
Neuschnee. Schneit es im Laufe des Tages immer wieder, müssen Mieter oder Eigentümer sogar mehrmals schippen. © Adobe Stock
Wer muss räumen und streuen? Wer haftet für Ausrutscher? Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest erklären die Regeln für den Winterdienst und wie Sie Steuern sparen.
Eigentum verpflichtet. Im Winter auch zum Schneeräumen und Streuen. Der Weg zum Haus muss frei sein und in der Regel auch der Bürgersteig davor. Das schreiben Städte und Gemeinden in ihren Ortssatzungen vor. Sie regeln auch, wann die Anlieger räumen müssen.
Wann der Gehweg in der Frühe geräumt sein muss
Eigentlich ist der Winterdienst auf öffentlichen Straßen und Wegen Aufgabe der Städte und Gemeinden. Die aber kümmern sich meist nur um die Fahrbahnen. Die Verkehrssicherungspflicht für die Gehwege übertragen sie per Satzung auf die Anlieger. Einzelne Regeln variieren zwar von Ort zu Ort, die Hauptpunkte sind aber meistens gleich: Montag bis Samstag von 7 bis 20 Uhr, teils auch schon um 6 Uhr und teils auch bis 22 Uhr müssen die Wege gefahrlos zu benutzen sein. Die Streupflicht gilt auch an Sonn- und Feiertagen, beginnt dann allerdings oft erst ein oder zwei Stunden später: von 8 oder 9 bis 20 Uhr.
Bußgeld, Schmerzensgeld, Schadenersatz
Wer sich nicht an die Räumvorschriften hält, läuft Gefahr, eine Geldbuße zahlen zu müssen. In vielen Kommunen sind mehrere Hundert Euro möglich. Vereinzelt dürfen die Bußen sogar mehrere Tausend Euro hoch ausfallen. Noch sehr viel teurer kann es werden, wenn ein Passant stürzt und sich verletzt. Wer nicht ausreichend geräumt oder gestreut hat, muss Schmerzensgeld und Schadenersatz zahlen. Bei bleibenden Schäden kann der sechs- oder sogar siebenstellig werden. Sofern Sie nicht gerade absichtlich gegen die Räum- und Streupflicht verstoßen haben, springt Ihre Privathaftpflichtversicherung ein. Wichtig: Auch außerhalb der Zeiten, in denen der Gehweg frei sein muss, kann der Winterdienst im Einzelfall Pflicht sein.
Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 27.02.2014
Aktenzeichen: 2 U 77/13
Schnee und Eis beseitigen – das Wichtigste in Kürze
Hausbesitzer. Stellen Sie sich rechtzeitig auf Schnee und Eis ein. Sobald es glatt wird, sind Sie in der Verantwortung und haften, wenn jemand verunglückt, weil bei Ihnen nicht ordentlich geräumt und gestreut ist. Das gilt nicht nur für die Zuwege zur Haustür. In der Regel sind Sie auch verpflichtet, den öffentlichen Gehweg vorm Haus frei zu halten.
Mieter. Überträgt Ihr Mietvertrag Ihnen als Mieter die Pflicht zum Winterdienst? Dann müssen Sie Opfer von Glätteunfällen entschädigen, wenn Sie nicht rechtzeitig geräumt haben. Schließen Sie unbedingt eine Privathaftpflichtversicherung ab, falls Sie noch keine haben.
Fußgänger. Achten Sie als Fußgänger selbst darauf, ob die Witterungsverhältnisse Glätte vermuten lassen. In solchen Fällen sollten Sie besonders vorsichtig sein. Denn jeder ist verpflichtet, sich bei einer erkennbaren Gefahr selbst zu schützen. Daher können Sie ansonsten bei einem Unfall eventuell eine Mitschuld bekommen.
Wie weit muss geräumt werden?
Die Ortssatzungen legen auch fest, auf welcher Breite die Gehwege zu räumen sind. Üblich sind – je nach Kommune – 1 bis 1,50 Meter. So können zwei Fußgänger mit Kinderwagen oder Einkaufstaschen gefahrlos aneinander vorbei gehen.
Wie oft muss Schnee geräumt werden?
