
Beim Thema Entschädigung setzt die Bahn bislang auf die analoge Schiene.
Ab einer Verspätung von 60 Minuten steht Bahnfahrern Geld zu. Um dieses Fahrastrecht durchzusetzen, müssen Bahnkunden die Entschädigung im Bahnhof oder per Post beantragen. Auf elektronischem Weg geht das nur über private Zuggastportale wie Zug-Erstattung, Bahn-Buddy, Refundrebel, Robin-Zug oder Lametrain. Die Stiftung Warentest hat die Vor- und Nachteile der fünf Bahn-Entschädigungshelfer sowie die Rückerstattungs-App Rex ergründet.
Ticketkauf digital, Beschwerde nur analog
Alle reden von Digitalisierung, doch die Deutsche Bahn macht weiter wie bisher – analog. Nach einer Zugverspätung ist ein Antrag auf Entschädigung weiterhin nicht per E-Mail möglich. Noch nicht einmal per Fax können Bahnkunden die Erstattung einfordern. Bereits im Mai 2014 wollte test.de von der Deutschen Bahn wissen, warum Kunden nach einer großen Ankunftsverspätung ihren Anspruch auf Entschädigung nicht elektronisch geltend machen können. Damals hieß es, dass nur wenig Nachfrage nach einem rein elektronischen Antrag auf Entschädigung bestehe. Der technische Aufwand für einen Online-Antrag sei außerdem zu hoch.
Ab 2021 Entschädigung online beantragen
Vor kurzem nun hat Bahn-Chef Richard Lutz in einem Interview mit der Zeit versprochen, dass es spätestens 2021 möglich sein werde, Fahrgastrechte auch online geltend zu machen. Bis dahin müssen sich Fahrgäste aber immer noch das Fahrgastrechte-Formular besorgen – aus dem Internet, einem DB Service Point oder einem DB Reisezentrum – und dieses anschließend ausgefüllt im Reisezentrum der DB abgeben oder per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt am Main schicken.
Hintergrund: Das gibt es bei Verspätungen
Bis zu 50 Prozent Entschädigung ist drin
Bei einer Verspätung von 60 Minuten am Reiseziel stehen Bahnkunden 25 Prozent des Fahrpreises für die einfache Fahrt als Entschädigung zu. Ab zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Die Bahn kann sich selbst bei Verspätungen, die durch einen Wintereinbruch oder sonstige Unwetter („höhere Gewalt“) entstehen, nicht rausreden.
Zeitfahrkarte und Bahncard 100. Auch Inhaber von Zeitfahrkarten (etwa Monatskarte, Jahreskarte oder Bahncard 100) haben unter Umständen Anspruch auf eine Verspätungsentschädigung. Allerdings dürfen die Bahnunternehmen die Entschädigungsbedingungen hier selbst festlegen. Bei der Deutschen Bahn gelten ab einer Verspätung von 60 Minuten folgende Regeln:
Zeitfahrkarten des Nahverkehrs – 1,50 Euro pro Verspätungsfall (2. Klasse), 2,25 Euro pro Verspätungsfall (1. Klasse).
Zeitfahrkarten des Fernverkehrs – 5 Euro pro Verspätungsfall (2. Klasse), 7,50 Euro pro Verspätungsfall (1. Klasse).
Bahncard 100 – 10 Euro pro Verspätungsfall (2. Klasse), 15 Euro pro Verspätungsfall (1. Klasse).
Kleinbeträge. Entschädigungsbeträge von weniger als 4 Euro werden nicht ausgezahlt. Die Inhaber von Zeitkarten des Nahverkehrs müssen mehrere Verspätungsfälle gesammelt einreichen, um die 4-Euro-Grenze zu überschreiten. Bei Zeitfahrkarten entschädigt die Deutsche Bahn insgesamt maximal 25 Prozent des Kaufpreises der Fahrkarte.
Verpasster Flug. Die Bahn haftet grundsätzlich nicht für Schäden, die infolge einer Zugverspätung oder eines Zugausfalls entstehen.
