Werbung in Apotheken

Interview: „Keiner vermisst die Werbung“

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Sabine Jacobs führt im bayerischen Vils­hofen seit 13 Jahren die „Apotheke am Bahnhof“ – seit neuestem ohne Schau­fens­terwerbung.

Warum haben Sie die Schau­fens­terwerbung abge­schafft?

Das Werbematerial, das die Pharmafirmen anbieten, war mir schon lange ein Gräuel. Wenn ich beim Außen­dienst etwas bestelle, schi­cken die Hersteller oft auto­matisch ganze Dekorations­pakete mit. Da kommen unvor­stell­bare Mengen zusammen. Und ich finde diese 08/15-Schau­fens­terwerbung mit den riesigen Medikamentenschachteln einfach gruselig.

Was stört Sie am meisten?

Die Werbung bezieht sich immer nur auf ein Produkt, zum Beispiel ein spezielles Erkältungs­mittel. Das ist aber vielleicht für manche Kunden­nicht die beste Wahl. Ich möchte maßgeschneidert beraten.

Gab es einen Auslöser?

Den letzten Anstoß gab, dass die Dekorateurin aufgehört hat, die unser Schau­fenster eine Zeit lang sehr schön gestaltet hatte. Sie hat nicht, wie die meisten, im Auftrag von Pharma­herstel­lern gearbeitet. Wir haben sie selber bezahlt. Aber offen­bar lohnt sich das Geschäft so nicht. Sie war in fünf Jahren schon die dritte Dekorateurin hier, die aufgegeben hat.

Wie haben Ihre Kunden auf die leeren Schau­fenster reagiert?

Bisher hat keiner etwas dazu gesagt. Niemand vermisst die Werbung.

Welche Art Werbung fänden Sie in Apothekenschau­fens­tern sinn­voll?

Wenn Werbung wirk­lich informieren und über Gesund­heits­themen aufklären würde, über sinn­volle Impfungen oder zum Beispiel über die Geschichte des Penicillins, wäre das ein echter Gewinn für alle. Man könnte das große Potenzial sicher weit­aus besser ausschöpfen als bisher.

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  • MP1972 am 08.01.2013 um 10:22 Uhr
    Apothekenwerbung

    Natürlich sollen Apotheken beraten und in erster Linie als Gesundheits- und Arzneimittelberatungsstelle fungieren. Wie aber auch seitens Stiftung Warentest eingeräumt wurde, sind Apotheken auch Wirtschaftsunternehmen. Leider ist heutzutage die Zeit der "Goldgrube Apotheke" vorbei. Allein mit kostenloser Beratung und Rezeptannahme lässt sich kein Geld mehr verdienen. Also versucht man, Marktanteile zu gewinnen. Der Alltag sieht oftmals so aus, dass Kunden genau wissen, dass sie in der Apotheke vor Ort sehr gut, kostenlos und vor allem nach bestem Gewissen beraten werden, jedoch ein Großteil der Kunden anschließend die Ware bspw. bei Versandapotheken bestellen, dass auch so in der Apotheke kommunizieren. Der Kunde vergisst dabei, dass der Apotheker vor Ort aber auch irgendwie Geld verdienen, sprich Umsatz erwitschaften muss. Oft bleibt ihm gar keine andere Möglichkeit, als auf die Preiskämpfe einzugehen, will er nicht auf der Strecke bleiben.