Einmal schippen pro Tag ist oft zu wenig. Der Schnee ist unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls, bei anhaltendem Schneefall mehrmals in angemessenen Zeitabständen zu räumen. Bei Glatteis gilt: Solange es wegen andauernden Regens auf gefrorenen Boden sinnlos ist, braucht niemand zu streuen. Sobald allerdings der Regen nachlässt, ist Glatteis unverzüglich zu bekämpfen. So hat es der Bundesgerichtshof bereits vor vielen Jahren festgelegt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.11.1984
Aktenzeichen: VI ZR 49/83
Welche Streumittel sind erlaubt?
Das Streumittel muss geeignet sein, die Gefahr so zu beseitigen, dass es für Passanten nahezu ausgeschlossen ist zu stürzen. Als Streugut sind Sand, Asche, Granulat oder Splitt erlaubt. Salz ist in den Satzungen der meisten Kommunen aus ökologischen Gründen verboten.
Rund um Treppen oder an Stellen mit Gefälle sollten die Anlieger besonders sorgfältig streuen. Einzelne Kommunen machen dort sogar eine Ausnahme vom Salzverbot. Achtung: Auch chemische Auftaumittel aus dem Baumarkt sind in vielen Städten und Gemeinden für Privatpersonen unzulässig. Oft darf nur die Stadtreinigung sie benutzen.
Wohin mit dem Schnee?
Wer Schnee schippen muss, sollte die weiße Pracht nicht auf die Fahrbahn schieben. Besser ist es, ihn beispielsweise im Garten zu lagern oder auf einer freuen Fläche im Hof. Ist auf dem Gehweg selbst noch Platz dafür, sind Schnee- und Eismengen grundsätzlich auf dem der Fahrbahn zugewandten Rand der Gehwege anzuhäufen.
Es darf aber nicht in den Rinnstein oder die Einflussöffnungen der Straßenentwässerung verstopfen. Ebenso wenig dürfen sich Berge vor Ein- und Ausfahrten auftürmen, an Bushaltestellen, Radwegen sowie Behindertenparkplätzen. Neben Fußgängerüberwegen, Straßenkreuzungen und Straßeneinmündungen darf Schnee nur bis zu einer Höhe aufgehäuft werden, die Sichtbehinderungen für den Autoverkehr ausschließt.
Grundsätzlich gilt: Wo die Breite des Gehweges ausreicht, darf der Schnee nur auf dem Gehweg, sonst nur auf der Grenze von Gehweg und Fahrbahn so abgelagert werden, dass der Verkehr hierdurch nicht mehr als unvermeidbar gefährdet oder behindert wird. Eis und Schnee von Privatgrundstücken darf nicht auf die Straße geschafft werden.
Winterdienst muss im Mietvertrag geregelt sein
In der Regel übertragen Vermietende die Räum- und Streupflicht auf ihre Mieterinnen und Mieter. Dazu bedarf es einer klaren und ausdrücklichen Regelung im Mietvertrag. Aber selbst dann sind Vermietende nicht ganz aus der Pflicht: Sie müssen darauf achten, dass tatsächlich geräumt und gestreut wird, also in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob der Winterdienst wirklich funktioniert.
Um Mieter wirksam in die Pflicht zu nehmen, reicht ein Aushang im Hausflur nicht aus. Auch ein Gewohnheitsrecht, wonach Erdgeschossmieter stets räumen und streuen müssen, gibt es nicht. Wo eine ausdrückliche Regelung fehlt, bleiben Vermietende in der Verantwortung fürs Räumen und Streuen. Sie können dann selbst schippen oder einen professionellen Räumdienst beauftragen. Die Kosten dafür dürfen in der Betriebskostenabrechnung auf die Mietenden umgelegt werden.
Winterdienst – auch Berufstätige müssen schippen
Die Räumpflicht gilt auch bei Urlaub, Krankheit, Behinderung oder Berufstätigkeit. Mangel an Zeit entbindet nicht von der Winterdienstpflicht. Wer sich nicht selbst kümmern kann oder will, muss eine Vertretung organisieren oder einen Räumdienst beauftragen. Selbst wer alt, krank oder behindert ist, bleibt nicht automatisch vom Dienst verschont. Manche Gerichte verlangen selbst von hochbetagten Menschen, dass sie für eine Vertretung sorgen, wenn sie selbst nicht mehr Schnee fegen können. Nur in Ausnahmefällen sind Richter nachsichtig.
