Wohn­gemeinschaften

„Konflikte können Vertrauen bilden“

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Nicht nur recht­liche Fragen können in WGs Kopf­zerbrechen bereiten. Wie Bewohner mit zwischen­menschlichen Konflikten am besten umgehen, sagt WG-Mediator Felix Schurer.

Wohn­gemeinschaften - So regeln WGs Miet­vertrag und Zusammenleben

Mediator Felix Schurer hilft bei WG-Konflikten. © privat

Mit welchen Problemen haben WGs häufig zu kämpfen?

Häufige Themen sind Ordnung und Sauber­keit, genau wie Laut­stärke, Besuch und der Streit um Lebens­mittel – das weiß ich auch aus eigener Erfahrung. Ich habe selbst mehr als zehn Jahre in verschiedenen WGs gelebt. Teils wiegen diese und andere Themen scheinbar sehr schwer. Jedoch geht es oft eigentlich um Zwischen­menschliches und darum, dass die Beziehungs­ebene gestört ist. Erst wenn die Menschen ausgesöhnt sind, können sie gute sachliche Rege­lungen treffen. Mitunter werden diese dann sogar über­flüssig.

Braucht jede WG feste Regeln, zum Beispiel einen Putz­plan?

Ganz klar nein. Es gibt WGs, in denen so etwas auch sehr gut ohne formelle Regeln funk­tioniert. Auch ist die Kommunikation darüber oft unzu­reichend: Der eine will dies, die andere das und von dort aus wollen beide direkt zur Lösung. So entstehen aber keine trag­fähigen Ansätze. Zentral ist der Weg über Bedürf­nisse: Was brauchst du, was brauche ich? Und: Wie können wir das konkret umsetzen?

Wie einige ich mich, wenn unsere Vorstel­lungen partout nicht zueinander passen?

Am besten gar nicht erst in eine WG ziehen, wenn die Grund­einstel­lungen nicht zueinander passen. Es macht lang­fristig vieles leichter, wenn man beispiels­weise von vorn­herein ein ähnliches Ordnungs- und Sauber­keits­empfinden hat. Dafür gibt es ja WG-Castings, in denen geprüft wird, inwieweit die Person zur WG-Kultur passt. Kommt es erst später zu Konflikten, ist ein Austausch zu diesen Fragen umso wichtiger.

Wie spreche ich Probleme an, ohne gleich zu streiten?

Jede Auseinander­setzung zu vermeiden, ist über­haupt nicht erstrebens­wert. Wir haben in der Gesell­schaft ein negatives Bild von Konflikten, wollen sie als ersten Impuls am liebsten unter den Teppich kehren. Konflikte können aber eine Wachstums­chance sein und das Vertrauen ineinander stärken. Wichtig ist, mit Uneinigkeit bewusst und konstruktiv umzu­gehen. Angriffe und Vorwürfe führen beim Gegen­über meist nur zu Widerstand. Statt­dessen sollte ich offenlegen, wie es mir mit der Situation geht, was für mich wichtig ist und was ich mir von meinem Gegen­über wünsche. Das ist besser annehm­bar als „Nie räumst du die Spül­maschine aus“. Auch der Zeit­punkt spielt eine Rolle: Auf keinen Fall solche Dinge zwischen Tür und Angel ansprechen. Idealer­weise richten WGs einen regel­mäßigen, festen Termin für solche Themen ein.

Wenn andere sich nicht auf Gespräche einlassen – hilft dann nur der Auszug?

Wenn bestimmte Bedürf­nisse fundamen­tal auseinander­gehen, kann der Auszug sinn­voll sein. Freund­schaften können sogar gerettet werden, wenn Menschen sich räumlich trennen, statt auf Gedeih und Verderb miteinander in einer WG zu verbleiben.

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