Zeit­umstellung und Gesundheit Weshalb die Winter­zeit gesünder ist

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Zeit­umstellung und Gesundheit - Weshalb die Winter­zeit gesünder ist

Wer hat an der Uhr gedreht? Im Sommer wird sie eine Stunde vor, im Winter eine Stunde zurück­gestellt. © Getty Images / Stiftung Warentest (M)

Zweimal im Jahr stellen wir die Uhr um eine Stunde um. Hier erklären wir, welche Folgen die Zeit­umstellung für den Biorhythmus haben kann und worauf jeder achten sollte.

Winter­zeit entspricht mehr der inneren Uhr

Immer dieses ewige Hin und Her. Erst wird die Uhr vor, dann wieder zurück­gestellt. Was ist nun besser für unseren Biorhythmus? Tatsäch­lich ist es die Winter­zeit, die mehr unserer inneren Uhr entspricht – das sagen die Experten. Gerade die innere Uhr macht unseren Biorhythmus aus und beein­flusst damit auch unseren Schlaf, unseren Herz­schlag, unsere Stimmung.

Diese innere Uhr ist ein komplexes System und tickt bei jedem Menschen anders. Allen gefühlten Wahr­nehmungen zum Trotz: Welt­weit belegen viele Studien ungesunde Folgen durch die Sommer­zeit – von metabo­lischen Erkrankungen bis zu psychischen Problemen (Interview mit dem Chronobiologen Till Roenneberg).

Studien zu gesundheitlichen Folgen

So zeigt beispiels­weise eine Studie der Universität Bologna, dass die Schlaf- und Wach­zyklen durch die Umstellung auf Sommer­zeit deutlich stärker gestört werden als durch die Umstellung auf Winter­zeit. Und das um fünf Prozent höhere Risiko für einen Herz­infarkt dokumentiert die Studie des Karolinska-Instituts Schweden, einen Anstieg beob­achten auch die amerikanischen Kollegen am William Beaumont Hospital in Michigan.

Wie innere Uhr und Stoff­wechsel­störungen zusammenhängen, wird in Göttingen erforscht. Die negativen Folgen für den Biorhythmus stellen Studien aus Deutschland dar – darunter, wie der soziale Jetlag mit einem erhöhten BMI verbunden ist und somit zur Fett­leibig­keit beiträgt.

Einer Umfrage der DAK zufolge meinen aber nur 29 Prozent der Deutschen, dass sie unter der Zeit­umstellung leiden.

Sommer­zeit und Zeit­umstellung

Obwohl die Sommer­zeit nicht natürlich ist und sich gerade im Früh­jahr der soziale Jetlag verstärkt, ist die Sommer­zeit hier­zulande sehr populär. Vor allem, dass es abends länger hell ist, empfinden viele als Vorteil. Gut zwei Drittel aller Menschen glauben ungeachtet aller wissenschaftlichen Fakten, dass die Sommer­zeit sie nicht negativ beein­flusst.

Die Zeit­umstellung ist ziemlich unpopulär. Fahr- und Schicht­pläne müssen angepasst werden, Arbeits­abläufe umge­stellt – sei es bei der Bahn, in Krankenhäusern, Pfle­geheimen oder in Betrieben mit durch­gehender Produktion. Und auch privat irritiert die Zeit­umstellung: Seit sie mit dem Argument der Energie­ersparnis einge­führt wurde, stößt sie auf Kritik. Viele Menschen fühlen sich zwangs­beglückt und würden gern für immer auf die Umstellung der Uhren verzichten. Die Frage ist nur: Sollen wir uns dann für eine immerwährende Sommer­zeit entscheiden oder dauer­haft zur alten Winter­zeit zurück­kehren?

Hier fassen wir die wichtigsten Argumente von Befür­wortern und Gegnern der Sommer­zeit zusammen:

Pro Sommer­zeit

1. Dadurch, dass sich das Sonnenlicht länger nutzen lässt, gibt es mehr Möglich­keiten für Frei­zeit­aktivitäten bis in den späten Abend – wer grillt schon morgens?

