Wohnen im Alter Früh planen, richtig finanzieren

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Wohnen im Alter - Früh planen, richtig finanzieren

Wie und wo möchte ich im Alter leben? Diese Über­legung ist der erste Schritt. Drei Beispiele zeigen, wie es dann weitergehen kann.

Das Gefühl, den Alltag nicht ohne die Hilfe anderer bewältigen zu können, kennt Ute Breuer sehr genau: „Es war einfach furcht­bar, sich im eigenen Haus nicht frei bewegen zu können.“ Die 63-Jährige konnte die Treppen ihres Einfamilien­hauses nicht mehr steigen und war auf die Unterstüt­zung ihres Mannes und einer Putz­hilfe angewiesen. Die Folgen einer Rücken-OP zehn Jahre zuvor und eine Nerven­erkrankung schränkten sie immer mehr ein.

Mit den Jahren machte das den Eheleuten zunehmend zu schaffen. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als das Haus zu verlassen, in dem sie fast 30 Jahre gewohnt hatten.

Eine Wohnungs­anpassung kam für sie nicht infrage: „200 Quadrat­meter über­einander­gestapelt und vier Treppen, da kann man kaum was machen“, sagt die pensionierte Lehrerin. Doch auch die Suche nach einer eben­erdigen Wohnung im Raum Bochum war schwieriger, als sie erwartet hatten. Unzäh­lige Interes­senten konkurrierten mit ihnen. So hatten sie wenig Chancen auf eine Wohnung mit Garten.

Ein alters­gerechter Neubau

Wohnen im Alter - Früh planen, richtig finanzieren

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Ob Dusche oder Terrasse – im neuen Haus von Ute Breuer (63) und ihrem Mann Klaus (65) ist alles ohne Schwellen erreich­bar. Die bodentiefen Fenster Richtung Südwesten sorgen für viel Licht in den Räumen.

„Eine barrierefreie Wohnung zu bekommen, ist tatsäch­lich ein großes Problem. Der größte Teil der Älteren wohnt in Häusern, die vor dem Krieg oder in den 50er, 60er Jahren gebaut wurden“, sagt Ursula Kremer-Preiß vom Kuratorium Deutsche Alters­hilfe (KDA). Diese Häuser­typen können nur selten voll­ständig angepasst werden.

Der KDA untersuchte im Jahr 2009 im Auftrag des Bundes­verkehrs­ministeriums die Wohn­situation älterer Menschen in Deutsch­land: 93 Prozent der Menschen über 65 Jahre leben in normalen Wohnungen. Die meisten dieser Wohungen sind nicht geeignet für die Bedürf­nisse von Menschen, die körperlich einge­schränkt und wenig mobil sind.

Das Ehepaar Breuer fand eine andere Lösung: Es baute selbst ein barrierefreies Haus. Bevor es losging, über­legten die beiden, ob sie sich das Projekt über­haupt leisten können und ließen es von einem Architekten durch­rechnen: „Es war zwar teuer, aber es hat gut funk­tioniert. Für das neue Haus haben wir das alte verkauft und noch eine Erbschaft investiert“, sagt Ute Breuer.

Seit April 2013 lebt das Paar in dem Haus ohne Barrieren. „Bei der Planung haben wir darauf geachtet, dass es nach­haltig gebaut wird und auch ein Roll­stuhlfahrer in dem Haus leben könnte“, sagt Architekt Hans-Peter Anders.

Pflege zuhause möglich gemacht

Selbst wenn sich die Erkrankungen von Ute Breuer in der Zukunft verschlimmern sollten und ein Pflege­dienst käme, könnte sie sich immer noch gut im Haus bewegen. Was sie besonders freut: „Ich brauche keine Putz­frau mehr. Alles im Haus ist gut zugäng­lich.“ Im Erdgeschoss befindet sich neben Bad, Schlaf­zimmer und großer Wohn­küche auch der Haus­wirt­schafts­raum.

Nur zwei Zimmer und ein weiteres Bad liegen im ersten Stock. Auch das hat seinen Sinn: „Im Moment schlafen Gäste und unsere Kinder dort oben, wenn sie uns besuchen. Falls einer von uns beiden schwerst­pflegebedürftig werden sollte, kann hier aber auch eine Pfle­gekraft wohnen“, erklärt Klaus Breuer die lang­fristige Planung.