Profis mit dem Schneeschippen beauftragen
Für Rechtssicherheit sorgt es, einen professionellen Räumdienst zu beauftragen. Das gilt vor allem, wenn man nicht selbst im Haus wohnt oder es nicht schafft, die Räumpflicht dauerhaft und zuverlässig zu erfüllen. Führt das Unternehmen den Auftrag nicht oder nur schlampig aus, muss es für Schäden haften, falls jemandem etwas zustößt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.01.2008
Aktenzeichen: VI ZR 126/07
Eis und Schnee – Fußgänger müssen vorsichtig sein
Wer bei Eis und Schnee den Gehweg benutzt, darf sich nicht blind darauf verlassen, dass die Anwohner den Winterdienst ausreichend erledigen, sondern muss auch selbst aufpassen. So muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, wer bei Eis und Schnee mit dafür völlig ungeeigneten Schuhen mit harten glatten Sohlen unterwegs ist. Wenn es nach einem Unfall Streit gibt, urteilen die Gerichte unterschiedlich, wie weit die Verantwortung des Einzelnen im konkreten Fall ging. Ein Mann, der mit Fahrrad auf der Schulter aus der Haustür ging, obwohl leicht zu erkennen war, dass ein Winterdienst nicht stattgefunden hatte, ging wegen überwiegenden Mitverschuldens sogar völlig leer aus.
Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 27.02.2014
Aktenzeichen: 2 U 77/13
Auch Kommunen müssen streuen
Auch Städte und Gemeinden müssen streuen – und zwar die Gehwege, für die kein Anlieger zuständig ist. Die Streupflicht gilt auch, wenn kurzfristig ein Streufahrzeug ausfällt. In Bremen war eine Fußgängerin morgens auf der vereisten Bremerhavener Heerstraße ausgerutscht. Sie verletzte sich so schwer, dass ein Rettungswagen sie ins Krankenhaus brachte. Die Stadt erklärte, üblicherweise werde um 7 Uhr gestreut, doch sei der Frontbesen des Streufahrzeugs gebrochen. Alle anderen Fahrzeuge waren im Einsatz. Das Landgericht Bremen meinte, es könne zwar nicht verlangt werden, dass die Stadt ständig ein Ersatzauto vorhält. Aber dass ein Besen bricht, sei nicht ungewöhnlich. Das sei schnell zu reparieren. Es rechnete der Frau allerdings 30 Prozent Mitverschulden an, weil sie trotz der Glätte weiterging. Außerdem urteilte das Gericht, dass Kommunen nicht alle Gehwege streuen müssen, wohl aber die wichtigen. Entscheidend dafür sei, ob ein vernünftiger Fußgänger mit der Räumung rechnen darf.
Landgericht Bremen, Urteil vom 10.07.2019
Aktenzeichen: 1 O 2112/16
Städtische Räumung nur bis zur Grundstücksgrenze
So ist es hinzunehmen, wenn eine Kommune einen selten genutzten öffentliche Gehweg vorm Haus nicht komplett räumt. Betroffene sollten dann entsprechend vorsichtig sein. In dem Fall war die Stadt München für den Winterdienst zuständig. Sie hatte den öffentlichen Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, allerdings einen schmalen Streifen vor der Haustür des Mietshauses ausgelassen. Ein Mieter war gestürzt und hatte sich Frakturverletzungen am Knöchel zugezogen. Er verklagte seinen Vermieter auf Schadensersatz – erfolglos. Das Gericht entschied, dass Vermieter bei Eis und Schnee nur bis zu ihrer Grundstücksgrenze räumen müssen. Für den öffentlichen Gehweg sei die Stadt München zuständig – und die hatte in ausreichender Weise gestreut.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2018
Aktenzeichen: VIII ZR 255/16
Supermarktparkplatz – keine Streupflicht zwischen Parkbuchten