2. Man muss sich abends – etwa zum Sport – nicht so aufraffen wie im dunklen Winter.

3. Die Nach­mittage sind heller, die Abende länger; zudem wirkt mehr Sonnenlicht gegen Depressionen.

4. Der Handel und die Gastronomie mögen die Sommer­zeit­regelung, weil die helleren Abende die Verbraucher dazu verleiten, mehr Geld für Aktivitäten auszugeben.

5. Die Sommer­zeit schafft in der Hoch­saison mehr Arbeits­plätze.

Zusammengefasst: Die Sommer­zeit hat gefühlt längere Sommer­abende und bringt somit mehr Lebens­qualität.

Contra Sommer­zeit

1. Der Grund­gedanke, Energie zu sparen, ist widerlegt: Zwar wird durch die Sommer­zeit im Sommer tatsäch­lich etwas weniger Energie verbraucht, aber im Früh­jahr und Herbst wird dafür am Morgen mehr geheizt.

2. Schüler müssten zu Beginn der Sommer­zeit mindestens sechs Wochen länger im Dunkeln zur Schule.

3. Das lange Tages­licht stört, wenn man früh ins Bett muss.

4. Wird die äußere Uhr (soziale Zeit) dauer­haft um eine Stunde vorgestellt, bleibt dennoch der von Natur aus angelegte chronobiologische Rhythmus (die innere Uhr) bei allen Menschen gleich. Dann wären noch mehr Menschen als bisher gezwungen, gegen ihre innere Uhr zu leben – das kann gesundheitliche Probleme (etwa Schlafstörungen, Erschöpfungs­zustände, Depressionen, Herz­beschwerden) nach sich ziehen.

5. Land­wirte klagen über Anpassungs­schwierig­keiten ihrer Tiere, beispiels­weise von Milchkühen. Denn auch Tiere haben eine innere Uhr.

Zusammengefasst: Die Sommer­zeit ist ungesund, teuer und bringt keinen echten Mehr­wert.

Die Uhren­umstellung hat Geschichte

Die Sommer­zeit ist kein natürliches Ereignis, sondern ein Beschluss. In Deutsch­land wurde die Sommer­zeit erst­mals 1916 bis 1918 einge­führt. Seitdem verschwand und kam sie immer wieder. Seit 1980 wird jedes Jahr hier­zulande zweimal an der Uhr gedreht – seit 1996 geschieht dies einheitlich in der gesamten EU.

Früher tickten die Uhren anders

Eine kurze Zeitreise: Die Geschichte der Uhren­umstellung begann schon lange vor der Einführung der Sommer­zeit. Denn bis Ende des 19. Jahr­hunderts gab es im Deutschen Kaiserreich fünf verschiedene Zeitzonen. War es beispiels­weise

  • in Berlin 12.27 Uhr,
  • schlug es in München 12.20 Uhr,
  • in Stutt­gart 12.10 Uhr,
  • in Karls­ruhe 12.07 Uhr
  • und in Düssel­dorf sogar erst 12.00 Uhr.

Pro Längengrad änderte sich die Orts­zeit um vier Minuten beziehungs­weise alle 18 Kilo­meter um eine Minute. Von 1893 an wurde dann die mitt­lere Sonnen­zeit des 15. Längengrades als gemein­same Zeit vereinheitlicht. Erst seitdem ticken die Uhren im Gleich­klang.

Vor, zurück, vor, zurück: Die Uhren­umstellung in Europa

23 Jahre später wurde erst­mals die Sommer­zeit einge­führt: Energie sparen, Kriege über­stehen, die Wirt­schaft stärken und Ölkrisen meistern – das wurden bald wesentliche Argumente für die Zeit­umstellung.

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© Stiftung Warentest

Stellt Europa auf Sommer- oder Winter­zeit um?

