Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt davon ab, wie viel an Beiträgen seit dem 17. Lebensjahr der Versicherten an die Rentenversicherung geflossen sind. Wichtig gerade für jüngere Erwerbsgeminderte sind zudem aber auch Anrechnungszeiten – rentenrechtliche Zeiten, in denen sie keine Beiträge gezahlt haben, die aber dennoch als Versicherungszeit zählen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeit des Studiums.
Tabelle: Auch beitragsfreie Zeiten sind wichtig
Wie hoch die Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt davon ab, wie viel Versicherte verdient haben und auf wie viele rentenrechtliche Zeiten sie seit ihrem 17. Lebensjahr insgesamt kommen; auch solche, in denen keine Beiträge gezahlt wurden. Wir zeigen unterschiedliche Beispiele für einen westdeutschen Versicherten. Die Renten ostdeutscher Versicherter fallen bei gleichem Versicherungsverlauf höher aus.
Verdiensthöhe während des Arbeitslebens im Vergleich zum Durchschnitt aller Versicherten |
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80 (Prozent) |
100 (Prozent) |
150 (Prozent) |
|
Das entspricht 2023 brutto (Euro/Monat)1 |
2 876 |
3 595 |
5 393 |
Volle Erwerbsminderungsrente zum 1. Juli 2023 brutto (Euro)2 |
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29 Jahre alt bei Rentenbeginn |
1 130 |
1 411 |
2 117 |
29 Jahre alt bei Rentenbeginn |
545 |
681 |
1 021 |
55 Jahre alt bei Rentenbeginn |
1 130 |
1 411 |
2 117 |
55 Jahre alt bei Rentenbeginn |
1 037 |
1 297 |
1 945 |
1) Vorläufiges Durchschnittsentgelt
2) Vorläufige Werte
Quellen: Deutsche Rentenversicherung Bund. Alle Beträge gerundet. Stand: 31. März 2023
Gerade für jüngere Menschen sind Anrechnungszeiten wichtig
Die Berechnungen zeigen: Ein 29-Jähriger, der fünf Jahre lang durchschnittlich verdient hat, ansonsten keine anrechenbaren Zeiten auf seinem Rentenkonto hat und dann – zum Beispiel aufgrund eines Unfalls – erwerbsunfähig wird, bekäme derzeit im Westen 681 Euro Monatsrente. Einem Kollegen aus Ostdeutschland stände bei gleicher Erwerbsbiografie etwas mehr zu.
Sind auf seinem Rentenkonto aber nicht nur die Beitragszeiten aus seiner Beschäftigung gespeichert, sondern ist die restliche Zeit ab seinem 17. Lebensjahr mit Schul- und Studienzeiten gefüllt, erhöht sich seine Rente auf 1 411 Euro.
„Gerade bei jüngeren Menschen, die vermindert erwerbsfähig sind, ist es sehr wichtig, dass alle Zeiten, die rentenrechtlich eine Rolle spielen, auf ihrem Rentenkonto gespeichert sind. Unabhängig, ob Beiträge gezahlt wurden oder nicht“, bestätigt Katja Braubach, Pressereferentin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Tipp: Auf Jobsuche nach Schule oder Studium? Zeiten der Arbeitslosigkeit zählen bei der Erwerbsminderungsrente. Melden Sie sich arbeitssuchend, auch wenn Sie die Voraussetzung für die Zahlung von Arbeitslosengeld 1 nicht erfüllen. Nur wenn Sie bei der Arbeitsagentur gemeldet sind, zählt die Zeit bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente mit.
Gesetzliche Rente wird hochgerechnet
Erwerbsgeminderten fehlen oft viele Jahre bis zum Beginn ihrer regulären Altersrente – und somit auch viele Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für diese Zeit erhalten sie einen Ausgleich in Form einer sogenannten Zurechnungszeit.
Es wird dabei rechnerisch so getan, als ob die Person weitergearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hätte. Das führt dazu, dass die Renten junger Erwerbsgeminderter genauso hoch ausfallen können wie die Älterer. „Hierhinter steht die Sozialgemeinschaft und die soziale Absicherung. Es soll keiner bestraft werden, weil er in jungen Jahren bereits erwerbsgemindert wird“, sagt Braubach.
Je nach dem Jahr des Rentenbeginns verlängert sich die Zurechnungszeit aber. Unsere Tabelle zeigt, um wie viele Jahre.
Zurechnungszeit nach Jahrgang
Bis zu diesem Alter rechnet die Rentenversicherung die Versicherungszeit nach Eintritt der Erwerbsminderung hoch. Die Zurechnungszeit bewertet sie mit einem Durchschnitt aus den zurückliegenden Versicherungszeiten.
