Pflege­versicherung

Privat versichert für den Pflegefall

14

Die gesetzliche Pflege­versicherung deckt oft nicht alle Kosten im Pflegefall ab. Die finanzielle Lücke kann eine private Pflegeversicherung schließen.

Gesetzliche Pflege­versicherung mit Lücken

Die gesetzliche Pflege­versicherung deckt in der Regel einen Teil der Kosten – etwa indem sie Pflegegeld zahlt, wenn Partner oder Kinder pflegen. Doch die Zahlungen der gesetzlichen Pflege­versicherung reichen oft nicht aus um die Pflege­kosten voll­ständig abzu­decken. Ein zusätzliche Absicherung – vor allem wenn die Pflege voraus­sicht­lich allein in den Händen von Pfle­gepro­fis sein wird – kann sinn­voll sein. Es gibt drei Varianten der privaten Pflege­versicherung: die Pfleg­etagegeld­versicherung, die Pflege­kosten­versicherung und die Pflegerenten­versicherung. Hier erklären wir Ihnen, welche Versicherung wie funk­tioniert und welche Vor- und Nachteile sie hat.

Das Wichtigste in Kürze

Bedarf. Eine Pflege­zusatz­versicherung sichert das finanzielle Risiko bei Pflegebedürftig­keit ab. Eine private Absicherung kann sinn­voll sein, wenn weder Familien­angehörige noch das vorhandene Vermögen für die Pflege­kosten herhalten sollen. Wir haben private Pflege­versicherungen getestet Vergleich private Pflegeversicherungen.

Einkommen. Die Versicherung abschließen sollte nur, wer auf Dauer und auch im Renten­alter über ein gesichertes und ausreichendes Einkommen verfügt. Wird die Police gekündigt, sind alle Beiträge verloren.

Abschluss. Je jünger jemand bei Vertrags­abschluss ist, desto güns­tiger ist der Beitrag und desto größer ist die Chance, einen Vertrag ohne Risiko­zuschläge zu erhalten. Vor Abschluss sollten Interes­sierte Berufs­unfähigkeit und Alters­vorsorge abge­sichert haben (zum Vergleich Berufsunfähigkeitsversicherungen).

Umstellung. Seit 2017 gilt ein neuer Pflegebedürftig­keits­begriff. Die Versicherer haben ihre Bedingungen darauf­hin angepasst. Für bereits Versicherte bedeutete das oft eine Beitrags­erhöhung.

Tipp: Im Spezial Pflege-Set von den Gesund­heits­experten der Stiftung Warentest steht, was zu beachten ist, um die Pflege eines Menschen auf stabile Beine zu stellen. Außerdem bietet es Beratung zu Wohn­formen im Alter, Haus­notrufen und Pfle­gekräften aus dem Ausland. Beim Schrift­verkehr helfen vorgefertigte Formulare, Check­listen und Muster­briefe.

Wenn das Ersparte nicht reicht

Unabhängig von dem Ausmaß der Pflegebedürftig­keit bleibt oft zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung und den anfallenden Kosten eine Lücke – und das gilt nicht nur für die Pflege im Heim, sondern auch, wenn diese zu Hause ausschließ­lich durch Pfle­gekräfte geleistet wird. Für die Pflege zu Hause können so schnell zwischen mehreren Hundert Euro in den nied­rigen Pfle­gegraden 2 oder 3 und zwischen 2 000 bis 3 000 Euro in den höheren Pfle­gegraden 4 und 5 zusammen­kommen. Reichen Rente und Erspar­nisse nicht aus, um diese Pflegelücke zu schließen, springt das Sozial­amt ein und holt sich, wenn möglich, das Geld von den Kindern zurück. Allerdings geschieht das inzwischen nur noch in seltenen Fällen, da die Einkommens­grenze auf 100 000 Euro fest­gesetzt wurde, wobei nur das Einkommen des erwachsenen Kindes zählt und nicht das des Ehepart­ners. Ein kleiner Trost für Betroffene und deren Angehörige: Pflege­kosten können in der Steuererklärung geltend gemacht werden, siehe Pflegekosten absetzen.

