Wer berät, wenn Pflege nötig wird?
Wird ein Mensch pflegebedürftig, hat die ganze Familie viele Fragen. Wie lässt sich Pflege organisieren? Wo gibt es finanzielle Unterstützung? Kann der Pflegebedürftige zu Hause gepflegt werden oder ist ein Pflegeheim die bessere Lösung? Antworten geben zahlreiche Anlaufstellen.
- Das Wichtigste in Kürze
- Von der Ausfüllhilfe bis zum Versorgungsplan
- Beratungspflicht der Kassen
- Beratungsangebote bei den Kommunen
- Pflegeberatung im Krankenhaus
- Pflegeberatung durch Verbraucherzentralen und Verbände
- Pflegeberatung durch Pflegedienst und Sozialstation
- Hilfe aus dem Internet
- So helfen Wohnberatungsstellen
- Das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums
- Hilfe durch Pflegebegleiter und Selbsthilfe
Das Wichtigste in Kürze
Beratung steht jedem zu
Rechtsanspruch. Pflegebedürftige und Angehörige haben Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung bei ihrer Pflegekasse. Pflegestützpunkte übernehmen häufig diese Aufgabe. Inhalt der Beratung soll die umfassende Unterstützung bei der Auswahl notwendiger Hilfe- und Pflegeleistungen in der Pflegesituation sein.
Neutrale Auskunft. Die Beratung sollte neutral sein und auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Der Berater darf keine bestimmte Einrichtung oder Pflegedienst empfehlen. Er kann Dienste in Wohnortnähe auflisten und Auswahltipps geben.
Im Austausch bleiben. Selbsthilfegruppen vor Ort und Webseiten sowie Angehörigenforen im Internet informieren und ermöglichen den Austausch mit anderen in gleicher Situation. Das kann den Pflegealltag erleichtern.
Von der Ausfüllhilfe bis zum Versorgungsplan
In einer Pflegeberatung kann die nötige Unterstützung gefunden werden, um den Pflegealltag zu Hause zu organisieren. Pflegeberater helfen zum Beispiel bei der Suche nach einem Kurzzeitpflegeplatz oder einem Heim. Sie begleiten pflegende Angehörige in schwierigen Situationen, helfen beim Ausfüllen von Anträgen und erstellen, wenn notwendig, einen Versorgungsplan.
Versorgungsplan: Wer finanziert welche Leistung?
So ein Plan listet auf, wie die Pflege zu Hause möglich wird und bringt verschiedene Beteiligte wie Angehörige, Pflegedienst, Betreuungsdienst sowie die Versorgung mit Hilfsmitteln unter einen Hut. Der Plan zeigt auch, wer welche Leistungen finanziert. Ist eine komplexe Pflegesituation zu klären, kann die Beratung auch beim Pflegebedürftigen zu Hause stattfinden. Dort kann der Berater die Situation am besten einschätzen und sehen, welche Hilfsmittel oder Umbaumaßnahmen nötig sind. Nötige Anträge können dann gemeinsam vorbereitet und das weitere Vorgehen koordiniert werden.
Tipp: Vereinbaren Sie telefonisch einen Beratungstermin und notieren Sie sich bis dahin alle wichtigen Fragen. Bringen Sie zum Gespräch alle bereits vorhandenen Pflegeunterlagen mit. Die Mitarbeiter der Beratungsstellen wissen, welche Hilfen es wo gibt und wie Sie diese beantragen und finanzieren können. Machen Sie sich während des Gesprächs Notizen und bitten Sie um schriftliche Informationen, insofern diese vorliegen.
Beratungspflicht der Kassen
Wer Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezieht oder beantragt, hat Anspruch auf eine kostenlose Beratung durch die Pflegekasse oder den privaten Krankenversicherer. Auch die Angehörigen haben das Recht, sich beraten zu lassen, wenn der Betroffene zustimmt. Die Pflegekasse hilft in der Regel erst einmal telefonisch weiter.
Gesetzlich Versicherte
Kassenmitarbeiter sollten Auskunft über Hilfsangebote in der Nähe des Pflegebedürftigen geben und wenn notwendig auch vor Ort bei einem Hausbesuch beraten. Berät die Kasse selbst nicht, muss sie eine Anlaufstelle nennen, die das in ihrem Auftrag übernimmt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Pflegeversicherte ihren Anspruch auf eine unabhängige und fachlich kompetente Beratung vor allem in Pflegestützpunkten einlösen. Pflegestützpunkte sind einzeln oder gemeinsam von Krankenkassen, Kommunen oder Wohlfahrtsverbänden organisiert und befinden sich meist in Wohnortnähe.
