Zertifikate

Vier Zertifikate­typen unter der Lupe

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Zins­zertifikate

Produktbei­spiele (Isin):

Helaba Carrara Fest­zins­anleihe 06e/19-06/27 (DE 000 HLB 31H 5)

Deka­Bank Pfingst-Anleihe (DE 000 DK0 TDJ 7)

LBBW Zins­differenz-Anleihe mit Zielzins (DE 000 LB2 CJF 5)

Beschreibung. Die Fest­zins­anleihe der Helaba bietet acht Jahre lang 0,55 Prozent pro Jahr, die Pfingst-Anleihe für ebenfalls acht Jahre einen Stufenzins von 0,25 Prozent im ersten bis 1 Prozent im achten Jahr, was einer Rendite von 0,5 Prozent pro Jahr entspricht. Bei der Zins­differenz­anleihe der LBBW hängen Lauf­zeit und Ertrag von der lang­fristigen Entwick­lung 10-jähriger und 30-jähriger Zinsen ab: Wenn es gut läuft, erhält der Anleger sechs Jahre lang 1 Prozent pro Jahr, im ungüns­tigsten Fall nach 20 Jahren insgesamt 6 Prozent Zinsen, was einer Rendite von unter 0,3 Prozent pro Jahr entspricht. Das komplizierte Produkt ist für Normal­anleger nicht zu verstehen.

Chance. Etwas bessere Rendite als bei üblichen Sparbüchern oder Fest­geld­angeboten von Filial­banken.

Risiko. Die voll­ständige Rück­zahlung am Laufzeit­ende ist nur sicher, wenn der Emittent zahlungs­fähig ist. Bei einigen Zertifikaten steht die Lauf­zeit nicht fest, bei vorzeitigem Verkauf sind Verluste möglich.

Finanztest-Kommentar. Zins­zertifikate sind größ­tenteils unattraktiv und allenfalls für Bank­kunden interes­sant, die bereits ein Wert­papierdepot haben und kein zusätzliches Konto bei einer anderen Bank eröffnen wollen. Besonders von Zins­produkten mit komplexen Bedingungen wie Zins­differenz-Anleihen raten wir ab. Anleger wissen vorher nicht, wie lange sie ihr Geld fest­legen und welche Rendite sie erhalten werden. Anders als bei den von Finanztest empfohlenen Fest­zins­angeboten wird die Rendite von Zins­zertifikaten meist durch Kauf- und/oder Depot­kosten geschmälert.

Aktien­anleihen

Produktbei­spiele (Isin):

Deutsche Bank: Aktien­anleihe auf Adidas (DE 000 DC4 82K 3)

Deka­Bank 10,00 % Luft­hansa Aktien­anleihe 10/2019 (DE 000 DK0 S5M 1)

Beschreibung. Der Anleger setzt nur indirekt auf die Entwick­lung einer Aktie, denn er erhält eine feste Verzinsung, verzichtet aber auf Dividenden und die Teil­nahme an positiven Kurs­entwick­lungen. Die Anleihe auf Adidas bringt 6,1 Prozent, die auf Luft­hansa 10 Prozent pro Jahr. Letztere hat aber nur eine Lauf­zeit von sechs Monaten. Aktien­anleihen gehören nicht zu den sicheren Zins­anlagen, denn sie haben ein fast so hohes Kurs­risiko wie die Bezugs­aktie. Notiert die Aktie am Ende der Lauf­zeit unter­halb ihres Ausgangs­kurses, erhält der Anleger normaler­weise die Aktie, manchmal den Gegen­wert in bar. Ein kleiner zwischen­geschalteter Kurs­puffer kann dieses Risiko leicht senken.

Chance. Wenn sich der Aktienkurs bis zum Ende der Lauf­zeit nicht stark verändert, winkt dem Anleger eine recht attraktive Verzinsung.

Risiko. Anleger können im Falle eines Börsencrashs ähnlich hohe Verluste erleiden wie bei einem reinen Aktien­investment. Legt die Aktie deutlich zu, verpasst der Anleger einen Groß­teil des Kurs­gewinns, da er auch dann nur die fest­gelegte Verzinsung erhält.

