Was ein Medizinprodukt ist, definiert das Medizinproduktegesetz (MPG). Sie wirken etwa physikalisch und dürfen keine pharmakologische Wirkung haben oder in immunologische Vorgänge oder den Stoffwechsel des Menschen eingreifen.
Künstliche Tränen und Gelenkersatz
Zu den Medizinprodukten gehören laut Festlegung medizinische Instrumente, Geräte, Prothesen, Apparate, Verbandsmittel sowie Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die am Menschen angewendet werden sollen, deren Wirkung aber auf andere Art und Weise zustande kommt als bei Arzneimitteln.
Arzneimittelähnlich. Manche Medizinprodukte werden für die gleichen Anwendungsbereiche angeboten wie Arzneimittel. Solche Medizinprodukte in arzneimitteltypischen Darreichungsformen sind äußerlich von Arzneimitteln kaum zu unterscheiden. Meist sind sie ohne Verschreibung erhältlich. Ob sie apothekenpflichtig sind, richtet sich nach den Inhaltsstoffen. Zu den arzneimittelähnlichen Medizinprodukten gehören beispielsweise Nasentropfen mit physiologischer Kochsalzlösung (bei Schnupfen), Augentropfen mit Filmbildnern („künstliche Tränen“, bei trockenen Augen) und Bestandteile aus Schalentierpanzern zum Einnehmen (bei Übergewicht).
Bis vor wenigen Jahren waren derartige Mittel mit vergleichbarer Zusammensetzung noch nicht als Medizinprodukt im Handel, sondern lediglich als Arzneimittel. Ein Grund für das zunehmende Angebot von Medizinprodukten in arzneimitteltypischer Darreichungsform kann sein, dass der Zugang zum Markt für Medizinprodukte häufig einfacher ist als für Arzneimittel.
CE-Zeichen statt Zulassung
Arzneimittel müssen in allen europäischen Staaten von einer staatlichen Behörde zugelassen werden, bevor sie in den Handel gelangen. Medizinprodukte müssen dagegen lediglich bestimmte gesetzlich geregelte technische und medizinische Anforderungen erfüllen. Die Erfüllung dieser Anforderungen und die Sicherheit eines Medizinprodukts werden durch das vom Hersteller auf der Verpackung angebrachte CE-Zeichen bestätigt. Erst mit diesem CE-Zeichen darf das Mittel als Medizinprodukt in den Handel gebracht werden.
Risiko eingeteilt. Medizinprodukte werden in verschiedene Risikoklassen eingestuft – je nachdem, wie groß die Gefahr eingeschätzt wird, dass Menschen durch sie zu Schaden kommen können. Von dieser Einstufung hängt es ab, ob allein der Hersteller dafür verantwortlich ist, dass die Anforderungen für die CE-Kennzeichnung erfüllt sind, oder ob das von einer unabhängigen „benannten Stelle“ überprüft wird. In Deutschland sind das staatlich autorisierte Prüfstellen, zum Beispiel der TÜV.
Europaweit
Wenn ein Hersteller ein Medizinprodukt auf dem europäischen Markt verkaufen will, kann er sich an eine beliebige Stelle seiner Wahl im Europäischen Wirtschaftsraum wenden. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist bei Medizinprodukten nur für die zentrale Erfassung von Risiken zuständig. Es kann den Herstellern lediglich Maßnahmen empfehlen, um die Risiken eines Produkts zu verringern. Ansonsten unterliegt die Überwachung des jeweiligen Medizinprodukts den zuständigen Landesbehörden.
Höhere Anforderungen. Seit Mai 2021 gelten neue Regeln für die Zulassung eines Medizinproduktes. Danach müssen für Medizinprodukte mit hohem innovativem Grad und erhöhter Risikoklasse (Implantierbare Produkte, Medizinprodukte Klasse III) eigene klinische Studien vorgelegt werden. Doch dass die Ergebnisse derartiger Untersuchungen veröffentlicht und allgemein zugänglich gemacht werden, wurde nicht verpflichtend festgelegt. Für Produkte, deren Risiko als gering eingestuft wird, genügt es, wenn der Hersteller die notwendigen Daten auf Nachfrage vorweisen kann.
Schlechte Beleglage
Diese gesetzlichen Bestimmungen machen es bei arzneimittelähnlichen Medizinprodukten deutlich schwieriger, die therapeutische Wirksamkeit zu beurteilen, als bei Arzneimitteln, die bei den gleichen Anwendungsgebieten eingesetzt werden.
So brauchen solche Medizinprodukte nicht aufzuschlüsseln, welches ihre wirksamen Bestandteile und was Hilfsstoffe sind. Es müssen auch keine Mengenangaben für die einzelnen Inhaltsstoffe gemacht werden. Selbst wenn Medizinprodukte wie Arzneimittel angewendet werden, ist der Hersteller bei einer geringen Risikoklasse nicht verpflichtet, eigene klinische Studien von hoher Qualität, wie sie für Arzneimittel gefordert werden, vorzulegen. Damit ist die Beschreibung der therapeutischen Wirksamkeit derartiger Medizinprodukte weniger transparent als die von Arzneimitteln.
Gleiche Anforderungen. Aus Sicht der Stiftung Warentest sollten sich die Anforderungen an die therapeutische Wirksamkeit bei arzneimittelähnlichen Medizinprodukten und Arzneimitteln aber nicht unterscheiden, denn die Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten bei der Anwendung einen Nutzen – egal, um welche Art von Produkt es sich handelt. Dies gilt vor allem, wenn Arzneimittel und Medizinprodukte, die wie Arzneimittel aussehen, das gleiche Anwendungsgebiet beanspruchen. Der Nutzen lässt sich aber nur anhand von klinischen Studien beurteilen, die zudem bestimmte Qualitätskriterien erfüllen.
Wie Arzneimittel bewertet
Um eine verbraucherorientierte Nutzenbewertung abgeben zu können, geht die Stiftung Warentest bei ihrer Bewertung für Medizinprodukte in arzneimitteltypischer Darreichungsform über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Sie bewertet Medizinprodukte in arzneimitteltypischer Darreichungsform und zugelassene Arzneimittel, wenn sie das gleiche Indikationsgebiet beanspruchen, in vergleichbarer Weise nach den vorliegenden klinischen Studien. Näheres hierzu lesen Sie unter Bewertung gemäß Anwendungsgebiet.
Neben der Beurteilung von arzneimittelähnlichen Medizinprodukten im Rahmen von „Medikamente im test“ behält sich die Stiftung Warentest weitergehende Prüfungen vor, beispielsweise in Form von Laboruntersuchungen oder Handhabungsprüfungen im Zusammenhang mit vergleichenden Produkttests.
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