Für immer Sommer­zeit? Oder auf ewig Winter­zeit? Das klingt nach einer einfachen Entscheidung, ist aber ein ziemliches Dilemma. Nur so viel ist sicher: Die Zeit­umstellung ist nicht beliebt! Die Mehr­heit der abstimmenden Europäer (84 Prozent) votierte bei einer EU-Umfrage 2018 gegen sie. Im März 2019 sprach sich dann auch das EU-Parlament dagegen aus – und beschloss, die Zeit­umstellung bis 2021 endgültig abzu­schaffen. Dabei über­lässt es das Parlament jedem Mitglied­staat selbst, sich für eine Zeitzone zu entscheiden – und erwartet gleich­zeitig, dass die Zeitplanung im Binnenmarkt weiterhin reibungs­los funk­tioniert. Die Idee: Die Länder sollen sich unter­einander abstimmen. Passiert ist bis heute allerdings nichts.

Unterschiedliche Interessen in Europa

Doch in der Abstimmung liegt das Problem. Da die einzelnen EU-Länder unterschiedliche Interessen haben, konnten sich die 27 Mitglied­staaten bislang nicht geschlossen auf Sommer- oder Winter­zeit einigen. So favorisieren beispiels­weise Portugal, Deutsch­land und Zypern die Sommer­zeit – dagegen sind etwa Finn­land, Dänemark und die Nieder­lande für die Normal­zeit, also die Winter­zeit. Und die Griechen etwa würden sogar gern die Zeit­umstellung beibehalten.

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Hitzige Debatte. Bislang konnten sich die EU-Mitglied­staaten nicht auf Sommer­zeit oder Winter­zeit einigen. © Getty Images / Simon McGill, Getty Images (M)

Die Sonne geht nicht über­all zur selben Zeit auf

Die unterschiedlichen Interessen hängen vor allem mit den verschiedenen Zeitzonen und dem jeweiligen Tages­anbruch vor Ort zusammen.

Das Gebiet der EU-Mitglieds­staaten erstreckt sich (die Azoren ausgenommen) derzeit über drei Zeitzonen:

1. Die west­europäische Zeit gilt in: Irland und Portugal.

2. Die mittel­europäische Zeit (+1 Stunde) gilt in: Belgien, Dänemark, Deutsch­land, Frank­reich, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Nieder­lande, Österreich, Polen, Schweden, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tsche­chische Republik und Ungarn.

3. Die osteuropäische Zeit (+2 Stunden) gilt in: Bulgarien, Estland, Finn­land, Griechen­land, Lett­land, Litauen, Rumänien und Zypern.

Da der Sonnen­aufgang von Osten her beginnt, gibt es demzufolge in Europa keinen einheitlichen Tages­anbruch.

  • In Deutsch­land geht die Sonne im östlichsten Osten (etwa in Görlitz) eine halbe Stunde früher auf als im west­lichsten Westen Deutsch­lands (etwa in Aachen).
  • Gegen­wärtig müssen sich beispiels­weise Frank­reich und Spanien mit der Uhrzeit nach dem Sonnen­stand von Deutsch­land richten, obwohl sie im Längengrad-Bereich von Groß­britannien liegen.
  • Auch bei der Tages­licht­menge gibt es große Unterschiede. Während die südlichen Länder das ganze Jahr über mit viel Tages­licht gesegnet sind, haben die Länder im Norden zwar helle Sommer, aber dunkle Winter.

Keine einfache Antwort für Europa möglich

Das macht es umso schwieriger, allen geografischen Unterschieden Rechnung zu tragen. Denn wer verordnet sich schon freiwil­lig dunklere Tage oder hellere Nächte? So könnte in Spanien bei ewiger Sommer­zeit die Sonne im Winter erst gegen 9.30 Uhr aufgehen – während in Polen bei ewiger Winter­zeit die Sonne im Sommer schon um 3 Uhr aufgehen würde. Beide Länder befinden sich aber inner­halb der mittel­europäischen Zeitzone – und müssten je nach gefundener Lösung, unter Umständen große Kompromisse eingehen. Die Frage, ob nun die Sommer­zeit oder die Winter­zeit abge­schafft werden sollte, ist also nicht so einfach zu beant­worten.

Die jeweils verantwort­lichen Fach­minister müssen also faire Lösungen aushandeln. Eine Lösung wäre, Europa nach dem jeweiligen Sonnen­stand in chronobiologisch passende Zeitzonen einzuteilen.

