Zucker Besser zurückhalten

1

Fruktose und Austauschstoffe wie Sorbit ersetzen Haushaltszucker in Fertigprodukten. Dazu kommen die Süßstoffe – mit zum Teil ungeheurer Süßkraft. Für sie alle gilt aber: Besser zurückhalten.

Bonbons „mit Fruchtsaft und Traubenzucker“, Kekse „mit 40 Prozent weniger Zucker“, Baby-Grießbrei „ohne Kristallzucker“ – mit diesen Werbeaussagen distanzieren sich Lebensmittelhersteller vom Reizwort Zucker. Die Werbesprache ist geschickt gewählt: Im Allgemeinen verstehen Verbraucher unter Zucker den Haushalts- oder Kristallzucker. Und der gilt als Dickmacher und Zahnzerstörer. Dagegen klingen Namen wie Fruchtzucker, Trauben- und Rohrzucker nach gesunder Süße.

Die bittere Wahrheit jedoch ist: Jeder dieser Zucker hat – genau wie der verpönte Haushaltszucker – vier Kilokalorien pro Gramm und praktisch keine Nährstoffe. Und er kann Karies verursachen.

Neben scheinbar Gesundem wie Fruchtzucker finden sich auf den Zutatenlisten von Getränken, Gebäck oder Süßigkeiten auch chemische Tarnnamen wie Saccharose oder Dextrose. Wer Süßes liebt, sollte diese Begriffe kennen (siehe Zucker, Ersatz- und Süßstoffe).

Der verführerische Treibstoff

Oft stehen gleich mehrere Zucker auf der Zutatenliste verarbeiteter Lebensmittel. Die jeweiligen Mengen bleiben aber das Geheimnis der Hersteller. Kein Wunder, dass viele Deutsche mehr Zucker verzehren, als ihnen bewusst ist, durchschnittlich 96 Gramm am Tag. Gut 80 Prozent davon stecken in Fertigprodukten. Zucker zählt zu den Kohlenhydraten. Der Körper braucht sie als Treibstoff für jeden Atemzug, jede Muskelbewegung, jeden Gedanken. Das Verlangen nach Süßem liegt wohl in den Genen. Die Menschen der Steinzeit erkannten die lebensrettenden Signale von Süßem: energiereich, reif, also gesund.

Doch das einst so nützliche Verlangen bereitet vielen Menschen heute Probleme: Limonaden, Fertigkuchen und Schokolade gibt es im Überfluss, der Kunde kann kaum widerstehen und isst mehr, als ihm gut tut.

Der schnelle Energieschub

Beim Naschen geht der Traubenzucker über den Dünndarm ins Blut. Traubenzucker kommt zum einen solo – also aus einem Zuckerteilchen bestehend – in Früchten vor. Zum anderen verbindet sich Traubenzucker im Haushalts- und Milchzucker mit einem anderen Einfachzucker wie dem Fruchtzucker zum Duo. Auch diese Zweifachzucker dringen rasant in die Blutbahn. Die Folge: Wir spüren einen Energiekick.

Doch auf das Hoch folgt ein Tief: Die Bauchspeicheldrüse schüttet das Hormon Insulin aus. Es senkt den Blutzuckerspiegel wieder, indem es den Transport der Glukose in Muskeln und Leber steuert. Je schneller der Blutzucker vorher gestiegen ist, desto schneller fällt er auch wieder ab. Müdigkeit und Hunger kehren zurück.

Die langsamen Sattmacher

Dagegen lassen Mehrfachzucker, die in Stärke und dem Ballaststoff Inulin stecken, den Blutzucker nur gemächlich ansteigen. Sie bestehen aus einer Kette von Glukoseteilchen, die der Körper erst zerlegen muss. Das Gute daran: Der Blutzuckerspiegel verändert sich nur langsam, man bleibt lange satt. Den Blutzuckerspiegel ganz in Ruhe lässt der glukosefreie Fruchtzucker, weil ihn der Dünndarm ohne Insulinausschüttung aufnehmen kann.

Die Süße für Diabetiker

Fruchtzucker wurde lange als Austauschstoff in Produkten für Diabetiker eingesetzt. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert kein Insulin oder zu wenig, um Glukose – etwa aus Haushaltszucker – richtig zu verarbeiten. Heute raten Mediziner davon ab, Zucker durch Fruchtzucker zu ersetzen. Diabetikerprodukte gelten als obsolet ( siehe Meldung: Diabetikerlebensmittel aus test 11/2010). Ein wenig Zucker, verteilt über den Tag, schadet Diabetikern nicht.

Sie brauchen deshalb auch keine Lebensmittel mit anderen Austauschstoffen, die aus Zucker oder Stärke isoliert werden. Dazu zählen die Zuckeralkohole Isomalt, Maltit, Mannit, Laktit, Sorbit und Xylit. Viele enthalten mit rund 2 Kilokalorien pro Gramm nur halb so viel Energie wie Zucker.

Die zuckerfreien Kaugummis

Inzwischen haben die Zuckeralkohole eine neue Daseinsberechtigung: Sie süßen Kaugummis und Bonbons. Denn Kariesbakterien verwandeln die Zuckeralkohole nicht in Säure, die den Zahnschmelz angreift. Allerdings haben die Austauschstoffe einen anderen Nachteil: Sie binden Wasser im Darm. Produkte mit mehr als zehn Prozent Austauschstoffen müssen daher einen Warnhinweis tragen: „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“.

Die kraftvollen Süßstoffe

Anders als Austauschstoffe sind Süßstoffe frei oder arm an Kalorien. In Deutschland sind heute neun Süßstoffe zugelassen, die zum Teil eine ungeheure Süßkraft entfalten. Beim jüngsten Vertreter namens Neotam, den es erst seit dem Jahr 2010 bei uns gibt, ist sie bis zu 13 000-fach stärker als bei Zucker.