Ähnliche Regeln gelten auf öffentlichen Plätzen. So müssen auch Restaurantbesitzer oder Supermarktbetreiber die Flächen vor ihren Geschäftsräumen frei halten. Bei Parkplätzen gilt aber: Kunden müssen dort im Winter mit Glatteis rechnen, insbesondere auf den Flächen zwischen den Parkbuchten. Eine Aldi-Kundin aus Schleswig-Holstein war im Dezember morgens in eine markierte Parkbucht des Supermarkts gefahren. Beim Aussteigen rutschte sie auf einer gefrorenen Stelle aus. Sie verlangte knapp 1 000 Euro Schadenersatz und 15 000 Euro Schmerzensgeld – vergebens. Aldi sei nicht verpflichtet, den Bereich der markierten Stellflächen zu streuen. Die Sturzgefahr zwischen den parkenden Autos sei generell eher gering. Die Fläche werde nur beim Ein- und Aussteigen betreten, und die Wageninsassen könnten sich an ihrem Auto festhalten. Supermarktkunden könnten zwar grundsätzlich einen guten Streudienst erwarten. Das Streuen der markierten Parkflächen sei aber regelmäßig nicht erforderlich, so das Gericht. Den Kunden sei es zumutbar, dort selbst auf Glätte zu achten. Umgekehrt sei für den Betreiber ein maschinelles Streuen wegen der ständig wechselnden Fahrzeuge nicht möglich, ein regelmäßiges Streuen von Hand aber wegen des hohen Aufwands nicht zumutbar.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.07.2019
Aktenzeichen: VI ZR 184/18
Splitt und Sand entfernen – Frühjahrsputz gehört dazu
Letzter Akt im Winterdienst: Der über den Winter gestreuten Splitt oder Sand ist im Frühjahr zusammenzufegen und zu entsorgen. So legte es der Bundesgerichtshof fest. Er bestätigte zwar die Abweisung der Klage einer auf Splitt ausgerutschten Frau. Grund dafür war aber, dass die Pflicht zur Beseitigung des Splitts nicht schon im Februar einsetzt, wo noch mit weiteren Wintereinbrüchen zu rechnen ist.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.04.2003
Aktenzeichen: VI ZR 260/02
Tipps für Hausbesitzer, Mieter, Fußgänger
Wintertipps für Hausbesitzer und Grundstückseigentümer
Information. Informieren Sie sich über Ihre Räum- und Streupflicht. Meist halten Stadt oder Kommune ausführliche Merkblätter bereit. Dort finden Sie auch Informationen dazu, wem Sie die Pflicht zum Winterdienst übertragen dürfen – und wie.
Aufpassen. Vermietende, die ihre Räumpflicht auf die Mietenden übertragen, müssen zumindest anfangs kontrollieren, ob es tatsächlich klappt. Sonst haften sie eventuell doch, falls jemand stürzt.
Versicherung. Schließen Sie unbedingt eine passende Haftpflichtversicherung ab. Haben Sie ein Eigenheim, genügt eine Privathaftpflichtpolice. Eigentümer von Mietshäusern oder -wohnungen brauchen eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Verurteilungen zu Schadenersatz wegen der Verletzung der Räum- und Streupflicht sind zwar nicht so häufig, es geht jedoch oft um schwere und langwierige Verletzungen und entsprechend hohe Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen.
Wintertipps für Mietende
Absprechen. Wenn Sie den Winterdienst nicht selbst leisten können, müssen Sie für Vertretung sorgen. Treffen Sie mit den Mitgliedern der Hausgemeinschaft tragfähige Vereinbarungen, wer sich kümmert, falls es zum Beispiel während Ihres Urlaubs schneit.
Absetzen. Ist ein professioneller Dienstleister mit dem Winterdienst beauftragt, können Sie die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich geltend machen. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Winterdienst „haushaltsnah“ ist, obwohl er im Freien und auf öffentlichen Wegen stattfindet.
Absichern. Eine Privathaftpflichtversicherung kommt für Schadenersatzansprüche auf, falls Sie wegen Versäumnissen beim Winterdienst für Unfälle haftbar gemacht werden. Diese schützt Sie nicht nur im Haftungsfall, sie wehrt auch unberechtigte Ansprüche ab, falls jemand Sie verklagt.
Wintertipps für Fußgänger
Unfallstelle. Bitten Sie unbedingt jemanden, die Unfallstelle möglichst sofort genau anzuschauen und Fotos zu machen, wenn Sie ausgerutscht sind und sich verletzt haben. Am besten machen Sie ausführliche Notizen.
