
Der Wohnungseigentümer Helmut Schneider (links) und seine Frau Anke (Zweite von rechts) sprachen sich für neue Balkone und eine gedämmte Fassade aus. Außerdem im Bild: Hausverwalter Nico Brügge der Firma Hans Schütt Immobilien und Doris Walter von der Schlosserei Lothar Walter.
Viele Banken scheuen sich bislang davor, einer Eigentümergemeinschaft Geld zu leihen. Doch das ändert sich nun.
Ein „großer Akt“ sollte die Sanierung werden, „keine Flickarbeit“, sagt Helmut Schneider. Die alten Balkonträger, so erzählt der Wohnungseigentümer, mussten ohnehin erneuert werden. Da könne die anrückende Baufirma doch gleich auch neue Trägerbalkone hochziehen, die Hoffassade dämmen und die Fenster austauschen. Kosten: ungefähr 140 000 Euro.
Die Mehrzahl der Eigentümer der Hasselmannstraße 6 in Kiel war dafür. Doch viel mehr als 25 000 Euro konnte die Gemeinschaft nicht aus der ersparten Rücklage beisteuern. Die übrige Summe wollten die Eigentümer auch nicht auf einen Schlag bezahlen. Ein Kredit musste her.
Investitionsbank vergibt Kredite
Die Gemeinschaft fragte die Investitionsbank Schleswig-Holstein. Sie ist das öffentliche Förderinstitut des Bundeslandes. Seit 2007 vergibt die Bank Kredite an Eigentümergemeinschaften und hat schon über 110 Gemeinschaften finanziert.
Das Institut bot jedem Eigentümer ein Darlehen der staatlichen KfW-Bank an. Acht der neun Eigentümer haben ihren Anteil so über das KfW-Programm „Wohnraum modernisieren Standard“ finanziert. Im Juli 2011 stellte die Bank das Geld bereit.
Die Kreditlaufzeit liegt bei 20 Jahren, der Effektivzins beträgt 3,98 Prozent. Das Programm hat die KfW-Bank mittlerweile eingestellt, sie bietet aber weitere Fördermöglichkeiten an. Die Zinsen sind seither gesunken (siehe Test Eigenheim finanzieren).
Die Hürden sind niedrig. Die Banker aus Kiel begnügen sich mit einem Schufa-Auszug und der Garantie des Hausverwalters, dass der Eigentümer in den vergangenen drei Jahren das Hausgeld bezahlt hat. Das Einkommen der Eigentümer prüfen sie nicht, auch auf einen Eintrag im Grundbuch verzichtet das Institut.
Geld für Wohnungseigentümer
Anders als in Kiel haben es die Gemeinschaften oft schwer, auf Kredit zu finanzieren. Die bunte Schar der Eigentümer gilt als schwierige Kundschaft, dauert es doch mitunter Jahre, bis sie sich über Bauvorhaben und Finanzierung einig ist.
Auch fehlt den Banken eine Sicherheit. Die gemeinsame Immobilie können die Eigentümer nicht ins Grundbuch eintragen lassen. Das geht immer nur für einzelne Wohnungen, und die sind häufig schon mit einem Darlehen belastet.
Einige öffentliche Förderbanken wie die Investitionsbank Schleswig-Holstein springen ein, damit der riesige Bestand an Immobilien nicht unsaniert bleibt. In Deutschland gibt es etwa 6,4 Millionen Wohnungen in Eigentümergemeinschaften.
In Berlin, Hamburg und Bremen hat das Modell aus Schleswig-Holstein bereits Schule gemacht. Auch die Förderbanken in Hessen und Sachsen-Anhalt erwägen, Darlehen an Eigentümergemeinschaften zu vergeben (siehe Tabelle).
Doch auch unter den Förderbanken ist die Finanzierung umstritten. Große Institute wie die NRW.Bank, die BayernLabo und die NBank in Niedersachsen meiden das Geschäft bislang.