Hotel. Macht eine Bahnverspätung von mehr als 60 Minuten eine Übernachtung erforderlich, muss die Bahn eine Unterbringung und die Fahrt zur Unterkunft anbieten. Tut sie das nicht, können Sie sich selbst eine nicht zu teure Unterkunft suchen und später Erstattung ihrer Hotelkosten von der Bahn verlangen.
Taxikosten. Ist zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh eine verspätete Ankunft am Zielort von mindestens 60 Minuten zu erwarten oder fällt der letzte Zug des Tages aus, so dass der Zielort nicht mehr bis 24 Uhr erreicht werden kann, darf sich der Reisende ein Taxi zum Zielbahnhof nehmen. Taxikosten bis 80 Euro hat die Bahn zu erstatten.
Diese Anbieter kümmern sich für Sie um den Papierkram
Hält die umständliche Antragspraxis bei der Deutschen Bahn Kunden ab, ihre Entschädigung zu verlangen? Dazu gibt es zwar keine Zahlen. Doch so mancher Bahnkunde dürfte sich nach dem Frust über die Verspätung nicht auch noch im Reisezentrum anstellen wollen. Und zu Hause das Entschädigungsformular herunterzuladen, auszudrucken, auszufüllen und per Post abzuschicken ist gewiss auch nicht jedermanns Sache. Für Entschädigungsmuffel sind die folgenden Dienste interessant.
Zug-Erstattung.de

Das Angebot. Der Dienstleister Zug-Erstattung.de macht einen Antrag auf Entschädigung bequem von unterwegs via Smartphone, Tablet oder Laptop möglich. Der Kunde gibt seine Daten auf der Internetseite ein, fotografiert sein Ticket und lädt es auf der Internetseite des Dienstes hoch. Wer ein elektronisches Handy-Ticket gekauft hat, lädt die per E-Mail von der Bahn erhaltene Buchungsbestätigung hoch. Auch die Erstattung von Taxi- und Hotelkosten können Bahnkunden über Zug-Erstattung.de einfordern. Zwar verlangt die Bahn dafür eigentlich die Einsendung von Originalbelegen. Nach Erfahrungen des Portals werden aber oft doch Kopien akzeptiert.
Der Vorteil. Der Bahnkunde muss nichts postalisch verschicken, auch das Original der Fahrkarte nicht. Der Kunde benötigt auch keine Verspätungsbestätigung vom Zugschaffner oder aus dem DB Reisezentrum im Bahnhof. Hat der Bahnkunde das Ticket auf die Website zug-erstattung.de hochgeladen, schickt der Dienst den Entschädigungsantrag des Kunden per Post an das zuständige Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt am Main. Zug-Erstattung.de fungiert für den Kunden quasi als eine Art Postbote.
Der Nachteil. Die Bahn hat nach Eingang des Antrags einen Monat Zeit für sie Auszahlung der Entschädigung. So sieht es Artikel 17 Absatz 2 der europäischen Fahrgastrechteverordnung (Nr. 1371/2007) vor. Manchmal geht es schneller, in Einzelfällen kann es aber auch länger dauern, bis der Bahnkunde das Geld direkt auf sein Konto überwiesen bekommt. Der über Zug-Erstattung.de eingereichte Antrag ist für Bahnkunden frei. Ab dem zweiten Antrag kostet die Hilfe des Portals 99 Cent pro Antrag. Stellt die Bahn nach Einreichung des Antrags Rückfragen, was nicht selten vorkommt („Zugnummer unbekannt, bitte nachreichen“), leitet Zug-Erstattung.de diese an den Kunden weiter. Um die die Beantwortung der Rückfragen muss er sich selbst kümmern. Zug-Erstattung.de richtet sich ausschließlich an Kunden der Deutschen Bahn.
Das Geschäftsmodell. Kosten stellt das Portal einmal am Ende des Jahres per E-Mail in Rechnung. Einnahmen erzielt das Portal vor allem mit den Nutzern der Bahncard 100. Diese Vielfahrer würden teilweise drei Anträge pro Woche einreichen, teilt Michael Schmitz, Betreiber des Portals, mit.