Räumpflicht. Chance auf Schadenersatz haben Sie, wenn Räum- oder Streupflicht galt. Das ist meist werktags zwischen 7 und 20 Uhr und sonn- und feiertags zwischen 8 oder 9 Uhr und 20 Uhr der Fall, sofern es möglich und zumutbar war, die Glätte zu beseitigen. Entscheidend ist, was Kommune oder Stadt vorgeschrieben haben.
Schadenersatz. Wenn Sie auf dem Bürgersteig verunglückt sind, weil die Räumpflicht nicht erfüllt war, können Sie in der Regel vom Eigentümer des Grundstücks, das am Gehweg liegt, Ersatz von Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld verlangen. Auch Ihr Chef und Ihre Krankenversicherung können womöglich Schadenersatz fordern.
Mit dem Winterdienst Steuern sparen
Selbst schippen hält fit und kostet nichts. Doch wer einen Räumdienst damit beauftragt, kann das Finanzamt an den Ausgaben beteiligen: Es zieht 20 Prozent dieser Arbeitskosten direkt von der Einkommensteuer ab. Wer Sand oder Splitt kauft, kann die Ausgaben dafür ebenfalls abrechnen. Dabei gelten einige Besonderheiten.
Wie Vermietende den Winterdienst korrekt abrechnen
Überträgt ein Vermieter die Räum- und Streupflicht auf dem Grundstück nicht auf die Mietenden, sondern nimmt er sie selbst wahr, gelten andere Steuerregeln.
Richtig eintragen. Kosten, die Vermietende mit dem Winterdienst haben, sind steuerlich absetzbar – allerdings nicht als haushaltsnahe Dienstleistung, sondern als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Alle Angaben dazu gehören in die Anlage V.
Kosten auflisten. Wer in Eigenregie Schnee und Eis beseitigt, kann – anders als Mietende und Eigentümer, die ihre Immobilie selbst bewohnen – auch den Preis für Arbeitsgeräte wie Schaufel, Besen oder Schneefräse sowie Fahrtkosten zwischen eigener Wohnung und vermieteter Immobilie geltend machen. Hinzu kommen Ausgaben für Streugut. Wer einen Räumdienst beauftragt, kann Bereitschaftspauschale, Einsatzkosten und Zuschläge abrechnen.
Einnahmen versteuern. Wer mit der Nebenkostenpauschale Vorauszahlungen auf die Nebenkosten kassiert, etwa für den Winterdienst, muss sie in der Anlage V als Einnahmen versteuern.
Fall 1: Eigentümer oder Mietende beauftragen eine gewerbliche Firma
Dann erkennt das Finanzamt die Einsatzkosten sowie Nacht- und Wochenendzuschläge an, aber auch die Bereitschaftspauschale. Auf Verlangen sind aber Rechnungen vorzulegen, aus denen die Arbeitskosten hervorgehen. Die Rechnung muss per Überweisung oder Lastschrift beglichen werden, damit die Zahlungen per Kontoauszug belegbar sind. Die Kosten gehören in Zeile 72 des Mantelbogens der Steuererklärung – zusammen mit anderen haushaltsnahen Dienstleistungen, zum Beispiel Ausgaben für Haus- und Gartenarbeiten. Das Finanzamt erkennt 20 Prozent von maximal 20 000 Euro an – das macht pro Jahr bis zu 4 000 Euro Ersparnis.
