Privat versichert für den Pflegefall
Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nicht alle Kosten im Pflegefall ab. Die finanzielle Lücke kann zum Beispiel eine private Pflegeversicherung schließen. Drei Varianten gibt es: die Pflegetagegeldversicherung, die Pflegekostenversicherung und die Pflegerentenversicherung. Hier erklären wir Ihnen, welche Versicherung wie funktioniert und welche Vor- und Nachteile hat.
Gesetzliche Pflegeversicherung mit Lücken
Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt einen Teil der Kosten zum Beispiel in Form von Pflegegeld, wenn Partner oder Kinder allein pflegen. Sie zahlt auch Pflegesachleistungen, wenn eine Pflegekraft nach Hause kommt, oder Pflegekosten fürs Heim. Das allein reicht jedoch oft nicht aus. Ein zusätzliche Absicherung – vor allem dann wenn nur Pflegekräfte ohne Angehörige – pflegen, kann sinnvoll sein.
Das Wichtigste in Kürze
Bedarf. Eine Pflegezusatzversicherung sichert das finanzielle Risiko bei Pflegebedürftigkeit ab. Eine private Absicherung kann sinnvoll sein, wenn weder Familienangehörige noch das Vermögen für Pflegekosten herhalten sollen. Wir haben private Pflegeversicherungen getestet Vergleich private Pflegeversicherungen.
Einkommen. Die Versicherung abschließen sollte nur, wer auf Dauer und auch im Rentenalter über ein gesichertes ausreichendes Einkommen verfügt. Im Fall einer Kündigung gehen alle Beiträge verloren.
Abschluss. Je jünger jemand ist, desto günstiger ist der Beitrag und desto größer ist die Chance, einen Vertrag ohne Risikozuschläge zu erhalten. Jedoch sollten vor Abschluss erst einmal Berufsunfähigkeit und Altersvorsorge abgesichert sein (zum Vergleich Berufsunfähigkeitsversicherungen).
Umstellung. Seit 2017 gilt ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff. Die Versicherer haben ihre Bedingungen daraufhin angepasst. Für bereits Versicherte bedeutete das oft eine Beitragserhöhung.
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Wenn das Ersparte nicht reicht
Unabhängig von der Schwere der Pflegebedürftigkeit bleibt zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung und den gesamten Kosten eine Lücke – und das gilt nicht nur für die Pflege im Heim, sondern auch wenn diese zu Hause ausschließlich durch Pflegekräfte geleistet wird. Für die Pflege zu Hause können so schnell zwischen mehreren Hundert Euro in den niedrigen Pflegegraden 2 oder 3 und zwischen 2 000 bis 3 000 Euro in den höheren Pflegegraden 4 und 5 zusammenkommen. Reichen Rente und Ersparnisse nicht aus, um die Pflegelücke zu decken, springt das Sozialamt ein und holt sich, wenn möglich, das Geld von den Kindern zurück.
Pflegetagegeld – die beliebteste Zusatzpolice
Für denjenigen, der ausreichend hohe Einkünfte auch im Rentenalter hat, kann eine private Pflegezusatzversicherung eine Möglichkeit sein, das finanzielle Risiko im Pflegefall abzusichern. Für viele Kunden ist sie eine Art Vermögensschutz und soll verhindern, dass die Kinder vom Sozialamt zur Kasse gebeten werden, wenn ihre Eltern pflegebedürftig werden oder dass deren Vermögen für ihre Erben erhalten bleibt.
- Pflegetagegeldversicherung. Die Pflegetagegeldversicherung ist die am weitesten verbreitete Art der privaten Zusatzabsicherung. Hier zahlt der Versicherer pro Tag der Pflegebedürftigkeit einen vereinbarten Geldbetrag.
- Pflegekosten- und Rentenversicherung. Alternativ dazu gibt es die Pflegekosten- und die Pflegerentenversicherung.
Tipp: Abschlusswillige sollten vor Vertragsschluss genau überlegen, ob sie die über die Jahre steigenden Beiträge ihrer Pflegezusatzversicherung auf Dauer und auch im Rentenalter mit meist weniger Einkommen zahlen können. Nur bei der – allerdings sehr teuren – Pflegerentenversicherung bleiben die Beiträge über die gesamte Laufzeit hinweg konstant.
Pflegetagegeldversicherung – die Details
Zwei Varianten. Bei der privaten Pflegetagegeldversicherung zahlt der Versicherer pro Tag der Pflegebedürftigkeit einen vereinbarten Betrag. Es gibt zwei Varianten: Meistens legt der Versicherer fest, wie viel von dem vereinbarten Tages- oder Monatsgeld es je nach Pflegegrad ambulant und stationär gibt. Bei den seltener angebotenen flexiblen Tarifen können Kunden selbst auf die Verteilung Einfluss nehmen. Unser Vergleich von Pflegetagegeldversicherungen von 2020 zeigt: Die Versorgungslücke lässt sich mit den angebotenen Tarifen ausreichend decken. Wichtigstes Kriterium unserer Bewertung war, wie viel Geld der Kunde in den Pflegegraden erhält. Wichtig waren außerdem die Vertragsbedingungen. Positiv beurteilt haben wir zum Beispiel, wenn die Leistung für Pflegebedürftige regelmäßig steigt, um so höhere Kosten auszugleichen.