Rentenbeginn (Jahr) |
Alter |
|
Jahre |
Monate |
|
2023 |
66 |
0 |
2024 |
66 |
1 |
2025 |
66 |
2 |
2026 |
66 |
3 |
2027 |
66 |
4 |
2028 |
66 |
6 |
2029 |
66 |
8 |
2030 |
66 |
10 |
2031 |
67 |
0 |
Quelle: DRV Bund
Kürzere Zurechnungszeit bei Rentenbeginn von 2018
Bei einem Rentenbeginn vor 2018 wurde nur eine Zurechnungszeit bis zum 62. Geburtstag zugrunde gelegt. Die Renten dieser Bestandsrentnerinnen und -rentner fallen dadurch bisher im Schnitt vergleichsweise niedriger aus. Ab Juli 2024 sollen sie nun durch einen Zuschlag besser gestellt werden.
Von der Neuregelung profitieren alle, deren Erwerbsminderungsrente in der Zeit von 2001 bis 2018 begonnen hat. Zusätzlich werden alle Bezieherinnen und Bezieher einer laufenden Alters- oder Hinterbliebenenrente, bei denen unmittelbar zuvor eine solche Erwerbsminderungsrente gezahlt wurde, einen Zuschlag erhalten. Insgesamt sollen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung rund drei Millionen Renten einen Zuschlag erhalten.
Rentenabschläge bis 10,8 Prozent
Für Erwerbsminderungsrenten gelten genauso wie für alle Altersrenten sogenannte Rentenabschläge, sofern sie vorzeitig bezogen werden. Daran hat sich auch durch die neuen Reformen nichts geändert. Für jeden Monat, den die Erwerbsminderungsrente vor diesem Zeitpunkt beginnt, werden 0,3 Prozent abgezogen. Maximal sind es aber 10,8 Prozent.
Die Altersgrenze, ab der es eine ungekürzte Erwerbsminderungsrente gibt, liegt 2023 bei 64 Jahren und zehn Monaten. Diese Altersgrenze steigt für die jeweiligen Neurentner bis zum Jahr 2024 auf 65 Jahre. Das Durchschnittsalter der Antragsteller liegt bei rund 53 Jahren. Das bedeutet: Vielen Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente erhalten, wird durch Abschläge 10,8 Prozent weniger ausgezahlt.
Prüfung: Letzte vier Jahre vor Erwerbsminderung
Seit dem 1. Juli 2014 können Erwerbsunfähigkeitsrentner von einer sogenannten Günstigerprüfung profitieren. Die Rentenversicherung klärt, ob sich die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Mindern diese Jahre die Rentenansprüche, fallen sie beim Berechnen der tatsächlichen Rente heraus.
Hintergrund: Viele Menschen sind in der Zeit vor dem Rentenbeginn gesundheitlich schon so stark eingeschränkt, dass sie zum Beispiel keine Überstunden mehr leisten können, eventuell nur noch Teilzeit arbeiten können, länger krankgeschrieben sind oder Krankengeld beziehen.
Die Berechnung der Rentenhöhe beruht normalerweise auf dem durchschnittlichen Verdienst eines Versicherten seit dem 17. Lebensjahr. Krankheitsbedingte Einkommenseinbußen in den letzten Jahren können den Durchschnitt deutlich nach unten ziehen.
Wer schon vor dem 1. Juli 2014 eine Erwerbsminderungsrente bezog, kann die Günstigerprüfung nicht nachträglich in Anspruch nehmen.
Tipp: Stellen Sie bei der Rentenversicherung möglichst schon in frühen Jahren einen Antrag auf Kontenklärung. Das erspart Ihnen Bürokratie, wenn Sie krankheitsbedingt irgendwann eine Erwerbsminderungsrente beantragen müssen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Versicherungsverlauf vollständig ist.
Medizinische Gutachter untersuchen Erwerbsfähigkeit
Um die Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen Versicherte einen Rentenantrag stellen. Die Deutsche Rentenversicherung untersucht dann mit eigenen medizinischen Gutachtern, ob und in welchem Umfang ein Antragsteller noch arbeiten kann.
Neben den gesundheitlichen Einschränkungen prüft die Rentenversicherung, ob der Antragsteller mindestens fünf Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat. Vor allem psychische Erkrankungen zwingen Menschen zu einem frühzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben – vor Rücken- und Krebserkrankungen.