Verbandsdarlehen als eine Alternative
Die L-Bank in Baden-Württemberg und die Saarländische Investitionskreditbank (SIKB) gehen einen anderen Weg: Sie vergeben Verbandsdarlehen an die gesamte Gemeinschaft. Statt mit vielen Bewohnern haben sie es nur mit der Hausverwaltung zu tun, die per Vollmacht die Eigentümer vertritt.
Die Hausbank München und die DKB vergeben Verbandsdarlehen sogar bundesweit. Die Institute bieten Konten für Immobilienverwalter und sind daher mit Eigentümergemeinschaften vertraut. Vereinzelt zahlen auch gewöhnliche Banken und Sparkassen Verbandsdarlehen aus.
Eigentümergemeinschaften können also auch ohne die Förderbanken der Länder einen Kredit bekommen. So haben zum Beispiel 188 Eigentümer aus Aachen für ihre gemeinsame Anlage schon Ende 2009 ein Verbandsdarlehen aufgenommen.
Geldgeber war in diesem Fall die Kreissparkasse Heinsberg. Für die 25 Wohnhäuser südlich vom Hauptbahnhof stellte das Institut 2,85 Millionen Euro als KfW-Darlehen bereit. Weitere 900 000 Euro hatte die Gemeinschaft schon angespart.
Einfach war die Finanzierung jedoch nicht, erzählt der Verwalter Julian Weißenberg von der Firma Dr. Vossen & Partner. Ehe die Kreisparkasse einwilligte, lehnten 14 Institute die Finanzierung ab. Die ausführende Baufirma erklärte sich bereit, für die Gemeinschaft zu bürgen. Danach wurden die Außenwände der ehemaligen Sozialbauten gedämmt, die Balkone erneuert und die rund 1 100 Fenster ausgetauscht.
Weil die alten Wohnhäuser nur etwa 15 Prozent mehr Heizenergie verbrauchen als ein einfacher Neubau, bezuschusste die KfW-Bank das Vorhaben im Programm „Energieeffizient sanieren“. Dafür gewährte sie einen Tilgungszuschuss von 7,5 Prozent, rund 214 000 Euro. Der Zinssatz lag damals bei 1,75 Prozent. Heute verlangt die KfW-Bank sogar nur 1 Prozent Zinsen, bezuschusst die Variante „Effizienzhaus 115“ aber nur noch mit 2,5 Prozent (siehe Tabelle).
Für Zins und Tilgung zahlt jeder Eigentümer durchschnittlich etwa 80 Euro pro Wohnung und Monat. Die Mehrbelastung sei pro Wohnung jedoch nur um 20 bis 40 Euro pro Monat gestiegen, sagt der Verwalter, schließlich müsse in der Anlage künftig weniger saniert werden. Auch die Heizkosten könnten nun sinken.
Umstrittener Zwang zum Kredit
Ein Verbandsdarlehen wie in Aachen ist für die Bank die einfachste Variante, doch sie ist umstritten. Bisher ist unklar, ob eine Mehrheit die übrigen Eigentümer verdonnern darf, die Zinsen mitzubezahlen und für ihren Anteil an der Kreditsumme gegenüber der Bank oder einem Bürgen zu haften. Falls einzelne Eigentümer ihren Anteil partout nicht finanzieren können, muss der Rest der Gemeinschaft für die Lücke aufkommen.
Der Honorarprofessor Wolf-Rüdiger Bub aus München hält Verbandsdarlehen für unzulässig. Jeder Eigentümer müsse selbst entscheiden, wie er seinen Beitrag an der Finanzierung aufbringen will, sagt der Experte im Wohnungseigentumsrecht.
Der Kammerrichter Oliver Elzer aus Berlin hält dagegen, dass Eigentümer mit den Zinsen und den Risiken leben müssen, wenn die Vorteile der Finanzierung überwiegen.
Das letzte Wort hat im Zweifel ein Gericht. Dort können Eigentümer die Aufnahme eines Kredits bis zu einem Monat nach dem Finanzierungsbeschluss anfechten. Versäumen sie diese Frist, müssen sie in der Regel mit den Darlehen leben. Das hat der Bundesgerichtshof bekräftigt (Az. V ZR 251/11).