Robin-Zug.de

Das Angebot. Das in Augsburg ansässige Portal Robin-Zug.de hilft Bahnfahrern seit Ende 2016 bei der Reklamation von Verspätungsentschädigungen. Der Bahnkunde lädt ein Foto von seiner Fahrkarte oder die Buchungsbestätigung seines elektronischen Tickets auf der Internetseite von Robin-Zug.de hoch, sowie gegebenenfalls Belege über Ausgaben für Taxifahrten oder Hotelkosten. Das Portal füllt auf Basis der hochgeladenen Informationen das Fahrgastrechte-Formular für den Kunden aus und schickt es an das Servicecenter Fahrgastrechte der Bahn oder das zuständige Bahnunternehmen. Aktuell richtet sich der Dienst vor allem an Pendler, also an Bahnfahrer mit Zeitkarten (etwa Jahreskarte, Monatskarte, Wochenkarte) und Inhaber der Bahncard 100. Für Zuggäste mit Einzelfahrscheinen ist das Portal noch nicht nutzbar.
Der Vorteil. Lästiges Formulareausfüllen entfällt. Robin-Zug.de führte eine Verspätungsdatenbank, die Kunden zum Beispiel hilft, wenn sie sich nicht sicher sind, ob ihre Zugfahrt die zeitliche Grenze zur Entschädigungspflicht überhaupt überschritten hat. Mit dem Smartphone oder dem Computer kann der Nutzer nachträglich in der Datenbank nachschauen, ob die Fahrt zur Entschädigung berechtigt.
Der Nachteil. Gelegenheitsreisende, also Nutzer von Einzelfahrscheinen, können sich aktuell noch nicht an das Portal wenden. Die ersten drei Reklamationen sind frei. Anschließend kostet die Nutzung von Robin-Zug.de zwischen 69 und 99 Cent pro Antrag.
Das Geschäftsmodell. Robin-Zug.de hat keine Zulassung als Rechtsdienstleister. Das bedeutet: Es darf dem Kunden nicht rechtlich helfen, wenn die Bahn zum Beispiel behauptet, dass die reklamierte Erstattung für Hotelkosten nach einem Zugausfall um Mitternacht zu hoch ist. Das muss der Kunde allein klären oder die Schlichtungsstelle des öffentlichen Personenverkehr in Berlin (SÖP) einschalten. Nur wenn die Bahn einfache Nachfragen hat („Bitte fehlende Zugnummer nachreichen“), hilft Robin-Zug.de dem Kunden bei der weiteren Kommunikation mit der Bahn. Ähnlich wie Zug-Erstattung.de, und die Rex-App fungiert Robin-Zug.de demnach vor allem als Übermittler des Antrags auf Entschädigung.
Refundrebel.com

Das Angebot. Der Unternehmen Refundrebel GmbH, betreibt das Portal refundrebel.com. Das Einreichen einer Zugfahrt mit Verspätung funktioniert dort ähnlich wie Robin-Zug.de und Zug-Erstattung.de. Der Kunde muss ein Foto der Fahrkarte oder die Buchungsbestätigung eines Online-Tickets hochladen, um die Erstattung zu beantragen. Auch Belege über Hotel- oder Taxikosten können hochgeladen werden. Anschließend arbeitet Refundrebel.com aber etwas anders als die Konkurrenz. Das Portal hat eine Zulassung als Inkassodienstleister. Das bedeutet vereinfacht gesprochen: Es darf rechtlich mehr für den Kunden tun, als die ähnlich arbeitenden Portale Robin-Zug.de und Zug-Erstattung.de. Wenn das Portal die Entschädigung einfordert, nutzt Refundrebel.com nicht das offizielle Fahrgastrechte-Formular der Bahn. Ein für das Portal arbeitender Anwalt schickt stattdessen ein selbst formuliertes Forderungsschreiben im Namen des Kunden.