Privat Krankenversicherte
Die privaten Krankenversicherungen haben für ihre pflegebedürftigen Mitglieder und deren Angehörige eine Pflegeberatung eingerichtet. Die Compass Pflegeberatung (compass-pflegeberatung.de oder 0 800/1 01 88 00) gibt Informationen am Telefon – oder ein Berater kommt zum Versicherten nach Hause oder ins Pflegeheim, um ihn individuell zu beraten. Auch übernehmen die Pflegeberater, die gesetzlich vorgeschrieben Beratungsbesuche, wenn Versicherte ausnahmslos Pflegegeld bekommen (siehe auch Beratung durch Pflegedienste).
Leistungs- und Preislisten von Pflegeheimen
Die Krankenkassen müssen außerdem ihren Versicherten auf Anfrage Leistungs- und Preislisten von Pflegeheimen, Pflegediensten und weiteren Hilfsangeboten zusenden. Viele große Kassen geben auf Onlineportalen einen Überblick über zugelassene Dienste und Einrichtungen, ihre Leistungen und Preise:
aok-pflegedienstnavigator.de (AOK)
der-pflegekompass.de (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft)
pflegelotse.de (Verband der Ersatzkassen)
bkk-pflegefinder.de (BKK)
Beratungsangebote bei den Kommunen
Aber auch Pflegedienste oder freie Pflegeberater helfen weiter. Aufgeführt sind sie in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege. Auf den ersten Blick scheint das Angebot groß. Doch nicht überall haben Pflegeversicherte gleich gute Chancen, in nächster Nähe beraten zu werden. Vor allem außerhalb größerer Städte müssen sie bis zur nächsten Pflegeberatung weit fahren. In ländlichen Gegenden fehlt häufig bedarfsgerechte und unabhängige Beratung. Um dieses Problem zu lösen und mehr Versicherten eine anbieterunabhängige Beratung zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber die Kommunen mit dem Pflegestärkungsgesetz III stärker an der Beratung beteiligt. In 60 Städten und Kreisen entstehen seither modellhaft kommunale Beratungsstellen, die Beratungsaufgaben der Pflegekassen mit übernehmen.
Pflegeberatung im Krankenhaus
Wird nach einem Unfall oder einer Krankheit im Krankenhaus klar, dass ein Mensch pflegebedürftig wird, berät häufig der Sozialdienst der Klinik. Er kann sagen, ob Anspruch auf eine Reha-Maßnahme besteht, welche Unterstützungsleistungen und Hilfsmittel der Patient vermutlich brauchen wird und wie diese beantragt werden.
Pflegeberatung durch Verbraucherzentralen und Verbände
Auch Wohlfahrtsverbände wie AWO, Deutsches Rotes Kreuz, Malteser, Caritas und Diakonie beraten persönlich vor Ort. Meist bieten die Verbände auch einen Pflegedienst oder andere Unterstützungsmöglichkeiten an. Über Ansprüche, Hilfsmittel und die Leistungen der Pflegekassen können die Verbände neutral informieren. Wenn es um konkrete Hilfe geht, schlagen sie allerdings unter Umständen einen eigenen Dienst vor. Verbraucherzentralen geben bei Ablehnung von Leistungen durch die Kasse ebenso kostenlosen Rat zum Widerspruchsverfahren.
Kostenfreie Beratung bei der UPD
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) hilft Ratsuchenden bei allen Fragen und Problemen rund ums deutsche Gesundheitssystem – auch im Bereich Pflege. Zum Beraterteam gehören etwa Ärzte, Juristen und Sozialversicherungsangestellte. Wer ein persönliches Gespräch möchte, kann sich an eine der bundesweit 30 festen Beratungsstellen wenden oder einen Termin mit einem der UPD-Beratungsmobile machen. Darüber hinaus bietet die UPD Online- und telefonische Beratung (0800 / 011 77 22) und eine Beratungs-App an. Alle Informationen finden Ratsuchende auf der Internetseite der UPD.