Aber, wenn es keine einheitliche Zeitzone mehr gibt, so befürchten einige, dann würde der europäische Binnenmarkt wegen bürokratischer Hürden und Ineffizienzen nicht mehr reibungs­los funk­tionieren. Belege gibt es dafür jedoch nicht.

Der Chronobiologe: „Die meisten leben gegen ihre innere Uhr“

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Till Roenne­berg ist Professor am Institut für Medizi­nische Psycho­logie der Ludwig-Maximilians-Universität München. © privat

Die Zeit­umstellung ist keine Zeit­umstellung und die Winter­zeit keine Winter­zeit. Das, was zweimal im Jahr statt­findet, ist ein Zeitzonenwechsel. Und es gibt noch mehr Miss­verständ­nisse, wie der Chronobiologe Till Roenne­berg im Gespräch mit test.de erklärt.

Winter­zeit, Sommer­zeit, Zeit­umstellung – wird da viel durch­einander­gebracht?

Ja. Zunächst einmal gibt es keine Zeit­umstellung! Es gibt nicht einmal eine Licht­umstellung! Weil weder Zeit noch Licht umge­stellt werden, sondern nur die Uhren. Genau genommen gibt es auch keine Sommer­zeit oder Winter­zeit. Ende Oktober bekommen wir die gestohlene Stunde zurück. Das ist alles. Wir werden wieder normal.

Was macht die Uhren­umstellung mit uns?

Das will­kürliche Versetzen der sozialen Zeit ist schädlich! Denn wir wechseln die Zeitzonen und legen damit unsere Ostgrenze der Zeitzone um eine Stunde weiter nach Osten. Wer in Berlin lebt, lebt im Sommer zeitlich gesehen plötzlich in St. Peters­burg.

Hat das gesundheitliche Folgen?

Ja, das kann Auswirkungen haben. Dabei sind akute Folgen wie Unfälle oder Herz­infarkte das geringste Problem. Erheblicher sind die chro­nischen Folgen durch die sogenannte Sommer­zeit, wie etwa Stoff­wechselkrankheiten. Studien, die in großen Zahlen Krankheiten inner­halb von Zeitzonen betrachten, beweisen: Die Gesundheit und die persönliche Performance nehmen bei einem Zeitzonenwechsel von der Ost- zur West­grenze ab.

Was würde die dauer­hafte Umstellung auf die sogenannte Sommer­zeit bedeuten?

Das wäre eine Katastrophe! Dann wäre ganz­jährig die Ostgrenze unserer Zeitzone verschoben. Ein Leben gegen die innere Uhr bedroht unsere Gesundheit und Lebens­qualität. Statistisch gesehen leben wir einfach kürzer. Die Chance, früher krank zu werden, ist größer. Wir nehmen mehr Licht am Morgen weg, was die inneren Uhren irritiert, und geben uns mehr Abend­licht.

Aber mögen die meisten nicht ausgerechnet die längeren Sommer­abende?

Das ist das große Miss­verständnis: Es ist zwar schön, am Abend viel Licht zu haben, aber genau das Licht macht ja die inneren Uhren noch später. Geben wir uns mehr Abend­licht, ist das genau das Falsche. Viele geraten so aus dem Takt. Gerade Spät­typen haben Schwierig­keiten, sich anzu­passen. Diese kollektive Entscheidung, die Uhren umzu­stellen, greift in das biologische Zeit­system ein, vergrößert bei den meisten zwangs­läufig den sozialen Jetlag und verringert die Schlafdauer.

Leben viele Menschen gegen ihre innere Uhr?

Ja, sehr viele. Alle, die einen Wecker brauchen, leben gegen ihre innere Uhr! Und das sind mehr als 80 Prozent.

Dann leben wir also in einer Gesell­schaft der Über­müdung?

In Deutsch­land gibt es den größten sozialen Jetlag in Europa. Die Engländer kennen ganz andere Arbeits­zeiten. Deutsch­land hat dagegen brutale Zeiten. Hier kommen nur wenige mit dem frühen Schul- und Arbeits­beginn zurecht. Die Mehr­heit startet müde in den Tag.