Pfleg­etagegeld­versicherung: Die beliebteste Zusatz­police

Für diejenigen, die voraus­sicht­lich ausreichend hohe Einkünfte auch im Renten­alter haben, kann eine private Pflege­zusatz­versicherung eine Möglich­keit sein, das finanzielle Risiko im Pflegefall abzu­sichern. Für viele Kunden ist sie eine Art Vermögens­schutz und soll verhindern, dass ihre Kinder vom Sozial­amt zur Kasse gebeten werden, wenn sie pflegebedürftig werden. Eine andere Motivation liegt darin, ein Vermögen für die Erben zu erhalten.

  • Pfleg­etagegeld­versicherung. Die Pfleg­etagegeld­versicherung ist die am weitesten verbreitete Art der privaten Zusatz­absicherung. Hier zahlt der Versicherer pro Tag der Pflegebedürftig­keit einen vereinbarten Geld­betrag.
  • Pflege­kosten­versicherung. Bei dieser Versicherungs­variante erhalten Pflegebedürftige keinen festen Betrag, ihnen werden die tatsäch­lich entstehenden Pflege­kosten erstattet.
  • Pflegerenten­versicherung. Der Versicherer zahlt hier, je nach Schwere der Pflegebedürftig­keit, eine monatliche Rente aus.

Tipp: Interes­sierte sollten vor Vertrags­schluss genau über­legen, ob sie die über die Jahre steigenden Beiträge ihrer Pflege­zusatz­versicherung auf Dauer und auch im Renten­alter mit meist weniger Einkommen zahlen können. Nur bei der – allerdings sehr teuren – Pflegerenten­versicherung bleiben die Beiträge über die gesamte Lauf­zeit hinweg konstant.

Pfleg­etagegeld­policen: Das ist zu beachten

Zwei Varianten. Bei der privaten Pfleg­etagegeld­versicherung zahlt der Versicherer pro Tag der Pflegebedürftig­keit einen vereinbarten Betrag. Es gibt zwei Varianten: Meistens legt der Versicherer fest, wie viel von dem vereinbarten Tages- oder Monats­geld es je nach Pfle­gegrad ambulant und stationär gibt. Bei den seltener angebotenen flexiblen Tarifen können Kunden selbst auf die Verteilung Einfluss nehmen. Unser Vergleich von Pflegetagegeldversicherungen von 2020 zeigt: Die Versorgungs­lücke lässt sich mit den angebotenen Tarifen ausreichend decken. Wichtigstes Kriterium unserer Bewertung war, wie viel Geld der Kunde in den Pfle­gegraden erhält. Wichtig waren außerdem die Vertrags­bedingungen. Positiv beur­teilt haben wir zum Beispiel, wenn die Leistung für Pflegebedürftige regel­mäßig steigt, um so höhere Kosten auszugleichen.

Beitrags­höhe. Je jünger jemand bei Vertrags­abschluss ist, desto nied­riger fällt der Beitrag aus und desto größer ist die Chance, einen Vertrag ohne Risiko­zuschläge zu erhalten. Anderer­seits sollte sich jeder, der über den Abschluss einer Pfleg­etagegeld­police nach­denkt, erst einmal um wichtigere Versicherungen wie eine Berufs­unfähigkeits­versicherung und seine Alters­vorsorge kümmern. Oft ist zudem erst im mitt­leren Alter absehbar, ob man sich eine Pfleg­etagegeld­versicherung über­haupt auf Dauer leisten kann. Zu bedenken ist auch: Wer in späteren Jahren eine Police abschließen will, bekommt möglicher­weise wegen einer Erkrankung nicht den gewünschten Vertrag.

Gesund­heits­prüfung. Wer einen Vertrag abschließt, muss Gesund­heits­fragen beant­worten. Der Versicherer kann bei Ärztinnen und Ärzten nach­fragen und die Patienten­akte anfordern. Dafür müssen die Mediziner von ihrer Schwei­gepflicht entbunden werden.

Dynamik. Die meisten Verträge laufen über einen langen Zeitraum, meist mehrere Jahr­zehnte, ohne dass es zur Auszahlung kommt. Deshalb enthalten viele auch eine Dynamisierung. Das heißt, Leistungen und Beiträge steigen regel­mäßig, meist im Rahmen der Inflations­rate. Abschluss­willige sollten auch bedenken, dass der Beitrag sich künftig zum Beispiel wegen steigender Kosten in der Pflege und der zunehmenden Zahl von Pflegefällen erhöhen kann.

