Pflege­versicherung

Pflege­zeit für Angehörige: Das müssen Arbeitnehmer wissen

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Pflege­versicherung - Diese Leistungen stehen Ihnen zu

Pflege­zeit. Muss plötzlich die Pflege eines Angehörigen organisiert werden, können sich Arbeitnehmer vorüber­gehend freinehmen. © Westend61 / Maskot / Maskot

Hier erklären wir, was Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer tun können, wenn Sie kurz­fristig oder auf Dauer einen Angehörigen pflegen möchten.

Frei­stellung im Notfall möglich

Tritt ein akuter Pflegefall ein, können sich Angestellte sofort für bis zu zehn Tage von der Arbeit frei­stellen lassen. Sinn­voll ist es, sich vorab zu erkundigen, ob der Arbeit­geber den Lohn weiterzahlt, da das eine freiwil­lige Leistung ist. Wer kein Gehalt für den Zeitraum der Frei­stellung erhält, kann von der Pflege­versicherung des Angehörigen Pflege­unterstüt­zungs­geld erhalten. Der Zuschuss beträgt maximal 112,88 Euro pro Tag (2023) und deckt in vielen Fällen einen Groß­teil des Lohn­ausfalls ab. Bis zum 30. April 2023 wird er coronabe­dingt für bis zu 20 Tage gezahlt.
So gehts: Informieren Sie sofort Ihren Arbeit­geber. Er kann ein Attest verlangen, in dem ein Arzt bestätigt, dass Ihr Angehöriger voraus­sicht­lich pflegebedürftig ist und Ihre Hilfe benötigt. Beantragen Sie, wenn nötig, Pflege­unterstüt­zungs­geld. Legen Sie dem Antrag die ärzt­liche Bescheinigung zur prognostizierten Pflegebedürftig­keit bei.

Bis zu sechs Monate Pflege­zeit

Darüber hinaus haben Angestellte das Recht, sich für die Pflege naher Angehöriger bis zu sechs Monate frei­zunehmen oder auf eine Teil­zeitstelle zu wechseln. Die Voraus­setzung dafür ist, dass in einer Firma mehr als 16 Mitarbeitende beschäftigt sind und dass der pflegebedürftigen Person mindestens Pfle­gegrad 1 bescheinigt wurde . Angestellte, die sich für die Pflege­zeit freinehmen, erhalten keinen Lohn. Um den Verdienst­ausfall zu über­brücken, haben sie die Möglich­keit, ein zins­loses Darlehen beim Bundes­amt für Familie und zivilgesell­schaftliche Aufgaben (Bafza) zu beantragen.
So gehts: Kündigen Sie Chefin oder Chef Ihre bis zu sechs­monatige Auszeit mindestens zehn Tage vorher schriftlich an. Möchten Sie Ihre Arbeits­zeit lediglich reduzieren, informieren Sie Ihre Firma, wie Sie die Arbeits­zeit aufteilen wollen. Legen Sie eine Bescheinigung über die Pflegebedürftig­keit Ihres Angehörigen vor.

Bis zu 24 Monate Familien­pflege­zeit

Arbeiten in einem Unternehmen mehr als 25 Menschen, besteht zusätzlich die Möglich­keit, eine 24-monatige Familien­pflege­zeit zu nehmen. Angestellte dürfen während der Familien­pflege­zeit ihre Arbeits­zeit reduzieren – allerdings nicht auf weniger als 15 Wochen­stunden. Nur bei dringenden betrieblichen Gründen können Unternehmen eine Familien­pflege­zeit ablehnen. Um die Phase teil­weise zu finanzieren, können Pflegende ebenfalls ein zins­loses Darlehen des Bundes­amts für Familie und zivilgesell­schaftliche Aufgaben – Bafza – erhalten.
So gehts: Um Ihren Anspruch auf eine Familien­pflege­zeit geltend zu machen, müssen sie diese Ihrem Arbeit­geber mindestens acht Wochen vor dem geplanten Beginn ankündigen.

Kombination aus Pflege­zeit und Familien­pflege­zeit

Pflege­zeit und Familien­pflege­zeit lassen sich auch kombinieren, allerdings muss der Über­gang nahtlos sein. Zudem darf die Gesamt­pflege­zeit nicht länger als 24 Monate dauern.
So gehts: Wollen Sie aus der Pflege­zeit in die Familien­pflege­zeit gehen, teilen Sie Ihrem Arbeit­geber dies mindestens drei Monate vorher mit. Dabei müssen Sie auch die gewünschte Verteilung Ihrer Arbeits­zeit angeben.

