Zehn Jahre Finanzkrise. Anleger und Sparer wurden geschädigt. Niedrige Zinsen sorgen weiterhin für Verdruss. Sparen Kunden nun anders – und sind sie besser geschützt als zuvor? Die Experten von Finanztest ziehen eine Bilanz und geben Tipps, wie Anleger vor dem Hintergrund der Krisengeschichte am besten vorgehen.
Als die Menschen anfingen, Bargeld zu horten
Es war Sonntag, der 5. Oktober 2008, als Kanzlerin Angela Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück mit äußerst ernsten Gesichtern im Fernsehen beteuerten, dass der Staat die Einlagen der Sparer in Deutschland garantiere. Höchste Zeit, wie Steinbrück später in einem Vortrag erläuterte, denn die Menschen begannen, Bargeld zu horten.„Die 500- und 200-Euro-Scheine gingen langsam aus“, so Steinbrück. „Und die Bundesbank und die Bankenaufsicht in Deutschland, eine Behörde mit dem Namen Bafin, meldeten, ab Montag gebe es einen richtigen Zulauf auf die Filialen deutscher Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken. Die Leute wollen ihr Geld abheben.“
Los ging es mit der Lehman-Pleite
Auslöser der Panik an den Finanzmärkten, die auch auf die Bevölkerung überzugreifen drohte, war die Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008. Der Höhepunkt der Finanzkrise ist nun zehn Jahre her. Die Bürger zahlten damals für die Spekulationswut und Gier der Banker. Das Vertrauen von Sparern und Anlegern wurde tief erschüttert. Welche Konsequenzen haben sie gezogen? Werden sie besser beraten und besser geschützt? Sparen sie anders? Bieten Geldinstitute und Versicherer ihnen bessere Produkte an?
Unser Fazit: Einiges hat sich gebessert, anderes nicht. Noch immer können Anleger und Sparer nicht auf eine gute Bankberatung bauen, zeigte etwa unser Test aus dem Jahr 2016. Viele Berater schauen nach wie vor eher auf die Provision als die Anlegerinteressen. Weiterhin gilt also: Kunden sollten ihr Geld nicht in Anlageprodukte investieren, die sie nicht verstehen, auch nicht nach einer wortreichen Beratung. Durch börsengehandelte Indexfonds (ETF) ist die Fondsanlage auch ohne Bankberater leichter geworden. Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Special ETF-Depot.
Aktuelle Tests und Vergleiche für Anleger
Aktuelle Tests und Tipps zu Vorsorgesparen und Anlegen finden Sie im großen Anlage-Special Das Pantoffel-Portfolio von Finanztest, auf unserer Übersichtsseite Altersvorsorge und Rente, im Test Fonds und ETF und in den Vergleichen von Zinsanlagen der Stiftung Warentest.
Macht der Gewohnheit beim Sparen

„Geldanlage kostet Zeit“, weiß test.de-Nutzerin Kerstin Seipp. „Vor dem Kauf von alltäglichen Gegenständen informiert man sich ja auch, etwa bei der Stiftung Warentest. Genauso mache ich es beim Kauf von Fonds oder anderen Anlagen.“ © Bernd Roselieb
An ihrer Sparleistung haben gut drei Viertel der Anleger in den Jahren von 2008 bis 2014 kaum etwas verändert. Sie sparten insgesamt auch in Zeiten niedriger Zinsen so viel wie zuvor, ergab eine Studie der Deutschen Bundesbank. In den genannten beiden Jahren waren es jeweils rund 166 Milliarden Euro. Doch seitdem ist das jährliche Sparvolumen erheblich angestiegen – auf insgesamt knapp 190 Milliarden Euro im Jahr 2017.
Bei den Spar- und Anlagevarianten gab es nach der Finanzkrise wenig Bewegung. Der größte Teil des Geldvermögens der Bürger liegt nach wie vor auf Spar-, Tagesgeld- und Festgeldkonten. Auf Platz zwei folgen private Lebens- und Rentenversicherungen. Und trotz niedriger Zinsen sind die Sparer und Anleger weiterhin Aktien- und Fondsmuffel.