Pflegeberatung durch Pflegedienst und Sozialstation
Bei Fragen zu Leistungen der Pflegeversicherung zu Hause sind auch Pflegedienste und Sozialstationen zuständig. Sie beraten vor allem dann, wenn eine Pflegekraft schon ins Haus kommt oder kommen soll. Der Dienst kann einschätzen, wie viel Pflege notwendig ist und ab wann mehr nötig sein wird. Dann muss der Pflegebedürftige eine Höherstufung des Pflegegrades bei seiner Kasse beantragen. Pflegedienste beraten auch, wenn nur Pflegegeld gezahlt wird – das ist der Fall, wenn sich ausschließlich nahestehende Personen kümmern. Mit Bewilligung der Leistung informiert die Kasse den Versicherten darüber, dass er sich regelmäßig beraten lassen muss. Das Gesetz schreibt bei Pflegegrad 2 und 3 eine halbjährliche und bei Pflegegrad 4 und 5 eine vierteljährliche Beratung vor.
Pflegeberatung durch freie Pflegeberater
Haben Angehörige keine Zeit, den Alltag des Pflegebedürftigen zu organisieren, helfen freie Pflegeberater weiter. Gegen Honorar beraten sie in der Wohnumgebung. Oft rufen hier erwachsene Kinder an, die nicht in der Nähe der Eltern wohnen oder die mit der Pflege überfordert sind. Freie Berater helfen geeignete Pflegeanbieter zu finden.
Hilfe aus dem Internet
Einen ersten Überblick über Leistungen der Pflegeversicherung liefert das Internet. Die großen Kassen bieten auf ihren Webseiten Datenbanken zur Suche nach Pflegeanbietern vor Ort und Formulare wie den Antrag auf Pflegeleistungen. Zudem können Pflegende sich auf Internetseiten und in Foren mit Psychologen und anderen Betroffenen austauschen, etwa auf den Plattformen
pflegen-und-leben.de
pflegendeangehoerige.info
elternpflege-forum.de.
Hier werden ihre Fragen beantwortet und sie erhalten Tipps, wie der Pflegealltag leichter zu bewältigen ist. Für pflegende Kinder und Jugendliche gibt es das Internetportal Young Helping Hands .Bei Konflikten in Pflegesituationen finden Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Ansprechpartner unter pflege-gewalt.de.
So helfen Wohnberatungsstellen
Vor allem Anfang einer Pflegesituation ist es sinnvoll, sich nicht nur in einer Pflegeberatung, sondern auch an eine Wohnberatungsstelle zu wenden. Geschulte Mitarbeiter kommen dann zum Pflegebedürftigen nach Hause und zeigen ihm, wie er seine Wohnung sicherer gestalten kann. Meist sind es schon kleine Veränderungen, die das Leben in den eigenen vier Wänden angenehmer machen. Der Wohnberater klärt meist kostenlos zum barrierefreien Umbau und beantwortet mit einem Wohnungswechsel verbundenen Fragen, wenn ein Umzug ansteht. Adressen gibt es unter wohnungsanpassung-bag.de und Hausbesuche unter online-wohnberatung.de.
Das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums
Jeder mit Fragen zur Pflege kann sich an das Beratungstelefon des Bundesfamilienministeriums wenden. Ratsuchende werden hier rund um das Thema und die Leistungsansprüche informiert. Beratende Pflegefachkräften und Psychologen sind von Montag bis Donnerstag zwischen 9 und 18 Uhr unter der Rufnummer 030/ 20 17 91 31 erreichbar.
Hilfe durch Pflegebegleiter und Selbsthilfe
Nichtpflegende können oft kaum nachvollziehen, wie der Alltag in Pflegefamilien aussieht und sich anfühlt. Vor allem für Angehörige von Demenzkranken ist es schwierig und sie leiden darunter, dass der geliebte Mensch seine Wesen verändert und zunehmend Hilfe braucht. Der Austausch mit anderen, die in ähnlicher Lage sind, macht die Situation meist etwas leichter. Senioren- und Pflegebegleiter beraten kostenlos zu Hause (pflegebegleiter.de) und auch Selbsthilfegruppen für pflegenden Angehörigen zum Beispiel der Alzheimer Gesellschaft oder lokalen Gruppen geben die Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch von Erfahrungen.
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