Der Vorteil. Da das Portal als Inkassodienst zugelassen ist, darf es ein ablehnendes Schreiben der Bahn rechtlich überprüfen und in Namen des Kunden gegenüber der Bahn rechtlich dagegen halten. Das kann etwa dann wichtig werden, wenn der Kunde neben der Verspätungsentschädigung auch eine Erstattung für eine notwendig gewordene Hotelübernachtung reklamiert, die Bahn die Hotelkosten aber als „unangemessen“ hoch bezeichnet. Einen Gerichtsprozess um eine solche Frage übernimmt Refundrebel.com zwar nicht. Aber im Rahmen des Inkassoverfahrens kann der Anwalt von Refundrebel.com gegenüber der Bahn rechtlich für den Kunden argumentieren und so möglicherweise eine außergerichtlich befriedigende Lösung herbeiführen. Ein weiterer Vorteil: Refundrebel.com arbeitet nicht mit dem Fahrgastrechte-Formular und kann daher auch gegenüber solchen Bahngesellschaften Forderungen eintreiben, die sich nicht dem Servicecenter Fahrgastrechte angeschlossen haben. Das gilt zum Beispiel für das Verkehrsunternehmen Abellio, das in mehreren Bundesländern Regionalbahnen anbietet.
Der Nachteil. Wie bei Zug-Erstattung.de, Robin-Zug.de und der Rex-App muss der Kunde in der Regel bis zu einem Monat warten, bis die Bahn seinen Antrag auf Entschädigung bearbeitet hat und das Geld an ihn auszahlt. Bis zum Sommer 2019 konnten sich auch Kunden von Flixtrain an Refundrebel wenden. Inzwischen aber nicht mehr. Wegen „hoher interner Prozesskosten“ nehme man vorerst keine weiteren Anträge von Flixtrain-Kunden mehr an, sagte Refundrebel-Chef Stefan Nitz auf Anfrage von test.de.
Das Geschäftsmodell. Kunden müssen von ihrer Enschädigung derzeit 19,64 Prozent als Provision an Refundrebel.com abgeben. Die Auszahlung erfolgt so: Das Geld wird zunächst von der Bahn an Refundrebel.com überwiesen. Der Dienst zieht dann seine Provision ab und überweist den Restbetrag auf das Konto des Kunden.
Rex - Der Rückerstattungs-Express

Das Angebot. Seit Sommer 2019 bietet das Kölner Unternehmen Kangoolutions UG für Bahnfahrer eine App unter dem etwas sperrigen Namen Rex – Der Erstattungs-Express an, die es sowohl in einer iOS- als auch in einer Android-Version gibt. Mit der App können Bahnfahrer einen Antrag auf Entschädigung stellen, ohne das Formular per Post selbst abschicken oder sich am Bahnhofsschalter anstellen zu müssen. Der Fahrgast gibt die für einen Antrag benötigten Daten über die App ein. Kangoolutions schickt für den Kunden anschließend ein ausgefülltes Entschädigungsformular an das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt am Main. Es können ein paar Wochen vergehen, bis die Bahn die Entschädigung überweist.
Der Vorteil. Die Rex-App gehört wie Zug-Erstattung.de, Robin-Zug.de und Refundrebel.com zu den Diensten, die dem Bahnfahrer das lästige Abschicken des Entschädigungsformulars beziehungsweise das Anstellen am Bahnschalter ersparen. In der Anwendung unterscheiden sich die Dienste allerdings etwas: Während bei den drei genannten Konkurrenten die Eingabe der Adress- und Zugdaten über deren Internetseite erfolgt, kann Rex nur über die App genutzt werden und gerade nicht über die Internetseite des App-Betreibers Kangoolutions.de. Wer im Umgang mit Handy und Tablet geübt ist, mag das als Vorteil ansehen. Für alle, die lieber am Laptop arbeiten, könnte es ein Nachteil sein.
Der Nachteil. Die Rex-App hilft nur Kunden, die mit Bahnunternehmen gefahren sind, die dem Servicecenter Fahrgastrechte angeschlossen sind. Das sind zwar die allermeisten Eisenbahnen. Es gibt aber auch Unternehmen wie etwa Flixtrain, die dort nicht mitmachen (Übersicht der teilnehmenden Eisenbahnunternehmen). Von großen Verspätungen betroffene Flixtrain-Kunden haben folglich nichts von der Rex-App. Sie müssen sich mit ihrer Forderung nach Entschädigung noch immer direkt – per Post – an Flixtrain wenden (Flixtrain GmbH, Birketweg 33, 80639 München). Wer von der Bahn nicht nur eine Entschädigung für eine Bahnverspätung fordern will, sondern auch Erstattung für eine unterwegs notwendig gewordene Hotelunterbringung und Taxifahrten, kann diese Kosten nicht über die App geltend machen.