Und wie erging es unseren Lesern seit der Finanzkrise? Wir haben gefragt, ob sie Verluste erlitten haben, ob sie daraus Konsequenzen gezogen haben und nun anders sparen und anlegen. Die Resonanz war jedoch längst nicht so groß wie bei sonstigen Leseraufrufen. Womöglich haben viele die Krise abgehakt. Immerhin 30 E-Mails haben wir erhalten.
test.de-Nutzerin Kerstin Seipp schreibt: „Ich habe in der Finanzkrise kein Geld verloren, da ich meine Aktien nicht verkauft habe und das Tal der Tränen voll durchmarschiert bin; seither sind die Kurse erstaunlich gestiegen.“ Finanztest-Leser Bernhard Timmel mailt: „Da man aktuell Geld verliert mit Zinsanlagen, sind Fonds unverzichtbar.“ Und weiter: „Eine breit gestreute Vorsorge erscheint mir am sinnvollsten.“
Strengere Regeln, stärkere Aufsicht

„Ich habe in der Krise fast kein Geld verloren“, sagt Finanztest-Leser Thomas Elstner, „weil ich einige Anlagen zum Glück vor 2008 aufgelöst habe. Die Fonds haben sich nach der Krise wieder positiv entwickelt.“ © Nora Klein
Wir haben unsere Leserinnen und Leser außerdem gefragt, ob ihrer Ansicht nach die staatlichen Schutzvorschriften für Banken und Versicherungen greifen und ob sie denken, dass Verbraucher heute besser geschützt sind als vor der Finanzkrise. Tatsächlich hat sich in Sachen Verbraucherschutz einiges getan, und zwar nicht nur in Bezug auf die Aufsicht über die einzelnen Bank- und Versicherungsinstitute, die heute strenger reguliert sind als zuvor.
Nach zahlreichen Bankenrettungen hat die Europäische Union sich darangemacht, die Einlagensicherung zu reformieren. Es gilt nun eine EU-weit einheitliche Sicherungssumme von 100 000 Euro je Bank und Kunde. Allerdings sind die Einlagensicherungen je nach Land bisher noch von unterschiedlicher Qualität. Daher nehmen wir etwa Banken aus Italien oder dem Baltikum nicht in unsere Listen für Top-Tagesgeld und Top-Festgeld auf.
Als Folge der Finanzkrise wurde auch der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) eingerichtet, dem das Bundesfinanzministerium, die Bundesbank und die Bafin angehören. Risiken für das Finanzsystem ergeben sich nicht nur aus schlecht wirtschaftenden Banken oder Versicherungen, sondern auch infolge volkswirtschaftlicher Entwicklungen.
Wegen der anhaltenden Niedrigzinsen etwa hatte der AFS für den Wohnimmobilienmarkt Eingriffsrechte der Aufsicht empfohlen, um einer kreditgetriebenen Überhitzung am Immobilienmarkt entgegenzuwirken. Seit 2017 gibt es dazu ein Gesetz. Die Bafin kann nun zum Beispiel den kreditfinanzierten Anteil bei einem Immobilienkauf begrenzen. Bisher hat sie davon aber noch keinen Gebrauch gemacht.
Schutzvorschriften für Anleger
Nach der Pleite von Lehman Brothers wurden auch Schutzvorschriften für Anleger gestärkt. Zahlreiche, häufig ältere Menschen hatten Zertifikate der Pleitebank gekauft – oder vielmehr verkauft bekommen, etwa von der örtlichen Sparkasse, ohne wirklich zu wissen, was sie erworben hatten. Der Gesetzgeber reagierte mit Produktinformationsblättern, die kurz die wichtigsten Eigenschaften der Geldanlagen zeigen, und mit Beratungsprotokollen, die eine Anlageberatung dokumentieren sollten (Interview: Der Berater ist immer noch Verkäufer).