Gebühren im Blick
Ehe das Geld fließt, verlangen einige Banken eine Gebühr. Dabei ist umstritten, ob sie die Kreditbearbeitung extra berechnen dürfen (FAQ Kreditbearbeitungsgebühren).
Die Investitionsbank Schleswig-Holstein stellt daher nur die Beratung in Rechnung – unabhängig davon, wie viele Eigentümer ein Darlehen aufnehmen. Das Institut verlangt eine Gebühr von 2,38 Prozent der Investitionssumme. Die Gemeinschaft von Helmut Schneider zahlte rund 3 300 Euro.
Die Kreissparkasse Heinsberg hingegen verlangte ausdrücklich eine Gebühr für die Kreditbearbeitung, und zwar 65 000 Euro für die millionenschwere Finanzierung. So steht es auf einer Präsentationsfolie des Instituts. Zu der Gebühr wollte sich die Kreissparkasse Heinsberg nicht äußern.
Weil aber KfW-geförderte Kredite so günstig sind, lohnt sich die Finanzierung auch mit der Gebühr – vorausgesetzt, dass genügend Eigentümer ein Darlehen brauchen.
Können Eigentümer die Kosten jedoch ohne Kredit aufbringen, ist es günstiger, das Projekt durch einen Investitionszuschuss fördern zu lassen (siehe Tabelle links).
Auch die Einzeldarlehen der Förderbanken rechnen sich nur, wenn genügend Eigentümer mitmachen. Denn die Beratungsgebühr steht fest, ganz egal, wie viele Kredite fließen. Lediglich die Bremer Aufbaubank verlangt keine Gebühr.
Eigentümer können leicht überschlagen, ob sich die Einzeldarlehen rechnen. Sie zählen zusammen, wie hoch die Kreditsumme insgesamt ausfallen dürfte. Diesen Wert vergleichen sie mit der Beratungsgebühr und rechnen.
Jeder Prozentpunkt an Gebühr wirkt in etwa so, als ob der Zinssatz des Darlehens um ungefähr 0,2 Prozentpunkte steigen würde. Das gilt für einen Kredit mit zehnjähriger Laufzeit.
Wollen die Eigentümer zum Beispiel insgesamt 100 000 Euro leihen und beträgt die Gebühr 5 000 Euro, sind das 5 Prozent. Der Darlehenszins würde dann um rund einen Prozentpunkt steigen.
Damit nur die Eigentümer für die Beratung zahlen, die auch einen Kredit haben wollen, kann die Gemeinschaft die Kosten auf einzelne Mitglieder umlegen. Zustimmen müssen dafür drei Viertel aller Eigentümer, die zusammen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile besitzen.
Kredit ohne die Gemeinschaft
Die Eigentümer können ihren Anteil auch auf eigene Faust finanzieren – ohne die Gemeinschaft. An einen KfW-Kredit kommen sie dann aber nicht so leicht. Denn für die Sonderumlage benötigen sie meist nur eine kleine Kreditsumme, doch für kleine Beträge geben Banken selten ein Förderdarlehen.
Wenn ein Eigentümer schon einen Immobilienkredit abstottert, kann er auch die Kreditsumme erhöhen lassen – vorausgesetzt, die Bank ist einverstanden. Da die Wohnung bereits als Sicherheit im Grundbuch steht, sind die Zinsen günstig.
Einige Banken bieten spezielle Modernisierungskredite an. Günstige Angebote gibt es für Zinsen unter 3 Prozent. Auch etwas höhere Zinsen lassen sich noch verschmerzen, wenn der Immobilienwert steigt und die Heizkosten purzeln.
Vermietende Eigentümer dürfen außerdem die Miete erhöhen. Helmut Schneider, der zwei Wohnungen in dem Objekt besitzt, hat bislang darauf verzichtet. „Das wäre zwar gut für den Geldbeutel, führt aber zu unzufriedenen Mietern“, sagt er.
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