und zieht auch keine bleibenden Schäden nach sich.

Rifampicin verringert die Wirk­samkeit zahlreicher Medikamente, weil es deren Abbau stark beschleunigt. Die Wirkung bestimmter Mittel gegen HIV (Riton­avir, Saquinavir, Nevirapin) und Pilz­infektionen (Voriconazol, Itraconazol, Fluconazol) wird beispiels­weise so stark abge­schwächt, dass diese nicht mehr ausreichend wirk­sam sind. Auch Epilepsie­mittel, Mittel gegen Herz­rhythmus­störungen, Gerinnungs­hemmer wie Phenprocoumon und Warfarin (bei Thrombosen) oder die Pille zur Empfängnisverhütung können bei gleich­zeitiger Anwendung von Rifampicin in ihrer Wirkung deutlich beein­trächtigt werden.

Umge­kehrt kann die Wirkung von Rifampicin durch die Anwendung anderer Arznei­mittel beein­flusst werden, so dass häufig eine Dosis­anpassung notwendig ist. Beispiels­weise verzögert Cotrimoxazol (bei Harnwegsinfektionen) den Abbau von Rifampicin, dann steigt das Risiko für Neben­wirkungen. Informieren Sie deshalb jeden Arzt, den Sie während der Tuberkulosebe­hand­lung aufsuchen, dass Sie Rifampicin einnehmen.

Bewertung von Rifampicin

Rifampicin ist zur Behand­lung der Tuberkulose geeignet – allerdings nur in Kombination mit anderen Antibiotika. In zahlreichen Ländern (insbesondere Russ­land, Myanmar, China und Südafrika) treten vermehrt Fälle von Rifampicin-resistenter Tuberkulose auf. Dann müssen andere Antibiotika-Kombinationen einge­setzt werden.