Din-Norm für barrierefreies Bauen

Das Haus der Breuers ist in einer L-Form rund um die Terrasse konstruiert und kommt ohne Stufen aus. Es gibt ausreichend Bewegungs­fläche und extrabreite Türen. Eine bodengleiche Dusche ist breit genug für einen Roll­stuhl. Das sind Ausstattungs­merkmale einer alters­gerechten Wohnung. Eine allgemeingültige Definition gibt es dafür allerdings nicht.

Gesetzlich geregelt ist dagegen das „barrierefreie Bauen“. Die Anforderungen an eine Wohnung oder ein Haus sind in einer Norm fest­geschrieben, der Din 18040-2.

Barrierefreie Gebäude sollen von Menschen mit und ohne Handicaps, von Roll­stuhlfahrern und Eltern mit Kinder­wagen genutzt werden können. Auch seh- und hörbehinderte Personen sowie solche mit kog-nitiven Einschränkungen wie zum Beispiel einer Demenz werden in der Norm berück­sichtigt.

Die Norm ist streng und nur selten in Ein- oder Mehr­familien­häusern voll­ständig umge­setzt, auch nicht im Neubau von Breuers. Die Wohnungen müssen nicht nur stufen- und schwellenfrei sein. Vorgaben gibt es zum Beispiel auch für die Höhe von Licht­schaltern und Türgriffen.

Gemeinschaftliches Wohn­projekt

Sabine Eggert hat sich schon recht früh damit beschäftigt, wie sie im Alter wohnen will. Die 54-Jährige lebt in Berlin und steht mitten im Leben: „Ich wohne allein und ich weiß, dass ich nicht vereinsamen will.“

Nachdem ihre engsten Freunde vor ein paar Jahren in andere Stadt­viertel oder aufs Land zogen, fing sie an, sich Gedanken zu machen. Ihr Vermieter kümmerte sich nur wenig um das Haus und ihre Einzimmerwohnung lag in der dritten Etage ohne Fahr­stuhl. Das bestärkte sie noch mehr darin, in ihrem Leben etwa zu ändern. „Letzt­endlich war es ein Prozess, der reifen musste“, sagt sie heute.

Die Angestellte entschied sich für das Mehr­generations­wohnen und fing an, sich nach gemeinschaftlichen Wohn­projekten in Berlin umzu­schauen. Typisch für diese Projekte ist, dass privat abge­schlossene Wohnungen durch Räume und Flächen ergänzt werden, die der Gemeinschaft im Haus gehören.

Privat und doch gemein­sam

Gemeinschaftlich wohnen heißt oft, dass schon die Planung des Baus in der Gruppe statt­findet. Hier wird fest­gelegt, ob die Bewohner Eigentümer oder Mieter werden, was als Gemein­schafts­fläche gilt und wie groß die Wohnungen sind.

Eggert wollte kein Eigentum: „Ich entschied mich für das Haus einer Genossenschaft.“ Vor Einzug zahlte sie eine Genossen­schafts­einlage, für die sie einen güns­tigen Kredit bei der staatlichen KfW-Bank aufnahm. Ansprech­partner war ihre Haus­bank, die das Weitere in die Wege leitete.

Neben dem Finanziellen spielt auch eine Rolle, welche Erwartungen jeder Einzelne an das Gemein­schafts­leben hat: „Bei den Gemeinschaften, die ich mir angeschaut habe, gab es beispiels­weise eine Gruppe, die sehr eng war und regel­mäßig miteinander gekocht hat“, sagt Eggert. „Das war nichts für mich.“

Bewohner unterstützen sich

In ihrem jetzigen Zuhause stimmen für die 54-Jährige Nähe und Distanz zwischen Bewohnern. Einmal im Monat findet eine Zusammenkunft der Hausbe­wohner statt. Ist etwas kurz­fristig zu klären, läuft das über E-Mails und das schwarze Brett.

Die Haus­gemeinschaft organisiert so das Bepflanzen von Kübeln für die Terrasse,gemein­same Film­abende oder auch Hilfe, wenn jemand krank ist oder in den Urlaub fährt. Mit einem monatlichen Hausgeld und der gelegentlichen Vermietung einer Gemein­schafts­wohnung deckt sie die Kosten beispiels­weise für die Pflanz­kübel.

Für die Begrünung des Innenhofes erhielt die Haus­gemeinschaft sogar eine Förderung der Stadt Berlin von 500 Euro: „Alle packten mit an und so war es gemein­sam schnell geschafft“, erinnert sich die Angestellte.

