Zertifikate Was ist das, was bringt das, wie riskant ist das?

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Zertifikate - Was ist das, was bringt das, wie riskant ist das?

© Getty Images / Marcelo Endelli

Zehn Jahre nach der Finanz­krise ­finden Zertifikate wieder reißenden Absatz. Doch nach wie vor gibt es viele Fall­stricke für Anleger. Oft sind die Produkte über­mäßig kompliziert, haben ungewisse Lauf­zeiten oder versteckte Kosten. Die Finanz­experten der Stiftung Warentest zeigen, wo Anleger besonders aufpassen müssen.

Zertifikate: Von Trans­parenz oft keine Spur

„Gut kalkulier­bar und trans­parent“, preist die Sparkassengesell­schaft Deka auf ihrer Internetseite Zertifikate an. Nach den Analysen von Finanztest kann davon oft keine Rede sein. Viele Produkte sind derart komplex, dass sie selbst von Finanz­experten schwer zu verstehen sind. Und oft ist nicht vorhersehbar, welche Rendite am Ende heraus­kommt.

Das bietet das Zertifikate-Special der Stiftung Warentest

Analyse.
An konkreten Beispielen beleuchten wir die Chancen und Risiken verschiedener Zertifikat­typen: Zins­zertifikate, Aktien­anleihen, Express­zertifikate und Garan­tiezertifikate. Außerdem sagen wir, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Produkt­informationen ihren Zweck erfüllen.
Tipps und Hintergrund.
Wir zeigen, welche güns­tigeren Alternativen es zu Zertifikaten gibt – je nach Risikoneigung des Anlegers. Und wir sagen, welche Tricks und versteckten Kosten Anleger unbe­dingt kennen sollten, wenn sie in Zertifikate investieren wollen.
Heft­artikel.
Wenn Sie das Thema frei­schalten, erhalten Sie Zugriff auf das PDF zum Testbe­richt aus September 2019.

Entscheidend ist die Zahlungs­fähig­keit des Heraus­gebers

Eins haben alle Zertifikate gemein­sam: Ihr Wohl und Wehe hängt an der Zahlungs­fähig­keit des Heraus­gebers (Emittenten). Das Pleiterisiko mag bei den meisten Banken gering sein, aber Anleger können ihr Geld teil­weise oder voll­ständig verlieren, wenn der Anbieter des Zertifikates insolvent werden sollte.

Begrenzter Anla­gehorizont als Haupt­problem

Finanztest sieht das größte Problem aber woanders: Zertifikate haben einen begrenzten Anla­gehori­zont, so dass sich Anleger immer wieder mit dem fällig gewordenen Geld befassen müssen. Für Bank­berater dagegen ist es reizvoll, immer wieder neue Zertifikate zu verkaufen – jedes Mal winken ihnen Provisionen. Eine Geld­anlage in Etappen behindert die lang­fristige Vermögens­planung. Wer sinn­voll investieren möchte, sollte dafür mindestens zehn Jahre veranschlagen.

Was ist über­haupt ein Zertifikat?

Recht­lich gesehen handelt es sich um eine Schuld­verschreibung. Anleger leihen der Bank, die das Zertifikat heraus­gibt, ihr Geld und setzen darauf, dass sie es ihnen am Ende der Lauf­zeit zurück­zahlen wird. Das Zertifikat bietet nur eine Hülle, die mit allen möglichen Inhalten gefüllt werden kann. Oft stecken darin komplexe Wetten auf Aktien-, Index- oder Zins­entwick­lungen.

Diese Zertifikat-Typen gibt es

Zins­zertifikate. Für Sparkassen- oder Bank­kunden, die unter keinen Umständen ihre Bank wechseln und auch kein zusätzliches Konto bei einer Online­bank eröffnen wollen, sind Zins­zertifikate meist die einzige Möglich­keit, ein paar Zehntel Prozente mehr heraus­zuholen. Eine beliebte Produkt­variante lockt Anleger mit jähr­lich steigenden Zinsen (Stufenzins).

Aktien­anleihen. Anleger erhalten eine vergleichs­weise attraktive Verzinsung, verzichten aber im Gegen­zug auf Kurs­chancen und Dividenden.

