Über gleich zwei neue Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Arbeitszimmer können sich vor allem Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner freuen, die sich ein gemeinsames Heimbüro teilen: Sie dürfen jetzt beide jeweils 1 250 Euro als Werbungskosten absetzen. Bisher galt, dass die Höhe der abziehbaren Kosten vom genutzten Raum abhängt – und nicht von den Personen, die dort arbeiten.
Bundesfinanzhof ändert bisherige Rechtssprechung
Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, ist der Höchstbetrag von 1 250 Euro personenbezogen abziehbar. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit zwei Urteilen (BFH, Az. VI R 53/12 und BFH, Az. VI 86/13) entschieden und dabei seine bisherige Rechtsprechung zugunsten der Steuerzahler geändert. Bislang gingen die obersten Finanzrichter von einem objektbezogenen Abzug der Aufwendungen aus: Ein Arbeitszimmer gleich einmal Steuervorteil, unabhängig davon wie viele Menschen das Zimmer tatsächlich als Arbeitsplatz nutzen. Jetzt kann der Höchstbetrag von jedem Steuerzahler, der den Arbeitsraum nutzt, in voller Höhe in Anspruch genommen werden.
Der Fall
Die Kläger, ein Lehrerpaar, nutzten ein in ihrem Einfamilienhaus gelegenes häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von etwa 26 qm gemeinsam. Das Einfamilienhaus gehörte ihnen jeweils zur Hälfte. Die Frau befand sich im Anschluss an die Geburt ihres Sohnes im Mai 2008 in Mutterschutz beziehungsweise Elternzeit. Die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Kosten betrugen 2 867 Euro im Streitjahr 2007 und 2 763 Euro im Streitjahr 2008. Das Finanzamt berücksichtigte für beide Streitjahre die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1 250 Euro und ordnete diesen Betrag den Klägern je zur Hälfte zu (objektbezogene Auslegung). Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Erst die obersten Finanzrichter sprachen jetzt das Machtwort.
So begründeten die Finanzrichter die neue Rechtsprechung
Der auf den Höchstbetrag von 1 250 Euro begrenzte Abzug ist jedem Steuerpflichtigen zu gewähren, dem für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, führen die Richter aus. Es gibt keine Grundlage dafür, den Abzugsbetrag von 1 250 Euro für den Steuerzahler anteilig zu kürzen, nur weil auch ein anderer Steuerpflichtiger das Arbeitszimmer ausschließlich für eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit nutzt, heißt es in der Urteilsbegründung. Nutzen Ehegatten bei hälftigem Miteigentum etwa in einem Einfamilienhaus ein Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Kosten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte zuzuordnen. Sind für beide die Voraussetzungen für den begrenzten Abzug gegeben, steht jedem der Abzug in Höhe von maximal 1 250 Euro zu.
Tipp: Keine Lust, den Steuerkram zu erledigen? Mit dem Finanztest Spezial Steuern meistern Sie Ihre Steuererklärung für das Jahr 2016 ganz leicht.
Kein Platz für Privates
Ausgaben für ein Heimbüro helfen nur beim Steuersparen, wenn der Raum den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet oder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das Arbeitszimmer bringt keinen Vorteil, wenn es zu 10 Prozent oder mehr privat genutzt wird. Dann ist es auch nicht möglich, die beruflichen Ausgaben anteilig abzurechnen. Eine weitere Vorgabe ist, dass es sich um ein abgetrenntes Zimmer handeln muss, das wie ein Büro eingerichtet ist. Ein Durchgangszimmer auf dem Weg zur Küche oder eine Arbeitsecke im Wohnzimmer wird das Finanzamt nicht anerkennen (BFH, Az. GrS 1/14 und Az. X R 32/11).
Tipp: Einspruch einlegen
Sind Sie betroffen, weil Sie auch ein Arbeitszimmer mit Ihrem Partner gemeinsam nutzen? Mit dem Machtwort der obersten Finanzrichter ist zwar der wichtige Streitpunkt geklärt. Trotzdem sollten Sie sicherheitshalber Einspruch einlegen – mit Verweis auf die jüngsten BFH-Entscheidungen. Eventuell wenden die Finanzämter die Urteile noch nicht sofort an.
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen.
-
- Ist das wichtig? Kann das weg? Das fragen sich viele Menschen angesichts alter Unterlagen. Wir erklären, wie lange Sie Rechnungen, Verträge oder Auszüge aufheben sollten.
-
- Wer auf eigene Kosten etwas für seine Gesundheit tut, bekommt häufig von der Krankenkasse Geld zurück. Wir erklären, wie Finanzämter Bonuszahlungen berücksichtigen.
-
- Von Arbeitsmitteln bis Homeoffice-Pauschale: Wer mehr als 1 000 Euro Werbungskosten pro Jahr hat, kann sich zu viel gezahlte Steuern mit der Steuererklärung zurückholen.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
...selbst ein häusliches Büro (verheiratet tätig gemeinsam) unterhalten, wenn sie ihre Beitreibungsfälle dort für den Außendienst strategisch vorbereiten? -- Der Steuergesetzgeber sollte zunächst jedenfalls verpflichtet sein, nicht Minibüros, sondern den ganzen Ort international steuersparender Konzernstrukturen kritisch unter die Lupe zu nehmen, bevor er sich zum wiederholten Mal und bis ins "zu zehn Prozent privat mitgenutzte" Kleinklein von Teilselbständigen wieder dauerhaft in die höchsten Entscheidungsgremien flüchtet.