Die Zufriedenheit der Kunden hat das nicht wesentlich verbessert. „Die Bankberater werden vorsichtiger und bürokratischer, empfehlen aber vorwiegend weiterhin nur das, was gerade im Sinn ihrer Bank als Produkt ansteht“, ist der Eindruck von Leserin Gisela Kirschner. Auch Leser Thomas Elstner ist von der Wirksamkeit der Schutzvorschriften nicht überzeugt: „Sie greifen nicht. Zu viel Papier und das verrückte Beratergespräch nervt eher, statt zu wirken.“
Änderungen bei Policen und Fonds
Um eigene Risiken zu reduzieren, haben Versicherer neue Produkte auf den Markt gebracht. Lebensversicherer verkaufen vermehrt private Rentenpolicen mit abgesenkten Garantien. Dies gilt selbst für Riester-Rentenversicherungen und Rürup-Rentenversicherungen. Die klassischen Produkte mit einer zu Vertragsbeginn garantierten Verzinsung bieten Versicherer nicht mehr aktiv oder gar nicht mehr an. Das macht es sicherheitsbewussten Vorsorgesparern schwer, für ihr Alter zu planen.
Für offene Immobilienfonds gibt es nun Haltefristen. Früher konnten Anleger die Anteile dieser Fonds täglich verkaufen. Das hatte Großinvestoren dazu verleitet, die Produkte als kurzfristigen Geldparkplatz zu nutzen. Als sie im Herbst 2008 schlagartig Millionensummen abzogen, brachte das die Fonds in die Bredouille. Sie konnten ihre Immobilien nicht so schnell veräußern, wie das Geld abfloss. Die meisten der in Schieflage geratenen Fonds mussten abgewickelt werden und Anleger, die annahmen, ein sicheres Produkt gekauft zu haben, verloren teils viel Geld.
Nach der Krise ist vor der Krise
Die nächste Krise kommt bestimmt. Ob neue Produkte, Regeln und Schutzmechanismen greifen und dafür sorgen, dass Anleger dann weniger Geld verlieren, wird sich zeigen. Vielleicht wird die nächste Krise in mancherlei Hinsicht weniger schlimm sein als die letzte, aber dafür womöglich andere Probleme und Regulierungslücken zutage fördern.
-
- Wer oft aktiv gemanagte Fonds kauft, sollte sich eine günstige Quelle suchen. In Fondsshops werden Sparfüchse fündig.
-
- Wer jeden Monat Geld in Aktien steckt, hat auf lange Sicht gute Rendite-Aussichten. Unser ETF-Sparplan-Vergleich bietet aktuelle Konditionen und einen Sparplan-Rechner.
-
- „Automatisierte Vermögensverwaltung“ – klingt gut. Doch unser Robo-Advisor-Vergleich zeigt große Unterschiede bei Kosten und Qualität der Anlagevorschläge.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Wer redet schon gern über seine Finanzen?
Die gestiegene Sparleistung hat wohl auch seinen Grund im Fachkräftemangel (und immer vollen Auftragsbüchern). Es wird immer schwieriger, angespartes Geld in Leistung (Pflege-, Handwerker-, Bauleistungen etc.) umzusetzen. So bleibt das Geld auf dem Konto.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Ich habe mein Geld auf dem Sparbuch schon zu DM-Zeiten abgehoben und
in Aktien von VW angelegt.Damals habe ich die VW-Aktie für 50.-- DM er-
worben,-heute steht die Aktie bei 206.35€. Pro Aktie wurden in diesem Jahr
6.75 € ausgeschüttet. Selbst nach Abzug der 25% Quellensteuer habe ich bei
635 Aktien immer noch mehr Rendite,als wenn ich mein Geld als Fest-oder
Tagesgeld angelegt hätte.