Beitragshöhe. Je jünger jemand ist, desto günstiger ist der Beitrag und desto größer ist die Chance, einen Vertrag ohne Risikozuschläge zu erhalten. Andererseits sollte sich jeder erst einmal um wichtigere Versicherungen wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung und seine Altersvorsorge kümmern. Oft ist erst im mittleren Alter absehbar, ob man sich eine Pflegetagegeldversicherung überhaupt auf Dauer leisten kann. Allerdings: Wer älter ist, bekommt möglicherweise wegen einer Erkrankung nicht den gewünschten Vertrag.
Gesundheitsprüfung. Wer einen Vertrag abschließt, muss Gesundheitsfragen beantworten. Dafür muss auch der Arzt von der Schweigepflicht entbunden werden. Der Versicherer kann hier nachfragen und die Patientenakte anfordern.
Dynamik. Die meisten Verträge laufen über einen langen Zeitraum, meist mehrere Jahrzehnte, ohne dass es zur Auszahlung kommt. Deshalb enthalten viele auch eine Dynamisierung. Das heißt, Leistungen und Beiträge steigen regelmäßig, meist im Rahmen der Inflationsrate. Abschlusswillige sollten auch bedenken, dass der Beitrag sich künftig zum Beispiel wegen steigender Kosten in der Pflege und der zunehmenden Zahl von Pflegefällen erhöhen kann.
Beitrag bei Leistung. Ein weiterer Punkt bei der Auswahl eines geeigneten Tarifes sollte beispielsweise die Freistellung von der Beitragszahlung im Leistungsfall sein. Sehen die Bedingungen das nicht vor, frisst der Beitrag einen Teil der Leistungen auf.
Pflege-Bahr – die geförderte Pflegezusatzversicherung
Seit 2013 gibt es für Versicherte ab 18 Jahren den staatlich geförderten Pflegetagegeldtarif, oft auch Pflege-Bahr genannt – nach dem damaligen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Der Staat zahlt dafür 5 Euro Zulage im Monat. Mindestens 10 Euro muss der Versicherte selbst pro Monat zahlen und er muss auf jeden Fall fünf Jahre warten, bevor er Leistungen in Anspruch nehmen kann.
Achtung, Versorgungslücke!
Die Versorgungslücke im Pflegefall schließen diese Tarife nicht. Die Leistungen sind recht niedrig. Die Versicherer dürfen aber keinen Interessenten wegen Krankheit ablehnen. Das kann andererseits das Risiko von Beitragssteigerungen auf lange Sicht erhöhen. Nur wer schon pflegebedürftig ist, erhält keinen solchen Vertrag mehr. Versicherte müssen die Beiträge auch dann weiter bezahlen, wenn sie pflegebedürftig sind. Das frisst einen Teil der Leistung wieder auf. Es gibt auch Pflegetagegeldversicherungen, die den Pflege-Bahr und die ungeförderte Variante kombinieren.
Pflegekostenversicherung – die Details
Das Prinzip einer Pflegekostenversicherung unterscheidet sich grundlegend von dem der Pflegetagegeldversicherung. Sie zahlt nicht für jeden Tag einen festen Betrag, sondern orientiert sich an den tatsächlichen Pflegekosten. Wird der Versicherte von Profis zu Hause oder im Heim gepflegt, bekommt er gegen Vorlage der Rechnung Geld – oft die Restkosten bis zu einer Höchstgrenze. Meist ist der Betrag auf das Doppelte der gesetzlichen Leistung begrenzt. Wird er ausschließlich von Angehörigen gepflegt, zahlt der Versicherer einen monatlichen Betrag, ohne dass Kosten nachgewiesen werden.
Pflegerentenversicherung – die Details
Die Pflegerentenversicherung funktioniert wieder anders. Sie zahlt, je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit, eine monatliche Rente. Diese ist fest vereinbart, sie kann aber auch etwas höher ausfallen.
Prinzip Lebensversicherung
Denn nach dem Prinzip einer Lebensversicherung werden Kunden an Überschüssen beteiligt, die ein Versicherer möglicherweise erwirtschaftet. Wenn es diese gibt, können sie etwa inflationsbedingte Preissteigerungen in der Pflege ausgleichen. Die bei Vertragsbeginn in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung ist jedoch unsicher, denn die Höhe hängt etwa davon ab, wie sich das Pflegerisiko aller Versicherten oder der Anlageerfolg des Unternehmens entwickelt.
Stabile Beiträge
Bei der Pflegerentenversicherung sind die Beiträge über die Laufzeit hinweg stabil. Kunden können die Zahlung ganz oder für eine Zeit aussetzen. Damit das die Rente am Ende nicht schmälert, ist es bei einigen Versicherern möglich, Beiträge nachzuzahlen. Stabilität und Flexibilität der Beiträge haben ihren Preis: Die Versicherung ist viel teurer als eine Pflegekosten- oder Pflegetagegeldpolice. Wer über eine Pflegerentenversicherung nachdenkt, sollte auch einen Blick auf die Art der Begutachtung werfen. Welche Leistungen es aus einer Pflegerentenversicherung gibt, entscheiden die Anbieter nach dem gesetzlichen Pflegebedürftigkeitsbegriff oder dem ADL-Punktesystem. ADL steht für Aktivitäten des täglichen Lebens. Gemessen wird hier, wie viel Hilfe jemand etwa beim Waschen, Fortbewegen oder Essen braucht
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