Beitrag bei Leistung. Ein weiterer Punkt bei der Auswahl eines geeigneten Tarifes sollte beispiels­weise die Frei­stellung von der Beitrags­zahlung im Leistungs­fall sein. Sehen die Bedingungen das nicht vor, frisst der Beitrag einen Teil der Leistungen auf.

Pflege-Bahr – die geförderte Pflege­zusatz­versicherung

Seit 2013 gibt es für Versicherte ab 18 Jahren den staatlich geförderten Pfleg­etagegeld­tarif, oft auch nach dem damaligen Bundes­gesund­heits­minister Daniel Bahr Pflege-Bahr genannt. Der Staat zahlt dafür 5 Euro Zulage im Monat. Mindestens 10 Euro muss der Versicherte selbst pro Monat zahlen und er muss auf jeden Fall fünf Jahre warten, bevor er Leistungen in Anspruch nehmen kann.

Achtung, Versorgungs­lücke!

Die Versorgungs­lücke im Pflegefall schließen diese Tarife nicht. Die Leistungen sind recht nied­rig. Die Versicherer dürfen aber keinen Interes­senten wegen Krankheit ablehnen. Das könnte das Risiko von Beitrags­steigerungen auf lange Sicht erhöhen. Nur wer bereits pflegebedürftig ist, erhält keinen solchen Vertrag mehr. Versicherte müssen die Beiträge auch dann weiter bezahlen, wenn sie pflegebedürftig sind. Das frisst einen Teil der Leistung wieder auf. Es gibt auch Pflegetagegeldversicherungen, die den Pflege-Bahr und die unge­förderte Variante kombinieren.

Pflege­kosten­versicherung – die Details

Das Prinzip einer Pflege­kosten­versicherung unterscheidet sich grund­legend von dem der Pfleg­etagegeld­versicherung. Sie zahlt nicht für jeden Tag einen festen Betrag, sondern orientiert sich an den tatsäch­lichen Pflege­kosten. Wird der Versicherte von Profis zu Hause oder im Heim gepflegt, bekommt er gegen Vorlage der Rechnung Geld – oft die Rest­kosten bis zu einer Höchst­grenze. Meist ist der Betrag auf das Doppelte der gesetzlichen Leistung begrenzt. Wird er ausschließ­lich von Angehörigen gepflegt, zahlt der Versicherer einen monatlichen Betrag, ohne dass Kosten nachgewiesen werden müssen.

Pflegerenten­versicherung – so funk­tioniert diese Variante

Die Pflegerenten­versicherung funk­tioniert anders als die beiden vorgestellten Varianten. Sie zahlt, je nach Schwere der Pflegebedürftig­keit, eine monatliche Rente. Diese ist fest vereinbart, kann aber auch etwas höher ausfallen.

Prinzip Lebens­versicherung

Nach dem Prinzip einer Lebens­versicherung werden Kunden an Über­schüssen beteiligt, die ein Versicherer möglicher­weise erwirt­schaftet. Kommt es zu solchen Über­schüssen, können sie etwa inflations­bedingte Preissteigerungen in der Pflege ausgleichen. Die bei Vertrags­beginn in Aussicht gestellte Über­schuss­beteiligung ist jedoch unsicher, denn die Höhe hängt etwa davon ab, wie sich das Pflegerisiko aller Versicherten oder der Anlage­erfolg des Unter­nehmens entwickelt.

Stabile Beiträge

Bei der Pflegerenten­versicherung sind die Beiträge über die Lauf­zeit hinweg stabil. Kunden können die Zahlung ganz oder für eine Zeit aussetzen. Damit das die Rente am Ende nicht schmälert, ist es bei einigen Versicherern möglich, Beiträge nach­zuzahlen. Stabilität und Flexibilität der Beiträge haben ihren Preis: Die Versicherung ist viel teurer als eine Pflege­kosten- oder Pflege­tagegeld­police. Wer über eine Pflegerenten­versicherung nach­denkt, sollte auch einen Blick auf die Art der Begut­achtung werfen. Welche Leistungen es aus einer Pflegerenten­versicherung gibt, entscheiden die Anbieter nach dem gesetzlichen Pflegebedürftig­keits­begriff oder dem ADL-Punkte­system. ADL steht für Aktivitäten des täglichen Lebens. Gemessen wird hier, wie viel Hilfe jemand etwa beim Waschen, Fortbewegen oder Essen braucht

14

Mehr zum Thema

14 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 13.02.2023 um 10:56 Uhr
Pflegezusatzversicherung

@moby_HH: Wir empfehlen den Abschluss eine Pflegeversicherung nur in ganz bestimmten Fällen. Da diese Art der Versicherung aber durch unsere Leser nachgefragt ist, haben wir einen Vergleich vorgenommen. Bitte lesen Sie dazu auch: www.test.de/Private-Pflegeversicherung-im-Test-So-fuellen-Sie-die-Pflegeluecke-4837475-5717054/

moby_HH am 12.02.2023 um 14:30 Uhr
Dringende Warnung von Pflegezusatzversicherung !