Regulär kostet die Nutzung der Rex-App 1,09 Euro pro Antrag. Aktuell läuft noch eine Marketingaktion bis Ende des Jahres 2019. Solange kostet die Nutzung nur 50 Cent für den ersten Antrag. Der Kunde muss sofort zahlen, wenn er seinen Entschädigungsantrag über die Rex-App ausfüllt. Der Kunde zahlt über Google Pay beziehungsweise Apple Pay. Das heißt: Der Kunde leistet Vorkasse. Denn bis der Entschädigungsantrag vom Servicecenter Fahrgastrechte bearbeitet wurde und die Entschädigung an den Kunden überwiesen wurde, können Wochen vergehen. Und was passiert, wenn die Bahn nicht zahlt? Das kommt zwar nur selten vor, kann aber passieren. Rainer Duppré, Geschäftsführer von Kangoolutions, verspricht auf Nachfrage von test.de, dass Kunden dann ihre Kosten erstattet bekämen.
Das Geschäftsmodell. Hinter Kangoolutions stecken zwei Personen: Rainer Duppré und Dominic Beckbauer. Sie arbeiten beide in der IT-Branche und betreiben die Rex-App derzeit „nebenher“. Im Gespräch mit test.de heben sie hervor, dass Bahnfahrer über die App noch während der Fahrt im verspäteten Zug den Antrag auf Entschädigung stellen könnten. Freilich geht das auch bei der Konkurrenz: Lametrain bietet ebenfalls eine App an, wenn auch nur für Nutzer von Apple-Geräten. Außerdem können die Webseiten aller konkurrierenden Entschädigungshelfer auch schon im Zug über Handy, Tablet oder Laptop geöffnet und genutzt werden.
Diese Anbieter entschädigen Sie sofort
Es gibt zwei Gruppen von Entschädigungshelfern: Die einen helfen dabei, den Entschädigungsantrag der Bahn auszufüllen und schicken ihn anschließend an die Bahn; die anderen kaufen Forderungen auf und entschädigen den Bahnkunden sofort. Mit dieser zweiten Gruppe wollen wir uns hier beschäftigen.
Bahn-Buddy.de

Das Angebot.Bahn-Buddy.de richtet sich ausschließlich an Kunden der Deutschen Bahn. Das Portal leitet die elektronisch eingereichten Entschädigungsanträge nicht einfach nur für den Kunden weiter. Es kauft die Erstattungsansprüche der Kunden auf und verspricht eine schnelle Auszahlung des Kaufpreises. Der Service von Bahn-Buddy.de läuft so ab: Der Bahnkunde lädt zum Beispiel ein Foto vom Papierticket oder das Onlineticket hoch. Das Portal prüft, ob es den Anspruch des Kunden auf Erstattung kaufen will. Wenn ja, macht Bahn-Buddy dem Kunden ein Angebot zum Kauf des Anspruchs auf die Verspätungsentschädigung. Schlägt der Kunde ein, geht der Entschädigungsanspruch auf Bahn-Buddy über. Der Kunde bekommt dafür den Kaufpreis, nach Unternehmensangaben innerhalb von 24 Stunden. Ob Bahn-Buddy.de die Erstattungsforderung später tatsächlich bei der Bahn durchsetzen kann, muss den Kunden nicht mehr kümmern.
Der Vorteil. Der Bahnfahrer muss nicht einen Monat warten, bis die Bahn das Geld überweist. Er bekommt sofort Geld und kann die Sache gedanklich abhaken.
