
Vorher. Dehnbarer Zozo-Suit, fertig zur Vermessung des Kunden, hier der Bereichsleiter Finanzen, Personal und IT der Stiftung Warentest. Nachher. Ein paar Wochen später kommen Jeans und T-Shirt, nichts spannt mehr.
„Kleidung wie maßgeschneidert“ verspricht der japanische Online-Modeshop Zozo. Der Clou: Es ist kein Maßband erforderlich, und kein Besuch beim Schneider. Die passende Kleidung für alle Größen wird per App und Punkteanzug „konfiguriert“. Vier Probanden der Stiftung Warentest haben das Ganze ausprobiert. Der Test zeigt: Nicht alles sitzt perfekt. [Update]: Mit Datum vom 25. April steht das Angebot von Zozo nicht mehr zur Verfügung.
[Update 25.04.2019]: Zozo schließt seinen Shop
„Es tut uns leid, dir mitteilen zu müssen, dass Zozo seine Onlineshops schließt“. Diese Mail erhielten am 25. April 2019 die registrierten User der App für maßgeschneiderte Kleidung. Laut dem Unternehmen gilt das nicht nur für das jüngst eröffnete Europageschäft, sondern auch für Nord- und Südamerika, den Mittleren Osten und „im asiatisch-pazifischen Raum“. Hintergrund sind laut einem Bericht der New York Times die mit dem Shop eingefahrenen Verluste. Viele Kunden hätten sich den originellen Suit senden lassen und dann nichts bestellt. Und diejenigen, die bestellt hätten, seien teilweise erst nach Monaten beliefert worden, so die US-Zeitung.
Was passiert nun mit den Kunden?
Kunden können keine Kleider mehr bestellen. Neue Zozo-Suits werden nicht mehr ausgeliefert. Manche Anzugbestellungen kosteten eine Versandgebühr, diese wird gegebenenfalls zurückerstattet. Wer schon Kleidung bestellt hat, dessen Ware soll noch ausgeliefert werden. Auch die 30-tägige Umtauschfrist gelte weiterhin für alle erhaltenen und noch gelieferten Teile. „Umtausch wandeln wir in Retouren um“, so Zozo, „da wir unseren Onlineshop schließen.“ Der Kaufpreis werde in dem Fall rückerstattet. Alle Körper-Messdaten würden zum 28. Mai 2019 gelöscht, ebenso alle personenbezogenen Daten, “sofern wir sie nicht aus gesetzlichen Gründen aufbewahren müssen“, so Zozo. Kunden können sich an hello@de.zozo.com wenden bei weiteren Fragen. Die wichtigsten Infos finden sich auf der Webseite von Zozo.
[Update Ende]
Punkteanzug und App
Tausende Menschen posieren in schwarzen dehnbaren, weiß gepunkteten Anzügen, zu sehen auf Seiten der Foto-App Instagram und anderswo im Internet. Der japanische Modeanbieter und Onlineversender Zozo vertreibt diesen „Suit“ genannten Anzug. Er verspricht „Kleidung wie maßgeschneidert“ – mit Betonung auf „wie“. Das Neue: Es ist kein Maßband erforderlich, kein Besuch beim Schneider. Zozo nimmt Maß mithilfe des Punkteanzugs und einer App.
Nur wenige Kleidungsmodelle, dafür in vielen Größen
Die japanische Firma bietet nur wenige Kleidungsmodelle an, diese aber in sehr vielen Größen. Laut Firmenangaben werde die in Ostasien gefertigte Kleidung gelagert und sei „innerhalb weniger Tage auslieferbar“. Ware, die sich trotz der vielen Größen nicht im Lager findet, erfordere „6 bis 8 Wochen, bis sie aus Asien beim Kunden in Europa ist“. Das solle künftig schneller gehen.
Zwölf Handyfotos später ist der Mensch vermessen
Vier Probanden der Stiftung Warentest mit unterschiedlicher Statur haben Kleidung bestellt. Sie luden die App herunter (kostenlos bei Google Play und im Apple Store), ließen sich für 3 Euro Versandkosten den Anzug in ihrer Größe schicken und folgten den Kommandos der Handy-App. Das Smartphone steht dabei auf einem Tisch und fotografiert selbsttätig die weißen Messpunkte auf dem Körper. Zwölfmal dreht sich der Kunde ein Stückchen weiter, und jedesmal wird ein Foto geschossen. Daraus errechnet die App die persönlichen Maße und schickt sie an Zozo. Das dauert etwa eine halbe Stunde.
Das Sortiment: Eher bodenständig als raffiniert
Der Versandhändler bietet ein Sortiment aus Jeans, T-Shirts, Ringelshirts, Pullovern und Businesshemden. Der Stil ist eher bodenständig, Boutique-Gänger und Haute-Couture-Anhänger werden sich kaum wiederfinden. Bei allen vier Probanden war die Jeans etwas kurz – der aktuelle Zozo-Stil. In einem Fall war die Hose zu weit, der Rest passte. Das Businesshemd stellte auch den Kollegen mit den langen Armen zufrieden.
Lange Lieferzeiten, großzügige Umtauschfristen, moderate Preise
Die Lieferzeiten sind gewöhnungsbedürftig: Es dauerte Wochen, in einem Fall sogar fast drei Monate, bis die Ware beim Kunden war. Die Preise reichen von 24 Euro für ein T-Shirt bis zu 49 Euro für einen Wollpullover und 59 Euro für eine Jeans. Die Umtauschfrist ist mit 30 Tagen komfortabel. Laut Zozo kann der Kunde das Kleidungsstück kostenlos tauschen und erhält sein Geld zurück.
Retouren werden weiterverwendet
Einen Schein für die kostenlose Retoure gibt‘s beim Customer Service. Das Kleidungsstück wird laut Zozo nicht weggeworfen, sondern ins Lager zurück sortiert und an einen neuen Kunden mit den gleichen Maßen ausgegeben. Das ist löblich, hatte eine Studie zum Onlinehandel doch kürzlich ergeben, dass Retouren oft im Müll landen.
Keine Probleme mit der Datensicherheit
Die Android- und die iOS-App in den Versionen vom Dezember 2018 forderten nur wenige Daten. Sie wurden verschlüsselt an Zozo übertragen. Auf Kontakte, Standort oder Kalender des Smartphones griff die App nicht zu.
Fazit: Nette Ergänzung, ersetzt aber nicht den Besuch im Laden
Die Preise sind moderat, die Passform war bis auf die Länge der Hosen meist gut. Die Lieferungen dauerten teilweise lange. Für Einkaufsmuffel und bei Körpermaßen außerhalb des Üblichen kann Zozo einen Versuch wert sein. Der Einkauf im Laden wird dadurch nicht überflüssig – allein schon wegen des begrenzten Sortiments.
Dieser Artikel ist am 21.03.2019 als Schnelltest des Angebots von Zozo erschienen. Er wurde am 25.04.2019 um die Informationen zur Schließung des Onlineshops ergänzt.