In 2021 stiegen die Beiträge bei einigen Pflegeversicehrungen um bis zu 300% !!
Es ist schon sehr merkwürdig, dass die Stiftung Warentst hier weiterhin den Abschluss entsprechender Produkte empfiehlt, gleichzeitig aber schreibt:
- Zitat 1:"Wer sichere und [..] als Rentner ausreichend hohe Einkünfte hat, kann [..] einer privaten Pflege­zusatz­versicherung in Erwägung ziehen."
- Zitat 2: "Es ist leider so, dass niemand weiß, was der Schutz einer privaten Pflegetagegeldversicherung in Zukunft kosten wird."
Kurzum: Man weist darauf hin, dass die Beträge steigen, kann oder will aber nicht sagen , wieviel.
Das die Steigerung beriets bis zu 300% betragen, fällt unter den Tisch.
Man kann doch nicht ernsthaft irgendjemanden eine Versicherung empfehlen, bei der die Beträge auch für Rentner jährlich um bis zu 300% steigen können!!!

Profilbild Stiftung_Warentest am 06.02.2023 um 09:57 Uhr
Aktuelle Preise stark höher als im Test

@mhen000: Einen Schutz wie bei der Einlagensicherung bei Banken für Sichteinlagen gibt es für private Zusatzversicherungen nicht.

mhen000 am 02.02.2023 um 19:39 Uhr
Aktuelle Preise stark höher als im Test

Ich habe mir im Dezember 2022 ein Angebot der UKV für eine PflegePRIVAT Premium Plus-Tagesgeldversicherung machen lassen und habe festgestellt, dass die Preise seit diesem Test zu Beginn des Jahres 2021 stark angestiegen sind. Dies wird ja bereits in anderen Kommentaren in anschaulichen Zahlen festgestellt (obwohl man annehmen sollte, dass die Altersrückstellungen der Versicherungsnehmer solche Beitragssprünge weitgehend verhindern). Wenn ich mir zusätzlich überlege, dass ich bei Abschluss einer solchen Versicherung mein Wohl und Wehe über Jahrzehnte in die Hände eines Versicherers lege, der dann, wenn ich die Leistung benötige, vielleicht schon gar nicht mehr am Markt bin, dann wird mir Angst und bange.
Daher die Frage an test: was würde passieren, falls in 20 Jahren eine Versicherung insolvent ginge? Gibt es für die Versicherungsnehmer einer Pflegezusatzversicherung einen Einlagenschutz ähnlich einer Bank, oder stünden diese Menschen dann im Alter ohne jeden Zusatzschutz da?

Muselmane am 27.11.2022 um 09:51 Uhr
Beitragsanpassung ab 2023: +20%

Auch ich kam diese Woche in den Genuss einer Erhöhung von der DFV von +20% ab 2023 für meine Pflegeversicherung (bei gleichbleibender Leistung). 2021 waren es +18% und 2020 durch die Pflegegrad-Umstellung +45%. Bisher konnte ich das dadurch kompensieren, dass ich wie von Test empfohlen die Leistungen reduziert habe.
In der aktuellen Situation, wo vmtl. immer weniger Menschen sich das noch leisten können und ggf. kündigen, frage ich mich, ob die Kostenerhöhungen zum gewissen Teil auch einfach nur daher kommen, dass die Anzahl der Versicherten immer weiter schrumpft und immer weniger die anfallenden Kosten schultern müssen.
Macht es unter dieser Annahme überhaupt noch sinn die Leistungen immer weiter zu reduzieren und den Vertrag zu behalten?
Ich habe die Vermutung, dass die Beiträge dadurch zukünftig zusätzlich stark steigen werden und man über die Zeit (bin jetzt 49) die Leistungen so weit reduzieren muss, dass es sich fast kaum noch lohnt, was man dann am Schluss rausbekommen kann.