Die rechtlichen Bestimmungen für Arzneimittel kennen einige Ausnahmen. Diese beziehen sich auf traditionell angewendete Arzneimittel und solche, die den besonderen Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie und Anthroposophie zugeordnet werden. Dabei können die Hersteller für derlei Medikamente entweder eine Zulassung beantragen oder eine Registrierung.
Registrierte Arzneimittel
Registrierte Arzneimittel gibt es im Bereich der Homöopathie und Anthroposophie, wenn diese keine konkreten Indikationen zur Behandlung angeben, oder es handelt sich um traditionelle Pflanzenmittel. Alle anderen neuen Arzneimittel benötigen eine Zulassung.
Alte und neue Registrierung
Es gibt einige wenige Ausnahmen: Bevor das derzeit gültige Arzneimittelgesetz 1978 in Kraft trat, wurden Arzneimittel nicht zugelassen, sondern registriert – erkennbar an einer „Reg.-Nr.“ auf der Verpackung. Ein Wirksamkeitsnachweis wurde nicht gefordert. Damit erfüllen diese Altarzneimittel nicht mehr die Ansprüche, die heute an Arzneimittel gestellt werden. Solche Präparate sind nur noch vereinzelt im Handel (zum Beispiel Contractubex), wenn über den Antrag des Herstellers, das Produkt nachträglich zuzulassen, noch nicht entschieden ist.
Zu erkennen sind diese Produkte unter anderem an folgender Bemerkung in der Packungsbeilage: „Dieses Arzneimittel ist nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr. Die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist noch nicht abgeschlossen.“
Traditionell angewendete Mittel
Bestimmte Medikamente werden mit dem Label „Traditionell angewendet“ angeboten. Für sie gab es ein erleichtertes Zulassungsverfahren, klinische Studien waren nicht zwingend erforderlich. Die Voraussetzung hierfür: Die Mittel waren bereits vor 1978 freiverkäuflich auf dem Markt, gegen ihre Anwendung gab es keine Bedenken und die Sicherheit wurde nicht angezweifelt. Die Stiftung Warentest bewertet sie nicht.
Allgemeine Anwendungsgebiete
Die Übergangsfrist für diese Mittel ist inzwischen abgelaufen. Für den Verbleib im Markt musste der Hersteller eine ordnungsgemäße Produktion zusichern und durfte nur eines der vom Gesetzgeber vorgegebenen unspezifisch formulierten Anwendungsgebiete beanspruchen („zur Stärkung oder Kräftigung“, „zur Unterstützung der Organfunktion“, „zur Besserung des Befindens“, „zur Vorbeugung“, „als mild wirksames Arzneimittel“).
Diese Mittel wurden ohne Wirksamkeitsnachweis zugelassen – zum Beispiel auf der Basis eidesstattlicher Erklärungen zur Wirkung. Auf ihrer Verpackung muss eine der Formulierungen hinsichtlich der Anwendungsgebiete abgedruckt sein. Zu erkennen sind diese Produkte an dem Hinweis: „Traditionell angewendet ... Reg.-Nr. ...“.
Anpassung an EU-Recht
Ab 2004 konnten die Hersteller diese Mittel dem neuen EU-Recht anpassen. Entweder sie brachten die notwendigen Unterlagen bei und beantragten eine Zulassung oder sie entschieden sich für eine Registrierung. Die nach EU-Recht als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registrierten Produkte tragen eine „Reg.-Nr.“. In der Anwendungsbeschreibung wird deutlich, dass es sich um ein „langjährig verwendetes, traditionelles pflanzliches Arzneimittel“ handelt. Somit verzichtet der Gesetzgeber bei der Registrierung dieser Präparaten weiterhin auf einen Wirksamkeitsnachweis anhand von klinischen Studien.
Homöopathische Mittel ohne Bewertung
Die Homöopathie wurde von dem Arzt Samuel Hahnemann (1755–1843) eingeführt. Anders als sonst in der Medizin werden bei einer homöopathischen Behandlung Arzneistoffe ausgewählt, die die gleichen Symptome hervorrufen können wie die Krankheit selbst (Ähnlichkeitsregel): Das Mittel, das Fieber auslösen kann, soll Fieber senken. Nach homöopathischer Auffassung regt das Mittel im Körper eine künstliche Krankheit an, die dem Körper hilft, wieder zu heilen („Similia similibus curentur“).
Selbstregulation des Körpers
Die klassische Homöopathie behandelt mit stark verdünnten Wirkstoffen in sehr geringer Dosierung. Ihre ganz individuell ausgewählten Mittel sollen nichts bekämpfen, sondern vielmehr den Körper anregen, sich wieder selbst zu regulieren. Die Arzneimittel der Homöopathie werden entsprechend den Hahnemann-Prinzipien, wie sie im „Homöopathischen Arzneibuch“ niedergelegt sind, hergestellt. Die Mittel entstehen aus den „Ursubstanzen“ von Mineralsalzen, Pflanzen, Tieren und Krankheitsprodukten. In einem genau vorgeschriebenen Verdünnungsvorgang wird die Lösung viele Male auf besondere Weise verschüttelt. Die Homöopathen nennen diesen Vorgang „dynamisieren“ oder „potenzieren“.