Der Nachteil. Bahn-Buddy kauft nach Angaben auf der Internetseite derzeit nur Ansprüche von Kunden der Deutschen Bahn auf. Dort heißt es sogar, dass nur Online-Tickets gekauft würden. Gegenüber test.de erklärte ein Verantwortlicher des Portals jedoch, dass auch eingereichte Papiertickets bearbeitet würden. Über Bahn-Buddy.de bekommt der Bahnfahrer weniger als ihm eigentlich zusteht. Er muss von seinem Erstattungsanspruch einen Abschlag in Höhe von 10 bis 20 Prozent hinnehmen. Wem eine Entschädigung in Höhe von 50 Euro zusteht, der erhält also nur 40 bis 45 Euro von Bahn-Buddy.de. Wenn Bahnfahrer wegen einer Verspätung Taxi- oder Hotelkosten hatten, kauft Bahn-Buddy.de diese nach einer Prüfung möglicherweise auch auf. In diesem Fall muss der Kunde allerdings die Originalbelege der Kosten an Bahn-Buddy per Post schicken. Das Portal schickt dem Kunden dafür einen vorfrankierten Briefumschlag zu. Freilich gilt auch beim Aufkaufen dieser Erstattungsansprüche: Bahn-Buddy bietet als Kaufpreis weniger als die Summe der Taxi- und Hotelkosten. Wer also 150 Euro für Taxi und Hotelübernachtung hingeblättert hat, erhält von dem Portal möglicherweise nur 120 Euro als Kaufpreis.
Das Geschäftsmodell. Bahn-Buddy.de verdient an der Differenz zwischen Kaufpreis und dem Wert der jeweiligen Forderung. Wenn genügend Bahnfahrer das Angebot nutzen, dürfte sich das für den Betreiber rechnen.
Lametrain.de

Das Angebot. Im Februar 2019 ist das Zuggastportal Lametrain.de auf den Markt gekommen. Es kauft wie Bahn-Buddy.de Erstattungsansprüche von Zugfahrern auf und richtet sich ausschließlich an Kunden der Deutschen Bahn. Betreiber des Portals ist die Modrena Unternehmergesellschaft (UG) aus Ettlingen bei Karlsruhe. Der Bahnfahrer gibt neben persönlichen Daten vor allem die Auftragsnummer seines Online-Tickets auf der Seite Lametrain.de ein. Die hinter dem Portal steckende Software prüft dann, ob ein Erstattungsanspruch wegen einer Zugverspätung besteht und ob das Portal den Anspruch aufkaufen möchte. Wenn ja, erhält der Kunde nach Angaben von Lametrain-Geschäftsführer Max Wesel innerhalb von 48 Stunden ein Kaufangebot. Nimmt der Bahnkunde das Angebot an, bekommt er den Kaufpreis auf sein Bankkonto oder per Paypal überwiesen.
Der Vorteil. Nutzer von Lametrain.de kommen wie bei Bahn-Buddy.de auch schneller an Geld als die Zuggäste, die ihre Erstattung klassisch per Post beimServicecenter Fahrgastrechte beantragen. Beim Antrag über das Servicecenter dauert es in der Regel bis zu einem Monat, bis das Geld auf dem Konto ist. Über Lametrain.de nur so lange bis die Überweisung ausgeführt ist, also maximal ein, zwei Tage. Das Hochladen eines Ticket-Fotos oder eines PDF-Dokuments entfällt in der Regel, weil das Portal anhand der Auftragsnummer auf dem elektronischen Bahnticket prüft, ob dem Kunden eine Verspätungsentschädigung zusteht. Nutzer eines Apple-Handys oder Apple-Tablets können den Lametrain auch über eine App nutzen.
Der Nachteil. Derzeit können Bahnfahrer bei Lametrain.de nur Online-Tickets einreichen und auch nur Einzelfahrscheine. Bahnkunden mit Zeitfahrkarten wie zum Beispiel der Bahncard 100 können das Portal momentan noch nicht nutzen. Wie bei Bahn-Buddy.de erhalten Kunden, die ihre Verspätungsentschädigung an Lametrain.de verkaufen, nicht den vollständigen Erstattungsbetrag, den ihnen die Deutsche Bahn zahlen müsste. Wie hoch dieser Abschlag ist, erfährt der Kunde per E-Mail – und zwar erst nachdem das Portal den Entschädigungsanspruch des Kunden geprüft hat und ihn zu kaufen bereit ist. Lametrain-Gründer Max Wesel teilt auf Anfrage von test.de mit, dass der Abschlag in der Regel 16 oder 17 Prozent betrage, jedenfalls niemals mehr als 20 Prozent. Hatte der Bahnfahrer auch Erstattungsansprüche, weil ihm wegen einer Verspätung Taxi- und Hotelkosten entstanden sind, kann er diese Lametrain.de auch zum Kauf anbieten. Allerdings muss der Bahnfahrer dafür die Kostenbelege einreichen.