Sonderkündigungs­schutz in der Pflege­zeit

Menschen, die Pflege­zeit in Anspruch nehmen oder beantragt haben, fallen unter einen besonderen Kündigungs­schutz. Dieser besteht vom Zeit­punkt der Ankündigung der Pflege beim Arbeit­geber bis zur Beendigung der kurz­zeitigen Frei­stellung beziehungs­weise bis zum Ende der Pflege­zeit. Grund­sätzlich gilt besteht der Kündigungs­schutz sogar, wenn Arbeitnehmende noch in der Probezeit sind und auf einmal einen Angehörigen pflegen müssen.

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14 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 13.02.2023 um 10:56 Uhr
Pflegezusatzversicherung

@moby_HH: Wir empfehlen den Abschluss eine Pflegeversicherung nur in ganz bestimmten Fällen. Da diese Art der Versicherung aber durch unsere Leser nachgefragt ist, haben wir einen Vergleich vorgenommen. Bitte lesen Sie dazu auch: www.test.de/Private-Pflegeversicherung-im-Test-So-fuellen-Sie-die-Pflegeluecke-4837475-5717054/

moby_HH am 12.02.2023 um 14:30 Uhr
Dringende Warnung von Pflegezusatzversicherung !

In 2021 stiegen die Beiträge bei einigen Pflegeversicehrungen um bis zu 300% !!
Es ist schon sehr merkwürdig, dass die Stiftung Warentst hier weiterhin den Abschluss entsprechender Produkte empfiehlt, gleichzeitig aber schreibt:
- Zitat 1:"Wer sichere und [..] als Rentner ausreichend hohe Einkünfte hat, kann [..] einer privaten Pflege­zusatz­versicherung in Erwägung ziehen."
- Zitat 2: "Es ist leider so, dass niemand weiß, was der Schutz einer privaten Pflegetagegeldversicherung in Zukunft kosten wird."
Kurzum: Man weist darauf hin, dass die Beträge steigen, kann oder will aber nicht sagen , wieviel.
Das die Steigerung beriets bis zu 300% betragen, fällt unter den Tisch.
Man kann doch nicht ernsthaft irgendjemanden eine Versicherung empfehlen, bei der die Beträge auch für Rentner jährlich um bis zu 300% steigen können!!!

Profilbild Stiftung_Warentest am 06.02.2023 um 09:57 Uhr
Aktuelle Preise stark höher als im Test

@mhen000: Einen Schutz wie bei der Einlagensicherung bei Banken für Sichteinlagen gibt es für private Zusatzversicherungen nicht.

mhen000 am 02.02.2023 um 19:39 Uhr
Aktuelle Preise stark höher als im Test

Ich habe mir im Dezember 2022 ein Angebot der UKV für eine PflegePRIVAT Premium Plus-Tagesgeldversicherung machen lassen und habe festgestellt, dass die Preise seit diesem Test zu Beginn des Jahres 2021 stark angestiegen sind. Dies wird ja bereits in anderen Kommentaren in anschaulichen Zahlen festgestellt (obwohl man annehmen sollte, dass die Altersrückstellungen der Versicherungsnehmer solche Beitragssprünge weitgehend verhindern). Wenn ich mir zusätzlich überlege, dass ich bei Abschluss einer solchen Versicherung mein Wohl und Wehe über Jahrzehnte in die Hände eines Versicherers lege, der dann, wenn ich die Leistung benötige, vielleicht schon gar nicht mehr am Markt bin, dann wird mir Angst und bange.
Daher die Frage an test: was würde passieren, falls in 20 Jahren eine Versicherung insolvent ginge? Gibt es für die Versicherungsnehmer einer Pflegezusatzversicherung einen Einlagenschutz ähnlich einer Bank, oder stünden diese Menschen dann im Alter ohne jeden Zusatzschutz da?

Muselmane am 27.11.2022 um 09:51 Uhr
Beitragsanpassung ab 2023: +20%

Auch ich kam diese Woche in den Genuss einer Erhöhung von der DFV von +20% ab 2023 für meine Pflegeversicherung (bei gleichbleibender Leistung). 2021 waren es +18% und 2020 durch die Pflegegrad-Umstellung +45%. Bisher konnte ich das dadurch kompensieren, dass ich wie von Test empfohlen die Leistungen reduziert habe.
In der aktuellen Situation, wo vmtl. immer weniger Menschen sich das noch leisten können und ggf. kündigen, frage ich mich, ob die Kostenerhöhungen zum gewissen Teil auch einfach nur daher kommen, dass die Anzahl der Versicherten immer weiter schrumpft und immer weniger die anfallenden Kosten schultern müssen.
Macht es unter dieser Annahme überhaupt noch sinn die Leistungen immer weiter zu reduzieren und den Vertrag zu behalten?
Ich habe die Vermutung, dass die Beiträge dadurch zukünftig zusätzlich stark steigen werden und man über die Zeit (bin jetzt 49) die Leistungen so weit reduzieren muss, dass es sich fast kaum noch lohnt, was man dann am Schluss rausbekommen kann.