Was schlagen Sie vor?

Schlaf muss einen ebenso hohen Stellen­wert bekommen wie Ernährung und Sport.

Innere Uhr, sozialer Jetlag und die Schlafkultur

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Haben die Lerchen die Macht? In Deutsch­land beginnt der Alltag so früh wie in keinem anderen Land Europas. © Getty Images / Juri Samsonov, GlobalP (M)

Viele Menschen seien nicht in der Lage, ihren Schlafbedarf oder ihre Schlafqualität richtig einzuschätzen, sagt Chronobiologe Till Roenne­berg. Die einen glaubten, schlecht und zu wenig zu schlafen. Andere seien über­zeugt, mit nur fünf Stunden Schlaf auszukommen. Prüfe man das im Einzel­fall nach, so Roenne­berg, stelle sich in den meisten Fällen heraus, dass die Selbst­wahr­nehmung der Menschen trüge. Der Forscher hat eine einfache Formel: „Wer abends nicht einschlafen kann, ohne dass ein körperliches Problem dahintersteckt, der geht schlichtweg zur falschen Zeit schlafen.“ Und: „Wer morgens einen Wecker braucht, lebt gegen seine innere Uhr.“ Mehr als 80 Prozent der Deutschen benötigen einen Wecker, bestätigt der Schlaf­forscher Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums am Pfalz­klinikum Klingenmünster.

Das Diktat der sozialen Uhr

Lange vor Erfindung der Sommer­zeit hat die Natur die innere Uhr einge­richtet. Sie macht aus den Menschen Früh- oder Spät­aufsteher („Lerchen“ und „Eulen“), Kurz- oder Lang­schläfer – oder Typen dazwischen. Doch wie jeder Einzelne tickt, darauf nimmt unsere äußere Uhr, also unser Alltag, keine Rück­sicht. Das fängt in der Schule an und hört im Job nicht auf. Streng tickt die soziale Uhr. Nirgendwo in Europa beginnt der Tag so zeitig wie in Deutsch­land. Hier­zulande tickt die soziale Uhr mitunter noch wie vor hundert Jahren, als die Land­wirt­schaft den Takt vorgab, die Geschäfte noch nicht bis 21 Uhr geöffnet hatten, es noch keine Globalisierung und keine 24-Stunden-Gesell­schaft gab.

Ticken wir noch richtig?

Innere Uhr. Unseren Schlaf-Wach-Rhythmus bestimmt die innere Uhr. Viele Rädchen greifen da ineinander: So geben unter anderem Licht­verhält­nisse und genetische Komponenten – mehr als 50 Gene sind daran beteiligt – unseren Takt vor. Die innere Uhr können wir nicht selbst bestimmen, sie ist naturgegeben und tickt bei jedem Menschen anders. Keiner kann also entscheiden, ob er Früh­aufsteher oder Spät­aufsteher, Lerche oder Eule sein will.

Sozialer Jetlag. Die Unstimmig­keit zwischen biologischer Innen­zeit und sozialer Uhr wird als sozialer Jetlag bezeichnet. Weil innere und äußere Uhr unterschiedlich ticken, verschiebt sich der Schlaf-Wach-Rhythmus. Anders als beim üblichen Jetlag gibt es in dem Fall aber keinen veränderten Sonnen­stand, der die Umstellung unterstützt. Viele Menschen müssen sich der sozialen Uhr anpassen. Gesünder aber wäre: Die soziale Uhr passte sich der biologischen an.

Der Feind des Teen­agers: Der Wecker

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Extreme Biorhythmus­verschiebung. Ein Schul­start um 8 Uhr bei Teen­agern gleicht einem Arbeits­beginn um 4 Uhr bei Erwachsenen. © Alamy Stock Photo / Antonio Guillem Fernandez

Viele Schüler entwickeln sich in der Pubertät von Lerchen zu Eulen. Ihre innere Uhr schickt sie später ins Bett. Unbarm­herzig klingelt dann aber in der Frühe der Wecker – und wird für viele zum Feind. Sie müssen zu früh aufstehen, starten über­müdet in den Tag und werden dann sozu­sagen in ihrer biologischen Mitter­nacht unter­richtet. Deshalb schlagen deutsche Schlaf­forscher flexiblere Unterrichts­anfänge vor: in der Unterstufe um 8, in der Mittel­stufe um 9 und in der Oberstufe erst um 10 Uhr. Die Leistungs­fähig­keit würde sich so erheblich verbessern.