Mitten in der Stadt betreut wohnen

Die gute Nach­barschaft ist nur eine Sache, die Eggert schätzt: „Ein weiterer Plus­punkt ist die zentrale Lage.“ Bus und Bahn sind in der Nähe und sie kann direkt um die Ecke ihre Lebens­mittel einkaufen. Das Wohn­umfeld ist im Alter mindestens so wichtig wie die Ausstattung: Neben Einkaufs­möglich­keiten und Trans­port­möglich­keiten wird es dann immer bedeutender, dass Ärzte, eine Apotheke und ein Kranken­haus in der Nähe sind.

Das merkte auch Barbara Thiessen vor zwei Jahren. Damals lebte die heute 82-Jährige noch in Kanada, alleine in einem Haus ganz in der Nähe ihrer Tochter. „Irgend­wann merkte ich, dass ich körperlich abbaue und es schwieriger wird, alles zu erreichen.“

Erst wollte sie in ein Heim vor Ort ziehen. Doch sie entschied sich dagegen: „Die Atmosphäre stimmte nicht und ich merkte, dass ich wieder deutsch sprechen möchte, sodass mich auch mein Arzt versteht.“

Ihr Sohn in Berlin fand bald schon ein Zuhause für sie. Inner­halb weniger Wochen zog sie in ihr neues Domizil, ein Senioren­wohn­haus der Caritas, mitten in Berlin. Das Haus bietet betreutes Wohnen, auch Service­wohnen genannt. Die Rentnerin wohnt nun in einer Zwei­zimmerwohnung. „Hier bin ich mitten im Leben und habe gleich­zeitig in meiner Wohnung meinen privaten Raum“, sagt Thiessen. Arzt, Einkaufs­möglich­keiten, Bus und U-Bahn sind nicht weit entfernt.

Miet­vertrag plus Service­vertrag

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Barbara Thiessen zog vor einem Jahr aus Kanada nach Berlin: „Hier bin ich mitten im Leben.“ Sie mag es besonders, wenn sie mitt­wochs den Markt auf dem Winter­feldt­platz vor ihrem­Fenster beob­achten kann.

Sollte Barbara Thiessen in der Wohnung einmal stürzen, ist sofort Hilfe da. Das Haus hat einen haus­eigenen Notruf rund um die Uhr. Das ist Teil des Service­vertrages, den die Rentnerin mit dem Vermieter, der Caritas, geschlossen hat.

Jeder Bewohner schließt so einen Service­vertrag neben dem Miet­vertrag ab, ein Ehepaar zahlt 80 Euro und eine Einzel­person 60 Euro. Enthalten sind darin zum Beispiel der Begleit- und Bring­dienst zum Arzt und der Einkaufs­service bei akutem Hilfebedarf, ein festes Wochen­programm mit Gymnastik, Literatur, Tanz und Ausflugs­fahrten in die Umge­bung von Berlin.

Weitere Wahl­leistungen wie ein Mittag­essen in der Gemeinschaft oder ein Haus­wirt­schafts­service können je nach Wunsch hinzukommen. Für Bewohner mit einer Pfle­gestufe ist das von Vorteil: „Sie kaufen sich die haus­wirt­schaftlichen Dienste wie das Putzen der Wohnung günstig und können die Leistungen für die Pfle­gestufe komplett für die Grund­pflege durch den Pflege­dienst nutzen“, sagt Janette Werner, die Seniorenberaterin des Hauses.

Die junge Frau ist Ansprech­part­nerin für die kleinen und großen Nöte der Bewohner und hilft ihnen weiter, soweit sie kann. Sie bringt auch die Bewohner in Kontakt. „Wir versuchen, die Interessen der einzelnen Menschen für die Gemeinschaft zu nutzen. Eine Biblio­thekarin kümmert sich beispiels­weise um unsere kleine Biblio­thek und jemand anderes um den Garten“, sagt sie.

Das Leben gestalten

Oft führt der Eintritt in den Ruhe­stand dazu, dass Menschen mehr Zeit zuhause verbringen und die Wohnung zum Lebens­mittel­punkt wird. Gerade dann ist der Zeit­punkt, sich Gedanken über die Zukunft zu machen: Erfüllt meine Wohnung die Kriterien, um hier weiter zu wohnen? Tut sie das nicht, bleibt noch genügend Zeit, um eine alters­gerechte Wohnung zu finden. „Wir nehmen nur Bewohner an, die noch keine Pfle­gestufe haben“, sagt Janette Werner.

Auch das Ehepaar Breuer ist kurz nach der Pensionierung von Klaus Breuer umge­zogen. „Es war absolut die richtige Entscheidung“, sagt Ute Breuer. Beide sind nun gut vorbereitet auf das Alter.

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