Finanztest-Kommentar. Aktien­anleihen sind zumindest im aktuellen Markt­umfeld kaum empfehlens­wert. Anleger erhalten zurzeit für das Aktienrisiko, das sie eingehen, kaum Kompensation. Den nur auf den ersten Blick beacht­lichen Zins finanzieren sie teil­weise durch den Verzicht auf Dividenden. Kauf- und Verwahr­kosten nagen außerdem an der Rendite. Mit Aktien­anleihen verzichten Anleger auf Kurs­chancen, obwohl sie auf der anderen Seite nahezu das voll­ständige Markt­risiko tragen.

Express­zertifikate

Produktbei­spiel (Isin):

DZ Bank Zinsfix Express Stepdown 6 19/22: Basis­wert Euro Stoxx 50 (DE 000 DGE 415 5)

Beschreibung. Epress­zertifikate beziehen sich meist auf einen Aktien­index. Anleger verzichten auf Dividenden und Kurs­steigerungen, im Gegen­zug gibt es eine feste Verzinsung. Das Zertifikat wird vor Ende der maximalen Lauf­zeit fällig, wenn der Kurs des Aktien­indexes am jähr­lichen Über­prüfungs­tag über einer fest­gelegten Schwelle liegt. Sonst läuft das Zertifikat bis zum nächsten Über­prüfungs­tag weiter. Fällt der Kurs des Aktien­indexes während der Lauf­zeit unter eine deutlich nied­riger liegende Schwelle, kann der Anleger am Ende der Lauf­zeit hohe Verluste erleiden.

Chance. Bessere Rendite als bei sicherem Fest­geld, das oben genannte Zertifikat hat eine Verzinsung von 2 Prozent pro Jahr.

Risiko. Anleger tragen das Risiko eines seltenen, dafür aber hohen Verlustes. Die Zertifikate bieten zwar einen groß­zügigen Puffer zur unteren Kurs­schwelle (beim Express­zertifikat der DZ Bank rund ein Drittel des Start­kurses), aber im Falle eines Börsencrashs kann sie gerissen werden. In der Vergangenheit gab es beim Euro Stoxx 50 schon mal Verluste von fast 65 Prozent.

Finanztest-Kommentar. Express­zertifikate eignen sich nicht für den lang­fristigen Vermögens­aufbau. Aber auch für das kurz­fristige Geld­parken sind sie sehr zwiespältig. Anleger erhalten zwar eine über­durch­schnitt­liche Verzinsung, gehen aber ein unkalkulier­bares Risiko ein. Das Express­zertifikat der DZ Bank hat zudem einen fiesen Haken: Beim Durch­brechen der unteren Kurs­schwelle erhalten Anleger ein Indexzertifikat auf den Euro Stoxx 50, der keine Dividenden berück­sichtigt. Dieses Zertifikat hat aufgrund des Dividenden­verzichts Kosten von über 3 Prozent pro Jahr.

Garan­tiezertifikate

Produktbei­spiel (Isin):

HVB Garant Anleihe 01/2025 auf den Multi Asset ETF Index (DE 000 HVB 3K8 1)

Beschreibung. Garan­tiezertifikate versprechen Anlegern voll­ständigen oder weit­gehenden Kapital­erhalt am Ende der Lauf­zeit. Hinter der HVB Garant Anleihe steht darüber hinaus ein sehr kompliziertes Konzept. Das Zertifikat bezieht sich auf den Multi Asset ETF Index, einen von der HVB selbst entwickelten Aktien-Renten-Index mit „aktiver Risi­kost­euerung“. Es läuft noch ungefähr fünf­einhalb Jahre. Anleger werden an der Index­entwick­lung zu 50 Prozent beteiligt.

Chance. Die voll­ständige Rück­zahlung am Laufzeit­ende ist gesichert, sofern der Emittent nicht pleite­geht. Im güns­tigsten Fall erzielen Anleger eine etwas bessere Rendite als mit Tages- oder Fest­geld – in der opti­mistischsten Berechnung des Anbieters gut 2 Prozent pro Jahr.

Risiko. Bei vorzeitigem Verkauf des Zertifikats sind Verluste möglich. Selbst am Ende der Lauf­zeit kann nach Abzug der Kosten ein kleines Minus stehen.

