Wildpilze sammeln und zubereiten

Pilze und Strahlung

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Wildpilze sammeln und zubereiten - Tipps für den sicheren Genuss

Verstrahlt. Wildpilze können radio­aktiv belastet sein. © mauritius images / U. Niehoff

Mehr als 30 Jahre nach der Reaktor­katastrophe von Tschernobyl gibt es in Deutsch­land noch radio­aktiv belastete Pilze. Wie stark, ist vor allem abhängig von Sorte und Stand­ort.

Höchste Belastung in Bayern

Nach der Reaktor­katastrophe von Tschernobyl im April 1986 spielte die radio­aktive Belastung auf land­wirt­schaftlichen Nutz­flächen kaum eine Rolle. Da Cäsium 137 in Wiesen- und Ackerböden fest gebunden wird, können es die Pflanzenwurzeln kaum aufnehmen. Wald­boden setzt sich anders zusammen, er speichert Cäsium 137. Die unter­irdischen Pilz­pflanzen nehmen es auf und reichern es in ihren Frucht­körpern an. Die Wald­böden in Süddeutsch­land, vor allem in Südbayern und im Bayerischen Wald, waren nach der Reaktor­katastrophe von Tschernobyl etwa zehnmal höher kontaminiert als etwa im Norden Deutsch­lands. Ursache waren die lokal ausgiebigen Regenfälle. Durch die lange Halb­wert­zeit von 30 Jahren nimmt der Cäsium-137-Gehalt bei betroffenen Wildpilzen nur lang­sam ab.

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Stark und gering belastete Pilzsorten

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) untersucht seit Jahren die radio­aktive Belastung wild wachsender Pilze im Süden Deutsch­lands. Die Höhe der Caesium-137-Kontamination schwankt je nach Pilzart und Stand­ort erheblich. Von hohen Mess­werten sind vor allem Gegenden in Südbayern und dem Bayerischen Wald betroffen: Die Belastung gehe zwar lang­sam zurück, so das BfS, aber vereinzelt würden immer noch Werte von über 4 000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frisch­masse auftreten. In seiner Auswertung für den aktuellen Pilzbericht stellte das BfS in den Jahren 2018 bis 2020 besonders hohe Werte von über 1 000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frisch­masse unter anderem bei Semmel­stoppelpilzen, Gelb­stieligen Trompetenpfifferlingen und Maronenröhr­lingen fest. Online können aktuelle Strahlen­mess­werte aus Bayern auch beim Bayerischen Landesamt für Umwelt abge­fragt werden.

Hohe Werte: Lieber aufs Sammeln verzichten

Laut Bundes­amt für Strahlen­schutz ist die zusätzliche Strahlenbelastung durch wild wachsende Speisepilze vergleichs­weise gering, wenn sie in üblichen Mengen verzehrt werden. Wer die Strahlen­exposition so gering wie möglich halten möchte, sollte jedoch in den höher belasteten Gebieten Deutsch­lands auf den Verzehr selbst­gesammelter Pilze verzichten. Das unabhängige Umwelt­institut München rät Schwangeren, stillenden Müttern und Kindern, Wildpilze vom Speiseplan zu streichen – nicht nur wegen der möglichen radio­aktiven Belastung, sondern auch aufgrund einer etwaigen Belastung mit Schwer­metallen.

Alternative: Zucht­pilze

Bei gezüchteten Pilzen wie etwa dem Austern­seitling besteht bezüglich Caesium-137 kein Grund zur Sorge. Wie der Zucht­champignon wird er auf speziellen Substraten in geschlossenen Räumen gezüchtet – solche Pilze sind laut Bundes­amt für Strahlen­schutz ähnlich nied­rig kontaminiert wie Lebens­mittel aus land­wirt­schaftlicher Produktion. Einige Pilze, zum Beispiel Pfifferlinge, gibt es nicht aus der Zucht. Sie dürfen in Deutsch­land allerdings nicht in den Handel, wenn sie eine Strahlenbelastung von mehr als 600 Becquerel pro Kilogramm aufweisen.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 22.10.2019 um 12:45 Uhr
Wildpilze und Schwermetalle

@Berndman: Im Wesentlichen ist die Belastung einzelner Wildpilze vom Standort bzw. vom Waldboden abhängig. Aus vorsorgendem Gesundheitsschutz sollten Erwachsene nicht mehr als 200 bis 250 Gramm Wildpilze pro Woche essen.(cr)

LUCKyFinger am 22.10.2019 um 11:37 Uhr
Praktische Hinweise. Danke!

Bisher war ich beim Sammeln der Pilze immer etwas unvorsichtig. Ich wusste gar nicht, dass man die essbaren Pilze soleicht mit den giftigen Pilzen verwechseln kann. So ein Pilzführer ist echt eine praktische Sache, den sollte cih mir zulesen.

Berndman am 17.10.2019 um 11:19 Uhr
Pilze und Quecksilber

Das wuste ich noch gar nicht, das Pilze Quecksilber aufnehmen können. Ein guter Hinweis, denn ich bin ein echter Pilzfan und esse sehr viele in der Woche. Gibt es auch Pilzarten, die unbedenklich verzehrt werden können?

Joyce496 am 01.10.2018 um 03:01 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Spam

Profilbild Stiftung_Warentest am 22.09.2014 um 12:41 Uhr
Naturschutz

@trueffelkobi: Neben dem Trüffel dürfen außerdem Kaiserling, auch Kaiserpilz genannt, sowie Saftlinge nicht gesammelt werden. (BP)