Wirt­schafts­prüfer

Warnhin­weise sehr ernst nehmen

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Wirt­schafts­prüfer - Wie Sie Berichte nutzen, wann Sie Prüfer verklagen können

Als „High­lights“ stellte Bonus­gold in einer Broschüre freiwil­lige Prüfungen durch Wirt­schafts­prüfer heraus. Jetzt bangen Anleger um ihr Gold. © Stiftung Warentest

Bei der Bonus­gold GmbH bangen Anleger um ihre Einlagen. Dabei hatte der Gold­anbieter aus Köln mit einer monatlichen „Wirt­schafts­prüfung des Kunden­gold­bestandes“ und der „Erstellung eines freiwil­lig geprüften Jahres­abschlusses“ auf seiner Website und in einer Broschüre geworben.

Bescheinigungen oder Bestätigungs­vermerke von Wirt­schafts­prüfern sollen oft Vertrauen schaffen. Bei Bonus­gold gab es beides. Der Fall zeigt, dass sie manchmal warnen und manchmal wenig aussagen.

Bestätigungs­vermerk nach Prüfung des Jahres­abschlusses

Viele Unternehmen müssen ihren Jahres­abschluss von Wirt­schafts­prüfern oder vereidigten Buch­prüfern prüfen lassen. Für kleine gilt das in der Regel nicht, sie können es aber freiwil­lig tun. Das Prüfungs­ergebnis am Ende der Jahres­abschlüsse enthält fast immer Stan­dard­formulierungen, sodass sich wesentliche Kritik­punkte leicht erkennen lassen.

Meistens gibt es keine. Die Wirt­schafts­prüferkammer hat 739 Bestätigungs­vermerke für das Jahr 2019 durch­gesehen. 670 waren uneinge­schränkt. Nur in 46 Fällen ergänzten Prüfer den Vermerk, indem sie auf aus ihrer Sicht wichtige Umstände hinwiesen. 21 Mal schränkten sie ihn ein und 2 Mal versagten sie ihn sogar. Wir sagen, was das bedeutet:

Uneinge­schränkt

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Im Bestätigungs­vermerk steht, die Prüfung habe „zu keinen Einwendungen“ geführt, ohne weitere Ergän­zung oder Einschränkung. Der Jahres­abschluss bildet aus Sicht der Prüfer die Lage der Gesell­schaft angemessen ab.

Tipp: Machen Sie sich klar: Das bedeutet nicht, dass es dem Unternehmen wirt­schaftlich gut geht oder ein Geld­anlage­angebot gar die versprochenen Renditen abwerfen wird.

Es schützt Sie auch nicht vor Betrug. Denn Prüfer müssen zwar kritisch an ihre Arbeit heran­gehen, sie brauchen aber nicht davon auszugehen, dass ihre Kunden sie hinters Licht führen. Betrüger mit krimineller Energie können es schaffen, sie mit raffinierten Fälschungen zu täuschen.

Ergänzt

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Der Prüfer weist bewusst auf etwas hin, etwa darauf, dass es zu Werten einer Firma unterschiedliche Einschät­zungen gab. Oder er weist auf Passagen im Lagebericht hin, in denen das Unternehmen Risiken beschreibt, die seinen Fort­bestand gefährden können.

Beispiel ThomasLloyd. Die ThomasLloyd Cleantech Infra­structure Holding GmbH spielt eine wichtige Rolle in der ThomasLloyd-Gruppe, von der Anla­geangebote auf unserer Warnliste Geldanlage stehen. In ihrem Bestätigungs­vermerk für 2017 schreiben die Prüfer unter anderem: „Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. (...) Ohne diese Beur­teilung einzuschränken, weisen wir auf Folgendes hin“: Ein externer Gutachter habe drei Biomasse­projekte auf den Philippinen bewertet und sei zu einem nied­rigeren Wert­ansatz gekommen.

Bei der ebenfalls zur ThomasLloyd-Gruppe gehörenden Cleantech Infrastrukturgesell­schaft mbH & Co KG wies der Prüfer für das Jahr 2018 auf Angaben hin, aus denen sich „eine bilanzielle Über­schuldung ergibt“. Diese könnten „bedeut­same Zweifel an der Fähig­keit der Gesell­schaft zur Fortführung der Unter­nehmens­tätig­keit aufwerfen“ und „ein bestands­gefähr­dendes Risiko“ darstellen.