Tipp: Auch Kosten für die Räumung öffentlicher Gehwege außerhalb des Grundstücks lassen sich absetzen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.03.2014
Aktenzeichen: VI R 55/12
Fall 2: Eigentümer oder Mietende beauftragen einen Minijobber
Wer nur in Abständen „dran“ ist, kann Minijobber mit dem Schneeschippen beauftragen. Neben Putzen, Kochen und Babysitten gehört auch der Winterdienst zu den Minijobs im Privathaushalt. Oft ist es finanziell sogar günstiger, Helfer anzumelden, als sie schwarz zu beschäftigen. Da die Arbeit nur in der Wintersaison stattfindet, ist es sinnvoll, einen befristeten Vertrag, etwa von November bis März, abzuschließen, eine Abrufbereitschaft sowie einen Stundenlohn. Denkbar ist auch ein pauschaler Monatslohn – schneit es dann doch nicht, bleibt als Trost der Steuervorteil. Den Lohn melden Sie halbjährlich an die Minijob-Zentrale. Diese zieht per Lastschrift Lohnsteuer und Sozialabgaben ein und schickt eine Bescheinigung fürs Finanzamt. Die Summe aus Lohn und Abgaben gehört als „Aufwendungen für Minijobs“ in Zeile 71 des Mantelbogens zu Ihrer Steuererklärung. Das Finanzamt zieht dann 20 Prozent dieser Summe von der zu zahlenden Steuer ab – maximal jedoch 510 Euro. Dieser Höchstbetrag gilt auch dann in voller Höhe, wenn das Arbeitsverhältnis – wie beim Winterdienst – nur einen Teil des Jahres bestanden hat.
Tipp: Das Barzahlungsverbot gilt für Minijobs im Haushalt nicht. Per Haushaltsscheckverfahren angemeldete Minijobber dürfen Sie auch bar bezahlen. Die Bescheinigung der Minijob-Zentrale reicht als Zahlungsnachweis aus.
Winterdienst – so melden Sie einen Minijobber an
Formular runterladen. Wollen Sie eine Haushaltshilfe bei der Minijob-Zentrale anmelden, laden Sie sich unter minijob-zentrale.de das Formular „Haushaltsscheck“ herunter, drucken es aus und kreuzen das Feld „Erstanmeldung“ an. Tragen Sie Ihre persönlichen Angaben und Ihre Steuernummer sowie Name, Anschrift und Rentenversicherungsnummer des Minijobbers ein.
Verdienst angeben. Auf dem Haushaltsscheck werden Angaben zur Höhe des monatlichen Lohns abgefragt. Auch wechselnde Arbeitsentgelte – wie bei Winterdiensteinsätzen üblich – sind zulässig. Bei der Anmeldung reicht es, den Verdienst im ersten Monat anzugeben. Was Sie dem Minijobber danach monatlich zahlen, melden Sie auf einem „Halbjahresscheck“ nach.
Steuern und Abgaben. Inklusive Steuer, Beiträge zu Kranken- und Unfallversicherung sowie Umlagen für Lohnfortzahlung und Mutterschutz haben Sie insgesamt 14,74 Prozent zusätzlich zu tragen.
Beispiel. Sie zahlen Ihrem Minijobber für den Winterdienst zwischen Januar und März sowie für November und Dezember pro Monat 180 Euro, insgesamt 900 Euro. Pro Monat kämen 26,53 Euro (14,74 Prozent 2018) an Abgaben hinzu – für fünf Monate 132,65 Euro. In die Steuererklärung tragen Sie „Winterdienst“ und Ihre Gesamtausgaben ein, also 1 032,65 Euro. Das Finanzamt zieht 20 Prozent von Ihrer Steuerschuld ab: 206,53 Euro. Sie zahlen also tatsächlich 826,12 Euro und machen unterm Strich 73,88 Euro im Vergleich zur Schwarzarbeit gut. Bei einem anderen Verdienst zahlen Sie eventuell etwas drauf, doch dafür ist der Minijobber über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.
Fall 3: Eigentümergemeinschaft beauftragt Firma oder Minijob
Auch Eigentümer innerhalb eines Mehrparteienhauses oder einer Wohnanlage können mehrheitlich beschließen, einen Räumdienst zu beauftragen. Umgekehrt kann jedoch ein einzelnes Mitglied nicht durch einen Mehrheitsbeschluss gezwungen werden, den Winterdienst turnusmäßig selbst zu erledigen. Die Entscheidung dafür muss einstimmig fallen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.03.2012
Aktenzeichen: V ZR 161/11
Die Kostenwerden aufgeteilt – meist nach Größe des Miteigentumsanteils. Als Nachweis fürs Finanzamt dient entweder die Jahresabrechnung oder eine Bescheinigung der Hausverwaltung. Aber: Erteilt eine Gemeinschaft den Auftrag, lässt die Minijob-Zentrale das Haushaltsscheckverfahren nicht zu, da es sich dann nicht um einen Privathaushalt handelt. Dann sind deutlich höheren Abgaben fällig als im Fall 2 oben, vor allem Lohnsteuer, Kranken-, Renten- und Unfallversicherung.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.9.2015
Aktenzeichen: 1 BvR 138/13
Tipp: Als Mitglied einer Eigentümergemeinschaft können Sie Ihren Anteil an den Ausgaben für Minijobs als haushaltsnahe Dienstleistungen absetzen.