Häufig ersetzen Süßstoffe Zucker in Getränken oder Desserts. Für zuhause gibt es sie flüssig, als Tabletten und Pulver. Fast immer werden sie kombiniert, dann verstärkt sich die Süßkraft. Solo schmecken viele künstlich oder metallisch.

Die gesundheitlichen Folgen

Die Süßstoffe Cyclamat und Saccharin standen in den 1960er und 1970er Jahren unter Verdacht, Krebs auszulösen. Das haben neue Studien aber nicht bestätigt. Süßstoffe zählen zu den Zusatzstoffen, die von der Europäischen Union zugelassen werden müssen. Sie legt Höchstmengen fest, die in Lebensmitteln als unbedenklich gelten. Für Babys und Kleinkinder aber lassen sich Risiken durch Süßstoffe nicht abschätzen. Denn Kinder sind leichter, ihre Stoffwechsel aktiver als von Erwachsenen.

Lange war umstritten, ob Süßstoffe vielleicht den Appetit anregen – und somit am Ende kontraproduktiv wirken. Viele Wissenschaftler verneinen das inzwischen. Allerdings stecken Cyclamat und Co. häufig in Lebensmitteln, die der Mensch nicht braucht. So gewöhnt er sich dann mit Limonaden und Bonbons immer mehr an den süßen Geschmack.

Der leidige Fruchtzucker

Nicht unkritisch ist auch der Fruchtzucker, der zunehmend verarbeiteten Lebensmitteln wie Backwaren, Getränken und Süßigkeiten zugesetzt wird. Er wird meist aus Weizen- und Maisstärke gewonnen, ist billig und süßt noch etwas stärker als Haushaltszucker. Auch manches Obst wie Äpfel und Trauben enthält von Natur aus viel Fruchtzucker. Doch immer mehr Menschen bereitet er Verdauungsprobleme und Bauchschmerzen, das Leiden heißt Fruktoseintoleranz. Viele Betroffene bekommen es, wenn sie pro Mahlzeit mehr als fünf Gramm Fruktose aufnehmen. Bei ihnen ist ein bestimmtes Transportsystem im Dünndarm defekt oder überlastet, das die Fruktose durch die Dünndarmwand ins Blut bringt. Stattdessen landet sie im Dickdarm und wird dort von Bakterien zersetzt.

Wird zugleich Glukose aufgenommen, etwa durch Speisen mit Haushaltszucker, tut sich das Transportsystem leichter. Deshalb bereitet Betroffenen Haushaltszucker meist keine Probleme. Steckt außer Fruktose aber noch Sorbit im Essen, wird die Aufnahme zusätzlich blockiert. Diese Kombination vertragen viele nicht.

Der praktische Sirup

Fruchtzucker kommt auch flüssig vor, in Sirupen. In vielen Fertigprodukten ersetzen etwa Fruktosesirup und Fruktose-Glukose-Sirup auf Getreidebasis den Zucker. Sie kristallisieren nicht so schnell aus, halten Lebensmittel feucht. In Tiefkühlprodukten bilden Sirupe einen Film, der Sauerstoff abwehrt. Sie süßen oft stärker als Haushaltszucker. Kritisch für den Blutzuckerspiegel sind Sirupe mit viel oder reiner Glukose, da sie ihn extrem schnell hochtreiben. Natürliche Fruchtsirupe wie Birnen- und Traubensaftkonzentrat sind aber keine gesunden Alternativen. Auch wenn sie von Früchten stammen, enthalten sie hauptsächlich Trauben- und Fruchtzucker. Vitamine und Mineralstoffe kommen nur in so geringen Mengen vor, dass sie für die gesunde Ernährung keine Rolle mehr spielen. Wegen ihres Eigengeschmacks sind Sirupe aber für Hobbyköche interessant.

Tipp: Etwas Zucker schadet nicht. Wer ihn sparsam wie ein Gewürz dosiert, kann ohne Reue auch mal ein Stück Biskuitkuchen genießen. Auf Fertiggerichte und Getränke mit viel Zucker sollten Sie verzichten.

1

Mehr zum Thema

1 Kommentar Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • bauesel am 11.11.2010 um 00:24 Uhr
    Konglomerat von Halb- bis Dreiviertelwissen

    Einer von vielen Artikeln, bei denen die Autoren sich nicht wirklich auskennen:
    1. "chemische Tarnnamen wie Saccharose und Dextrose" sind in das "kleine Alphabet der Zuckermäuler" nur in Klammern zu finden; es sind aber keine Tarnnamen, sondern Fremdworte, s. Wikipedia.
    2. Der Chemismus der Zucker im Körper ist kompliziert, der Ausdruck Zuckerteilchen erleichtert nicht das Verständnis. Man kann dann auch von Molekülen sprechen, die sich zu größeren verbinden.
    3. Dieser Logik folgend ist Fruchtzucker nicht "glukosefrei", sondern nicht aus Glukosemolekülen bestehend. (Merkel ist auch nicht Westerwellefrei)
    4. Mehrfachzucker "stecken" nicht in Stärke, sondern Stärke ist ein Vielfachzucker, der im Körper zunächst in Mehrfachzucker zerlegt werden kann usw..
    5. Inulin und Insulin können leicht verwechselt werden.
    6. Was Inulin ist, muss man nicht wissen, es erscheint auch nicht im "Alphabet".
    7. viele weitere Fehler, leider kein Platz mehr!
    Bitte mehr Sorgfalt bei komplizierteren The