Nicht gegen die innere Uhr leben

Schlafmediziner wie Alfred Wiater von der Deutschen Gesell­schaft für Schlaf­forschung und Schlafmedizin (DGSM) betonen immer wieder, dass die Winter­zeit unserem Schlaf-Wach-Rhythmus am ehesten entspreche, und raten, die Normal­zeit beizubehalten und dem natürlichen Rhythmus zu folgen. Denn nicht einmal 30 Prozent aller Menschen würden zu den natürlichen Früh­typen, also zu den Lerchen gehören. Tatsäch­lich richtet sich der individuelle Biorhythmus nicht danach, wann der Schulbus fährt, wann die Arbeits­zeit beginnt, ob es eine Ganz­tags­schule gibt oder wie der Alltag organisiert werden muss. Die innere Uhr fragt nicht nach den Umständen, denn sie ist der Umstand.

Für eine neue Schlafkultur

Gegen die innere Uhr zu leben, gefährdet die Gesundheit. Schlafmediziner sind sich einig: Es fehlt in der Gesell­schaft immer noch an Aufklärung. Und sie fordern: Deutsch­land braucht eine neue Schlafkultur. Die soziale Uhr solle viel öfter den Schlafbedürf­nissen aller gerecht werden, und sie raten: Die Normal­zeit soll beibehalten werden. Mehr noch: Unser Alltag könnte teils sogar später beginnen. Schon eine halbe Stunde mehr Schlaf steigert die Leistungs­fähig­keit um ein Drittel, wie eine Studie der Uni Leipzig belegt.

Darauf sollten Sie bei der Uhren­umstellung achten

Die Zeit­umstellung betrifft nicht nur unsere innere Uhr. Auch alle anderen Uhren müssen angepasst werden. Vor oder zurück, je nachdem. Bei Funk­uhren, Laptops, Computern oder beispiels­weise Smartphones geschieht die Uhren­umstellung auto­matisch. Dafür sorgt die Physika­lisch-Tech­nische Bundes­anstalt in Braun­schweig. Dort wird der Zeitsender programmiert, der das Signal zur Umstellung aussendet. Doch nicht bei jeder Uhr lässt sich einfach die „Auto­matische Zeitzone“ verwenden. Nicht alle empfangen das über Lang­wellensender ausgestrahlte Impuls­signal. Das bedeutet: Wir müssen mecha­nisch nach­helfen (Uhren-Checkliste).

Diese Uhren müssen Sie selbst umstellen

Während sich die meisten Geräte, die Funk- und Internet­verbindung haben – Armband­uhren, Fernseher, Receiver, Computer, Smartphones – auto­matisch umstellen, müssen andere Uhren per Hand umge­stellt werden. Unsere kleine Check­liste hilft Ihnen, den Über­blick zu behalten.

Küche

ja Back­ofen

ja Dampf­garer

ja Herd­platte / Koch­feld

ja Kaffee­maschine

ja Küchen­uhr

ja Küchenwaage

ja Mikrowelle

Wohn-, Ess- und Schlaf­zimmer

ja DVD-Player / Video­rekorder / Spiele­konsolen

ja Fußbodenhei­zung

jaRadio

jaRoll­läden

ja Telefon / Anruf­beant­worter / Fax

ja Wand- /Stand­uhr

ja Wecker / Reise­wecker

ja Wetter­stationen

Sons­tiges

ja Alarm­anlage

ja Auto­uhr / Navi / Standhei­zung

ja Bewegungs­melder / Video­über­wachung

ja Heiz­therme / Raum­thermostat

ja Kamera / Video­kamera

jaSchritt­zähler

ja Wand­uhr im Büro

ja Zeit­schalt­uhren (Warm­wasser­aufbereitung, Bewässerungs­anlage, Haustür, Garagen­tor ...)