Das Geschäftsmodell. Mit Lametrain.de tritt nach Bahn-Buddy.de der zweite Sofortentschädiger auf den Markt. Auch hinsichtlich der Höhe des Abschlags, den der Bahnkunde hinnehmen muss, liegen die beiden Portale nah beieinander. Wer grundsätzlich bereit ist, seinen Anspruch an einen Sofortentschädiger zu verkaufen, kann sich von beiden Portalen erst einmal ein Angebot machen lassen und dann dort verkaufen, wo er den höheren Kaufpreis erhält.
Für wen sich welches Angebot lohnt
Ob die genannten Portale nützlich sind, hängt ganz von den Vorlieben eines Bahnkunden ab.
Wenn es vor allem schnell gehen soll: Bahn-Buddy, Lametrain oder DB Reisezentrum
Wem es vor allem darum geht, schnell an den Erstattungsbetrag heranzukommen, der hat zwei Möglichkeiten.
Erste Variante: Er gibt den Antrag im DB Reisezentrum persönlich ab und erhält die Erstattung sofort ausgezahlt, vorausgesetzt er hat die Originalfahrkarte und eine Verspätungsbestätigung der Bahn dabei.
Zweite Variante: Er bietet dem Portal Bahn-Buddy.de oder Lametrain.de den Entschädigungsanspruch gegenüber der Deutschen Bahn an. Kauft ein Portal den Anspruch auf die Entschädigung, fließt das Geld innerhalb weniger Stunden (via Paypal) oder innerhalb weniger Tage (bei einer Banküberweisung). Sofortentschädiger sind allerdings nichts für Sparfüchse, da sie immer weniger zahlen als dem Kunden an Entschädigung gegenüber der Bahn zusteht. Von der Verspätungsentschädigung nehmen sich die Sofortentschädiger immerhin bis zu 20 Prozent weg.
Wenn es bequem und günstig sein soll: Zug-Erstattung.de, Robin-Zug.de oder die Rex-App
Günstige Anbieter. Wer seinen Antrag möglichst bequem auf elektronischem Weg einreichen möchte und kein Problem hat, einen Monat auf die Auszahlung von der Bahn zu warten, kann die Dienste Zug-Erstattung.de, Robin-Zug.de, Refundrebel.com oder die Rex-App nutzen. Er erhält sein Geld dann in etwa so schnell wie über das Servicecenter Fahrgastrechte direkt.
Bei Entschädigungsbeträgen bis 10 Euro ist es aus preislicher Sicht im Normalfall egal, welchen dieser vier Anbieter der Bahnkunde nimmt. Denn die Kosten aller vier Dienste liegen bei niedrigen Entschädigungssummen eng zusammen. Nennenswerte Preisunterschiede ergeben sich erst, wenn der Ticketpreis steigt, die Fahrkarte etwa mehr als 50 Euro gekostet hat. Denn bei Refundrebel.com steigt der Preis mit der Entschädigungshöhe, während bei Zug-Erstattung.de, Robin-Zug.de und der Rex-App stets nur ein pauschaler Betrag in Höhe von rund 1 Euro fällig wird.
Für Sonderfälle, etwa wenn der Kunde auch Hotel- oder Taxikosten vom Bahnunternehmen fordert, ist die Rex-App ungeeignet. Refundrebel.com gehört bei höheren Entschädigungsbeträgen zwar zu den teuren Anbietern, kümmert sich dafür aber teilweise auch um Entschädigungen von Kunden kleinerer Bahnunternehmen wie etwa Abellio.
Dieser Schnelltest ist erstmals am 16. Oktober 2018 auf test.de erschienen. Er wurde am 28. November 2019 aktualisiert.
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