Hauptgrund für Frührente ist die Psyche
Psychische Störungen sind inzwischen mit Abstand die häufigste Ursache für die Bewilligung einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Dazu gehören unter anderem Angststörungen, Depressionen, Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit. „Entfielen im Jahr 2000 noch 24,2 Prozent der erstmals gezahlten Erwerbsminderungsrenten auf psychische Leiden, waren es 2020 bereits 41,5 Prozent“, erläutert Rüdiger Herrmann, Vorsitzender der Vertreterversammlung der DRV Bund.
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@Selbständigeimnetz: Dies ist nicht der Ort für eine individuelle Rentenberatung. Diese bekommen Sie beim Rentenversicherungsträger.
Im Artikel haben wir dargestellt, dass man mindestens auf 5 Jahre Beitragszeit kommen muss sowie dass bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten die Mindestversicherungszeiten kürzer sind.
Paragraf 53 Abs. 1 SGB VI bestimmt für die vorzeitige Wartezeiterfüllung, dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt oder dass die Beschädigung beim Wehr- oder Zivildienst entstanden ist.
Die Erleichterten Voraussetzungen ergeben sich nicht allein aus der Erfüllung des Wehr- oder Zivildienstes. Auch ein Studium führt nicht zur Verkürzung der Mindestversicherungszeit. Eine Ausbildung führt in der Regel zu Pflichtbeitragszeiten.
Hallo liebes test.de Team,
ich habe mit der Rentenversicherung telefoniert, die mir sagt, dass ich fünf Jahre am Stück Pflichtbeiträge gezahlt haben muss. Die Zeiten der Anrechnung aus Ausbildung, Wehrdienst und Studium zählen nicht, da es zu lange her ist. Ich zahle seit 01.01.2019 bis 01.07.2020 freiwillige Beiträge, seit dem Pflichtbeiträge. Nun sagt die Rentenversicherung, ich müsse noch vier Jahre Pflichtbeiträge am Stück zahlen, um einen Anspruch zu haben. In Ihrem Artikel steht jedoch, dass drei der letzten fünf Jahre Pflichtbeiträge gezahlt werden müssen und auch die anderen Zeiten aus Ausbildung, Wehrdienst und Studium zählen.
Liebe Grüße
Der VdK erteilt eine Mitgliedschaft erst,nach der jährlichen Bezahlung.Ein Verfahren wird eingeleitet,wenn der Mandant nachweisen kann,dass er/sie eine Rechtsschutzversicherung hat,die Sozialrecht abdeckt.
Die Erwerbsminderung wurde bei mir 3x abgelehnt.Nachdem3.Mal hat es mir gereicht,ich ging in Widerspruch.Und danach suchte ich professionelle Hilfe.
So richtig läuft es nicht beim VdK und man macht die umfassende Zuarbeit für die Anwälte.Ich habe das Problem erkannt und meine Mitgliedschaft gekündigt.Meine Gewerkschaft gab mir den Rat,mir besser einen Anwalt für Sozialrecht zu nehmen.
Es ging vor das SG.Recht bekam ich immer noch nicht,weil der Gutachter des Gerichts,einen Fehler machte.Also,wieder Widerspruch.Jetzt geht es in die nächst höhere Instanz.
Mittlerweile sind 3 1/2 Jahre vergangen und das Ende ist noch nicht in Sicht.Die Ärzte haben mich nach meinem schweren AU 2015,arbeitsunfähig geschrieben.3/4Jahr Krankenhaus,2 J. Reha,arbeitslos.
Für die DRV bin ich arbeitsfähig!
Derzeit wird eine Musterklage beim Bundessozialgericht zur Aufhebung einer Stichtagsregelung bei Erwerbsminderungsrenten geführt.
Ziel der Musterklage ist, dass eine seit 2019 geltende Neuregelung auch für Bestandsrentner Anwendung finden soll, die vor 2019 bereits die Rente bewilligt bekommen haben.
Damit würden diese Renten zum Teil deutlich höher ausfallen. Eine Nachzahlung für maximal vier Kalenderjahre wäre rückwirkend ab Antragstellung möglich.
Das Urteil des Bundessozialgerichts wird im kommenden Jahr erwartet.
Um etwaige Ansprüche zu sichern und eine ein Jahr längere Nachzahlung zu bekommen, ist es empfehlenswert umgehend einen Überprüfungsantrag zu stellen.
Die Versicherungsämter helfen dabei u. a. weiter.
@Thomas.Hahn: Vielen Dank. Wir haben die Angaben korrigiert. Richtig ist: "Rund 42 Prozent der Anträge auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente wurden abgelehnt." (TK)