Tipp: Sehen Sie sich die Informationen genau an, auf die die Wirt­schafts­prüfer hinweisen. Über­legen Sie, ob Ihr Geld bei der jeweiligen Gesell­schaft gut aufgehoben ist.

Einge­schränkt

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Der Prüfer hat wesentliche Kritik­punkte. Es fehlen zum Beispiel gesetzlich vorgeschriebene Angaben oder es war nicht möglich, sich von der Existenz von Vermögens­werten zu über­zeugen. Manchmal warnt der Prüfer sogar, er könne nicht ausschließen, dass der Jahres­abschluss insoweit fehler­haft ist.

Beispiel Bonus­gold. Bestätigungs­vermerk für 2017: „Meine Prüfung hat mit Ausnahme der folgenden Einschränkung zu keinen Einwendungen geführt.“ Vorräte in Millionenhöhe seien „nicht hinreichend nachgewiesen“. Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass der Jahres­abschluss insoweit fehler­haft ist“. Wer das las, konnte erkennen, dass wohl nicht alles in Ordnung war. Mitt­lerweile bangen Anleger um ihr Gold.

Tipp: Weisen Sie die Bundes­finanz­aufsicht Bafin darauf hin, wenn eine Gesell­schaft, die Anlagen nach dem Vermögens­anlagengesetz ausgegeben hat, nur einen einge­schränkten Bestätigungs­vermerk erhält oder er versagt wird. Sie kann dies als Anhalts­punkt sehen, die Rechnungs­legung über­prüfen zu lassen.

Versagt

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Dieses harte Urteil ist selten, etwa wenn der Jahres­abschluss nicht den Vorschriften entspricht oder wesentliche Vermögens­werte nicht nach­voll­zieh­bar sind.

Beispiel ThomasLloyd Investments (TLI). Im Prüfungs­urteil über den Jahres­abschluss 2012 der damaligen Aktiengesell­schaft aus Wien zählen die Prüfer die „nach­stehenden Einwendungen“ auf. Der Jahres­abschluss zeige „kein ordnungs­gemäßes Bild“ der Lage. Die Prüfer hätten sich der Bewertung einer Beteiligung nicht anschließen können. Es sei nicht gewähr­leistet, dass Anleihen frist­gerecht aus eigenen Geld­zuflüssen (Cashflow) bedient werden könnten. Für ausscheidende Anleger über­nommene Verluste seien nicht in dem Jahr erfasst. „Aufgrund dieser Einwendungen versagen wir den Bestätigungs­vermerk.“

Ab 2013 enthielten die veröffent­lichten Jahres­abschlüsse der in eine GmbH umfirmierten Gesell­schaft keine Bestätigungs­vermerke mehr. Dass nicht alles in Butter war, merkten Anleger, die 2019 Genuss­rechte kündigten. Sie sollten „null Euro“ erhalten. TLI verschmolz 2019 mit einer britischen Gesell­schaft, was den Wert des Anleger­kapitals sichern soll. Wir sind skeptisch. Mehr Infos in unserem Special zu ThomasLloyd.

Tipp: Haben Sie in eine Gesell­schaft investiert, der der Bestätigungs­vermerk versagt wird, prüfen Sie, ob Sie aussteigen können oder ob recht­liche Schritte erfolg­versprechend sind.

Bescheinigungen verschiedener Art wie über Gold­vorräte

Gesell­schaften beauftragen Wirt­schafts­prüfer manchmal, etwas zu bescheinigen, was nichts mit der Jahres­abschluss­prüfung zu tun hat. Wer unerfahren in der Finanz­welt ist, kann aber meist schwer einschätzen, welche Aussagekraft ein solches Papier hat.

Beispiel Bonus­gold. Die Firma ermuntert Kunden, das Gold bei ihr einzulagern. Dafür sollen sie einen Bonus bekommen. Elementar ist daher die Frage, ob das Gold vorhanden ist. Im Januar 2020 bezifferte Wirt­schafts­prüfer Artur Bieganski die Gold­vorräte in einer Bescheinigung auf 828 Kilo.