Stark verdünnte Wirkstoffe
Bei einem Mittel in D6 kommen auf einen Teil Ursubstanz 1 000 000 Teile Lösungsmittel. Ab D24 beziehungsweise C12 kann die Verdünnung dann – gemäß einem Grundgesetz der Chemie – kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr enthalten. Naturwissenschaftlich betrachtet kann dann auch nichts mehr wirken. Für die Anwender beruht die Wirksamkeit der Homöopathie aber ohnehin nicht auf der in den Mitteln enthaltenen Materie, sondern auf energetischen Prozessen.
Keine Zulassung erforderlich
Das Arzneimittelgesetz stellt an homöopathische Arzneimittel nicht dieselben Anforderungen wie an sonstige Mittel. Die meisten brauchen nicht zugelassen zu werden. Für Mittel mit verschreibungsfreien Inhaltsstoffen und für solche, deren verschreibungspflichtiger Inhaltsstoff in einer Verdünnungsstufe ab D4 eingesetzt wird, genügt es, wenn der Hersteller Qualität, Unbedenklichkeit und die Herstellung nach dem Homöopathischen Arzneibuch nachweist. Ein Nachweis der Wirksamkeit wird nicht gefordert. Die Mittel werden registriert, Indikationsangaben darf es nicht geben. Nur Mittel mit verschreibungspflichtigen Inhaltsstoffen bis D3 sowie solche, die Angaben zu ihrer Indikation machen, müssen zugelassen werden. Das sind vor allem Produkte, in denen mehrere Einzelstoffe in meist niedriger Verdünnungsstufe miteinander kombiniert sind. Für die Zulassung müssen auch sie ihre Wirksamkeit plausibel machen.
Homöopathische Mittel bewertet die Stiftung Warentest nicht
Der Einsatz homöopathischer Präparate im Rahmen des besonderen Denkgebäudes dieser Therapierichtung ist mit dem anderer Arzneimittel nicht zu vergleichen. Aus diesem Grund hat die Stiftung Warentest diese Präparate nicht bewertet. Für die Behandlung von Kindern oder von Personen, die Alkohol meiden müssen, sei darauf hingewiesen, dass flüssige homöopathische Einzelmittel in der Regel mehr als 50 Prozent Alkohol enthalten. Auch Kombinationsmittel sind meist alkoholhaltig.
Anthroposophische Mittel
Die anthroposophische Medizin beruht auf Anregungen des Philosophen Dr. Rudolf Steiner (1861–1925) und der holländischen Ärztin Dr. Ita Wegman (1876–1943). Die Anthroposophie stellt ein Gesamtkonzept aus mehreren verschiedenen Therapieformen dar, von denen die Behandlung mit Arzneimitteln nur einen Teil ausmacht.
Eigenes Gesamtkonzept
Für anthroposophische Arzneimittel werden mineralische, pflanzliche, metallische und tierische Ausgangsstoffe verwendet, die teilweise homöopathisch verdünnt oder in speziellen Verfahren aufbereitet werden. Einige Grundstoffe, aber auch die Verarbeitungsprozesse, die Auswahl und Anwendung der Mittel sind in der sonstigen pharmazeutischen Praxis nicht gebräuchlich und lassen sich nur aus dem Gesamtkonzept der anthroposophischen Medizin heraus erklären. In klinischen Studien gewonnene Wirksamkeitsnachweise im üblichen Sinn gibt es nur für wenige anthroposophische Arzneimittel. Wie die Homöopathen gehen auch anthroposophische Ärzte davon aus, dass ihre Mittel nicht durch die in ihnen enthaltene Materie allein wirken, sondern vor allem aufgrund ihrer speziellen Dynamik.
Keine Zulassung, keine Bewertung
Hinsichtlich ihrer Verkehrsfähigkeit werden an anthroposophische Arzneimittel die gleichen Anforderungen gestellt wie an homöopathische Arzneimittel. Der Einsatz anthroposophischer Präparate im Rahmen des besonderen Denkgebäudes dieser Therapierichtung ist mit dem anderer Arzneimittel nicht zu vergleichen. Aus diesem Grund hat die Stiftung Warentest diese Präparate nicht bewertet.
Achtung, Alkohol! Für die Behandlung von Kindern oder von Personen, die Alkohol meiden müssen, sei noch darauf hingewiesen, dass viele flüssige Zubereitungen der anthroposophischen Medizin Alkohol enthalten.
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