Fall 4: Mietende zahlen mit Nebenkosten einen Abschlag für Winterdienst

© Stiftung Warentest
Viel einfacher ist die Sache für die meisten Mietenden. Haben Vermieter oder die Hausverwaltung den Räumdienst bestellt und legen die Kosten, können sie diese als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich geltend machen. Damit das Finanzamt den Steuerabzug gewährt, muss aus der Nebenkostenabrechnung hervorgehen, wie viel zum Beispiel für Winterdienst, Hausreinigung und Gartenpflege gezahlt wurden. Noch einfacher ist es, wenn die Ausgaben auf einem Extrablatt bescheinigt werden.
Tipp: Lässt Ihre Nebenkostenabrechnung bis nach Abgabe der Steuererklärung auf sich warten, können Sie die Vorjahreswerte eintragen. Oder Sie reichen dem Finanzamt die aktuellen Werte nach und lassen Ihren Steuerbescheid ändern. Das ist sogar möglich, wenn er bereits rechtskräftig war.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 24.08.2016
Aktenzeichen: 11 K 1319/16
Einzelfälle vor Gericht
Recht auf Befreiung von unzumutbarem Winterdienst
Im Einzelfall müssen Kommunen Anlieger auf Antrag von unzumutbaren Winterdienst-Pflichten befreien. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellte fest: Ein Anwohner ist nicht verpflichtet, einen gut 60 Meter langen, sehr steilen Fußweg entlang seines Grundstücks im Winter von Eis und Schnee freizuhalten. Begründung der Richter: Der Weg sei bloß eine Abkürzung für Fußgänger und nicht wirklich wichtig. Hinzukomme: Der Anwohner könne den Winterdienst nur unter erheblichen Gefahren für sich selbst vornehmen. Das sei unzumutbar.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2022
Aktenzeichen: 5 S 947/21
Streupflicht auch bei lokaler Glätte
Immobilieneigentümer müssen auch gegen Eisglätte vorgehen, wenn sie nicht allgemein, sondern nur an einzelnen Stellen auftritt. Das Kammergericht in Berlin verurteilte ein Unternehmen zu Schadenersatz und Schmerzensgeld, dass den Winterdienst für ein Krankenhausgelände übernommen hatte. Auch wenn es an vielen anderen Stellen in Berlin nicht glatt war, hätte das Unternehmen auf dem Gelände des Krankenhauses streuen müssen, urteilten die Richter am Kammergericht.
Kammergericht Berlin, Urteil vom 06.12.2022
Aktenzeichen: 21 U 56/22
Keine Haftung für unvorhersehbares Glatteis
Mit Glatteis aufgrund außergewöhnlichen Umstände brauchen Anwohner nicht zu rechnen und haften nicht, wenn das zu einem Sturz mit Verletzungen führt. Das Gericht wies die Klage des Unfallversicherungsträgers ab, der seine Behandlungskosten vom Eigentümer der Immobilie ersetzt haben wollte, vor dessen Haus ein Mann auf dem Weg zur Arbeit auf Glatteis verunglückt war. Der Hausmeister hatte an dem bitterkalten Wintertag gestreut. Das unter einer Schneeschicht nicht erkennbare Glatteis hatte sich gebildet, weil Wasser in einer Regenrinne durch starkes Heizen in einer Wohnung aufgetaut und auf den Gehweg gelaufen war.
Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 11.08.2023
Aktenzeichen: 4 O 477/22
Mit 80 Jahren keine Winterdienstpflicht mehr
Eine 80-jährige Dame aus Hamburg-Altona muss keinen Winterdienst mehr machen. Sie hatte einen Attest vorgelegt, wonach sie das nicht mehr schafft. Soweit ein Mieter aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht in der Lage ist, selbst den Winterdienst zu machen, entfällt die Verpflichtung dazu, urteilte das Amtsgericht Hamburg-Altona zu einem bereits im Jahr 1968 abgeschlossenen Mietvertrag, in dem Mieterinnen und Mieter nur bei vorübergehender Verhinderung verpflichtet waren, für eine Vertretung zu sorgen.
Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 30.08.2006
Aktenzeichen: 318a C 146/06
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@Pasternake: An dieser Stelle können wir für Sie nicht klären, bis wohin genau Sie das Grundstück von Schnee freiräumen müssen. Das müssen Sie konkret mit dem Vermieter abklären.
Wie berichtet: Auch wenn der Vermieter die Verpflichtung zum Winterdienst wirksam auf die Mieter umgelegt hat, treffen diesen Organisations- und Aufsichtspflichten.
Ob die Klausel im Mietvertrag den Winterdienst wirksam auf Sie übertragen hat, können Sie in der Mieterberatung prüfen lassen. Es kann gut sein, dass die Vereinbarung, dass die Räumpflicht, wie sie sich in der Ortssatzung darstellt, auf die Mieter übertragen werden soll, wirksam ist.
Da Lücken im Winterdienst eine Gefahr für die Gesundheit für alle darstellen kann, die die betroffenen Wege nutzen, liegt eine Klärung der Verantwortlichkeit sowohl im Sinne der Mieter und ihren Angehörigen als auch der Allgemeinheit.
Bei uns steht im Mietvertrag, dass Geräumt und Gestreut werden muss und die Ortssatzung sagt auch, dass mit dem Gehweg vor dem eigenen Grundstück, so weit alles normal und gut.
Es gibt jetzt nur zwei Probleme: uns als Mieter ist nicht (genau) klar wo das Grundstück anfängt und aufhört und ob auch quasi im "Hof", der aber mehr oder weniger auch als Zufahrt für andere Grundstücke dient, geräumt werden muss (wobei wir da auch nicht wissen wo genau da die Grenzen verlaufen).
Man möchte ja nur ungern schlafende Hunde wecken und beim Vermieter oder der Kommune um Klärung bitten.
@A.Tessun: Auch die Frage, wer die Schneeschaufel oder den Besen beschaffen muss, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. (maa)
Guten Tag,
die Sache mit dem Streugut wurde ja bereits angesprochen.
Wie sieht es jedoch mit Schneeschaufel und Besen aus?
In unserem Haus stand als einziges etwas, das sich Eisscharre oder Stoßscharre nennt als "Schneeschaufel" bereit. Mit diesem Gerät war gar nicht dran zu denken, "ordentlich" Schnee zu räumen.
Ist der Hauseigentümer, wenn er den Mieter mit einer Anlage zum Mietvertrag zum Winterdienst vergattert, verpflichtete ordentliches, übliches Gerät wie Schneeschaufel und Besen bereit zu stellen und wo muss er es bereit stellen?
Muss es im Objekt bereit stehen oder kann er schreiben, dass man sich die Materialien im Büro des Vermieters abholen muss.
Der Vermieter ist eine städtische Tochter mit ca. 9.000 Wohneinheiten.
Für eine Antwort bedanke ich mich im voraus.
Mit freundlichem Gruß
A.Tessun
@Stiftung_Warentest
Hilft aber leider im konkreten Fall nicht wirklich weiter und der zuständige Leiter des Ordnungsamtes ist sich da auch nicht sicher. In der entsprechenden Ortssatzung steht unter § 6 Reinigungsfläche:
"Die Reinigungsfläche ist der Teil der öffentlichen Straßen, der zwischen der gemeinsamen Grenze des Vorderliegergrundstücks mit dem Straßengrundstück und .......bei Straßen der Gruppe B des Straßenreinigungsverzeichnisses einer parallel zum Fahrbahnrand in einem Abstand von 0,5 m verlaufenden Linie innerhalb der Fahrbahn ..... liegt, wobei Anfang und Ende der Reinigungsfläche vor einem Grundstück jeweils durch die von den Grundstücksgrenzen aus senkrecht zur Straße gezogenen Linie bestimmt werden."
Ich nehme mal an, so oder ähnlich klingen die meisten entsprechenden Satzungen. Könnte es sein, dass bundesweit die verkehrberuhigten Bereiche noch gar nicht ausreichend berücksichtigt sind?