Express­zertifikate. Hier gehen Anleger eine Wette auf einen Aktien­index, oft auf den Euro Stoxx 50, ein. Rutscht der Index nicht spektakulär ab und unter­schreitet er eine bestimmte Kurs­schwelle nicht – die übliche Größen­ordnung für den Verlust liegt aktuell bei 30 bis 35 Prozent –, wird das Zertifikat nach einem Jahr fällig und der Anleger erhält eine Zins­gutschrift.

Garan­tiezertifikate. Sie sollen Anleger an Börsen­chancen teilhaben lassen, aber die Risiken abfedern. In Zeiten nied­rigster Zinsen funk­tioniert dieses Konzept kaum. Es gibt aber gute Alternativen, wie unser Special zeigt. Wenn Sie das Thema frei­schalten, erfahren Sie auch etwas über weitere Zertifikate­typen wie zum Beispiel Index-, Discount- und Bonuszertifikate.

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Stiftung_Warentest am 19.08.2020 um 15:47 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 19.07.2020 um 12:29 Uhr
Zu Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikaten

@PortSaid: Zu Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikaten finden Sie leicht Informationen zu Funktionsweise und Einsatz im Netz (auch hier ein paar ältere Artikel). Das sind ja Standardprodukte. Aber auch diese Produkte empfehlen wir eher nicht, denn sie sind komplexer und taugen nicht wirklich für den langfristigen Vermögensaufbau. Da es davon außerdem aktuell Hunderttausende (!) gibt und sich deren Attraktivität und Eigenschaft sekündlich ändern kann, haben wir einzelne Produkte nicht getestet - jedes Ergebnis kann nach aller kürzester Zeit schon überholt sein. Aber im Internet gibt es Seiten für Zertifikate, die helfen, Ausstattungsmerkmale und implizite Volatilitäten (ein wichtiger Preisindikator für Produkte mit Options-Komponente) aller Produkte sekundengenau zu vergleichen.

Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 19.07.2020 um 11:44 Uhr
Sie haben die falschen Zertifikate geprüft ...

@PortSaid: Der Deutsche Derivate Verband veröffentlicht Statistiken zu Umsatz- und Marktvolumen. Umsatz: Was wird wie stark an der Börse gehandelt; Volumen: Welches Volumen wird zum Stichtag von Anlegern in welchen Produkten gehalten. Trading-Produkte (z.B. Hebel, Turbos Optionsscheine...) sind die Schwergewichte der Umsatzstatistiken, Anlageprodukte (Strukt. Anleihen - 32%, Express-Zertifikate - 28%, Aktienanleihen - knapp 11%...) sind die Schwergewichte bei den gehaltenen Produkten. Darauf haben wir uns bei der Untersuchung 2019 bezogen - denn dort lag (und liegt immer noch) das meiste Vermögen der Zertifikateanleger.

PortSaid am 18.07.2020 um 21:40 Uhr
Sie haben die falschen Zertifikate geprüft ...

Die ausgewählten vier Zertifikate werden nach Angaben des Deutschen Derivate Verbandes weniger häufig gehandelt, zusammen machen sie weniger als 4% des Umsatzes aller gehandelten Derivate aus. Die restlichen 96% entfallen auf Bonus-, Discount- und Knock-out-Zertifikate, die deutlich häufiger gehandelt werden. Ich würde lieber einen umfassenderen Bericht über die beliebtesten Zertifikate lesen

Saronni49 am 27.01.2020 um 11:30 Uhr
Discount-Zertifikate

Wenn ich eine bestimmte Aktie z.B. aus den Dax kaufen möchte, suche ich mir zuerst ein Discount.Zertifikat mit geringer Laufzeit, max. 6 Monate aus, das ich bei meinem Broker (Consors od. Diba) kostenfrei kaufen kann. Den Cap wähle ich so aus, dass er bis zum Fälligkeitstermin des Zertifikats nach meiner Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht wir. Bei Fälligkeit erhalte ich dann die Aktie ins Depot gebucht, die ich seinerzeit gebührenfrei erworben habe. Da das Discount-Zertifikat mit einem Abschlag auf den Aktienpreis gehandelt wird, habe in in zweierlei Hinsicht Kosten gespart. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn in die Laufzeit des Zertifikates die Dividendenzahlung der Aktie fällt.