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„Profiqualität, die in jede Tasche passt“ – so bewirbt Anbieter DXO seine Aufsteckkamera fürs iPhone. Stolze 600 Euro soll sie kosten. Der Schnelltest zeigt, warum sie diesen Preis wohl eher nicht wert ist, und nennt bessere Alternativen.
Vollmundige Versprechungen
Die DXO One ist eine kleine Kamera, die der Nutzer seitlich aufs iPhone aufstecken kann. Mithilfe der zugehörigen App wird das Handy so zum kippbaren Bildschirm für die Kamera. Auf seiner Website verspricht der Anbieter DXO wahre Wunderdinge – und hebt besonders auf die kompakte Bauform ab: „das Potenzial einer High-End-Spiegelreflexkamera in Ihrer Hosentasche“.
Steckverbindung zum iPhone

Verbindung zum iPhone per Lighthing-Stecker. © Stiftung Warentest

In der Tat ist die Kamera klein und leicht – sie ähnelt in Gewicht und Größe einer typischen Action-Cam. Aber übermäßig praktisch ist die Konstruktion nicht: Erst die Kamera einschalten und dabei den kleinen Lightning-Stecker seitlich ausklappen, dann die Kamera aufs iPhone stecken und auf den Start der iPhone-App warten – dann erst geht es los mit dem Fotografieren. Die Kombination von Kamera und iPhone wird dabei nur vom schmalen Lightning-Stecker zusammengehalten. Das wirkt wackelig und wenig vertrauenserweckend. Auch ist es gar nicht so leicht, die Kamera so zu halten, dass der Zeigefinger auf dem Auslöseknopf ruht, der Mittelfinger aber nicht das Objektiv verdeckt.
Mehr Einstellmöglichkeiten
Im Vergleich zur sehr einfachen Kamera-App von Apple bietet die DXO One samt zugehöriger App deutlich mehr Möglichkeiten: Sie kann Fotos auch im Rohdatenformat speichern. Sie bietet eine Belichtungskorrektur von drei Blendenstufen in jede Richtung, eine Zeit- und eine Blendenautomatik. Und die ISO-Empfindlichkeit lässt sich zwischen 100 und 12 800 einstellen. Angesichts der Vergleiche mit Profi-Kameras, die der Anbieter auf seiner Website bemüht, fallen allerdings auch Lücken auf: Ein Histogramm zur Belichtungskontrolle lässt sich in der DXO-App zum Beispiel nicht einblenden. Auch eine manuelle Fokussierung der Kamera ist nicht vorgesehen.

Die Kamera-App von DXO bietet deutlich mehr Einstellmöglichkeiten als die von Apple. © Stiftung Warentest
Bildqualität kaum besser als beim iPhone 6S
Das lichtstarke Objektiv mit Maximalblende 1,8 und hohe ISO-Werte ermöglichen es der DXO One, auch bei wenig Licht mit kurzen Belichtungszeiten zu arbeiten. Das verringert erkennbar das Verwackelungsrisiko – ein klarer Vorteil gegenüber der iPhone-eigenen Kamera. Doch Belichtung und Farbwiedergabe geraten der eingebauten Kamera des iPhone 6S im Test bei wenig Licht insgesamt ausgewogener als der Aufsteckkamera. Kommt der Blitz ins Spiel, erweist sich die DXO-Lösung als Fehlkonstruktion: Die Aufsteckkamera hat keinen eigenen Blitz, sondern steuert nur das Fotolicht des iPhones. Doch wenn das iPhone in seiner Eigenschaft als Kamera-Display nach oben oder unten gekippt ist, leuchtet dieses ohnehin schon schwächliche Licht in die falsche Richtung! Am meisten überzeugt die Fotoqualität der DXO bei guten Tageslicht-Bedingungen. Und da macht die eingebaute Kamera der aktuellen iPhones ähnlich gute Fotos.

Ist das iPhone als Kamera-Monitor nach unten gekippt, leuchtet das Fotolicht in die falsche Richtung. © Stiftung Warentest
Videos mit besserem Bild und schlechterem Ton
Bei gutem Licht liefert die DXO Videos in sehr guter Bildqualität – wie die eingebaute iPhone-Kamera auch. Bei wenig Licht sehen Videos der Aufsteckkamera deutlich besser aus als die aus dem iPhone. Dafür haben die iPhone-eigenen Videos die bessere Klangqualität: Das Mikrofon der DXO One ist nicht schlecht, aber es bringt ein hörbares Rauschen mit, das das iPhone-Mikro nicht aufweist.
Fazit: Kein großer Mehrwert
Die DXO One bietet zwar deutlich mehr Einstellmöglichkeiten. Doch ihre Bilder sind insgesamt nur wenig besser als die der guten Kameras, die in den aktuellen iPhones bereits eingebaut sind. Und rein mechanisch wirkt die wackelige Aufstecklösung wenig vertrauenserweckend. Einen Mehrwert, der die 600 Euro hohen Anschaffungskosten rechtfertigen würde, konnten wir im Test nicht entdecken. Im Produktfinder Kameras finden sich technisch bessere und günstigere Alternativen.
Alternative 1: Aufsteckkameras von Sony
Wer das Konzept einer minimalistischen, übers Smartphone gesteuerten Kamera ohne eigenes Display überzeugend findet, der sollte sich die QX-Kameras von Sony ansehen: Die QX10, die QX30 und die QX100 bieten mehr als die DXO. Sie haben optische Zoom-Objektive. Sie funktionieren nicht nur mit iPhones, sondern auch mit Android-Handys. Sie verbinden sich nicht per Stecker, sondern per Funk mit dem Smartphone und lassen sich so vom Handy oder Tablet aus fernsteuern. Und die QX100 liefert deutlich bessere Bilder. Schnelltest Sony QX10 und QX100.
Alternative 2: „richtige“ Kameras
Wer Wert auf Taschentauglichkeit legt, findet unter den Kompaktkameras ausgesprochen handliche Modelle wie die Canon Ixus 255 HS. Sie kosten bedeutend weniger, wiegen nur unbedeutend mehr, liefern teilweise erheblich bessere Bilder und sind wesentlich praktischer zu bedienen: Einfach einschalten und losfotografieren! Wer optimale Bildqualität und maximale Flexibilität will, der kommt an einer richtigen Systemkamera noch immer kaum vorbei. Für die 600 Euro, die DXO für seine Minikamera verlangt, gibt es schon eine gestandene Spiegelreflexkamera wie die Canon EOS 700D oder eine richtig gute Spiegellose wie die Panasonic Lumix DMC-GX7K.
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Man stelle sich vor, jemand käme auf die Idee, ein Mobilfunkmodul für Kameras anzubieten. Ich könnte mittels angestecktem Modul und Bedienung über den Kamerabildschirm telefonieren. Niemand würde das kaufen. Wozu auch?
Natürlich sind Handys und Smartphones mit Kamera nützlich und praktisch, weil man immer eine Kamera dabei hat. Aber wenn es um Fotografieren geht, das den Namen auch verdient, würde ich niemals ein Handy oder Tablet dazu verwenden.
Seit 1977 verfolge ich die test-Kameratests und es ist immer gleich: NIE waren wir einer Meinung.
Das wird auch so bleiben. Wer was Besonderes will, ist bei der Stiftung Warentest nicht gut aufgehoben.