Finanztest-Kommentar. Im aktuellen Zins­umfeld ist es nicht möglich, über­zeugende Garan­tieprodukte anzu­bieten. Die HVB Garant Anleihe ist dafür ein Musterbei­spiel. Über den Index gibt es zwar inhalt­liche Informationen, aber die Konstruktion des Zertifikats ist so vielschichtig, dass Anleger die Katze im Sack kaufen. Auf den Internet­seiten der Hypo­Ver­eins­bank/UniCredit können Anleger in Erfahrung bringen, dass im Index jähr­liche Kosten von 2,1 Prozent anfallen. Der Index hat seit seiner Auflage um knapp 1,3 Prozent (Stand: 15. Juli 2019) zugelegt. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stieg der MSCI World um 21,2 Prozent. Nach Meinung von Finanztest sollten Anleger von Garan­tiezertifikaten, hinter denen ein selbst gestrickter Index steht, die Finger lassen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Stiftung_Warentest am 19.08.2020 um 15:47 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • test_de-Projektleiter_Stoffel am 19.07.2020 um 12:29 Uhr
    Zu Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikaten

    @PortSaid: Zu Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikaten finden Sie leicht Informationen zu Funktionsweise und Einsatz im Netz (auch hier ein paar ältere Artikel). Das sind ja Standardprodukte. Aber auch diese Produkte empfehlen wir eher nicht, denn sie sind komplexer und taugen nicht wirklich für den langfristigen Vermögensaufbau. Da es davon außerdem aktuell Hunderttausende (!) gibt und sich deren Attraktivität und Eigenschaft sekündlich ändern kann, haben wir einzelne Produkte nicht getestet - jedes Ergebnis kann nach aller kürzester Zeit schon überholt sein. Aber im Internet gibt es Seiten für Zertifikate, die helfen, Ausstattungsmerkmale und implizite Volatilitäten (ein wichtiger Preisindikator für Produkte mit Options-Komponente) aller Produkte sekundengenau zu vergleichen.

  • test_de-Projektleiter_Stoffel am 19.07.2020 um 11:44 Uhr
    Sie haben die falschen Zertifikate geprüft ...

    @PortSaid: Der Deutsche Derivate Verband veröffentlicht Statistiken zu Umsatz- und Marktvolumen. Umsatz: Was wird wie stark an der Börse gehandelt; Volumen: Welches Volumen wird zum Stichtag von Anlegern in welchen Produkten gehalten. Trading-Produkte (z.B. Hebel, Turbos Optionsscheine...) sind die Schwergewichte der Umsatzstatistiken, Anlageprodukte (Strukt. Anleihen - 32%, Express-Zertifikate - 28%, Aktienanleihen - knapp 11%...) sind die Schwergewichte bei den gehaltenen Produkten. Darauf haben wir uns bei der Untersuchung 2019 bezogen - denn dort lag (und liegt immer noch) das meiste Vermögen der Zertifikateanleger.

  • PortSaid am 18.07.2020 um 21:40 Uhr
    Sie haben die falschen Zertifikate geprüft ...

    Die ausgewählten vier Zertifikate werden nach Angaben des Deutschen Derivate Verbandes weniger häufig gehandelt, zusammen machen sie weniger als 4% des Umsatzes aller gehandelten Derivate aus. Die restlichen 96% entfallen auf Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikate, die deutlich häufiger gehandelt werden. Ich würde lieber einen umfassenderen Bericht über die beliebtesten Zertifikate lesen

  • Saronni49 am 27.01.2020 um 11:30 Uhr
    Discount-Zertifikate

    Wenn ich eine bestimmte Aktie z.B. aus den Dax kaufen möchte, suche ich mir zuerst ein Discount.Zertifikat mit geringer Laufzeit, max. 6 Monate aus, das ich bei meinem Broker (Consors od. Diba) kostenfrei kaufen kann. Den Cap wähle ich so aus, dass er bis zum Fälligkeitstermin des Zertifikats nach meiner Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht wir. Bei Fälligkeit erhalte ich dann die Aktie ins Depot gebucht, die ich seinerzeit gebührenfrei erworben habe. Da das Discount-Zertifikat mit einem Abschlag auf den Aktienpreis gehandelt wird, habe in in zweierlei Hinsicht Kosten gespart. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn in die Laufzeit des Zertifikates die Dividendenzahlung der Aktie fällt.