
Herbstpilz: Ist der Boden feucht, können Steinpilze in mehreren Schüben wachsen. © Adobe Stock / Jean Kobben
Nach einigen Dürrejahren sprießen wieder viele Wildpilze. Die Stiftung Warentest erklärt, worauf Pilzsammler achten sollten und gibt Tipps für unbeschwerten Genuss.
Der Fruchtkörper mag es feuchtwarm
Wenn Pilzliebhaber von Pilzen schwärmen, dann meinen sie streng genommen den Fruchtkörper des Myzels. Der weit verzweigte Organismus im Waldboden ist nicht sichtbar. Das Myzel ist oft Jahrzehnte alt und kann Dürrephasen unter der Erde überleben, treibt dann aber weniger Fruchtkörper an die Oberfläche. Denn die meisten Wildpilze – etwa der Pfifferling – mögen es feucht und warm. Wechselhaftes Wetter beschert eine gute Pilzsaison, die nach Einschätzung der Fachleute der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) bis in den Dezember gehen kann. Die Hauptsaison endet, wenn mehrere Nächte hintereinander Frost herrscht.
Ratgeber der Stiftung Warentest

Ausführliche Porträts vieler Pilze und ihrer Doppelgänger finden Sie im Handbuch Pilze der Stiftung Warentest. Das Buch ist in Zusammenarbeit mit einem Fachberater der Deutschen Gesellschaft für Mykologie entstanden. Es hat 256 Seiten und ist für 29,90 Euro im test.de-Shop erhältlich.
Wildpilze sind gesund – und aromatisch
Wer auf eine gesunde Ernährung achtet, für den sind Wildpilze eine gute Wahl: Sie sind extrem kalorienarm – 100 Gramm haben durchschnittlich 10 bis 20 Kilokalorien – und bestehen zu etwa 90 Prozent aus Wasser. Ihr Fettgehalt liegt bei unter einem Prozent, der Eiweißanteil bei zwei bis vier Prozent. Viele Pilze liefern größere Mengen an Vitaminen der B-Gruppe, vor allem B1 und B2, einige sind außerdem eine gute Vitamin-D-Quelle. Pilze sind zudem ein Mineralstofflieferant und enthalten reichlich Kalium und Phosphor sowie Ballaststoffe und gesundheitsfördernde Eiweißbausteine. Und nicht zu vergessen: Essbare Wildpilze sind herrlich aromatisch.
Nicht mehr als 250 Gramm pro Woche
Doch Wildpilze können – im Vergleich zu anderen Pflanzen – relativ hohe Mengen an Schwermetallen aus dem Boden aufnehmen und im Fruchtkörper anreichern. Das gilt vor allem für Kadmium und Quecksilber. Zuviel Kadmium schädigt Leber und Nieren, zu viel Quecksilber kann das Nervensystem beeinträchtigen. Die Konzentration im Pilzkörper kann vier- bis fünfmal höher sein als im Waldboden.
Erwachsenen wird deshalb empfohlen, nicht mehr als 200 bis 250 Gramm Wildpilze pro Woche zu essen. Schwangere, Stillende und Kleinkinder sollten auf Wildpilze vorsichtshalber verzichten. Pilze aus Zucht hingegen weisen in der Regel keine deutlich erhöhten Mengen an Schwermetallen auf. Allerdings können nicht alle Pilze gezüchtet werden. Pfifferling und Steinpilz zum Beispiel wachsen nur wild.
Einige Pilze noch immer radioaktiv belastet
Strahlenbelastung ist ein weiterer Grund, den Pilzgenuss nicht zu übertreiben. Mehr als 30 Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl misst das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) vor allem in Süddeutschland immer noch hohe Gehalte an radioaktivem Cäsium-137. So wurden im September 2021 in Niederbayern in Maronenpilzen 950 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse gemessen. Zum Vergleich: Für Wildpilze aus dem Handel gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse. Für seinen Pilzbericht untersucht das BfS jedes Jahr die Cäsium-137-Belastung von Pilzen an ausgewählten Standorten in Süddeutschland.