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  • Gelöschter Nutzer am 28.03.2023 um 18:00 Uhr
    @norr

    Ja, die EU wollte einmal. Zumindest hieß es so. Man diskutiert mittlerweile seit bald fünf Jahren darüber, wo, welche Zeit wann gelten sollte. Eventuell zu akzeptieren, dass jedes Land selbst über seine Zeit entscheidet, darauf ist man leider nicht gekommen bzw. lehnt dies ab. Das entsprechende Thema müsste von dem im Europäischen Rat vorsitzenden Land auf die Tagesordnung gehoben werden. Momentan ist das Schweden. Solange das nicht passiert, und dafür gibt es keine Anzeichen, gibt es auch keinerlei weiteren Schritte in dieser Richtung.

  • norr am 27.03.2023 um 06:21 Uhr
    Winterzeit gute Zeit

    Wollte die EU nicht die natürliche Zeit (oder eine Abstimmung darüber) wieder einsetzen? Ich stelle fest, nichtmal das hat die EU geschafft!

  • antimatter am 25.03.2023 um 22:31 Uhr
    Schulargument nicht nachvollziehbar

    Das Argument mit dem Schulunterricht leuchtet mir nicht ein. Selbst wenn es keine Zeitumstellung gibt, könnten die Schulen im Winterhalbjahr doch einfach den Stundenplan nach hinten schieben, z.B. zwischen Herbst- und Osterferien erst zur zweiten Stunde anfangen und dementsprechend (nach)mittags eine Stunde länger bleiben. In anderen Bereichen gibt es bereits unterschiedliche Sommer- und Winteröffnungszeiten. Solche konkreten Anpassungen von Anfangs- oder Endzeit halte ich für zielgenauer, als für alle die Uhr umzustellen.

  • Gelöschter Nutzer am 25.03.2023 um 19:05 Uhr
    Vorgeschobene Argumente

    Die Abschaffung der Sommerzeit in der EU wäre ein einfacher Rechtsakt und hätte längst erledigt sein können. Wenn jedes Land selbst über die Sommerzeit entscheidet, gibt es halt ein paar mehr temporäre Zeitzonen im Sommer. Wo ist das Problem? Festlands USA haben allein vier Zeitzonen. Im Sommer sogar mehr, weil nicht alle Bundesstaaten bei der Umstellung mitmachen. Dazu kommen abgelegene Bundesstaaten wie Alaska oder Hawaii und auch noch Puerto Rico. Kein Problem. Heutige Uhren stellen sich fast immer automatisch. Das gilt insbesondere für die, die von Relevanz sind. Es ist also ein typisch vorgeschobenes Argument. Die gesündeste und menschlichste Zeit ist übrigens die astronomische Zeit. Es ist 12:00 Uhr mittags wenn die Sonne den höchsten Stand hat. Auch bekannt als Winterzeit oder Normalzeit.

  • KnutRuprecht22 am 25.03.2023 um 15:35 Uhr
    Dieser Artikel ist nicht unparteiisch

    Ich habe bis jetzt sehr viel von Stiftung Warentest gehalten, dieser Artikel scheint für mich persönlich sehr unplausibel zu sein. Klar, ist die Zeitumstellung für den Körper anstrengend, aber die Argumente für die Winterzeit sind meiner Meinung nach ziemlich fadenscheinig, z. B. Kinder gehen sechs Wochen länger im Dunkeln zur Schule - die Straßen sind auch im Winter gut beleuchtet, in den öffentlichen Transportmitteln gibt es auch genug Licht. Wenn man eine Stunde früher aufstehen muss, geht man einfach eine Stunde früher ins Bett usw. Vor einigen Jahren gab es eine Umfrage in EU, die Mehrheit der Deutschen hat gegen die Zeitumstellung aber für Sommerzeit gestimmt, das wird in Ihrem Artikel gar nicht erwähnt.