Im Prüfungs­urteil über den Jahres­abschluss 2017 hatte er den ungenügenden Nach­weis der Vorräte bemängelt. Hatte sich das also erledigt? Die Frage bleibt offen. Denn Bieganski schreibt, dass die Gesell­schaft selbst den Bestand ermittelt habe. Er habe beob­achtend teil­genommen und den Bestand in Stich­proben über­prüft, also nicht alles.

Tipp: Lassen Sie sich durch eine von einem Wirt­schafts­prüfer unter­schriebene Bescheinigung nicht zu der Über­zeugung verleiten, dass schon alles in Ordnung sein wird. Beachten Sie ganz genau, was bescheinigt wird – und was nicht.

Gutachten über Bewertungen und Berichte über Sonderprüfungen

Wirt­schafts­prüfer erstellen auch ausführ­liche Gutachten und Berichte. Was sie genau untersucht haben und was nicht, sollten Anleger dabei ebenfalls beachten.

Wenn Anleger in Unternehmen investieren, zahlen sie Geld ein. Gründer oder Groß­gesell­schafter steuern statt­dessen manchmal Grund­stücke, Immobilien oder etwa Maschinen bei.

Oft muss ein Wirt­schafts­prüfer ein Gutachten zum Wert solcher Sach­einlagen erstellen, um sicher­zustellen, dass sie einen Mindest­wert aufweisen. Bei Aktiengesell­schaften lässt sich trotzdem nicht unbe­dingt ablesen, ob der Deal fair für alle ist.

Beispiel Gore German Office Real Estate. Die auf Immobilien spezialisierte Aktiengesell­schaft erhöhte im Sommer 2020 ihr Kapital um mehr als das Doppelte. Die neuen Aktien durfte nur die mit ihr verbundene Preos AG zeichnen. Der Anteil anderer Aktionäre an Gore wurde damit geringer. Preos brachte dafür eine Tochtergesell­schaft ein, deren Wert sie mit 200 Millionen Euro ansetzte.

War das fair gegen­über den übrigen Aktionären? Das ging aus dem Gutachten der Wirt­schafts­prüfer nicht hervor. Sie untersuchten nur, ob die Sach­einlage mindestens 22,5 Millionen Euro wert war. So viel machten die neuen Aktien rechnerisch am Grund­kapital aus. Den weit größeren Teil darüber hinaus prüften die Prüfer ausdrück­lich nicht.

Aufpassen müssen Anleger auch, wenn Unternehmen Wirt­schafts­prüfer mit Sonderprüfungen beauftragen, etwa um Vorwürfe zu entkräften. Durch einen geschickten Zuschnitt des Auftrags kann es gelingen, Unstimmig­keiten zu kaschieren. Möglich wäre das zum Beispiel, wenn verschiedene Prüfgesell­schaften unterschiedliche Aspekte beleuchten, ohne den Gesamt­über­blick zu bekommen. Sonderprüfungen können aber auch Gravierendes ans Licht bringen.

Beispiel Wirecard. Der Zahlungs­dienst­leister erweckte im April 2020 zunächst den Eindruck, ein Sonderprüfungs­bericht der Wirt­schafts­prüfungs­gesell­schaft KPMG entlaste ihn vom Vorwurf der Bilanz­manipulation. Tatsäch­lich brachten die Prüfer den Fall mit ihrer Kritik ins Rollen. Weitere Hintergründe in unserem Special zu Wirecard.

Tipp: Wenn Sie an einem Unternehmen beteiligt sind und fundierte Hinweise auf Unregelmäßig­keiten haben, können Sie manchmal eine Sonderprüfung beantragen. Dazu brauchen Sie in aller Regel Mitstreiter. Informieren Sie bei Vermögens­anlagen die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht.

Verzicht­bar sind Wirt­schafts­prüfer nicht. Lassen Unternehmen gar keinen Prüfer in ihre Bücher schauen, sind Anleger Zahlentrick­sereien eher ausgeliefert.

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