Jede vierte heimische Pilzart gefährdet
Intensive Land- und Forstwirtschaft bedrohen die Pilze. Die Flächen mit offenem Grünland seien drastisch zurückgegangen, so die Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Der Einsatz von Stickstoffdünger schwäche Pilzmyzelien, so dass weniger Pilze sprießen. Das passiere auch in Wäldern, die alle 20 bis 30 Jahre durchforstet werden. Die Pilze brauchen in der Regel mehrere Jahrzehnte, um sich in einer veränderten Umgebung wieder zu etablieren. Sie sind auch als Nahrungs- und Lebensraum für Insekten äußerst wichtig.
Höchstmengen pro Tag und Person
Übermäßiges Sammeln von Wildpilzen stört das sensible ökologische Gleichgewicht im Wald. Daher ist es zum Beispiel in Naturschutzgebieten gänzlich verboten, Pilze mitzunehmen. In Deutschland sind zudem einige beliebte Speisepilzarten nach dem Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung „besonders geschützt“: Steinpilz, Schweinsohr, Brätling, Birkenpilz, Rotkappe und Morchel dürfen nur in „geringen Mengen“ und nur für den Eigenbedarf gesammelt werden. Erlaubt sind in vielen Regionen Deutschlands maximal ein Kilogramm pro Person und Tag.
Manch andere Pilze dürfen gar nicht in den Sammelkorb: darunter Semmel-Porlinge, Saftlinge sowie Schaf-Porling, Kaiserling, Weißer Bronze-Röhrling, Erlen-Grübling, März-Schneckling, Grünling. Der Grünling kann bei bestimmten empfindlichen Personen auch zum Abbau und Zerfall von Muskelzellen führen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät deshalb vom Verzehr des Grünlings ab.
Wer zu viel sammelt, zahlt
2018 zahlten im Landkreis Waldshut nahe der Schweizer Grenze zwei Männer 1 700 Euro Strafe für 19 Kilo im Wald geerntete Steinpilze im Kofferraum. Die Artenschutzverordnung gestattet „geringe Mengen für den eigenen Bedarf“, die vor Ort zuständige Naturschutzbehörde erlaubt ein Kilo pro Person, jedes weitere kostet 100 Euro. Bundesweite Limits gibt es zwar nicht – aber mehr als ein Kilo Pilze könnten vielerorts zu viel sein.
Vorsicht Doppelgänger!
Die wichtigste Regel beim Sammeln lautet: Hände weg von Pilzen, die Sie nicht sicher bestimmen können. Ob ein Pilz giftig ist oder nicht, sieht man ihm nicht an. Zudem besteht bei einigen Sorten auch die Gefahr der Verwechslung mit giftigen oder zumindest unverträglichen Doppelgängern. Der Anis- oder Schafs-Champignon etwa kann von ungeübten Sammlern leicht mit dem giftigen weißen Knollenblätterpilz verwechselt werden. Bei Unsicherheiten sollten Pilzfreunde ihre gesammelten Pilze vom Fachmann auf Essbarkeit prüfen lassen. Die DGfM führt eine Liste geprüfter Pilzsachverständiger.
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@Berndman: Im Wesentlichen ist die Belastung einzelner Wildpilze vom Standort bzw. vom Waldboden abhängig. Aus vorsorgendem Gesundheitsschutz sollten Erwachsene nicht mehr als 200 bis 250 Gramm Wildpilze pro Woche essen.(cr)
Bisher war ich beim Sammeln der Pilze immer etwas unvorsichtig. Ich wusste gar nicht, dass man die essbaren Pilze soleicht mit den giftigen Pilzen verwechseln kann. So ein Pilzführer ist echt eine praktische Sache, den sollte cih mir zulesen.
Das wuste ich noch gar nicht, das Pilze Quecksilber aufnehmen können. Ein guter Hinweis, denn ich bin ein echter Pilzfan und esse sehr viele in der Woche. Gibt es auch Pilzarten, die unbedenklich verzehrt werden können?
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Spam
@trueffelkobi: Neben dem Trüffel dürfen außerdem Kaiserling, auch Kaiserpilz genannt, sowie Saftlinge nicht gesammelt werden. (BP)